Chinas Planung zur Monderforschung

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #225 am: 14. April 2024, 14:26:13 »
Ich finde den Begriff „ernsthafte Raumfahrt“ eigentlich ganz gelungen.

Und genau das sehe ich auch am ehesten in China. In Europa interessiert sich genau genommen keiner für Raumfahrt (außer paar Freaks in irgendwelchen Internet -Foren).

Die USA sind komplett zerstückelt: Die NASA will Raumfahrt machen, kann aber nicht so richtig, weil der Politik letztlich Wirtschaftsförderung deutlich wichtiger ist als die Raumfahrt. Wichtig ist, dass die Firmen X und Y Kohle bekommen, was man mit dem Raketending dann machen kann ist eher wurscht, siehe SLS.

Artemis ist genau so ein gestückeltes Konstrukt, in dem man keinen roten Faden mehr erkennen kann. Rakete ja, HLS nein, na gut, dann doch irgendwie ein HLS, oder doch zwei, oder … das wird eh nix. Vermutlich werden sie am Mond landen, aber ob das diesmal wirklich mehr als „Flags and footprints“ werden wird? Ich glaub nicht.

Der Visionär Elon interessiert sich halt leider gar nicht für die Erforschung des Alls, er hat seine Mars – Vision und das wars. Dummerweise ist er vermutlich der Einzige, der das cool findet. Ich hab zumindest noch keinen gefunden, der umziehen würde…

Bleibt China. Die haben wirklich einen konkreten, fachlich fundierten und stark wissenschaftlich orientierten Plan, der vermutlich auch umgesetzt werden wird. Die Hintergründe hat Regnart ja ausreichend erklärt.

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #226 am: 16. April 2024, 16:16:50 »
Der Portalartikel über ein Atomkraftwerk auf dem Mond bedarf einer Klarstellung.

Richtig ist, dass Juri Borissow über ein Atomkraftwerk auf dem Mond gesprochen hat. Nicht eine Radionuklidbatterie, sondern ein echter Atomreaktor, der nicht über langsamen Kernzerfall, sondern mit einer Kettenreaktion Energie erzeugt. Das hat auch im chinesischen Internet eine Fülle von Artikeln mehr oder weniger bekannter Blogger hervorgebracht.

Was Borissow laut der chinesischen Übersetzung der Reuters-Meldung, die wohl auf einer Tass-Meldung beruht, am 5. März tatsächlich gesagt hat, ist, dass Russland darüber nachdenkt mit China im Zeitraum zwischen 2033 und 2035 damit zu beginnen ein Kernkraftwerk auf dem Mond zu bauen (俄罗斯正考虑与中国合作,于2033年至2035年期间开始在月球上建造一座核电站):
https://weibo.com/5027345285/O3J1sdsqD

Reuters hat dann am 6. März in der Pressekonferenz des chinesischen Außenministeriums nachgefragt, wo man von nichts wusste:
http://de.china-embassy.gov.cn/det/fyrth/202403/t20240306_11254625.htm

Es handelt sich hier nicht um einen gemeinsamen Plan von China und Russland. Es gibt keine russisch-chinesischen Diskussionen, und an irgendetwas arbeiten tut man schon gar nicht. Das Projekt eines russisch-chinesischen Atomkraftwerks auf dem Mond existiert nur im Inneren des Kopfes von Juri Borissow.

Bei einem Vortrag im Landesmuseum für Raumfahrtgeschichte K. E. Ziolkowski hat Juri Borissow am 15. April die Sache klargestellt. Bei dem Kernreaktor handelt es sich nicht um ein Gemeinschaftsprojekt mit China, sondern ein allein russisches Projekt, das Roskosmos für die Internationale Mondforschungsstation zur Verfügung stellen will:
https://weibo.com/5027345285/Oa03K1Z0h

Bei dem Vortrag in Kaluga hat Borissow nun keinen zeitlichen Rahmen mehr angegeben, wann das geschehen soll.

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Online alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #227 am: 16. April 2024, 16:49:54 »
Klingt für mich wie ein "Hintertürchen" um sich doch noch an der Station beteiligen zu können.
Wobei ich recht sicher bin, daß China das nicht nötig hat. Die haben bis dahin sicher einen eigenen und wohl besseren Reaktor!

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #228 am: 16. April 2024, 18:39:22 »
"Hintertürchen" ist vielleicht ein falscher Ausdruck. Juri Borissow hat gemerkt (oder wurde darauf aufmerksam gemacht), dass seine großsprecherische Ankündigung im Namen Chinas vom 5. März dort gar nicht gut angekommen ist, und hat die Sache nun richtiggestellt. Wenn er sich vorher überlegt hätte, was er sagt, wäre es natürlich besser gewesen, aber nun ist alles gut. Eine ganze Reihe von chinesischen Ingenieuren hat in Russland studiert. Man ist sich über die kulturellen Unterschiede im Klaren und hat dafür Verständnis.

China hat in der Tat einen eigenen, bereits relativ weit entwickelten Weltraumreaktor mit einer elektrischen Nettoleistung von 1,5 MW:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=6408.msg560321#msg560321


Bild: Wu Yican

Zunächst ist der für diese Heliopausen-Sonde gedacht:


Bild: DSEL

Einen 7,866 t schweren Reaktor durch den Weltraum fliegen zu lassen, ist eine Sache, diesen Reaktor auf einem Himmelskörper abzusetzen ist eine andere Sache. Und da kommt nun die Lanyue-Fähre ins Spiel. Wenn Du Dir die relativ hoch angesetzten Triebwerke ansiehst, dann kannst Du erkennen, dass das im Prinzip eigentlich schon ein Himmelskran ist, wie ihn die Amerikaner für ihre Marssonden verwenden:


Bild: CMSA

Die Fähre wiegt nach der Landung noch 9 t. Da man beim Reaktor keinen Treibstoff für den Rückstart braucht, und natürlich auch keinen Rover, Lebenserhaltungssysteme etc., könnte man ihn damit durchaus auf den Mond hinunterbringen. Mit zusammengefalteten Kühlflächen hat der einen Durchmesser von 4,4 m, würde also in eine Changzheng 10 passen.

Das Wesentliche bei der Internationalen Mondforschungsstation ist, dass es sich nicht um eine Station handelt, sondern um ein Projekt mit über die ganze Mondoberfläche verteilten Einrichtungen zur Erforschung des Mondes, der Erde vom Mond aus und zur Radioastronomie. Die CNSA wird für ihre Beobachtung der irdischen Magnetosphäre (wichtig für den störungsfreien Betrieb von Satelliten) ganz sicher ihren eigenen Reaktor verwenden. Wenn Roskosmos für sein Radioobservatorium einen russischen Reaktor verwenden will, können sie das gerne tun. Und wenn sie sich an die chinesischen Schnittstellen halten, würde ihnen die CNSA ihren Reaktor gern auch zum Mond fliegen. Das ist in den Grundlinien der ILRS festgelegt, die Roskosmos seinerzeit zusammen mit der CNSA ausgearbeitet hat. Zusammenarbeit der Kategorie B:
https://www.cnsa.gov.cn/english/n6465645/n6465648/c6812150/content.html

Um es noch einmal ganz klar zu sagen:
Das bedeutet nicht, dass China und Russland beim Reaktor zusammenarbeiten, sondern die CNSA transportiert einen Reaktor, mit dem sie nach den indischen Regeln für Berührbarkeit und Unberührbarkeit nichts zu tun haben will, für einen alten Freund zum Mond. Genauso wie der unberührbare Busfahrer in Delhi nicht mit dem Brahmanen zusammen essen würde, ihn aber trotzdem in seinem Bus mitnimmt.

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #229 am: 04. Mai 2024, 08:25:47 »
Die Chinesische Akademie für Trägerraketentechnologie arbeitet jedoch derzeit an einer auskragenden Nutzlastverkleidung für die Changzheng 5. Diese Rakete erfüllt nicht die Sicherheitsbestimmungen für bemannte Flüge (das ist in China keine Frage der Genehmigung, sondern der technischen Voraussetzungen). Mit dieser Nutzlastverkleidung wäre es aber möglich, das Raumschiff unbemannt zu starten, an der Chinesischen Raumstation anzudocken, einen Testpiloten zusteigen zu lassen und etwas im erdnahen Orbit herumzukurven. Auch eine bemannte Landung könnte man auf diese Art ausprobieren. Das könnte bereits 2026 stattfinden und wäre eine Erklärung, warum sich Fei Junlong auf einen Flug mit dem Raumschiff vorbereitet. Der ist Jahrgang 1965 und für einen Flug zum Mond definitiv zu alt, aber als Testpilot könnte er durchaus noch fungieren. Sein Sohn ist mittlerweile erwachsen und käme notfalls auch ohne Vater aus.

Zhu Haiyang von der Hauptentwicklungsabteilung der Akademie für Trägerraketentechnologie hat gestern präzisiert, dass die auskragende Nutzlastverkleidung der Changzheng 5 einen Durchmesser von 6,4 m haben wird:
https://weibo.com/7394207363/OcI332zPJ

Da würde das Mengzhou-Raumschiff (und wohl auch die Lanyue-Fähre) problemlos hineinpassen.

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Online alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #230 am: 09. Mai 2024, 11:01:42 »
Hier ein schon etwas älteres (9 Monate) aber sicher noch aktuelles sehr informatives Video über das chinesische bemannte Mondladeprogramm mit Vorstellung der einzelnen Komponenten und des geplanten Ablaufs, sowie Vergleich mit dem Apollo und Artemis-Programm.


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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #231 am: 09. Mai 2024, 16:46:55 »
Gegen Ende wird das Video ernsthaft veraltet. Die fünf "ILRS-Missionen" stammen noch aus dem Basisdokument der Internationalen Mondforschungsstation von 2021. Eine Gründung einer Kooperationsorganisation für die ILRS wurde nie angekündigt, sondern nur vorgeschlagen. Der Vorschlag wurde nicht umgesetzt - der Aufbau der ILRS findet nun unter alleiniger Führung der CNSA statt.

Bei den technischen Aspekten herrscht Konfusion. Richtig ist, dass 2030 drei Personen zum Mond fliegen und zwei dort landen sollen. Das Mengzhou-Raumschiff ist aber für sieben Personen ausgelegt, die Lanyue-Fähre für vier. Wie ein Studioexperte beim Start von Chang'e 6 erläuterte, findet bei bemannten Mondmissionen kein Hohmann-Transfer statt, sondern ein Direktflug, was die Reisezeit verkürzt und das Gedränge in der Kapsel erträglich macht (es gibt nur eine Toilette für sieben Personen).

Ein Aufenthalt von wenigen Stunden auf dem Mond wäre theoretisch möglich, würde aber einen erhöhten Treibstoffbedarf bedeuten. Sowohl der Rendezvous-Orbit als auch der Ladezyklus der Akkumulatoren in der Fähre sind für Multiple von dreitägigen Aufenthalten (3, 6, 9) optimiert.

Die Trägerrakete Langer Marsch 10 wird 2027 ihren Erstflug absolvieren, Raumschiff und Landefähre aber wohl bereits 2026. Baubeginn für das blau eingerüstete Raumfahrzeugmontagegebäude hinter dem Wasserbüffel war diesen Januar, es sollte Ende 2025 fertig werden:


Bild: Chinas Raumfahrt

Mit der 6,4-m-Nutzlastverkleidung auf einer CZ-5B kann man Raumschiff und Fähre in einen erdnahen Orbit bringen, das Datum 2026 würde mit dem Verlauf der momentan durchgeführten Tests zusammenpassen. Wenn die Dinger schon im erdnahen Raum nicht funktionieren, braucht man sie mit der sündteuren CZ-10 gar nicht erst zum Mond zu schicken.

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Online alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #232 am: 09. Mai 2024, 20:08:58 »
Wie soll es nach der ersten (erfolgreichen) bemannten Landung weitergehen? In welchem zeitlichen Abstand sind dann Folgemissionen geplant?
Bei Apollo waren es ja etwa 2 Landungen pro Jahr (ausser 1970 bzw. Apollo 13) und bei Artemis sollen es maximal eine jährlich werden.

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #233 am: 09. Mai 2024, 21:06:19 »
Dazu gibt es keinerlei Aussagen. Was ich Dir sagen kann, ist, dass die Raumfahrer diese Stellen von Interesse eine nach der anderen abarbeiten werden, sich von den äquatorialen Mare im Laufe der nächsten Jahrzehnte langsam in zerklüfteteres Gelände vorarbeitend:


Bild: CSU

Das wird wahrscheinlich so laufen wie bei den Shenzhou-Missionen: alle zwei bis drei Jahre eine Mission, wobei es keine technologischen Wiederholungen, sondern eine ständige Steigerung des Schwierigkeitsgrads gibt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Shenzhou#Missionen

Also 2030 zwei Personen auf dem Mond, 2032 drei Personen, 2034 vier Personen, 2036 vier Personen und ein Mobiles Mondlabor ...

Man beachte:
Die Landefähre kann nur während des Mondtages (14 Erdentage) auf der Mondoberfläche bleiben (Solarmodule und kein Kälteschutz). Das Mengzhou-Raumschiff kann bei voller Besatzung 21 Tage im Weltall operieren. Obwohl die An- und Abreise kürzer als die 5 Tage beim Hohmann-Transfer wird, wird man sicher nicht mehr als 9 Tage auf dem Mond bleiben, um bei einem Problem immer noch beim letzten Startfenster nach 12 Tagen abheben zu können. Ohne die Lunare Orbitalstation wäre die einzige Rettungsmöglichkeit, an der Chinesischen Raumstation eine Ersatzfähre angedockt zu lassen. Möglicherweise hatte man das bereits im Hinterkopf, als man das Erweiterungsmodul mit den vielen Koppeladaptern konzipierte.

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Online alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #234 am: 09. Mai 2024, 23:33:29 »
Danke Regnart.

Also wohl quasi Testflüge mit genügend Zeit dazwischen das Gelernte für den nächsten Flug erfolgreich umzusetzen und darauf aufzubauen. Ständige Verbesserung und Ausweitung.
Möglicherweise kommt ja irgendwann auch noch eine Art "Lunar-Gateway" dazu, an welcher Mengzhou anlegen kann, und das Mondlabor (mobil oder stationär) mit Kälteschutz und anderweitiger Energiequelle, um die Missionsdauer zu verlängern.

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #235 am: 10. Mai 2024, 08:41:05 »
Die Lunare Orbitalstation (月球轨道站) in einem entfernten rückläufigen Orbit war ursprünglich für Mitte der 2030er Jahre geplant, neben den Sicherheitsaspekten auch aus Kostengründen. Der Plan ist, mit einer Erdnah-Variante des Mengzhou-Raumschiffs, das ein kürzeres Servicemodul besitzt, und einer boosterlosen, zweistufigen CZ-10 zur Chinesischen Raumstation zu fliegen und von dort mit einer auf den Tiangong-Raumlabors basierenden, wiederverwendbaren Fähre mit pumpengeförderten Hydrazintriebwerken zur Lunaren Orbitalstation weiterzufliegen, wo man in eine dort gewartete, wiederverwendete Lanyue-Fähre umsteigt. Die "space immigrants", von denen Zhang Qiao hier spricht, sind keine Wirtschaftsflüchtlinge, sondern Raumfahrer auf Dienstreise zum Mond:


Bild: CAST

Durch die Verzögerung bei der Changzheng 9 hat sich die Lunare Orbitalstation nun auf 2045 verschoben. Ein nuklear angetriebenes Mobiles Mondlabor für das zerklüftete Gelände jenseits der äquatorialen Mare ist beabsichtigt. Bei dem Geholper dort würden Solarmodule auch in der geringen Schwerkraft des Mondes rasch verbiegen und abbrechen. Das Problem ist, dass der dafür vorgesehene Stirling-Generator auf der Raumstation deswegen besser läuft als das Vergleichsexemplar auf der Erde, weil sich die Kolben in der Schwerelosigkeit völlig frei und reibungslos bewegen können. Auf dem Mond gibt es erstens Schwerkraft, zweitens wackelt ein durch unkultiviertes Gelände fahrendes Auto auch bei langsamer Geschwindigkeit wild herum. Da ist noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten.

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #236 am: 14. Juni 2024, 07:21:05 »
Auf den Bildern hier kann man den Baufortschritt an den Starteinrichtungen für die Changzheng 10 (links von der "Haupteisenbahnstrecke") gut sehen. Das schärfere Sentinel-Bild stammt vom 6. Mai, das pixeligere Jilin-Bild ist vom 11. Juni:
https://m.weibo.cn/status/OiRcVEc5e

Die von der Hauptstrecke rechts abzweigende Bahnlinie führt zu dem in #231 mit Wasserbüffel fotografierten Raumfahrzeugmontagegebäude für die kommerziellen Raketen mit 4,16 m und 5 m Durchmesser.

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #237 am: 14. Juni 2024, 14:35:30 »
Passend zum Thema hat die Chinesische Akademie für Trägerraketentechnologie am 14. Juni auf dem Raketenprüfstand in Yungang im Südwesten von Peking ein Exemplar der 1. Stufe der Changzheng 10 getestet, von der Betankung über die Helium-Druckbeaufschlagung der Tanks bis zu einem Probelauf mit drei Triebwerken gleichzeitig (mehr waren nicht eingebaut) und Messung der Kraftübertragung auf den Boden des Kerosintanks:
https://m.weibo.cn/status/OiXEy6B6m

« Letzte Änderung: 15. Juni 2024, 06:50:58 von Regnart »

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #238 am: 15. Juni 2024, 10:37:03 »
Hier ist ein ausführlicheres Video von dem Test:
https://weibo.com/6142289604/Oj5uOsFfK

Laut dem Büro für bemannte Raumfahrt soll am selben Ort in naher Zukunft ein weiterer Test erfolgen, bei dem verschiedene Betriebsmodi für das Antriebssystem erprobt werden:
https://www.cmse.gov.cn/xwzx/202406/t20240614_55566.html

Da bei der Changzheng 10 mit den Boostern in der ersten Flugphase insgesamt 21 Triebwerke zur Verfügung stehen, kann der Leistungsabfall eines Triebwerks relativ einfach kompensiert werden. Notfalls, wenn ein Missionsabbruch per selbstständiger Landung nicht möglich sein sollte, warten die Raumfahrer in einem erdnahen Orbit auf Rettung mit dem auf dem Kosmodrom Jiuquan ständig bereitstehenden Shenzhou-Raumschiff (für maximal 3 Personen) oder lassen sich mit einem (recht mobilen) Tianzhou-Frachter zur Chinesischen Raumstation schleppen:
https://www.yhxb.org.cn/thesisDetails#10.3873/j.issn.1000-1328.2023.09.005&lang=zh

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #239 am: 24. Juli 2024, 14:24:24 »
Wieder ein Artikel in dem den Chinesen nachgsagt wird, daß sie massiv Partner suchen für ihre geplante Mondstation.
"...wir hoffen mit 50 Ländern zusammenzuarbeiten, indem wir 500 ausländische wissenschaftliche Forschungseinrichtungen und 5.000 Wissenschaftler dazu einladen mit uns die Mondstation zu bauen."

https://spacenews.com/china-wants-50-countries-involved-in-its-ilrs-moon-base

@Regnart jetzt bist wiedereinmal du gefragt, was wir davon halten sollen!

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #240 am: 24. Juli 2024, 16:33:47 »
Natürlich sucht China nicht massiv Partner für die ILRS. Um es noch einmal zusagen, die Nutzlasten, unter anderem der schwedische Detektor für negative Ionen der ESA bei Chang'e 6, fliegen bei der ILRS kostenlos mit. Das Labor für Tiefraumerkundung sucht nicht Partner, sondern gibt Wissenschaftlern, primär aus dem Globalen Süden bzw. Ländern, die mit der Volksrepublik China bereits im Rahmen der Neuen Seidenstraße zusammenarbeiten, die Gelegenheit, äußerst kostengünstig auf dem Mond Forschung zu betreiben. Das ist natürlich keine Wohltätigkeitsveranstaltung, sondern man hofft, aus den unterschiedlichen Kulturkreisen heterodoxen Input zu bekommen, und sei es nur durch kluge Fragen. Falls Du jemanden kennst, der Urdu spricht, Khurram Khurshid, einer der Väter von iCube-Q, erklärt das in diesem Video:



Dort lüftet er auch das Geheimnis um die unterschiedlichen Länderzahlen bei der ILRS. Unter anderem der Iran und die Mongolei sind über die Asia-Pacific Space Cooperation Organization an der ILRS beteiligt, die beiden haben sich auch bei Chang'e 6 um den für die APSCO reservierten Nutzlastplatz beworben. Am Ende ist das pakistanische Institute of Space Technology aus dem Auswahlverfahren als Sieger hervorgegangen.

Das mit der ILRSCO war ein Vorschlag von 2023:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=6408.msg550526#msg550526

Mittlerweile arbeitet man ganz unbürokratisch mit einzelnen Ländern bei einzelnen Projekten zusammen, zum Beispiel mit Thailand bei Chang'e 8:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=18309.msg560457#msg560457

Letzteres ist übrigens eine neue Dimension. Wie der CNSA-Vertreter hier bei 21:00 erklärt, können sich Ausländer bei Chang'e 8 nicht nur mit Nutzlasten beteiligen, sondern auch auf Systemebene mitarbeiten:



Da hätten wir dann tatsächlich nicht nur kostenlose Mitflieger, sondern echte Partner, was natürlich eine technologische Zuverlässigkeit voraussetzt, die nicht bei allen Ländern gegeben ist.

Das mit der ILRS am Südpol stimmt einfach nicht. Chang'e 8, wo unter anderem der Landplatz für die nächste Komponente gepflastert werden soll, landet zwischen 80° und 85° südlicher Breite:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=18309.msg561699#msg561699

Da gibt es noch Tag und Nacht. Polarsommer und Polarwinter gibt es erst südlich von 85°.

Außerdem gibt es bei der ILRS keine 5 Missionen - das ist ein uraltes Konzept von 2021 - sondern 5 Arbeitsbereiche (Transport, Energie, Ingenieurwesen, Wissenschaft, Bodensegment), in denen es jeweils zahlreiche Missionen gibt (zum Bodensegment gehört unter anderem die Elsternbrücke-Konstellation):
https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Mondforschungsstation#Struktur

Generell ist zu sagen, dass Spacenews und Space.com anzeigenfinanzierte Schmuddelwebsites sind, von denen man sich fernhalten sollte. Seriöse Informationen zur chinesischen Raumfahrt finden sich unter anderem hier:
http://jdse.bit.edu.cn/sktcxb/

https://www.yhxb.org.cn/academic?columnId=&type=backissue&index=3&parentIndex=3&date=1721831246841&childId=&activeName=146347&year=2024&page=0&bannerId&lang=zh

http://journal26.magtechjournal.com/kjkxjs/CN/1000-758X/home.shtml

Offline rok

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #241 am: 24. Juli 2024, 19:23:59 »

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #242 am: 25. Juli 2024, 07:41:00 »
Die Artikel in der Zeitschrift für Tiefraumerkundung sind auf Chinesisch, es gibt aber, wie bei den anderen beiden Zeitschriften oben, Englische Zusammenfassungen. Am besten liest man sich die durch und lässt dann Artikel, die einen interessieren, durch ein Übersetzungsprogramm laufen.

Eine gute Fachzeitschrift mit rein Englischen Artikeln ist „Space: Science & Technology“:
https://spj.science.org/index/space

Ye Peijian, der mittlerweile 79 Jahre alte aber immer noch topfitte Chefredakteur, war der Chefkonstrukteur der ersten chinesischen Mondsonden und bei Chang'e 6 immer noch als Berater im Kontrollraum.

Wu Weiren, der Chefredakteur der Zeitschrift für Tiefraumerkundung, war 2010 bis 2022 Technischer Direktor des Mondprogramms bei der CNSA, seit 2022 ist er nun Leiter des Labors für Tiefraumerkundung.

Und „Chinesische Weltraumwissenschaft und -technologie“ ist die Werkzeitung der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie, also der Herstellerfirma der Raumsonden:
https://de.wikipedia.org/wiki/Chinesische_Akademie_f%C3%BCr_Weltraumtechnologie#Zeitschriften

Näher an der Realität ist nur noch CCTV :D

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #243 am: 25. Juli 2024, 17:55:38 »
Weil wir gerade von seriösen Quellen reden, hier ist ein Artikel aus der Werkzeitung der Shanghaier Akademie für Raumfahrttechnologie zur Bemannten Lunaren Experimentierstation vom 8. Januar diesen Jahres:
http://shht.ijournal.cn/ch/reader/view_abstract.aspx?file_no=20230609

Die Website ist sicher, man kann sich das .pdf bedenkenlos herunterladen. Direkt sichtbar, aber schwieriger lesbar ist die Mobilversion:
https://m.fx361.com/news/2024/0108/22886799.html

Das Mobile Mondlabor der ersten Generation für den Einsatz auf den äquatorialen Maren hat nun sechs Räder:


Bild: SAST

Die Mondnächte soll das Wohnmobil in unbemanntem Zustand mit Radionuklid-Heizelementen überstehen. Interessant ist auch die schrittweise Steigerung der auf dem Mond aktiven Raumfahrer von zwei auf vier.

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #244 am: 27. Juli 2024, 12:14:07 »

Bild: CSU

Das wird wahrscheinlich so laufen wie bei den Shenzhou-Missionen: alle zwei bis drei Jahre eine Mission, wobei es keine technologischen Wiederholungen, sondern eine ständige Steigerung des Schwierigkeitsgrads gibt:
https://de.wikipedia.org/wiki/Shenzhou#Missionen

Also 2030 zwei Personen auf dem Mond, 2032 drei Personen, 2034 vier Personen, 2036 vier Personen und ein Mobiles Mondlabor ...

Laut dem oben verlinkten Artikel der Shanghaier Akademie für Raumfahrttechnologie findet die Steigerung jetzt nicht mehr über die Personenzahl statt (die bleibt bis zu den ersten stationären Wohnmodulen 2045 bei 2), sondern über die Aufenthaltsdauer in Multiplen von 3 Tagen: 2030 drei Tage, 2032 sechs Tage, 2034 neun Tage. Eine Übernachtung auf dem Mond wird erst mit dem kleinen Kernkraftwerk möglich (in dem Artikel 40 kW elektrische Leistung), das als erste Komponente eines stationären CSS-Analogs, also ohne die Regolith-Überdachung, auf dem Mond errichtet werden soll.

Bis dahin arbeitet man mit Mobilen Mondlabors, mit denen auch die für eine Station in Frage kommenden Standorte näher untersucht werden sollen. Man hat sich jetzt auf das Mare Fecunditatis (rechts) und den Oceanus Procellarum (links von der Mitte) eingeschossen:


Bild: CSU

Als Grund werden neben dem flachen Terrain mit der relativ sicheren Landemöglichkeit auch die Vulkane mit eventuell später nutzbaren Lavaröhren sowie die Mondrillen angegeben, die von hohem wissenschaftlichen Wert sind. Außerdem lassen sich aus dem Basalt Metalle und Sauerstoff gewinnen. Dazu kommt noch, dass man in der Äquatorialregion nur geringen zeitlichen Beschränkungen für einen Rückstart unterworfen ist, während in den Polregionen die Startfenster sehr eng sind.

Die Module für die Mondstationen sollen eines Tages mit der Lunaren Frachttransportplattform (月球货运平台) abgesetzt werden, einer Weiterentwicklung des Chang’e-8-Landers.:


Bild: HIT

Bei den Mobilen Mondlabors will man aber nach dem Prinzip der Lanyue-Fähre arbeiten, mit einer unter dem Wohnmobil montierten Antriebsstufe, die knapp über der Mondoberfläche abgeworfen wird. Das Mondlabor legt den Rest des Weges dann im freien Fall zurück und fängt den Aufprall mit den Stoßdämpfern des Fahrgestells ab. Hier ein Test, noch mit der vierrädrigen Version:


Bild: CAST

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Online alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #245 am: 27. Juli 2024, 12:34:16 »
Gibt es eine Begründung, warum nur alle 2 Jahre gelandet werden soll?

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #246 am: 27. Juli 2024, 17:23:24 »
Nein, die Häufigkeit der ersten Flüge ergibt sich aus der Unmöglichkeit der Beheizung während der Mondnacht und der Tatsache, dass das Mengzhou-Raumschiff nur 21 Tage autark, also nicht angekoppelt an eine Station, operieren kann, ganz abgesehen von der psychischen Belastung für die Person oder die Personen, die das Raumschiff hüten, während ihre Kollegen unten auf dem Mond aktiv sind. Eine intensivere bemannte Monderkundung ist erst ab 2045 mit der Lunaren Orbitalstation möglich. Die Zeit bis dahin muss man irgendwie totschlagen, ähnlich wie bei den Shenzhou-Raumschiffen die Zeit vom ersten bemannten Flug 2003 bis zur ersten CSS-Mission 2021.

Die Analogie ist verblüffend und geht von dem Mobilen Mondlabors als Entsprechung zu den Tiangong-Raumlabors über die Bezeichnung der Stationsmodule bis hin zum Backup-Lebenserhaltungssystem im Wissenschaftsmodul (实验舱) der ersten Mondstation.

Es ist eine Grundregel bei der CMSA, dass man nicht ins All fliegt, um Präsenz zu zeigen. Dafür ist bemannte Raumfahrt zu gefährlich und zu teuer - bei der Monderkundung bis zur Inbetriebnahme der Lunaren Orbitalstation 3 Milliarden Yuan pro Mission (von der realen Kaufkraft her etwa 3 Milliarden Euro). Bei der Entwicklung des Mobilen Mondlabors scheint man schon recht weit zu sein. Aber wenn man bedenkt, dass man bei der Chinesischen Raumstation vom endgültigen Konzept bis zum Start des ersten Moduls 11 Jahre gebraucht hat (2010-2021), beim Mengzhou-Raumschiff ebenfalls 11 Jahre (2015-2026), würde ich das Wohnmobil nicht vor 2035 ansiedeln. Durch die in dem Artikel angesprochene, in nicht überspringbaren Schritten ablaufende Verlängerung der Aufenthaltsdauer ergeben sich die Termine 2030, 2032 und 2034. Wenn sich bei Trägerrakete, Raumschiff oder Landefähre bis 2030 Schwierigkeiten zeigen, wird der Zeitplan entsprechend komprimiert, wie ja auch die Montage der einzelnen Module der CSS ursprünglich zwei Jahre dauern sollte und dann durch den verzögerten Baubeginn wegen der Probleme mit der Changzheng 5 in anderthalb Jahren durchgeführt wurde. Dafür hat man ja den "Gummizug" von jeweils 2 Jahren zwischen den Mondmissionen.

Wenn die Mondlabors ab 2035 autonom über die Mare rollen, werden sich die Besuche dort zum Einsammeln der von ihnen voranalysierten, vorausgewählten und in ihrem Inneren aufbewahrten Bodenproben nach dem jeweiligen Sammelerfolg richten. Ab 2045 werden zunächst, analog zu Shenzhou 12, zwei Personen einen Mondtag (13 Erdentage) im Wohnmodul (生活舱) der Station verbringen, um die Stromleitung zwischen Kernkraftwerk (月面核电站) und Station zu verlegen und die Systeme zu testen. Bei den nächsten beiden Missionen werden zwei Personen jeweils 40 Tage - nicht überlappend, sondern mit einer unbemannten Phase dazwischen - auf der Station verbringen. Beim regulären Betrieb der Station sind es dann ein- bis zweimal pro Jahr zwei Personen für jeweils 55 Erdentage, also zwei Mondtage. Die erste Ausgabe der Station wie hier auf dieser grafischen Darstellung wird die meiste Zeit unbewohnt sein:


Bild: SAST

Erst danach kommt die in zwei Schichten von jeweils 6 Monaten ständig besetzte Station mit den "Flugplatzbunker"-Modulen, wo nicht  nur Sauerstoff und Wasser wiedergewonnen werden, sondern vor Ort Nahrung angebaut wird. Dort leben dann vier Personen, beim Schichtwechsel acht:


Bild: ACC

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Online alepu

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #247 am: 28. Juli 2024, 00:06:53 »
Nein, die Häufigkeit der ersten Flüge ergibt sich aus der Unmöglichkeit der Beheizung während der Mondnacht und der Tatsache, dass das Mengzhou-Raumschiff nur 21 Tage autark, also nicht angekoppelt an eine Station, operieren kann, ganz abgesehen von der psychischen Belastung für die Person oder die Personen, die das Raumschiff hüten, während ihre Kollegen unten auf dem Mond aktiv sind. Eine intensivere bemannte Monderkundung ist erst ab 2045 mit der Lunaren Orbitalstation möglich. Die Zeit bis dahin muss man irgendwie totschlagen, ähnlich wie bei den Shenzhou-Raumschiffen die Zeit vom ersten bemannten Flug 2003 bis zur ersten CSS-Mission 2021.......

Danke, für die ausführliche Antwort!

Erschließt sich für mich aber nicht so ganz, wieso dies einen gravierenden Einfluß auf die "Häufigkeit" der ersten Missionen haben soll. Eher schon auf die "Dauer"!

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #248 am: 28. Juli 2024, 07:45:28 »
Ganz einfach weil es für Raumfahrer zu diesem Zeitpunkt nicht viel Sinnvolles zu tun gibt. Die Vorstellung von dem Geologen-Astronauten, der mit geschultem Auge ungewöhnliche Felsbrocken erkennt, die einem Roboter nicht auffallen würden, mag für die freie Welt zutreffen. In China ist man bei der Künstlichen Intelligenz schon wesentlich weiter. Der Kleinrover von Chang’e 6 besaß ein neuronales Netzwerk und wurde von der kurzhaarigen Dame bei 0:33 hier mit dem Schönheitsempfinden von menschlichen Fotografen trainiert:



Das Mobile Mondlabor findet unpassende Steine viel effizienter als Alexander Gerst. Bei den ersten Missionen geht es um Technologieerprobung. Man will sehen, wie die Mechanik unter Mondstaubbedingungen funktioniert, inwieweit sich die Module über die Jahre unterschiedlich tief in den Regolith senken, ob die flexiblen Tunnel (so etwas wie der Übergang zwischen Personenwagen bei der Eisenbahn) damit umgehen können und dergleichen mehr. Für die Zylinderstation wird eine Betriebsdauer von mindestens 10 Jahren angestrebt. Der Lander von Chang’e 3 ist jetzt seit zehneinhalb Jahren aktiv, und das mit einer beweglichen Klappe über dem Ultraviolett-Teleskop, die bei jedem Sonnenaufgang und jedem Sonnenuntergang betätigt wird. Inwieweit das mit herumwuselnden und Staub erzeugenden Raumfahrern auch funktioniert, muss man sehen.

Die ständige Präsenz von Raumfahrern wird erst bei den "Flugzeugbunkern" der Lunaren Experimentierstation nötig. Dort wird mit einem geschlossenen Lebenserhaltungssystem experimentiert, wo nicht mehr Essenspakete eingeflogen werden, sondern in einer ersten Stufe 30 %, dann 90 % aller Lebensmittel vor Ort erzeugt werden sollen. Die Aufgabe der Raumfahrer ist dort vor allem, ständig zu atmen und das Kohlendioxid zu erzeugen, mit dem die Pflanzen gefüttert werden (CO2 ist gut, CO2 ist lieb, CO2 ist schön):
https://www.yhxb.org.cn/thesisDetails#10.3873/j.issn.1000-1328.2023.09.016&lang=zh

Bis 2055 braucht man Raumfahrer nicht wirklich und es wäre unsinnig, alle paar Monate Menschen auf den Mond zu schicken, nur um Menschen auf dem Mond zu haben. Das ist einer der wesentlichen Unterschiede zwischen der Volksrepublik China und der freien Welt: die NASA versucht, möglichst viele Menschen ins All zu bringen, das Büro für bemannte Raumfahrt versucht, möglichst wenig Menschen ins All zu bringen.

Offline Regnart

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Re: Chinas Planung zur Monderforschung
« Antwort #249 am: 02. August 2024, 07:41:10 »
Natürlich sucht China nicht massiv Partner für die ILRS. Um es noch einmal zusagen, die Nutzlasten, unter anderem der schwedische Detektor für negative Ionen der ESA bei Chang'e 6, fliegen bei der ILRS kostenlos mit. Das Labor für Tiefraumerkundung sucht nicht Partner, sondern gibt Wissenschaftlern, primär aus dem Globalen Süden bzw. Ländern, die mit der Volksrepublik China bereits im Rahmen der Neuen Seidenstraße zusammenarbeiten, die Gelegenheit, äußerst kostengünstig auf dem Mond Forschung zu betreiben. Das ist natürlich keine Wohltätigkeitsveranstaltung, sondern man hofft, aus den unterschiedlichen Kulturkreisen heterodoxen Input zu bekommen, und sei es nur durch kluge Fragen.

Ein Beispiel für immateriellen Input ist das "Memorandum über eine Zusammenarbeit bei der Internationalen Mondforschungsstation", das Wu Weiren, Leiter des Labors für Tiefraumerkundung, am 17. Juli mit Giuseppe Reibaldi, dem Vorsitzenden des Wiener Monddorf-Vereins unterzeichnet hat:
https://mp.weixin.qq.com/s/yj6vkB30c_D9cPS7kdur-Q


Bild: DSEL

Dieser Verein ist ein reiner Debattierclub, er kann nichts Materielles zur ILRS beitragen. Aber durch die hochkarätigen Vereinsmitglieder (Pascale Ehrenfreund etc.) kommen vielleicht doch mal kluge Ideen von den Seitenlinien, ganz abgesehen davon, das die ehemaligen Vorsitzenden der osteuropäischen Raumfahrtbehörden im Verein sicher noch gut vernetzt sind und interessante Kontakte vermitteln können.
« Letzte Änderung: 03. August 2024, 07:17:27 von Regnart »