Fragen zur chinesischen Raumfahrt beantworte ich gerne, aber ich habe wirklich Besseres zu tun, als die selben Dinge immer wieder zu erklären. Obiges Video startet beim falschen Ausgangspunkt - Weltraumrennen sind in China seit 1966 verboten (daher die Sprachregelung "chinesischer Rekord" bei dem
neuen Weltrekord für Außenbordeinsätze - und biegt dann falsch ab (zum Südpol). Das gesamte Video ist von Anfang bis Ende jugendgefährdender Unsinn und hätte von den Youtube-Administratoren schon längst gelöscht werden müssen.
Das mit dem dreitägigen Aufenthalt wurde nicht vor kurzem geändert, sondern ergibt sich aus der Kombination von Bahnhöhe/Umlaufzeit des Mutterschiffs und der Eigenrotation des Mondes, genauso wie die Startfenster für die schnellen Flüge von Baikonur zur ISS. Wie in Abbildung 4 in diesem seriösen Artikel (kein "China" im Titel!) zu sehen ist, haben sich nach drei Tagen die Sinuskurven des Orbits, die man auf dem großen Bildschirm im Kontrollraum sehen kann, soweit verschoben, dass das Mengzhou Raumschiff wieder über der alten Stelle ist und das Koppelmanöver mit minimalem Zeit- und Treibstoffaufwand möglich ist:
https://www.yhxb.org.cn/thesisDetails#10.3873/j.issn.1000-1328.2023.12.005&lang=zh(Das Link braucht manchmal etwas, bis es lädt. Geduld!)
Daher beträgt bei den folgenden Missionen in der ersten Hälfte der 2030er Jahre die Aufenthaltsdauer auch immer ganzzahlige Vielfache von 3, also 6, dann 9.
Bei den Anzügen wird ständig am Gewicht gefeilt (daher gibt es im Raumfahrer-Ausbildungszentrum eine Vielzahl von Anzügen, von denen jederzeit einer ins All gebracht werden kann), die grundsätzliche Konstruktion wird jedoch nicht geändert, und das Ziel, für das sie konstruiert sind - Äquatorregion der erdzugewandten Seite - wird auch nicht geändert. Die Raumfahrer:innen, die 2030 auf dem Mond landen, tragen selbstverständlich keine 6 Jahre alten Anzüge, sondern unmittelbar vor der Mission für sie persönlich geschneiderte Maßanfertigungen. Bei Kosten von 3 Milliarden Yuan pro Mission sind 30 Millionen für einen Anzug Peanuts.
Bei chinesischen Projekten ist das, was ausländische Beobachter ohne Sprach- und Landeskenntnis glauben oder nicht glauben absolut irrelevant. Relevant ist einzig und allein, was die chinesischen Behörden, die chinesischen Staatsmedien und chinesische Fachzeitschriften mit Peer Review veröffentlichen. Der Chinese sagt zwar nicht immer alles, was er meint, aber er meint, was er sagt.
Die Volksrepublik China ist ein zentral geführtes Regime und die
China Aerospace Science and Technology Corporation ist ein
Zentral Verwaltetes Unternehmen. Die KPCh - in diesem Fall Xi Jinping persönlich - stellt über die
Raumfahrttraum-Doktrin ("Raumfahrt ist Staatsräson") sicher, dass für
Nationale wissenschaftlich-technische Großprojekte de facto unbegrenzte Mittel zur Verfügung stehen. Es kostet, was es kostet, es dauert, so lange es dauert.
Xi Jinping ist, wie viele ältere Chinesen, seit dem
24. April 1970 bekennender Raumfahrt-Fan und in seiner Funktion als Vorsitzender der
Zentralen Militärkommission der oberste Chef der bemannten Raumfahrt (für die unbemannte Raumfahrt ist der Premierminister zuständig). Eben weil er, im Gegensatz zu Donald Trump, etwas von seinem Hobby versteht, hütet er sich, terminliche Vorgaben zu machen.
Jiang Zemin, wohl der unfähigste Politiker der jüngeren chinesischen Geschichte, hat das 1999, als er die gleiche Position wie Xi innehatte, bei Shenzhou 1 versucht, und es ist nicht gut gelaufen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Shenzhou_1#Zeitdruck_und_technische_Probleme