Raumcon

Raumfahrt => Bemannte Raumfahrt => Thema gestartet von: tonthomas am 05. Januar 2013, 22:38:29

Titel: Wernher von Braun
Beitrag von: tonthomas am 05. Januar 2013, 22:38:29
Guten Abend!

Hier war Jesco von Puttkamer zu hören und zu sehen:

ws

Gruß   Pirx
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: fl67 am 06. Januar 2013, 21:38:12
Sechs-teiliges Interview mit JvP (auf englisch):

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Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 09. Januar 2013, 00:12:16
Hoch interessant. Der letzte Teil treibt mir die Tränen in die Augen...  :'(

- Werner von Braun war im Gefängnis und sollte hingerichtet werden nachdem er in Nazi-Deutschland erwähnte er wolle mit einer Rakete ins All. Puttkamer hat eine ganz andere Meinung zur angeblich so bedenklichen Vergangenheit von Herrn Braun. Er sagt, von Braun hatte einerseits keine Wahl wenn er an seinem Leben hing, andererseits wollte er an Raketen forschen. Wo konnte er sonst. Diese Einschätzung muss man nicht teilen, finde aber interessant mal eine gehört zu haben von jemanden der von Braun auch wirklich kannte -> Nicht nur aus dem Geschichtsbuch.

- Ingenieure haben keine Konkurrenz mehr heute. Bei der Saturn V wurden drei Flugsteuerungscomputer entwickelt und gebaut. Der beste wurde verwendet. Heute finanziell nicht mehr denkbar, aber ohne diesen Wettbewerb, der ein besseres Produkt bringt, geht viel Innovation und Mut verloren, Dinge besser zu machen. Alles wird auf "Sicher" gebaut. Dadurch wird Fortschritt gebremst.

- Die Amis sind nur unter der Auflage mit dem Shuttle zu Mir geflogen, dass Roskosmos eine anständige Dokumentation einführt. Dort saßen ganz viele Haudegen der alten Generation, 80 oder 90 Jahre alt, die sagten, brauchen wir nicht, haben wir doch alles im Kopf... Sie haben nie etwas aufgeschrieben, um Ihre Jobs zu sichern. (Bei den Informatikern gibts dafür auch heute noch einen Spruch: It was hard to Code so it should be hard to understand)

- Er würde ohne Russland nicht zum Mars fliegen. Er schätzt die Partnerschaft sehr. Zitat "Flieg nie ohne einen russischen Kosmonauten zum Mars".

- Warum Raumfahrt? Nun, als Baby fängt man auch irgendwann an, überall hinzukrabbeln, in jede Ecke usw... Und warum? Nunja, weil diese Ecken nunmal da sind. Das steckt in uns, wir sind so programmiert. Sind die Ecken einmal erreicht, erweitert das unseren Horizont. Und jetzt krabbeln wir eben "da oben" rum. Einfach, weil es da ist. Und erweitern unseren Horizont.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 09. Januar 2013, 01:40:55
- Werner von Braun war im Gefängnis und sollte hingerichtet werden nachdem er in Nazi-Deutschland erwähnte er wolle mit einer Rakete ins All. Puttkamer hat eine ganz andere Meinung zur angeblich so bedenklichen Vergangenheit von Herrn Braun. Er sagt, von Braun hatte einerseits keine Wahl wenn er an seinem Leben hing, andererseits wollte er an Raketen forschen. Wo konnte er sonst. Diese Einschätzung muss man nicht teilen, finde aber interessant mal eine gehört zu haben von jemanden der von Braun auch wirklich kannte -> Nicht nur aus dem Geschichtsbuch.

Helden dürfen keinen Makel haben. Warum eigentlich? Wernher von Braun hat seiner Vision absolute Priorität eingeräumt und dadurch Einzigartiges leisten können. Dafür hat er einige Kröten geschluckt. Er hätte sicher fast jederzeit einen andern Weg einschlagen können, denn er war bestimmt kein weltfremder, nur auf seine Arbeit fixierter Eigenbrötler und er hatte sehr gute Beziehungen, mit deren Hilfe er sich hätte in Sicherheit bringen können (was er bei Kriegsende dann auch gemacht hat). Was sollte Jesco von Puttkamer auch sagen über Wernher von Braun, er (JvP) hat ja (auch) keine Wahl.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 09. Januar 2013, 02:10:48
Was sollte Jesco von Puttkamer auch sagen über Wernher von Braun, er (JvP) hat ja (auch) keine Wahl.

Reine Spekulation.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 09. Januar 2013, 02:13:59
Reine Spekulation.

Welche deutlich abweichenden Aussagen von NASA-Leute über Wernher von Braun gibt es denn?
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 09. Januar 2013, 02:29:57
Wenn Du irgendetwas konstruieren möchtest, damit es Deinem Weltbild entspricht, dann tu das. Erwarte aber keine Beteiligung meinerseits mehr dazu.
Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tobi am 09. Januar 2013, 08:12:18
Wernher von Braun war Puttkamers Förderer und Mentor. Sagt man negatives über einen Freund?
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 09. Januar 2013, 09:14:40
So, wie von Braun der Raumfahrt vieles ermöglichte war es auch bei einem jungen, begeisterten, begabten Ingenieur aus Deutschland... das Ergebnis war eine gewinnbringende und sehr erfüllende Zusammenarbeit, sicher für beide.
Das sei unbestritten. Als ebensolches muss aber auch gelten, dass von Braun in Anhörungen gelogen hat - was er alles nicht wusste.
Von Braun ordnete einer enthusiastischen Begabung viel unter und befleißigte sich eines fragwürdigen Systems. Das kann jeder einordnen wie er will - aber es zu leugnen um seine Verdienste frei zu halten von moralischen Fragwürdigkeiten entspricht nicht den historischen Fakten.
Raumfahrt ist in vielen Punkten nicht glorreich... und trotzdem großartig. Raumfahrtfans sollten dieser Tatsache nicht ausweichen, nur um diesen Aspekten zu entgehen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 09. Januar 2013, 11:55:08
Immer schön auf dem Teppich bleiben: Wernher von Braun war ein Kind seiner Zeit (des Dritten Reiches), und in diesem Kontext sollte man seine damalige Arbeit auch werten. Wie sich ein jeder von uns Nachgeborenen in dieser Zeit selbst verhalten hätte, dass kann keiner wirklich wissen. Im Nachhinein ist man immer schlauer.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 09. Januar 2013, 15:39:01
Wernher von Braun befand sich in Kenntnis der Produktionsbedigungen von Mittelbau-Dora. Er suchte persönlich im KZ Buchenwald Arbeiter dafür aus. Wenn Du solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit "Kind seiner Zeit" entschuldigen willst gab es in Deutschland niemanden mit irgendeiner Schuld.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Atlan am 09. Januar 2013, 16:47:35
Er war Pragmatiker und hat die Umstände seiner Zeit optimal für die Verwirklichung seines Traumes benutzt. Das kann man verurteilen, oder auch nicht. Allerdings hat er, meiner Meinung nach, in keiner Weise das System durch seine Arbeit gefördert. Oder bist du der Meinung den Menschen wäre es besser gegangen, wenn sie im KZ geblieben wären? Das waren nämlich für betreffende Personen die 2 Alternativen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 09. Januar 2013, 17:35:08
Du hast keine Ahnung von den Bedingungen in Mittelbau-Dora, oder? Bitte lies das nach. Schau Dir Dokumentationen an. Es ist lohnenswert, auch für Raumfahrtfans.
Von Braun gab später selber zu "... dass die so wörtlich „Hungergestalten“ in einem „erbarmungswürdigen Zustand“ gewesen seien, Eindrücke, die „schwer auf der Seele jedes anständigen Mannes lasten“ würden."
Bis zu 20.000 Menschen kamen dort in der Produktion um.
Er hat das System benutzt, aber nicht gefördert? Noch in letzten Kriegsmonaten klammerten sich Befehlende, Soldaten und Teile der Bevölkerung an die vernichtende Macht der "Wunderwaffe", als die er die "V2" dem Regime verkauft hat um seine Konstruktionsideen zu verwirklichen.
Vielleicht verstehen wir Förderung unterschiedlich.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Schillrich am 09. Januar 2013, 17:35:36

Oder bist du der Meinung den Menschen wäre es besser gegangen, wenn sie im KZ geblieben wären? Das waren nämlich für betreffende Personen die 2 Alternativen.

Mittelbau Dora war ein KZ, und keine "bessere Alternative". Wenn du den Ort besuchst und den Schilderungen der Arbeitsbedingungen folgst, war ein "normales KZ" nicht zwingend "schlechter". Diejenigen, die Mittelbau Dora ausgebaut haben, haben unter schreckliche Bedingungen unter Tage ihr Dasein fristen müssen, in Dreck, Dunkelheit, Enge, Abgase ... Etwas anders war es dann später für die "hochwertigen Arbeitskräfte", aber selbst für die war das ein KZ.

Aber daraus kann man jetzt keine Apologie für von Braun konstruieren ... meiner Meinung nach.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 09. Januar 2013, 18:23:55
Fakt ist, das Braun selbst im Knast war und Ihm mit der Hinrichtung gedroht wurde. Er wurde nur rausgelassen und nicht erschossen, wenn er seinen Job weiter macht. Ob von Braun jetzt also jemand gewesen sein könnte, der sich hätte weigern können um die Arbeitsbedingungen zu verbessern, halte ich für sehr zweifelhaft. Er war nicht mehr und weniger unter Äußerem Zwang beteiligt an der Maschinerie der Nazis als Eure Großeltern / Urgroßeltern.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: spacer am 09. Januar 2013, 18:59:22
Er war nicht mehr und weniger unter Äußerem Zwang beteiligt an der Maschinerie der Nazis als Eure Großeltern / Urgroßeltern.
Wernher von Braun war Mitglied der NSDAP und der SS.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 09. Januar 2013, 19:04:54
Ja meinste er hätte seinen Job ohne diese Mitgliedschaften machen können? Wohl kaum. Die Einstellung von so manchen hier ist so so derbe scheinheilig... Wenn jeder mit diesen Mitgliedschaften Verbrecher wäre, dann hätte man Deutschland zum Gefängnis erklären müssen.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Schillrich am 09. Januar 2013, 19:09:16
Ja meinst du er hätte ihn nicht machen können? Wenn er wertvoll genug war, vielleicht doch ...? Die SS wollte die Kontrolle über die Wunderwaffen. Ohne SS wäre das Programm vielleicht in der normalen Wehrmacht geblieben. Aber die SS hatte "Ressourcen"
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 09. Januar 2013, 19:18:11
Wenn er wertvoll genug war, vielleicht doch ...?

Du sagst es selber. Höchst spekulativ was er hätte machen können und was nicht. Wo er sein Leben aufs Spiel gesetzt hätte und wo nicht. Auf dieser Basis verurteilt man aber nicht. Das driftet schon in eine Komplexität ab, die ich ohne deutlich weitergehende Literatur / Recherche nicht beurteilen mag. Beurteilen möchte ich aber dieses "er war da, also hat er böses unterstützt, also war er böse". Denn diese Kriterien treffen wahrscheinlich auf halb Deutschland zu diesem Zeitpunkt zu. Und demnach höchstwahrscheinlich auch auf einige der hiesigen Kritiker, wenn Sie zu dieser Zeit gelebt hätten. Deswegen der Begriff "Scheinheiligkeit" von mir. Sowas gefällt mir nicht.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 09. Januar 2013, 19:39:55
Zitat
Das driftet schon in eine Komplexität ab, die ich ohne deutlich weitergehende Literatur / Recherche nicht beurteilen mag.

Sogar dann wäre das ein sehr mutiges Unternehmen. In die Köpfe der Menschen kommt man nicht hineinschauen, und was man in solchen Situationen kommuniziert, und was man denkt, sind zwei vollkommen verschiedene Dinge.

Zitat
Beurteilen möchte ich aber dieses "er war da, also hat er böses unterstützt, also war er böse"

Das sehe ich genau so. Mein eigenes zwangsläufig riskantes Urteil reicht mir in solchen Fällen gerade noch, um notfalls mein Handeln daraus abzuleiten. Mit allen Vorbehalten. Nicht aber, um öffentlich so jemanden zu verdammen, oder umgekehrt als Ideal darzustellen. Dieses Unwissen muß man einfach ertragen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 09. Januar 2013, 19:58:50
die ich ohne deutlich weitergehende Literatur / Recherche nicht beurteilen mag.

Z.B. "Wernher von Braun: Visionär des Weltraums - Ingenieur des Krieges - Biographie" von Michael J. Neufeld

Hier gibt es einen Artikel aus der  FASZ dazu: www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf (http://www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Atlan am 09. Januar 2013, 20:44:07
Ich habe mit keinem Wort gesagt die Menschen seien so "besser" dran gewesen. Mein Punkt war nur, dass es nicht schlechter war als jede alternative und von Braun hat das wahrscheinlich gewusst.
Aber soweit ich das weiß war er besessen von Raketen zum Zweck der Raumfahrt. Das ist ein ein sehr großer Traum gewesen. Und Menschen mit großen Träumen und entschlossenheit diese wie besessen zu verfolgen haben nunmal ganz andere Prioritäten. Ich denke nicht, dass er diese Menschen retten wollte aber auch nicht dass er sie töten wollten.....sie waren einfach nur eine gute Gelegenheit an seinem Traum zu arbeiten. Er hat ja mit den Amis und den nazis gleich gut zusammengearbeitet....unter völlig konträren Ideologien....was finde ich ein gutes Indiz dafür ist, dass ihm Ideologien und sonstiges zwischenmenschliche Geplänkel einfach nicht so wichtig war....natürlich kann ich mich auch irren.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 09. Januar 2013, 20:51:54
Hier gibt es einen Artikel aus der  FASZ dazu: www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf (http://www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf)

Vielen Dank, sehr interessant.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 09. Januar 2013, 22:22:11

Ja meinste er hätte seinen Job ohne diese Mitgliedschaften machen können?
Gegenfrage... nimmst Du jeden Job um jeden Preis an? Setzt Du Träume um den Preis des Lebens anderer um?
Und gilt die Formel: Traum+Begabung+Erfolg=Unschuld?
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: spacer am 09. Januar 2013, 22:22:52

Ja meinste er hätte seinen Job ohne diese Mitgliedschaften machen können?
Nein, aber ihm war die Arbeit an der Raketentechnologie so wichtig, dass er dafür bereit war, an Verbrechen gegen die Menschlichkeit teilzunehmen, und wenn nur durch seine Mitgliedschaft. Viele Menschen haben damals so gehandelt – aber dass macht sie in meinen Augen nicht besser.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: ZeT am 09. Januar 2013, 23:41:00
Man sollte auch nicht vergessen, das die meiste Hochtechnologie militärische Wurzeln hat. Raketen, Internet, Atomkraft usw.

Wer nun mit der Moralkeule kommt, der sollte doch bitte Abstand von der Raumfahrt, dem Computer, dem Stromnetz und natürlich auch von der Autobahn halten.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 09. Januar 2013, 23:44:40
Militärische Wurzeln und ein Arbeitslager mit  KZ-Häftlingen sind wohl nicht unbedingt das gleiche.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 10. Januar 2013, 00:14:28
Man sollte auch nicht vergessen, das die meiste Hochtechnologie militärische Wurzeln hat. Raketen, Internet, Atomkraft usw.

Wer nun mit der Moralkeule kommt, der sollte doch bitte Abstand von der Raumfahrt, dem Computer, dem Stromnetz und natürlich auch von der Autobahn halten.

"Krieg ist aller Dinge Vater, aller Dinge König. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien.", Heraklit von Ephesos, * um 520 v. Chr.; † um 460 v. Chr. (Quelle: Wikipedia)

Diese Erkenntnis ist also nicht gerade neu. Aber man möge mir zugestehen, dass ich z.B. die ca. 80 Millionen Toten von Erstem und Zweitem Weltkrieg nicht als zwingende Voraussetzung für die Entwicklung von Computer und Raumfahrt akzeptieren kann.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 10. Januar 2013, 00:34:11
Militärische Wurzeln und ein Arbeitslager mit  KZ-Häftlingen sind wohl nicht unbedingt das gleiche.

Du solltest Dein Bild von Herrn Braun nicht so einzimentierend wiederholen.

Zitat
Bei so viel Apathie verwundert es nicht, dass er sich nicht lange wehrt, als man ihn 1937
auffordert, der NSDAP beizutreten. Als Himmler ihn 1940 in seine SS zwingt, schmeckt ihm
das schon weniger. Aber da war es eigentlich schon zu spät. "Mitte der dreißiger Jahre hätte
er sich den Nazis vielleicht noch entziehen können", sagt Neufeld, "wenn er bereit gewesen
wäre, seinen Traum aufzugeben." Tatsächlich aber wurde ihm seine Situation zu spät klar -
vielleicht erst 1944, als er mit einigen Mitarbeitern von der SS verhaftet wurde und nur knapp
der Hinrichtung entging, oder bereits 1943 bei seinem ersten Besuch in der Hölle von
Mittelbau-Dora. Dort muss der Weltraumträumer sich tatsächlich wie Goethes Faust
vorgekommen sein, der in der Tragödie zweitem Teil ebenfalls große Ingenieurswerke zum
Wohle der Menschheit in Gang setzt und dann mit ansehen muss, wie Mephisto dafür das
alte Ehepaar Philemon und Baucis ermordet. Faust ist angewidert, aber das macht die
beiden auch nicht mehr lebendig.
Bei Kriegsende begibt sich Wernher von Braun schnurstracks in die Hände der
amerikanischen Armee. Auch hier diagnostiziert Neufeld zunächst einmal einen
beunruhigenden Opportunismus. Die Amerikaner sind die Sieger. Wer kann nun von Brauns
Raketen bauen, wenn nicht sie? 

Schwarz-Weiß. Es gibt mehr als das.

Quelle: http://www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf (http://www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf)

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 10. Januar 2013, 01:01:40
Und Du solltest genauer lesen. Helix verwies auf den militärischen Ursprung von Raketen und anderer Technologie. Ich stellte nur klar, dass eine militärische Entwicklung nicht mit den Verhältnissen eines Arbeitslagers gleichzusetzen ist. Falls Du anderer Meinung bist formuliere sie bitte.

Es ist unerheblich, ob von Braun die NSDAP "schmeckte". Himmler hat ihn nicht "gezwungen", er stellte klar, dass von Braun jegliche Unterstützung entzogen würde, wenn er der Partei nicht beiträte. Er war 1940 keineswegs seines Lebens bedroht... allerdings wären seine Möglichkeiten abhanden gekommen. Für die hat er sich entschieden.
Gezwungene können nicht entscheiden.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 10. Januar 2013, 01:21:25
Helden und Luftballons haben etwas gemeinsam: Strapaziert man sie zu stark, bleiben nur noch Fetzen übrig.

Ich kann die Leistungen Wernher von Brauns anerkennen und trotzdem davon überzeugt sein, dass er sich weit mehr als ich akzeptieren kann auf das Nazi-System eingelassen hat. Ich störe mich allerdings an der geschichtsverfälschenden Schönfärberei von - hauptsächlich - deutscher und amerikanischer Seite. Die Sehnsucht nach makellosen Helden ist ja verständlich, aber eben auch naiv. Mir können "perfekte" Helden gestohlen bleiben, Menschen sind mir lieber - einfach deswegen, weil sie glaubwürdiger sind.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 10. Januar 2013, 01:44:39
Helix verwies auf den militärischen Ursprung von Raketen und anderer Technologie.

Falsch. Ich habe das nur aufgegriffen und wollte zum Ausdruck bringen, dass ich es als Tatsache wahrnehme, aber nicht als Rechtfertigung für irgendetwas akzeptiere.

Es ist unerheblich, ob von Braun die NSDAP "schmeckte". Himmler hat ihn nicht "gezwungen", er stellte klar, dass von Braun jegliche Unterstützung entzogen würde, wenn er der Partei nicht beiträte. Er war 1940 keineswegs seines Lebens bedroht... allerdings wären seine Möglichkeiten abhanden gekommen. Für die hat er sich entschieden.
Gezwungene können nicht entscheiden.

Die Parteimitgliedschaft Wernher von Brauns und auch sein Rang in der SS sind - meiner Meinung nach - nur Pille-Palle ("Wes' Brot ich ess', des' Lied ich sing!" - aber hier bitte nur im Sinn von "Lippenbekenntnis" verstehen).
Wernher von Brauns Leben war 1944 kurze Zeit in Gefahr, als er in Gestapo-Haft war und von Dornberger herausgehauen werden musste. Dabei ging es im Grunde um eines von Himmlers Machtspielchen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 10. Januar 2013, 01:52:10
. Dabei ging es im Grunde um eines von Himmlers Machtspielchen.

Man darf vor Allem nicht den zeitlichen Aspekt außer Acht lassen. Hittlers Partei wurde demokratisch gewählt. Dann gab es einen schleichenden Prozess, wo es für jeden irgendeinen Moment gibt, wo man denkt: "Hey, hier stimmt was nicht. Das will ich nicht." Aber genau dann ist es meist schon zu spät. Will man dann aussteigen, steht man schneller an der Wand als einem Lieb ist. Eine gewisse Apathie hat sicher dazu geführt, dass dieser "Moment" bei Werner von Braun später kam als bei anderen. Das reicht aber lange nicht aus, um Ihn in die braune Socke zu stecken. Von der Informationslage die uns nun zur Verfügung steht und den Infos, welche damals den jeweiligen Personen bekannt war, ganz abgesehen.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 10. Januar 2013, 02:18:20
Seit 1936 baute von Braun an einer Rakete, die den Anforderungen genügen sollte eine Tonne Sprengstoff 250km weit zu befördern - Kriegsbeginn war 1939 - 1940 trat er der Partei und der SS bei. Wenn man da immer noch nicht denkt "Hey, hier stimmt was nicht. Das will ich nicht." dann ist man entweder dumm oder will es nicht denken.
Ersteres ist wohl bei ihm auszuschließen.
Pille-Palle würde ich das nicht nennen. Ja, er hatte einen Traum. Ja, er wollte zum Mond. Ja, er hatte das Talent und die Fähigkeiten es so weit zu bringen. Alles unbestritten. Aber er hat sich eines erkennbar unmenschlichen Systems bedient solange es ging. Und danach nutzte er ein anderes System um den Konsequenzen des ersten zu entkommen und weiterarbeiten zu können.
Mag sein, dass er beiden Systemen nie aus Überzeugung angehörte, sondern der Möglichkeiten wegen. Das entbindet ihn nicht von moralischer Schuld. Und egal welche unbestreitbaren Leistungen er vollbracht hat - diese kann man weder leugnen noch wegdebattieren.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 10. Januar 2013, 02:26:16
Dummheit oder Ignoranz
Moralische Schuld oder weiße Weste
Partei oder nicht Partei

Ich möchte Dich gar nicht mehr überzeugen, Liebe xwing. Aber die anderen Lesenden möchte ich vor solch einem "Schwarz-Weiß" - Denken warnen. Diese Simplifizierungen werden der Wahrheit, die meist irgendwo dazwischen liegt, sicher nicht gerecht.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 10. Januar 2013, 03:17:30
Lieber klausd, irgendwie liest Du selektiv. Du wirst die technischen Leistungen des Wernher von Braun in keinem Kommentar von mir geleugnet finden. Sie sind unbestritten. Es wäre allerdings schwarz/weiß geurteilt, wenn man über sie den menschlichen Preis vergißt, den er zu zahlen bereit war.
Gerade das wäre eine komfortable Simplifizierung. Manche Biografien sind nicht leicht. Als Raumfahrtfan empfinde ich seine als eine der schwierigsten. Ihn als Schreibtischtäter und Visionär von seinen moralischen Verfehlungen zu entbinden, sie zu relativieren nur damit mich das Mondprogramm störungsfrei begeistern kann ist mir zu einfach. Manchmal darf man es sich ein bißchen schwerer machen. Simpel ist daran gar nichts.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 10. Januar 2013, 04:51:41
Ihn als Schreibtischtäter und Visionär von seinen moralischen Verfehlungen zu entbinden, sie zu relativieren nur damit mich das Mondprogramm störungsfrei begeistern kann ist mir zu einfach.

So wie ich das sehe hat diese Argumentation niemand hier geführt. Wie kommst Du drauf?

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: jakda am 10. Januar 2013, 07:41:39
... Hittlers Partei wurde demokratisch gewählt. ...

Dieses "Argument" wird von bestimmten politischen Richtungen sehr oft benutzt, um "das an die Macht" kommen der NSDAP zu legalisieren.
Die "Machtergreifung" der Partei Hitlers mit genau diesen Worten (!!!) "demokratisch gewählt" zu Beschreiben impliziert heute, dass die demokratischen (gesellschaftlichen) Beurteilungs-Normen von heute und damals übereinstimmen - und genau dass ist falsch - und  - sehr gefährlich...
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 10. Januar 2013, 08:55:53
Wenn Du solche Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit "Kind seiner Zeit" entschuldigen willst gab es in Deutschland niemanden mit irgendeiner Schuld.

Was ich so nie behauptet habe.
Von Braun hat seinen Traum zu verwirklichen gesucht, und das ging nur, indem er mit den Wölfen heulte. Und in der frühen Phase der A4-Entwicklung konnte er wohl kaum wissen, unter welchen verbrecherischen Bedingungen seine Raketen mal produziert werden. Hätte er sich dem System dagegen während der letzten Kriegsjahre verweigert, dann hätte er sicher mit schwersten Konsequenzen für sich rechnen müssen. Seine kurzzeitige Gestapohaft von 1944 war sicher auch als Warnschuss vor den Bug gedacht, um ihm die Möglichkeiten des Systems nochmal recht deutlich vor Augen zu führen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Mogli am 10. Januar 2013, 13:27:19
Ich habe mal zu Wernherr von Braun ein - wie ich finde - recht treffendes Zitat gelesen bzw. gehört:

"Selten hat soviel Glanz soviel Schatten überstrahlt."

Ich denke dass trifft es ganz gut.

Ich kann und mag nicht über Wernherr von Braun urteilen - genausowenig wie ich es über meinen Opa kann der auch in der SS war. Wie hätten wir gehandelt, hätten wir nicht heute sondern in der damaligen Zeit gelebt? Ich glaube kaum das wir alle Widerstandskämpfer gewesen wären...

Für mich ist Wernherr von Braun in erster Linie ein Visionär, ein Genie der Raumfahrt das heute in einschlägigen Kreisen schmerzlich vermisst wird. Raumfahrt lebt von Visionen und Menschen, die diese Visionen versuchen in die Realität umzusetzen und die diese Visionen auch verkaufen können. Ohne WvB wären die Menschen wohl erst sehr viel Später zum Mond gestartet, hätten Generationen von Kindern nicht in selbstgebastelten Raketen im garten die Reise zum Mond in Ihrer Phantasie selber angetreten (ich zähle mich auch dazu) und sich für Raumfahrt begeistert.

Wernherr von Braun hat sicherlich auch Schuld auf sich geladen - keine Frage - und sicher wäre heute die Diskussion eine andere, hätte sich von Braun eines Tages offen dazu bekannt. Doch liegt es nicht an uns zu Richten. Die Geschichte der Raumfahrt im 20en Jahrhundert ist auch die Geschichte der armen Menschen, die in Dora Mittelbau gelitten haben und denen großes Unrecht widerfuhr - und das darf die Gesellschaft nie vergessen...
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 10. Januar 2013, 13:36:40
Sehr schön zusammengefasst Trinitus! Wobei ich mit dem Zitat nicht anfreunden kann.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Schillrich am 10. Januar 2013, 15:34:57
Warum dürfen wir heute nicht "richten"/urteilen, wenn man die Worte so nutzen will?

Das nennt man allgemein "historische Aufarbeitung". Meistens machen das erst Folgegenerationen, nicht die betroffene selbst. Das hilft dabei ein Gesamtbild zu bekommen, zu verstehen, einzuordnen ... zu werten ... und daraus eigene Schlüsse zu ziehen.
Ich denke nicht, dass man das verbieten darf, oder gar verteufeln sollte. Wenn wir keine eigenen Urteile bilden dürfen, bleiben wir beim leeren Zitieren von Fakten und Details. Damit erreichen wir kein Wissen, sondern bleiben auf der Ebene purer Information.

Ich erlaube mir ein Urteil und ich habe eine Meinung zu von Braun und zur damaligen Generation. Wie ich mich damals verhalten hätte? Keine Ahnung ... aber ich hoffe heute zu verstehen und mich deshalb ordentlich zu verhalten.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 10. Januar 2013, 16:28:26
@Trinitus
Das Zitat bündelt alles. Das ist wirklich treffend!
Das meinte ich mit: für mich als Raumfahrtfan eine der schwierigsten Biografien.

@Wilga
Mit den Wölfen heulen ist eben nicht "nur"... es ist einiges. Ich sehe es aber wie Du, dass ich mir, vielleicht in seinen letzten Lebensjahren, spät aber dennoch, eine Positionierung gewünscht hätte. Es würde es mir einfacher machen eine Antwort auf die Frage zu finden wieviel Bewußtsein von Braun selbst für seine Geschichte hatte und wie er damit umgegangen ist.

@Schillrich
Danke, dass Du das so gut in Worte gefasst hast.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: ZeT am 10. Januar 2013, 17:39:20
Militärische Wurzeln und ein Arbeitslager mit  KZ-Häftlingen sind wohl nicht unbedingt das gleiche.

Och ich denke das sieht Hiroshima und Nagasaki anders.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 10. Januar 2013, 18:08:47
Jetzt wird's wirr.
Hiroshima und Nagasaki sind kein Ursprung militärischer Technologieentwicklung - sondern Leidtragende selbiger. Sie sind zudem keine Orte an denen Menschen aufgrund ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung oder Gedanken zusammengepfercht und verschlissen wurden um militärische Technologie zu entwickeln.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tomtom am 10. Januar 2013, 18:14:13
Stop. Man kann trefflich und endlos dazu in alle mögliche Richtungen diskutieren, aber das ist dann einfach Off Topic. Beiträge ohne direkten Bezug zu von-Braun werden im weiteren gelöscht.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: GG am 10. Januar 2013, 21:08:37
"Selten hat soviel Glanz soviel Schatten überstrahlt."

Man kann es auch andersherum sehen:

Von Brauns Startrampen stehen auf einem Fundament aus Leichen.



... und noch zur "demokratischen" Wahl der NSDAP 1933: Bedrohung, Verfolgung, Lüge und Hetze sind Stichworte, die mir dazu einfallen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: noidea am 10. Januar 2013, 21:43:05
Wernher von Braun ist nun mal eine sehr umstrittene Persönlichkeit. Zum einem ebnete er unter anderem der Menschheit den Weg in den Kosmos, doch auf der anderen Seite war er als Mitglied der NSDAP und der SS Teil eines menschenunwürdigen, verabscheuungswürdigen und brutalen Regime, dass Europa und die Welt mit Tod, Terror und Leid überzog. Seine Taten in der Nazizeit sind unverzeihlich, und ich kann die Überlebenen von Mittelbau-Dora gut verstehen, dass sie von Braun zunächst einmal als den Nazi sehen, der er für sie war und nicht der Ingenieur. Wie es der Satiriker Tom Lehrer so schön und passend ausdrückte: “Once the rockets are up, who cares where they come down? / That’s not my department, says Wernher von Braun”. Aber er war eben auch ein brillianter Ingenieur, der die Raumfahrt revolutionierte, was man am deutschen Vorsprung in der Raketentechnologie im 2. Weltkrieg und seinem Wirken an der Redstone, der Jupiter und vor allem an der Saturn sah.

Ich denke bei diesem Hintergrund, dass man zwar von Brauns Leistungen ehren sollte, doch darf man nie vergessen, zu welchem Preis diese erreicht wurden. Und dieser Preis war über die Maßen hoch, sowohl die Opfer in London oder Antwerpen als auch die abertausenden Zwangsarbeitet, die beim Bau der V2 starben.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: klausd am 10. Januar 2013, 23:06:51
die Opfer in London oder Antwerpen

Interessante Frage über die schon viel diskutiert wurde. Ist der Konstrukteur mitschuldig, der Panzer / Raketen / Flugzeuge / Bomben / Atombomben baut? Ist man auch schuldig, wenn man in einem Unternehmen arbeitet, welches solche Dinge produziert? Sind dann Airbusmitarbeiter / Siemensmitarbeiter mitschuldig am Tod von Menschen?

Mit solchen Fragen beschäftigte sich Dürrenmatt. Wers noch nicht gelesen hat: http://www.amazon.de/Physiker-Eine-Kom%C3%B6die-zwei-Akten/dp/3257230478 (http://www.amazon.de/Physiker-Eine-Kom%C3%B6die-zwei-Akten/dp/3257230478)

Von Brauns Startrampen stehen auf einem Fundament aus Leichen.
Steht von Braun damit auch auf einem Berg aus Leichen? Hauptverantwortlich? Teilverantwortlich? Wenn ja, zu welchem Teil? Auf wievielen Leichen stehen die Startrampen der Chinesen, Russen, Amerikaner? Fragen über Fragen... Führt hier sicher zu weit.

Gruß, Klaus
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: jakda am 11. Januar 2013, 08:00:59
die Opfer in London oder Antwerpen

Interessante Frage über die schon viel diskutiert wurde. Ist der Konstrukteur mitschuldig, der Panzer / Raketen / Flugzeuge / Bomben / Atombomben baut? Ist man auch schuldig, wenn man in einem Unternehmen arbeitet, welches solche Dinge produziert? Sind dann Airbusmitarbeiter / Siemensmitarbeiter mitschuldig am Tod von Menschen?

Mit solchen Fragen beschäftigte sich Dürrenmatt. Wers noch nicht gelesen hat: http://www.amazon.de/Physiker-Eine-Kom%C3%B6die-zwei-Akten/dp/3257230478 (http://www.amazon.de/Physiker-Eine-Kom%C3%B6die-zwei-Akten/dp/3257230478)

Von Brauns Startrampen stehen auf einem Fundament aus Leichen.
Steht von Braun damit auch auf einem Berg aus Leichen? Hauptverantwortlich? Teilverantwortlich? Wenn ja, zu welchem Teil? Auf wievielen Leichen stehen die Startrampen der Chinesen, Russen, Amerikaner? Fragen über Fragen... Führt hier sicher zu weit.

Gruß, Klaus

Flacher und sehr durchsichtiger (Gegen-)Argumentationsversuch.
Stimmt einen eigentlich nur traurig.

Die "Weste" WvB's wäscht man damit nicht weiß...
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: KSC am 11. Januar 2013, 08:55:58
Die Diskussion hier ist ja mit Wernher von Braun überschrieben, aber man darf diese Thematik natürlich nicht ausschließlich auf ihn konzentrieren.
Es  gab sehr viel Wissenschaftler und Ingenieure, die direkt mit ihm zusammengearbeitet haben und ebenfalls ganz klar wussten, dass KZ-Insassen Zwangsarbeit an dem Projekt leisten mussten.
Sowohl die USA als auch die Sowjetunion haben sich dieser Leute “bedient“ .
Die Frage von US Präsident  Eisenhower auf den Sputnik 1 Start war  "How did the Russians get there first?"  die Antwort : "Their Germans are better than our Germans".
Das bringt es eigentlich ganz gut auf den Punkt.

Sowohl die amerikanische, als auch die Russische Raumfahrt haben Wurzeln in Nazi Deutschland.
 
Gruß,
KSC
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Hiegus am 11. Januar 2013, 09:48:10
WvB würde heute vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angeklagt werden.....
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 11. Januar 2013, 11:24:56
WvB würde heute vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte angeklagt werden.....

Die heutigen Moral- und Wertevorstellungen sind aber - zum Glück - auch ganz andere als zur damaligen Zeit. Während man heute bei zivilen Opfern in der Kriegsführung verschämt von Kollateralschäden spricht, standen damals zivile Ziele - auf allen Seiten - ausdrücklich auf den Angriffslisten und wurden ohne Rücksicht auf zivile Opfer bombardiert. Beispiele sind neben Warschau, Coventry und London auch Hamburg und Dresden.

Gruß Wilga35
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 11. Januar 2013, 12:20:52
Liebe Leute,

ich beobachte das jetzt schon einige Zeit und halte mich (mit einer Ausnahme) lieber zurück, weil ich mich als ein Aussenstehender empfinde, bei diesem sehr "deutschen" Problem. Jetzt sage ich aber doch noch etwas: Dem Problem ist mit Argumenten und Rechthaberei nicht beizukommen. Wenn ich W.v.B. richtig einschätze, dann wird er schon gewußt haben, wo er besser anders gehandelt hätte. Und sicher wird ihn das auch belastet haben. Und er wird gewußt haben, daß diese Gedanken in allen Köpfen sind, wenn sie seinen Namen hören. Das sollte reichen. Mir reicht es jedenfalls.

Das Wort "Aufarbeiten" kann ich nicht leiden, es wird bei solchen Diskussionen nichts "aufgearbeitet", nur polarisiert und um des kaisers Bart gestritten . Trauer und "selbstgeschärftes Bewußtsein" ist meiner Überzeugung nach das einzige adequate Mittel, mit diesen Dingen umzugehen. Jeder nicht total verblödete beschäftigt sich mit diesem Thema selber, da kann man von Außen nichts beitragen. Alles bis zum Kleinsten auszuargumentieren ist aus meiner Sicht ein sehr deutsches Phänomen, und leider auch ein Teil des Problems. Wenn man nur lange genug  nach der "Wahrheit" gesucht hat, denkt man leicht, im Namen dieser unumstößlichen Wahrheit jederzeit (durchaus auch mit Nachdruck) handeln zu dürfen. Ihr solltet etwas lockerer sein ;)

Schönen Tag noch, "Kelvin"  (der jetzt wieder lieber schweigen wird. ;) )
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: noidea am 11. Januar 2013, 13:02:47
Wieso schweigen, es ist doch toll wenn du deine Meinung sagst. Wir leben immerhin in einem Land mit Meinungsfreiheit.  ;D
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 11. Januar 2013, 13:33:26
Zitat
Wieso schweigen, es ist doch toll wenn du deine Meinung sagst. Wir leben immerhin in einem Land mit Meinungsfreiheit.  ;D

Meinungsfreiheit bedeutet doch, daß man reden darf, nicht daß man muß ;-)

Aber im Ernst: Ich glaube nicht, daß man zu dem Thema noch irgend etwas vernünftiges beitragen kann. Ich fühle mich auch nicht berechtigt, über andere öffentlich zu richten, die sich nicht wehren können. Man muß auch nicht das Andenken an Leute zerstören, nur weil sie in einer Zeit gelebt haben, die anders war. Die sicher auch Fehler gemacht haben, vermutlich auch Schuld auf sich geladen haben. Dieses "wenn du mit einem Finger..." nehme ich ausnahmsweise ziemlich ernst.

Man wird sicher eines Tages auch auf die heutige Zeit zurückschauen und sich sehr wundern, wie man nur so bescheuert sein konnte. Ich will die Meinungsfreiheit aber lieber nicht überstrapazieren ;)

Gruß Kelvin
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 12. Januar 2013, 00:26:09
Man muß auch nicht das Andenken an Leute zerstören, ...

"Andenken zerstören"???
Ist das Problem jetzt, dass Leute wie ich über die "andere Seite" des genialen Raketenbauers reden?
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 12. Januar 2013, 14:14:32
Zitat
Ist das Problem jetzt, dass Leute wie ich über die "andere Seite" des genialen Raketenbauers reden?

Naja, es impliziert für mich schon, daß man der Meinung ist, man hätte es deutlich besser hinbekommen.

Heute kritisiert einfach jeder alles, auch wenn es überhaupt nicht mehr aktuell ist. Und das hat langfristig zur Folge, daß in den Augen der Leute alles wertlos wird. Außerdem wird dadurch die Beziehung zur eigenen Kultur zerstört, die ist dann eben "böse". Nur fremde Kulturen darf man nicht kritisieren, weil es sind ja fremde Kulturen sind, und man muß "kultursensibel" sein. Meine Meinung dazu, wir haben ja Meinungsfreiheit ;)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 12. Januar 2013, 22:09:46
Naja, es impliziert für mich schon, daß man der Meinung ist, man hätte es deutlich besser hinbekommen.

Heute kritisiert einfach jeder alles, auch wenn es überhaupt nicht mehr aktuell ist. Und das hat langfristig zur Folge, daß in den Augen der Leute alles wertlos wird. Außerdem wird dadurch die Beziehung zur eigenen Kultur zerstört, die ist dann eben "böse". Nur fremde Kulturen darf man nicht kritisieren, weil es sind ja fremde Kulturen sind, und man muß "kultursensibel" sein. Meine Meinung dazu, wir haben ja Meinungsfreiheit ;)

"besser hinbekommen"? Was denn?
Wernher von Brauns Verhalten in der NS-Zeit? Geht nicht, das ist Geschichte.
Oder das Reden über die unschönen Stellen in Wernher von Brauns Biographie, die von manchen gerne übersehen und verschwiegen werden?

"kultursensibel" könnte auch sein, dass man Tausende von im KZ gefangenen Menschen, die z.B. in Dora-Mittelbau für den Raketenbau elendig verreckten, nicht einfach dem Vergessen durch Verschweigen preisgibt, nur weil es nicht zur Helden-"Kultur" um Wernher von Braun passt.

Man kann aus Geschichte lernen. Man kann, man muss nicht. Aber wenn man daraus lernen will, dann muss man sich auch damit befassen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 12. Januar 2013, 23:52:07
Zitat
besser hinbekommen"? Was denn
Wass denn? Mit einigermaßen sauberer Weste und gutem Gewissen heil aus Situationen herauszukommen, die wir beide auch entfernt nicht erlebt haben.
Zitat
Wernher von Brauns Verhalten in der NS-Zeit? Geht nicht, das ist Geschichte.
Man kann durchaus der Meinung sein, daß man etwas besser hinbekommen hätte, auch wenn es sich um Geschichte handelt. Gerade wenn es sich um Geschichte handelt, denn bei zukünftigen (Un-)Taten gibt es ja noch keine Möglichkeit sich darauf zu beziehen. Und für die aktuellen wird man selten schnell genug sein ;-)
Zitat
Oder das Reden über die unschönen Stellen in Wernher von Brauns Biographie, die von manchen gerne übersehen und verschwiegen werden?
Jedem der hier mitliest sind diese unschönen Seiten bekannt. Auch die, die hier nicht Deiner Meinung waren, haben das klar zum Ausdruck gebracht. Wenn man aber zu intensiv auf Leuten herumtrampelt, die sich nicht wehren können, dann bekommt das für mich eben ein "G'schmäckle". Ich bitte um Verzeihung, aber mir fällt dabei sofort der Impulserhaltungssatz ein - man springt um so höher, je stärker man nach unten tritt.
Zitat
"kultursensibel" könnte auch sein, dass man Tausende von im KZ gefangenen Menschen, die z.B. in Dora-Mittelbau für den Raketenbau elendig verreckten, nicht einfach dem Vergessen durch Verschweigen preisgibt ...
Das passiert nicht. Und wenn, dann nur dadurch, daß man diese "Vergangenheitsbewältigung" ritualisiert und hartnäckig einfordert. Einsicht muß im stillen wachsen, sie kann nicht in die Köpfe gehämmert werden.

 Die Deutschen sind aus meiner Sicht einfach Perfektionisten, sie müssen alles übertreiben. In welcher Richtung auch immer. Wenn man die Schaukel aber zu stark in einer Richtung auslenkt, dann erfolgt eben eine ebenso starker Rückschwung. Ich wäre dafür, den Ball flach zu halten.
Zitat
..nur weil es nicht zur Helden-"Kultur" um Wernher von Braun passt.
Du bist wirklich der Meinung, daß wenn ich von "eigener Kultur" schreibe, daß ich _diese_ Unkultur meine? Ich sprach von diesem von mir beobachteten inneren Zwang, z.B. den Hitler mit jedem Tag immer stärker zu bekämpfen. Man kann das nicht nachholen, er ist schon tot und seine Ideen glücklicherweise auch.

 Die Deutschen sind aus meiner Sicht einfach Perfektionisten, sie müssen alles übertreiben. In welcher Richtung auch immer. Wenn man die Schaukel aber zu stark in einer Richtung auslenkt, dann erfolgt eben eine ebenso starker Rückschwung. Ich wäre dafür, den "Ball flach zu halten".
Zitat
Man kann aus Geschichte lernen. Man kann, man muss nicht. Aber wenn man daraus lernen will, dann muss man sich auch damit befassen.
Ja, aber nicht in dieser Weise. Gut zu informieren ist eine Sache, eine ständige Berieselung erzeugt aber nur Gegenreaktionen. Ist Dir das wirklich nicht klar?

Ich muß wohl auch etwas privates schreiben. Mein Vater war auch kurz in Dora-Mittelbau, unterwegs aus einem Arbeitslager bei Auschwitz nach dessen Evakuierung in ein Aussenlager im Harz zum Stollenbau. Als Häftling natürlich. Ich brauche also keinen Nachhilfeunterricht.

Suche nach den Stichworten "Max Schmidt", Wollenberg und Ahrensbök, wenn es Dich interessiert. Sein großes Anliegen nach dem Krieg war, gut zu differenzieren. Zwischen denen, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten menschlich verhalten haben, und den Sadisten, die es natürlich auch gab. Wenn es die Ersteren relativ häufig nicht gegeben hätte, wäre auch ich heute nicht da. Es gab natürlich beide Sorten, und wo ich W.v.B sehe, sollte klar sein.

Und noch ein Anlegen hatte er: Die "junge Generation" in Deutschland, die keine Schuld trifft, soll nicht traumatisiert werden. Schrieb er in einem Brief an ein Amt, am Anfang der siebziger Jahre. Es ist leider passiert, und ich befürchte, es wird Folgen (gehabt) haben. Da sind wir wieder bei der Schaukel.

Bitte, denke mal darüber wirklich nach.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 13. Januar 2013, 00:42:39
- Werner von Braun war im Gefängnis und sollte hingerichtet werden nachdem er in Nazi-Deutschland erwähnte er wolle mit einer Rakete ins All. Puttkamer hat eine ganz andere Meinung zur angeblich so bedenklichen Vergangenheit von Herrn Braun. Er sagt, von Braun hatte einerseits keine Wahl wenn er an seinem Leben hing, andererseits wollte er an Raketen forschen. Wo konnte er sonst. Diese Einschätzung muss man nicht teilen, finde aber interessant mal eine gehört zu haben von jemanden der von Braun auch wirklich kannte -> Nicht nur aus dem Geschichtsbuch.

Ich wäre dafür, den Ball flach zu halten.

Jesco von Puttkamers Ball ist mir zu flach. Das war der Startpunkt für diesen Thread.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 13. Januar 2013, 03:02:36
Zitat
Er (Jesco von Puttkammer) sagt, von Braun hatte einerseits keine Wahl wenn er an seinem Leben hing, andererseits wollte er an Raketen forschen.
Zitat
Jesco von Puttkamers Ball ist mir zu flach
Es ist unmöglich einen Zeitablauf von mehreren Jahren in einem Satz zusammenzufassen. Ich kenne seinen Lebenslauf nur grob, es ist aber meiner Meinung nach offensichtlich. Der klassische Fall eines vom Forschertrieb Besessenen, der nach und nach einen Pakt mit dem Teufel eingeht. In der Hoffnung, daß der Teufel schon nicht so teuflisch sein wird. Oder sich ein anderer Ausweg findet.
 
 Meinen Vater hätte es auch nicht treffen müssen, wenn er weniger optimitisch und gewesen wäre. Diese Entwicklung konnte man aber eigentlich kaum vorhersagen, sie war ja überhaupt nicht rational. Man hat Hitler, glaube ich, oft entweder als Marionette, Spinner oder Schauspieler eingeschätzt. Das sich keiner findet, der dem Spuk irgendwann ein Ende setzt, war möglicherweise nicht zu erwarten. Noch weniger, wenn der eigene Lebenstraum daran hängt. Und eines Tages sitzt man in der Falle.
 
 Das drückt der Satz doch sehr stark verkürzt aus. "Bedenklich" finde ich allerdings W.v.B's Lebenslauf schon. Man sollte solches bedenken, ohne allerdings grundsätzlich zum Bedenkenträger zu werden. Im Prinzip kann aber so manches auch in die Hose gehen, was zunächst ganz harmlos aussieht. Und umgekehrt, es gibt immer Wirkungen und Nebenwirkungen. Die Forschung wird man durch die eigene Abstinenz auch nicht stoppen können, möglicherweise war ja auch das ein Hintergedanke von W.v.B. Wenn man dabei ist, hat man Einfluss, kann man sich zur Entlastung denken.
 
Zitat
Die Sehnsucht nach makellosen Helden ist ja verständlich, aber eben auch naiv. Mir können "perfekte" Helden gestohlen bleiben, Menschen sind mir lieber - einfach deswegen, weil sie glaubwürdiger sind.

Ich kenne diese Sehnsucht auch nicht, sie ist mir total fremd. W.v.B ist schon zweimal kein makelloser Held, nur eben ein "begnadeter Ingenieur". Wenn ich Mozart für einen tollen Komponisten halte, dann bedeutet das ja auch nicht, daß ich von seiner moralischen Integrität überzeugt bin.

Kennst Du eigentlich einen seriösen Text über W.v.B, in dem seine Schattenseiten nicht angesprochen wären, in dem er also zum "makellosen Helden" stilisiert wird? Ein Link wäre nett. Wenn es geht einen deutschen, mein Englisch ist leider unterirdisch. 

Gute Nacht, Kelvin
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: MX87 am 13. Januar 2013, 03:32:08
Bin ich doof oder überlese ich woanders immer, dass WvB im dritten Reich im Gefängnis saß? Lese das in der Biografien im Internet nirgends was wie Puttkamer auf eine Inhaftierung durch die Nazis (zu welchem Zeitpunkt auch immer) schließen lässt.

Vielleicht spät aber ich gebe meinen Senf auch mal dazu: Was viele vergessen ist die Zeit in von Brauns Leben vor 1933. Er war im Verein für Raumschifffahrt, der Institution für Raketenentwicklung in der Weimarer Republik. Allerdings waren die Finanzen des Vereins nie auch annähernd  so groß dass man die Ambitionen der genialen Köpfe (u.a. Max Valier, Hermann Oberth) dort in die Wirklichkeit umsetzen konnte. Man suchte immer nach Geldgebern. 1932 kam die Reichswehr als Interessent und Finanzier und schließlich förderte man die Raketenforscher. Man zog dann nach Kummersdorf um (später im 3. Reich nach Peenemünde). Einzelne wie Rudolf Nebel weigerten sich gegenüber einer Mitarbeit des Militärs und stiegen aus, andere wie WvB blieben an Bord. Die Militarisierung der deutschen Raketenforscher kam schon vor der Machergreifung der Nazis zu stande. Diese lösten 1934 übrigens den Verein für Raumschifffahrt auf. WvB mag kein Engel sein, aber geradezu blutrünstig gewesen zu sein werde ich ihm posthum nicht vorwerfen. Wieso? Weil über die Jahre immer weiter in die Maschinerie der Nazis hereingezogen wurde, ich glaube dieser psychologische Faktor wird von den meisten unterschätzt. Es heißt ja von Zeitzeugen dass er Opportunist gewesen sei, das mag auch stimmen. Wieso er sich später nicht wehrte kann man nur vermuten, aber wehrten sich andere geniale deutsche Konstrukteure wie Ernst Heinkel, Claude Dornier, Ferdinand Porsche oder Willy Messerschmitt?
Ich würde auch darüber mal nachdenken. Ich sehe WvB selber kritisch, aber seine Ingenieursleistung durch die moralisch verwerflichen Momente aufzuheben ist etwas vermessen. Wer ist von euch alles Porsche-Fan? Schmälern seine moralischen Verwerfungen seine Konstrukteursleistungen?

Zum Nachlesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Porsche#Porsches_Rolle_im_Dritten_Reich (http://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Porsche#Porsches_Rolle_im_Dritten_Reich)

Viele Messen je nach Person mit zweierlei Maß. So ziemlich jeder Konstrukteur, Wirtschaftsboss oder jedes Unternehmen im dritten Reich hatte Dreck anstecken. Die Auflistungen zur Daimler Benz AG, BMW, Varta und vielen anderen würden hier den Rahmen sprengen und völlig gen OT gehen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 13. Januar 2013, 11:08:23
Bin ich doof oder überlese ich woanders immer, dass WvB im dritten Reich im Gefängnis saß? Lese das in der Biografien im Internet nirgends was wie Puttkamer auf eine Inhaftierung durch die Nazis (zu welchem Zeitpunkt auch immer) schließen lässt.

Im Buch "Die Rakete und das Reich" von Michael J. Neufeld (Brandenburgisches Verlagshaus, 1997) wird auf den Seiten 260 - 265 detailliert auf die Verhaftung Wernher von Brauns und anderer führender Köpfe des Raketenrüstungsprogramms eingegangen. Ob im Internet irgendwo entsprechende Hinweise zu finden sind, entzieht sich meiner Kenntnis.

Gruß Wilga35
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Burntime am 13. Januar 2013, 12:45:41
Die Welt wird niemals perfekt sein.
Aus Unrecht wird niemals Recht. Wernher von Braun kam so durch, weil er zu wertvoll war.
Ob du Politiker bist, Wissenschaftler usw. Hier wird halt mit zweier Maß gemessen.

Das ist nicht nur bei der Raumfahrt so.
Z.B. war vor ein paar Wochen am TV, dass Unternehmer, der die Landungsboote, welche bei Operation Oberlord genutzt wurden ein gesuchter Mafioso war - Er war halt der Einzige, welcher in kurzer Zeit eine solch große Anzahl an Booten produzieren konnte.
Die Unterdrückung der Neger im US-Militär war zu dieser Zeit auch der größte Mist.
- Gott lässt durch den amerikanischen Präsidenten sprechen http://www.focus.de/politik/ausland/gott-spricht-durch-mich_aid_100097.html (http://www.focus.de/politik/ausland/gott-spricht-durch-mich_aid_100097.html)
- Unser Finanzminister hat während der CDU-Spendenaffäre 100.000 Mark "vergessen"
Wie gesagt, unsere Welt ist nicht vollkommen und wird es auch nie sein. Damit muss man leben.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 13. Januar 2013, 14:03:56
Zitat
Aus Unrecht wird niemals Recht.
Das stimmt so natürlich, aber welches Recht meinst Du da jeweils? Justitiables Recht oder moralisches? Oder jeweils eines davon, und dann in welcher Reihenfolge? Mir ist das zu verschwommen, hört sich wie ein etwas abgedroschenes Schlagwort an, auch wenn es toll klingt ;-)  (Sagen das nicht etwa auch die Vertriebenen so?)

Zitat
Wernher von Braun kam so durch, weil er zu wertvoll war.
Konnte man ihm irgendwelche Straftaten vorwerfen? Oder ist das "nur" moralisch gemeint?

Ich stimme dir im Prinzip schon zu, bin mir nur nicht so sicher, ob das indiesem Fall so paßt. Zwischen Moral (oder dem was der Einzelne dafür hält) und den konkreten Gesetzen ist schon eine Lücke - aber das geht wohl nicht anders und es ist wohl auch besser so. Schon wegen "im Zweifel für den Angeklagten".
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 13. Januar 2013, 22:04:20
Kennst Du eigentlich einen seriösen Text über W.v.B, in dem seine Schattenseiten nicht angesprochen wären, in dem er also zum "makellosen Helden" stilisiert wird? Ein Link wäre nett. Wenn es geht einen deutschen, mein Englisch ist leider unterirdisch. 

Das mit dem "seriösen Text" ist schon ziemlich schwierig. Nicht jeder Text, der Wernher von Braun erwähnt, muss auch auf dessen Schattenseiten eingehen. Mein Eindruck ist, dass deutsche und amerikanische Autoren dieses Thema gern unerwähnt lassen.
Aber ich muss da selbst mal genauer darauf achten, wer der Autor eines Textes oder einer Doku über Wernher von Braun ist, bzw. wo über ihn gesprochen wird.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: GZ-Corsa am 13. Januar 2013, 22:35:03
Dazu fällt mir spontan ein Satz meiner alten Geschichtslehrerin ein.
"Die Geschichtsbücher werden immer von den Siegern geschrieben!"
Sie bezog das hauptsächlich auf die Darstellung von Kriegen in Geschichtsbüchern.

Dachte nur das sollte man hier, im übertragenen Sinn, vielleicht mal im Hinterkopf behalten.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: xwing2002 am 14. Januar 2013, 15:46:24
Mittlerweile dürfte eine differenzierte Betrachtung auch in den deutschen Geschichtsunterricht Einzug gehalten haben... im übrigen gehört Amerika zu den Siegern und hatte/hat kein Interesse daran seine Rolle bei der Übernahme von Technik und Technikern aus dem dritten Reich (ebenso wie Russland auch) zur Schau zu stellen.
Die "Siegerdeutung" dürfte nicht zutreffen.

Ich probe gerade eine Uraufführung über Paul Grüninger. Der Polizeikommandant gewährte, entgegen Weisung und Gesetz 2000 Juden Einreise in die sichere Schweiz. Er wurde inhaftiert, verurteilt, schlug sich anschließend mit knapp einem Dutzend Jobs durch, verlor seinen soliden Pensionsanspruch und es brauchte sechs Anläufe ihn zu rehabilitieren, spät... so spät, dass er es nicht mehr erlebte.
WvB war wissentlich in die Vernichtung tausender Zwangsarbeiter verwickelt, wurde niemals angeklagt, behielt seinen Job und stieg auf, überstand die Befragung und erfuhr Wertschätzung und Bezahlung bis an sein Lebensende.
Gewissen kann so ein Karrierehemmer sein.

Menschen treffen ihre Wahl und Entscheidungen. Sie nach Erfolg zu beurteilen wird ihnen nicht gerecht. Die Geschichtsschreibung muss alle Aspekte einschließen und keine vergessen. Um nicht mehr und nichts weniger geht es.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 10. Februar 2013, 20:27:23
die ich ohne deutlich weitergehende Literatur / Recherche nicht beurteilen mag.

Z.B. "Wernher von Braun: Visionär des Weltraums - Ingenieur des Krieges - Biographie" von Michael J. Neufeld

Hier gibt es einen Artikel aus der  FASZ dazu: www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf (http://www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf)

Mittlerweile habe ich das in der Rezension besprochene Buch gelesen und kann es nur weiterempfehlen. Der Autor hat exzellent recherchiert und liefert Informationen zu Wernher von Braun und seinem Umfeld/seiner Arbeit, die sonst wohl nicht in der Dichte - wenn überhaupt - nachzulesen sind. Manche der zahlreichen Anmerkungen liefern höchst interessante Zusatzinformationen. Leider sind die Anmerkungen nicht als Fußnoten auf der Seite zu finden, sondern gesammelt in einem Anhang. Eine kleine Warnung noch zum Schluss: Es ist wirklich viel Text!
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 10. Februar 2013, 21:35:28
Zitat
WvB war wissentlich in die Vernichtung tausender Zwangsarbeiter verwickelt, ...
Zwangsarbeiter waren in der Regel die, die noch Hoffnung haben konnten, daß sie dem Wahnsinn entkommen werden. Wenn man kein Zwangsarbeiter mehr sein konnte, aus welchen Gründen auch immer, wurde es wesentlich gefährlicher. Dieses zu wissen würde ich WvB zugute halten.

Zitat
Menschen treffen ihre Wahl und Entscheidungen. Sie nach Erfolg zu beurteilen wird ihnen nicht gerecht. Die Geschichtsschreibung...
Absolute Zustimmung. Man muß allerdings auch versuchen, sich in die Zeit und die Lage der Menschen hineinzuversetzen. Einen Normalo an einem Helden zu messen ist nicht gerecht, wer kann von sich schon sagen, daß er selber ein Held gewesen wäre. Und genau das sagt man damit implizit, meiner Meinung nach.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: MR am 02. März 2013, 20:28:02
Ich empfehle allen, die mehr über dieses Thema wissen wollen, das Buch: "Peenemünde: Die Geschichte der V-Waffen" von Walter Dornberger. Dort bekommt man Informationen aus erster Hand, wie es damals wirklich war. Die ursprüngliche Entwicklung hatte das Heer begonnen. Aufgrund der Beschränkungen durch die Verträge nach dem ersten Weltkrieg bestand beim Heer der Bedarf einer Langstreckenrakete als Ersatz für die verbotene schwere Artellerie. Die Entwicklung begann 1932. Nachdem die Entwicklung jahrelang mit geringer Finanzierung gelaufen war, bekam sie durch den nahenden Krieg Priorität. Allerdings hielt Hitler absolut nichts von einer Rakete als Waffe. So wurden der Entwicklung zahlreiche Steine in den Weg gelegt. Als sich dann doch langsam Erfolge einstellten, trat die SS auf dem Plan. Es gab zahlreiche Versuche, das Programm unter die Kontrolle der SS zu bekommen. Trotz der Proteste des Heeres, das jahrelang die Entwicklung finanziert hatte, bekam die SS in den Jahren 1943 - 1944 immer mehr Einfluss auf das Programm. Es gab für das Heer und die Wissenschaftler aber kaum eine Möglichkeit, dagegen anzukämpfen. Die Fertigung der Raketen in Dora stand komplett unter dem Kommando der SS. Abgesehen von technischen Änderungen gab es für Peenemünde keine Möglichkeit der Einflussnahme. Zudem war der Einsatz von Zwangsarbeitern und Häftlingen unter menschenunwürdigen Umständen in der Kriegswirtschaft weitverbreitet, besonders in der Rüstungsproduktion und der Landwirtschaft.

Die an der Entwicklung beteiligten Wissenschaftler und Militärs waren überhaupt nicht begeistert, dass die SS das Kommando übernehmen wollte. Die Verhaftung von WvB und anderen war unter anderem auch ein Warnschuss an die Projektleitung. Nur die Bedeutung für das Programm bewahrte WvB vor ersthaften Konsequenzen. Wer wie ich in einem Unrechtsstaat wie der DDR aufgewachsen ist, dem fällt es wesentlich leichter, zu erkennen, das WvB damals tatsächlich keinerlei Mittel und Möglichkeiten hatte, etwas gegen die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Dora zu unternehmen. Er war zwar für das V2 Programm sehr wichtig, aber nicht unersetzlich. Er stand schon wegen seiner Äußerung, er beteilige sich nur wegen der Raumfahrt und nicht wegen des Krieges an der Entwicklung der V2, unter genauer Beobachtung der Gestapo, jede weitere Abweichung wäre verhängnisvoll gewesen und hätte leicht mit einem Todesurteil enden können. Aus Sicht der heutigen BRD mit Meinungsfreiheit und Grundgesetz urteilt es sich sehr leicht darüber, aber damals sah es anders aus. Schon in der DDR musste man immer darauf achten, was man wem gegenüber erzählt. Bereits ein einzelner Satz hätte verhängnisvoll sein können. Im Krieg unter Hitler ist es aber noch 1000mal schlimmer gewesen. Man kann WvB zwar durchaus vorwerfen, sich bewusst mit dem Militär eingelassen zu haben (was damals sogar Familientradition war), aber schon die Mitgliedschaft in der SS war alles andere als freiwillig. Die NSDAP- Mitgliedschaft war in seiner Position ebenfalls Pflicht (genau wie in der DDR für alle, die studieren wollten, die SED-Mitgliedschaft verpflichtend war). Nachdem das V2 Programm unter dem Einfluss der SS stand, war ein Rückzug aus dem Programm für WvB praktisch unmöglich. Was die SS einmal in den Krallen hatte, das ließ sie nicht mehr los. Nur durch Glück schaffte es die Kerngruppe der Peenemünder Wissenschaftler, sich kurz vor Kriegsende vor der SS zu retten. Eigentlich sollten die Wissenschaftler beseitigt werden, damit sie nicht in die Hände der Amerikaner fielen.

Von daher sollte man sich wertende Kommentare über WvB aus heutiger Sicht verkneifen. Wie würden wohl die hier an der Diskussion beteiligten Forumsmitglieder handeln, wenn sie in derselben Situation wie WvB damals wären? Würden sie lauthals gegen die Bedingungen in Dora protestieren und riskieren, selbst in Dora oder an der Ostfront zu landen oder nicht doch lieber versuchen, irgendwie den Hals zu retten nachdem ringsum alles zusammenbrach?
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: GG am 03. März 2013, 00:07:07
... genau wie in der DDR für alle, die studieren wollten, die SED-Mitgliedschaft verpflichtend war ...

Das ist Quatsch. In meiner Seminargruppe waren 2 von 16 in der SED.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: orion am 03. März 2013, 16:50:29
Es gibt da eine Pfarrerstochter (die jeder, aber auch jeder kennt), die durfte in der DDR Physik studieren...
Etwas, was selbst SED-Kinder nicht durften.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 05. März 2013, 03:41:23
Ich empfehle allen, die mehr über dieses Thema wissen wollen, das Buch: "Peenemünde: Die Geschichte der V-Waffen" von Walter Dornberger. Dort bekommt man Informationen aus erster Hand
...

Von daher sollte man sich wertende Kommentare über WvB aus heutiger Sicht verkneifen.
...

Walter Dornbergers Buch liefert sicher eine Menge Informationen über die damalige Zeit, ist aber eben auch die durchaus beschönigend-rechtfertigende Darstellung eines Hauptbeteiligten. Genau deshalb ist - aus meiner Sicht - dieses Buch ungeeignet für Argumentationen in die eine oder andere Richtung. Hier halte ich Michael J. Neufeld http://en.wikipedia.org/wiki/Michael_J._Neufeld (http://en.wikipedia.org/wiki/Michael_J._Neufeld) für unvoreingenommen, zumindest aber unvorbelastet (geb. 1951). Er zeigt in seinem Buch "Wernher von Braun: Visionär des Weltraums - Ingenieur des Krieges - Biographie" auch Aussagen Dornbergers auf, die nicht den Tatsachen entsprechen. Ich glaube, man bekommt ein korrekteres Bild über Wernher von Braun vermittelt, wenn man beiderlei Sorten polarisierender Literatur über WvB mit großem Misstrauen beäugt.

Apropos: Wenn wir die Vergangenheit nicht bewerten, wie sollen wir etwas für die Zukunft daraus lernen?
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 05. März 2013, 09:16:33
Zitat
Hier halte ich Michael J. Neufeld http://en.wikipedia.org/wiki/Michael_J._Neufeld (http://en.wikipedia.org/wiki/Michael_J._Neufeld) für unvoreingenommen, zumindest aber unvorbelastet (geb. 1951).
Ich habe es nicht gelesen, halte aber die Annahme, daß Leute die nach dem Krieg geboren wurden grundsätzlich unvorbelastet sind (und daher in der Lage sind objektiv(er) zu urteilen) für nicht richtig. Die, wir alle, sind natürlich durch das Verhalten unserer Familien bzw. der Vorgängergeneration als Ganzes belastet, nur eben nicht im Sinne einer Schuld, sondern psychisch.

Zitat
Ich glaube, man bekommt ein korrekteres Bild über Wernher von Braun vermittelt, wenn man beiderlei Sorten polarisierender Literatur über WvB mit großem Misstrauen beäugt.
Zweifellos, dem stimme ich absolut zu!  Dieses Misstrauen sollte einen dann aber auch vor vorschnellen Schlüssen abhalten, speziell wenn man Leute "schuldig sprechen" möchte. Ich habe mich daher immer nur dagegen ausgesprochen, WvB "schuldig zu sprechen", nie aber dafür ihn "unschuldig zu sprechen". Aus meiner Sicht ist hier einfach Zurückhaltung angesagt. Das man bestimmte Dinge nie wird eindeutig klären können, damit muß man wohl leben.

Zitat
"Apropos: Wenn wir die Vergangenheit nicht bewerten, wie sollen wir etwas für die Zukunft daraus lernen?"
Eine sehr interessante Frage. Was wäre z.B., wenn wir die Vergangenheit falsch bewerten, und daraus dann zwangsläufig die falschen Schlüsse ziehen würden? Im Extremfall - wenn wir einfach immer nur das Gegenteil dessen machen würden, was wir mit unseren zwangsläufig unvollkommenen Bewertungen als Ursache des Desasters zu erkennen glauben? Dieses "bipolare Denken", dieses Übertreiben in jeder Lebenssituation, ist in Deutschland weit verbreitet - wie es ja Churchil bekanntlich etwas drastischer formulierte. Man möchte alles zu 100% geklärt haben, um dann wieder eine zu 100% richtige Lösung anzustreben. Das erste geht aber eigentlich nur in technischen Dingen einigermaßen zuverlässig, und das Zweite ist nur außnahmsweise sinnvoll. Man muß wohl der menschlichen Intuition mehr Spielraum geben und weniger ideologisch denken.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 05. März 2013, 23:16:45
So konstruiert sich eben jeder sein persönliches Universum, in dem er nur die Dinge sieht, die er sehen will und der Rest existiert nicht.  ;)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 06. März 2013, 14:39:57
So konstruiert sich eben jeder sein persönliches Universum, in dem er nur die Dinge sieht, die er sehen will und der Rest existiert nicht...  ;)
Ganz genau so ist es! Ich lese gerade in der Zeitung, dass laut einer Umfrage 49 Prozent der Russen der Meinung sind, dass Stalin eine eher positive Rolle in ihrem Land gespielt hat. Wo bleibt da eigentlich der allgemeine öffentliche Aufschrei? Doch viel einfacher ist es offenbar, über "Unpersonen" wie Wernher von Braun herzuziehen.
Bei der DGLR scheint man das dann aber doch etwas anders zu sehen. Immerhin verleiht sie im Rhytmus von zwei Jahren für "hervorragende Verdienste eines Teams um die Entwicklung der Raumfahrt" den Wernher-von-Braun-Preis, welcher 2011 an das Entwicklerteam des ATV-Frachtraumschiffs gegangen ist.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 06. März 2013, 19:08:49
Da hab ich jetzt etwas nicht mitbekommen, sorry. Wer zieht über "Unpersonen" wie Wernher von Braun her, wie du das formulierst?
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 06. März 2013, 19:44:19
Na, dann doch am besten mal den gesamten Thread lesen!
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 06. März 2013, 20:08:52
Gute Idee, mach das mal!
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 17. Dezember 2013, 17:59:24
Augsburger Allgemeine / 17.12.2013:

"Gymnasium trennt sich von Namen Wernher von Braun

Bis Schuljahresende soll die Diskussion am Wernher-von-Braun-Gymnasium abgeschlossen sein – jetzt kommt die Änderung des umstrittenen Schulnamens offenbar schneller als vermutet."


Alle zufrieden, oder?  Die aufrechten Kämpfer, alles potentielle Helden natürlich, haben wieder zugeschlagen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: TWiX am 17. Dezember 2013, 20:48:37
Augsburger Allgemeine / 17.12.2013:

"Gymnasium trennt sich von Namen Wernher von Braun

Bis Schuljahresende soll die Diskussion am Wernher-von-Braun-Gymnasium abgeschlossen sein – jetzt kommt die Änderung des umstrittenen Schulnamens offenbar schneller als vermutet."


Alle zufrieden, oder?  Die aufrechten Kämpfer, alles potentielle Helden natürlich, haben wieder zugeschlagen.
Ach komm, immer noch besser wie Schuldirektoren (wohlgemerkt von öffentlichen Schulen!), die stolz verkünden, dass die Bundeswehr mit ihren Informationsveranstaltungen an ihrer Schule Hausverbot hat. Die lassen also eine Bundesbehörde, die mit der Landesverteidigung betraut ist, nicht ihre Arbeit tun, weil sie in ihrer Sicht nicht pazifistisch genug ist. Aber alle möglichen Konzerne dürfen für sich und ihre Programme munter an Schulen werben  >:(
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Spike77 am 17. Dezember 2013, 21:09:40
Wassn das für ne Schule? Also an meiner Schule gab es weder Bundeswehr noch irgendwelche Konzerne. Dafür aber Astronomieunterricht in der 10. Klasse :D
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: TWiX am 17. Dezember 2013, 21:33:23
Hattet ihr in der Oberstufe nicht solche Berufsberatungstage, wo sich die verschiedenen Wirtschaftszweige mit ihren Jobchancen vorstellen und dabei vor allem für so Dinge wie Duales Studium bei ihrem Unternehmen werben ?
So was gab´s bei uns zumindest schon, ist auch noch nicht so lange her. Und im Zuge dessen war auch mal ein "Nachwuchsoffizier" oder so da, der die Bundeswehr als Arbeitgeber vorgestellt hat. War eigentlich ziemlich witzig, weil das in unserem Fall war eine junge, relativ kleine Frau (sie meinte, dass sie "gerade noch" die Mindestgröße habe...) war, die überhaupt nicht nach Soldat aussah, die uns von ihrem Werdegang beim Sanitätsdienst erzählte. Und solche Vorträge darf die Bundeswehr an manchen Schulen nicht halten, weil die es nicht zulassen. Und keiner geht dagegen vor  >:(
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tul am 17. Dezember 2013, 21:39:05
Je nach Bundesland sind Werbeveranstaltungen an Schulen sowieso verboten. Allerdings waren wir mal bei einer Bank wo uns über die tollen Chancen von Bankkaufleuten berichtet wurde. Das an einem mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium ... . Wer sich darauf eingelassen hat, hat heute ein massives Problem ... .
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 17. Dezember 2013, 23:42:02
Was spricht dagegen, wenn sich eine Schule mit ihren Namen auseinandersetzt?

@Kelvin
Hast du die auf der Website der Schule verlinkten Informationen gelesen?
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tomtom am 18. Dezember 2013, 22:29:01
Die Schule legt jetzt also den Namen Wernher von Braun Gymnasium ab. Der bayrische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) wird zitiert: «Wernher von Braun ist für eine Schule als Namensgeber nicht tragbar.» Spaenle betonte jedoch, dass das Ministerium der Schule den Namenswechsel nicht verordnet habe.

Der Effekt wird wohl sein, dass man sich in Zukunft gar nicht mit der Person von Braun auseinandersetzen wird.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: fl67 am 18. Dezember 2013, 23:40:19
zur Info:

Der Bericht aus der Fernsehsendung "Kontraste" vom 12.12.13:
http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-12-12-2013/umstrittener-namensgeber--wernher-von-braun-zwischen-ss-und-nasa.html (http://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-12-12-2013/umstrittener-namensgeber--wernher-von-braun-zwischen-ss-und-nasa.html)

Presseerklärung der Schule dazu:
http://www.wvb-gym.de/cont/cms/upload/schulinfo/wvb-presse.pdf (http://www.wvb-gym.de/cont/cms/upload/schulinfo/wvb-presse.pdf)

Man wird also spätestens nach den Weihnachtsferien über den Schulnamen entscheiden und geht davon aus, "dass die Gremien dabei dem Rat des Kreistags, das Staatsministerium um Rücknahme der 1979 erfolgten Namensverleihung zu bitten, folgen werden." (Zitat aus der oben verlinkten Presserklärung)....
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: McFire am 19. Dezember 2013, 00:53:39
An einer Schule redet man sich die Köpfe heiß über einen gaaanz gefääährlichen Namen, an anderen Schulen werden "Projekte" über die Judenverfolgung durchgeführt, da sind die Kids beschäftigt. Das gibt alles Demokratiebonusse ohne Ende. Und da braucht man sich auch üüüberhaupt nicht damit beschäftigen, warum die Neonazis jetzt, hier und heute so eine starke Basis und Lobby haben.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 19. Dezember 2013, 01:45:21
@fl67
Wenigstens noch einer, der mal bei der Schule was nachgelesen hat.
Der Rest jammert einfach nur, wie es scheint.  :-\
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 19. Dezember 2013, 02:20:51
@Helix: Nein, ich habe den Artikel nicht gelesen, auch jetzt noch nicht, ist nicht nötig. Es ist mir auch gleichgültig, wer wem wann was empfohlen oder nahegelegt hat und wie das am Ende ausgeht. Sofern diese Details in dem Artikel überhaupt korrekt wiedergegeben werden - meiner Erfahrung nach ist das in der Regel nicht der Fall, wenn alle Angst haben, irgendwo ein falsches Wort zu benutzen.

Interessant ist für mich nur die Information, daß es dort offensichtlich Leute gibt, die sich anmaßen W.v.B. richtig und gerecht beurteilen zu können. Leute, die mit fast absoluter Sicherheit noch nie eine ähnlich schwierige Entscheidung zu treffen hatten, in der es um Leben und Tod ging. Für die dieser heroische Kampf gegen einen toten Mann entweder eine Profilierungsmöglichkeit, oder eine Gelegenheit zur Bewältigung eigener Probleme ist. Ich wäre jedenfalls nicht in der Lage über ihn ein "Urteil" zu sprechen, und nichts anderes ist dieser Vorgang natürlich.

Johannes Gross (1932-1999) hat dazu einmal etwas passendes gesagt: “Je länger das Dritte Reich tot ist, umso stärker wird der Widerstand gegen Hitler und die Seinen.”

Ich kann mir nicht helfen, wenn mir an Deutschland etwas bedrohlich erscheint, dann ist es diese verbreitete Sucht, die eigene unfehlbare Weltsicht durchzudrücken. Diese ständigen Weltrettungsphantasien - "Seht her, wie gerecht, und reflektierend, und toll wir sind!". Begnadete Tüftler, wie es W.v.B. war, sind nicht bedrohlich.

Zitat
"Wenigstens noch einer, der mal bei der Schule was nachgelesen hat. Der Rest jammert einfach nur, wie es scheint.  :-\"

Helix, ich jammere nicht. Ich bin richtig wütend, wie Du vielleicht merkst. Wenn hier einer jammert, dann bist Du das eben gewesen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Schillrich am 19. Dezember 2013, 06:43:12
Lies doch mal die Stellungnahme der Schule nach, anstatt alles und jeden zu verteufeln ... woher das Ganze kommt, wer dort diskutiert hat, was das Ziel war, was nicht das Ziel war ... und wie die Diskussion die falsche Schlagseite bekam, u.a. durch die, die der Schule nicht zuhören.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 19. Dezember 2013, 07:44:17
Also, im Bericht zur Kontraste-Sendung wird eindeutig gesagt, dass die Umbenennung des Gymnasiums vorgenommen wurde, obwohl sich eine Mehrheit von Lehrern und Schuelern fuer die Beibehaltung des Namens ausgesprochen hat. Wieder ein Klasselehrstueck in Sachen Demokratie im heutigen Deutschland.  :'(
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Kelvin am 19. Dezember 2013, 09:54:49
Zitat
..anstatt alles und jeden zu verteufeln..

Daniel, für den Fall daß ich damit gemeint war:

Ich "verteufele" nicht "alles und jeden", sondern nur Leute, die sich heute hinstellen und allen erklären wollen, wie böse diese und jene sind oder waren. Mit dem versteckten Hinweis natürlich, wie toll sie selbst sind. Die Sache mit dem einem und den anderen vier Fingern, ist ja bekannt.

Nur die "verteufele" ich also, auch wenn ich das "kritisieren" nennen würde. "Verteufeln" ist übrigens auch so ein netter Beggriff, mit dem man Andersdenkende gleich "böse" macht. So erkennt der flüchtige Leser gleich, wer recht hat. Begriffskategorie "Klimaleugner".

Alle Anderen - W.v.B., die Befürworter der Beibehaltung des Namens, alle die sich dazu nicht äußern wollen - die kritisiere ich nicht einmal, von "verteufeln" ganz zu schweigen. Die Befürworter der Beibehaltung des Namens sind die eigentlichen "armen Schweine", weil sie sich automatisch dem Verdacht aussetzen, nicht so "gut" zu sein, wie die "Guten". "Böse" vielleicht sogar?

Ach so - "alles und jeden" - weil ich im letzen Absatz auf Deutschland Bezug genommen habe?

Ok, für das gesellschaftliche Klima in einem Land ist nicht die Mehrheit der Leute zuständig. Das bilden aus meiner Sicht die so genannten "Eliten" - Medien, Politik, Lehrer. Die kritisiere ich (in ihrer Mehrheit) allerdings. Die sind aber sicher nicht "alles und jeder".

Um das alles festzustellen, brauche ich die Details des konkreten Falles wirklich nicht zu kennen. Alle von mir genannten Gruppen sind dort mit Sicherheit vertreten. Und der beschriebene Mechanismus entfaltet seine Wirkung, auch wenn die Schule am Ende doch nicht umbenannt werden sollte. Die Überschrift in der Zeitung genügt vollkommen, man kennt das aus dem täglichen Leben. Der "gemeine Mensch auf der Straße" hat mitbekommen, daß er W.v.B. nicht mehr öffentlich bewundern kann, sondern daß es sich wohl um einen Verbrecher handeln muß. Maul halten also, wenn es darauf ankommt. PC hat wieder gesiegt - und nur das war/ist mein Thema. Wie schuldig oder nicht W.v.B. wirklich war, wird nur er geahnt haben - das ist eine Frage des Gewissens. Das er ein genialer Konstrukteur war, ist unbestritten.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Spike77 am 19. Dezember 2013, 10:40:59
Bei aller ernsthaften Verbissenheit mit der hier im Forum für Wernher von Braun gekämpft wird kann man sich auch mal etwas lustiges reinziehen.




Das lockert vielleicht die Stimmung auf und fällt hoffentlich noch nicht unter Heldenbeleidigung :P Tom Lehrer hat auch sonst noch sehr lustige Songs auf Lager :)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Tester am 19. Dezember 2013, 12:13:25
Also, im Bericht zur Kontraste-Sendung wird eindeutig gesagt, dass die Umbenennung des Gymnasiums vorgenommen wurde, obwohl sich eine Mehrheit von Lehrern und Schuelern fuer die Beibehaltung des Namens ausgesprochen hat. Wieder ein Klasselehrstueck in Sachen Demokratie im heutigen Deutschland.  :'(
Wer hat denn behauptet wir hätten eine Demokratie?

Ich bezeichne das hier eher als eine Diktatur der Minderheiten.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: McFire am 19. Dezember 2013, 14:24:36
Mehr und mehr stellt sich heraus - nicht die Atombombe oder ein Supervirus werden die Erde zerstören, sondern militante und zwecks Ablenkung soo brauchbare Gutmenschen...
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 19. Dezember 2013, 15:17:32
Ein bekannter Politiker sprach beim Rueckblick auf seine eigene Vergangenheit und die seines Landes von Vergebung und Versoehnung!
Wer es war? Nelson Mandela - er hatte diese menschliche Groesse. Bei der Diskussion um Wernher von Braun vermisse ich diese menschliche Groesse bei manchen leider. Da wird nur draufgehauen, ohne dass man seine damalige Situation berücksichtigt. Doch wehren kann sich WvB ja sowieso nicht mehr.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Mcdivitt am 19. Dezember 2013, 16:16:23
Bei dieser ganzem Diskussion um W.V.Braun und seinen Lebensweg kommt man aber auf jeden Fall nicht umhin, sich näher mit den geschichtlichen Tatsachen zu beschäftigen, die seinerzeit im KZ "Dora" vorgeherrscht haben.

Es sind dort tausende Häftlinge unter schier unvorstellbaren Umständen zu Tode gequält worden. Wer es noch nicht gesehen hat, dem sei ein Besuch in der dortigen Gedenkstätte in der Nähe von Nordhausen sehr zu empfehlen.

Das alles ist unter nachgewiesener Duldung und aktiver Mitwisserschaft der Herrn v.Braun dort geschehen und meiner Meinung nach durch nichts zu rechtfertigen, egal ob er sich noch verteidigen kann oder nicht.

Jeder Mensch ist eben für sein Tun verantwortlich. Egal was danach noch kam. Und wie groß seine sonstigen Verdienste auch sein mögen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Major Tom am 19. Dezember 2013, 16:55:09
Alles schön und gut. Dann sollen diese Herrschaften, die so gerne über längst Verstorbene herziehen, aber auch die aktuellen Schuldigen packen. Ich verweise da jetzt zum Beispiel mal auf einen gewissen Präsidenten eines nordamerikanischen Landes, der Kriegsverbrechen nicht nur duldet und deckt, sondern auch persönlich immer wieder anordnet. Besagter Mensch wird in Deutschland bei einer Rede in Berlin seltsamerweise aber bejubelt, anstatt für immer hinter Gittern zu verschwinden. Heuchlerisches Pack ist das.  >:(
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: MX87 am 19. Dezember 2013, 17:04:58
Es ist halt die Problematik, dass bei dieser namentlichen "Säuberung" öffentlicher Einrichtungen äußerst selektiv vorgegangen wird. Es wird der Fokus auf die Namen gelegt, die mit dem dritten Reich zusammenhängen. Andere aus der Zeit vor 1933 werden nicht so kritisch gesehen, auch wenn deren Verhältnis zu Politik und Rechtsstaatlichkeit nicht gerade die beste war. Beispielhaft seien hier nur Namen wie "Kaiser-Friedrich-Ring" oder die "Bismarckdenkmäler". Selbst beim "Hindernburgdamm" ist die Kritik nicht (mehr) so forsch.

WvB mag Mitwisser gewesen sein und es geduldet haben. Aber wieso gibt es in Ottobrunn die Willy-Messerschmitt-Straße noch?

Messerschmitt war unter anderem klarer Befürworter der Verlagerung von Produktion der Messerschmitt AG in die Konzentrationslager...

Unterm Strich mögen die von Politikern und Verantwortlichen geäußerten Absichten in Ordnung und Nachvollziehbar sein. Die Motivation scheint aber teils völlig irrationaler Aktionismus. Es gibt Einrichtungen / Orte die nach "schlimmeren" Menschen benannt wurden und die nach wie vor so heißen.

Andererseits die aktuellen Politiker, die der Ausspähung der eigenen Bürger durch andere Länder keinen Widerstand leisten. Verdienen es solche Menschen, dass nach ihnen etwas benannt wird???
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Mcdivitt am 19. Dezember 2013, 17:18:23
Das steht auf einem ganz anderen Blatt.

Hier geht es aber nun mal um W.v.Braun und seine intensive Verstrickung als SS-Mitglied in die fürchterlichsten Nazi-Verbrechen, die durch nichts zu rechtfertigen sind.

Ganz so einfach darf man es sich eben nicht machen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: ZeT am 19. Dezember 2013, 17:38:32
Lies doch mal die Stellungnahme der Schule nach, anstatt alles und jeden zu verteufeln ... woher das Ganze kommt, wer dort diskutiert hat, was das Ziel war, was nicht das Ziel war ... und wie die Diskussion die falsche Schlagseite bekam, u.a. durch die, die der Schule nicht zuhören.

Darauf würd ich keinen Pfefferling setzen. Das alles ist und war die reine Farce.

Da geht es nurnoch darum sein Gesicht zu waren. Inhaltlich kann man das in die Tonne treten.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Helix am 20. Dezember 2013, 03:07:39
@Kelvin

Um das alles festzustellen, brauche ich die Details des konkreten Falles wirklich nicht zu kennen. Alle von mir genannten Gruppen sind dort mit Sicherheit vertreten. Und der beschriebene Mechanismus entfaltet seine Wirkung, auch wenn die Schule am Ende doch nicht umbenannt werden sollte. Die Überschrift in der Zeitung genügt vollkommen, man kennt das aus dem täglichen Leben. Der "gemeine Mensch auf der Straße" hat mitbekommen, daß er W.v.B. nicht mehr öffentlich bewundern kann, sondern daß es sich wohl um einen Verbrecher handeln muß. Maul halten also, wenn es darauf ankommt. PC hat wieder gesiegt - und nur das war/ist mein Thema. Wie schuldig oder nicht W.v.B. wirklich war, wird nur er geahnt haben - das ist eine Frage des Gewissens. Das er ein genialer Konstrukteur war, ist unbestritten.

Naja, so betrachtet hat dann die Bild recht, die hat die dicksten Schlagzeilen. ;)

Wenn du dich mit Schagzeilen begnügst und Dinge nicht hinterfragst, dann bist du sehr leicht manipulierbar. Einfach deswegen, weil es billig ist Schlagzeilen in die Welt zu werfen. Fundierte, nachprüfbare Dokumentation ist mühsam, zeitaufwendig und daher teuer. Sie zu lesen ist ebenfalls mühsam, zeitaufwendig und teuer. Aber nur so gelingt es, ein wenig hinter die Kulissen zu schauen, ansatzweise zu verstehen, warum manche Dinge so sind, wie sie sind und seine Wut nicht fremdgesteuert auf die Ziele der Schlagzeilen treffen zu lassen.

Nimm dir doch einfach mal die Zeit und lies bei der Schule nach:
  http://www.wvb-gym.de/cont/cms/front_content.php (http://www.wvb-gym.de/cont/cms/front_content.php)
Interessant sind die Links "Presseerklärung", "Namensgebung" und "Megaphon 1/2012" (Seite 1 und 2).
Besoders hervorheben möchte ich noch den in "Namensgebung" verlinkten Vortrag von Michael J. Neufeld
  http://www.wvb-gym.de/cont/cms/upload/allgemein/Neufeld_100Year_Retrospective_23March_12.pdf (http://www.wvb-gym.de/cont/cms/upload/allgemein/Neufeld_100Year_Retrospective_23March_12.pdf)

Hier geht es aber nun mal um W.v.Braun und seine intensive Verstrickung als SS-Mitglied in die fürchterlichsten Nazi-Verbrechen, die durch nichts zu rechtfertigen sind.

1. "Hier geht es aber nun mal um W.v.Braun"
    Ja!
2. "die fürchterlichsten Nazi-Verbrechen, die durch nichts zu rechtfertigen sind"
    "sind" ist Plural, kann sich also nur auf "Nazi-Verbrechen" beziehen. Deshalb: ja!
3. "seine intensive Verstrickung als SS-Mitglied in die fürchterlichsten Nazi-Verbrechen"
    Jetzt wir's schwierig. Zu "Verstrickung als SS-Mitglied" sage ich: nein!
    Und bei "intensive Verstrickung ... in ... Nazi-Verbrechen" beginnt das wirkliche Problem.

@Alle, die hier mitlesen:
Hat noch jemand Michael J. Neufelds Buch "Wernher von Braun: Visionär des Weltraums - Ingenieur des Krieges - Biographie" gelesen?
Ansonsten kann ich es wärmstens empfehlen. Hier gibt es eine Rezension dazu: www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf (http://www.raketenspezialisten.de/pdf/doktor_faustus.pdf)


Was - nicht nur - hier bei der Süddeutschen Zeitung an Stefan Mayrs Artikel http://www.sueddeutsche.de/bayern/wernher-von-braun-als-namenspatron-schande-fuer-die-schule-1.1847159 (http://www.sueddeutsche.de/bayern/wernher-von-braun-als-namenspatron-schande-fuer-die-schule-1.1847159) und den Kommentaren dazu auffällt, ist die "digitale" Denkweise: Für die Einen ist WvB der Held (natürlich makellos strahlend, sonst wäre er keiner), für die Anderen stellt er die Inkarnation des Bösen dar (an der kein gutes Haar gelassen wird). Zwischentöne sind kaum auszumachen. Aufgegriffen werden die Sch...hausparolen, je nach Geschmack von der linken oder der rechten Wand.

Hat jemand von euch in seinem Bekanntenkreis einen Menschen, der ausschließlich "gut" oder ausschließlich "schlecht" ist? Ich nicht! Wieso sollte irgendjemand nur "gut" oder nur "schlecht" sein? Wenn solche Schwarz-/Weiß-Bilder vorgebracht werden, frage ich mich immer, wer damit welchen Zweck verfolgen will.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Schillrich am 20. Dezember 2013, 06:45:29
Guten Morgen,

was mir bei der ganzen (binär polarisierten) Diskussion auffällt: All diese schnell zitierten Parallelen und Analogien zu anderen Menschen (ob gut oder schlecht, ob bejubelt oder verdammt), führen zu nichts in der Argumentation.
Das ist dann einfach Auge um Auge, Zahn um Zahn in reduzierter Form. Jedes "ja aber der ... !" gibt die Vorlage für ein nächstes "ja aber der ... (erstrecht)!". So kann man eine historische Diskussion nicht lösen.
Für mich ist es nur gangbar eine Person für sich zu bewerten. Das tue ich und habe eine klare Meinung zu WvB. Das muss aber jeder für sich tun. Das darf auch jeder für sich tun. Jeder von wird seine/ihre Gründe haben für die eigene Bewertung. Es bringt nichts, die andere Seite lautstark einfach zu verdammen (z.B. mit "Gutmenschen" zu titulieren ... ::)). Damit untergräbt man seinen eigenen Standpunkt.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: McFire am 20. Dezember 2013, 13:13:06
Naja mit Gutmenschen meine ich eben nicht die, welche WvB verteufeln. Sondern allgemein die Typen, die sich überall reinhängen und irgendwas "verbessern" wollen. Dabei inkauf nehmen, daß Unfrieden erzeugt wird. Ob pöhse pöhse Namen ändern oder dafür sorgen daß an einer Uni auch die Professoren mit "Professorin" angesprochen werden, ist egal. Hauptsache die eigene Gottähnlichkeit herausstellen.

Im Fall WvB hätt man einfach nur die Geschichte darüber hinweggehen lassen sollen. Denn (freilich notwendiges) Geschichtsbewußtsein erzeugt man nicht auf diese Weise.
Was hat man erreicht? Daß sich wieder mal, wie in allen diesen "für den Weltbestand wichtigen Problemen" die Leute gegenseitig beharken.
Wem nützt das ? Nun, Leute die sich gegenseitig bekämpfen, haben keine Zeit, auf andere Mauscheleien zu achten.
Die Frage , wem nützt das , ist allerdings heutzutage eine gaaanz böse Frage  ;)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: WvB77 am 07. Dezember 2014, 01:12:50
Von Brauns langjährige Sekretärin Bonnie Holmes ist letzten Freitag verstorben. Öffentliche Bekanntheit erlangt hat sie mit Beiträgen zu Dokumentationen über ihren Chef. Langsam dürften alle beruflichen Weggefährten von Brauns tot sein.

http://www.al.com/news/index.ssf/2014/12/bonnie_holmes_long-time_assist.html (http://www.al.com/news/index.ssf/2014/12/bonnie_holmes_long-time_assist.html)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tonthomas am 19. Oktober 2018, 19:39:21
...  Entwickler einer Massenvernichtungswaffe im dritten Reich und deren Anfertigung mit Hilfe von KZ Haeftlingen (mit oder ohne seines Wissens sei jetzt mal dahingestellt), ....
Dass er davon wusste, ja es sogar aktiv nutzte, könnte man meinem Empfinden nach heute als historisch gesichert betrachten.

Dazu auch das:



Als Gesamtperson ist er imho keinesfalls als Vorbild tauglich und auch nicht als Namensgeber für Straßen oder Schulen.

Gruß   Pirx
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: F-D-R am 19. Oktober 2018, 20:18:38
Na dann von mir ein Link zum Ort des Geschehens, ich denke es gehört dazu: http://www.buchenwald.de/573/ (http://www.buchenwald.de/573/)

Danke.für den Link.. Das war notwendig.  Es geht im Mittlebau nicht um einige Zwangsarbeiter und zwangsverpflichtete deutsche Arbeitskräfte, sondern um KZ-Häftlinge, die dort durch Arbeit systematisch ermordet wurden!
Ich empfehle jedem einen Besuch dort incl Führung durch den Konstein. Ist wirklich sehr lehrreich. Und das meine ich ehrlich! Seht Euch das mal an, wenn Ihr dort seit.

BItte auch mal genau sich die Dokumente in den Schauvitrinen ansehen. Speziell die Anforderungen von ausgewählten KZ-Häftlingen aus dem KZ Buchenwald.
Zur genannten Literatur hätte ich sofort einige Gegenentwürfe./ Gegenvorschläge... .

Das Ganze ist so ungeheuerlich, was dort passiert ist, dass mit der Zeit (inzwischen sind ja die Zeitzeugen auch meist verstorben) sich fragt, war das wirklich soooo ?
Und dagegen muss man kämpfen. Gegen das Vergessen und Weichspühlen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Schillrich am 20. Oktober 2018, 07:31:35
Verkürzte, politische Statements entfernt. Es geht hier um die Raumfahrtperson von Braun.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tul am 20. Oktober 2018, 17:56:47
Mal meine Meinung hierzu. Generell war das Raketenprogramm  für den weiteren Kriegsverlauf eher positiv, als dadurch direkt und indirekt extrem viele Ressourcen verbraten wurden. Mit indirekt meine ich die gigantischen Bunkeranlagen die als Abschussbasis dienen sollten, die aber dann schnell eingenommen wurden. Das hat das Ende des Krieges beschleunigt.

Des weiteren war Wernher von Braun für die Produktion der Raketen nicht verantwortlich. Die Verantwortung lag bei Arthur Rudolph, Albin Sawatzki etc. und der Lager-SS. Die Diskussion um Wernher von Braun erweckt daher auf mich eher den Eindruck einer Ablenkung, nachdem zwar einige von den Lagerkommandanten der SS nach dem Krieg hingerichtet wurden, aber so einige straffrei davonkamen. Die Diskussion sollte darüber hinaus eher um Arthur Rudolph gehen.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: F-D-R am 21. Oktober 2018, 08:50:30
Es geht darum, ob er "würdig" ist, seinen Name als Vorbild herzugeben.... .

Er hat mit dem Teufel getanzt.
Er hat alles gewußt. Er hat nicht widersprochen .... .
Er hat dieses babarische System benutzt, für seine Zwecke. Und zwar sehr effektiv.
Er hat für seine Ziele den Tod tausender Menschen billigend in Kauf genommen. Ob in England oder im Konstein.
Er ist ein Opportunist!

Man muss sich mit ihm auseinander setzen. Mit dem genialen Organisator und Ingenieur genau so wie mit dem Opportunisten.
Nein, er ist nicht würdig als umfassenes Vorbild für unsere Kinder in Form eines Schulnamens zu dienen!

Hätten die Allierten nach Kriegsende nicht die Wissenschaftler und ihr Wissen als Kriegsbeute betrachtet, hätte er in Nürnberg neben Speer und Krupp gesessen.

Dass das V-Programm als so eine Art Widerstand gegen den Krieg betrachtet werden kann, da es gigantische Mittel gebunden hat. Diese These kenne ich auch. Und zwar aus einem Mund, wo ich es nicht erwartet hätte. Gehört aber jetzt nicht hier her.
Nein! Das V-Programm spiegelt den Größenwahn des Nazisystems wieder.


Ohne dieses technische Erbe wäre die Ramfahrt bestimmt nicht so schnell aus den Startlöchern gekommen. Aber das ändert das oben geschriebene nicht.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 21. Oktober 2018, 12:41:55

Hätten die Allierten nach Kriegsende nicht die Wissenschaftler und ihr Wissen als Kriegsbeute betrachtet, hätte er in Nürnberg neben Speer und Krupp gesessen.

Nein, hätte er nicht. Da saßen nur Politiker, Großindustrielle und Vertreter der militärischen Führung. Wernher von Braun gehörte keiner dieser Gruppen an.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tul am 21. Oktober 2018, 15:49:31
Es geht darum, ob er "würdig" ist, seinen Name als Vorbild herzugeben.... .

Er hat mit dem Teufel getanzt.
Er hat alles gewußt. Er hat nicht widersprochen .... .
Er hat dieses babarische System benutzt, für seine Zwecke. Und zwar sehr effektiv.
Er hat für seine Ziele den Tod tausender Menschen billigend in Kauf genommen. Ob in England oder im Konstein.
Er ist ein Opportunist!


Widerspruch wäre tödlich gewesen. Er wurde ja schon einmal verhaftet. Man könnte sich eher fragen, warum die Zivilbevölkerung in den Fabriken ab 1944 nicht in einen Generalstreik getreten ist.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: MR am 21. Oktober 2018, 16:43:26
Einige machen es sich viel zu einfach. Aus unserem heutigen Deutschland, mit Demokratie und Meinungsfreiheit, lässt sich natürlich sehr bequem urteilen. Doch damals sah das anders aus. Als sich von Braum dem Militär angeschlossen hat, waren die Nationalsozialisten noch nicht einmal an der Macht. Angesichts der Familientradition gab es an einer militärischen Karriere zur damaligen Zeit auch nichts auszusetzen. Als sich Jahre später die menschenfeindliche Ideologie der Nazis offen zeigte, war es längst zu spät, um diese Zusammenarbeit zu beenden, es sei denn, von Braun hatte Sehnsucht nach der Ostfront.

Von Braun wurde im Frühjahr 1944 von der Gestapo verhaftet, weil er in einem privaten Gespräch bedauert hat, an einer militärischen Rakete und nicht an einem zivilen Raumschiff zu arbeiten. Das brachte ihm 14 Tage Gestapo-Haft wegen Wehrkraftzersetzung und Vorbereitung für die Flucht nach England ein. Sein Vorgesetzter, Walter Dornberger, musste bis zu Hitler persönlich gehen. Nur seine Bedeutung für das V2-Projekt bewahrte von Braun vor ernsthaften Konsequenzen. Man darf nicht vergessen, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits auf das Kriegsende zuging. Der Volksgerichtshof verhängte zu dieser Zeit bereits für das Hören von Feindsendern, abwertende Bemerkungen über Hitler oder Zweifel am Endsieg Todesurteile wie am Fließband.

Nach diesem Vorfall gab es nichts, was von Braun noch hätte schützen können. Bereits eine einzige Bemerkung über den Einsatz der Zwangsarbeiter oder ihre Lebensbedingungen hätte das Todesurteil bedeuten können. Der Einsatz von Zwangsarbeitern im deutschen Reich während des Krieges war in fast allen Wirtschaftsbereichen üblich. Die meisten deutschen Männer waren an der Front, die Kriegsproduktion konnte nur dank umfangreichen Zwangsarbeitereinsatzes aufrechterhalten werden. Die kleinste Kritik am Einsatz der Zwangsarbeiter oder an deren Lebensbedingungen wäre in der Endphase des Krieges sofort mit einem Todesurteil geahndet wurden. Geändert hätte es nichts. Von Braum war der technische Direktor von Peenemünde, auf die Lebensbedingungen der Zwangsarbeiter hatte er keinen Einfluss.

Das von Braun auch vom Einsatz der V2 als Kriegswaffe nichts gehalten hat, zeigt ein Zitat anlässlich des ersten V2-Einsatzes gegen England sehr deutlich: Die Rakete flog perfekt, sie landete nur auf dem falschem Planeten!

Natürlich ist es heute leicht, sich ein Urteil darüber zu erlauben, wenn man gemütlich am PC sitzt. Damals, wo ein einziges falsches Wort den Tod bedeuten konnte, sah das anders aus! Bevor ihr von Braun kritisiert, fragt euch zunächst, wie ihr selbst in dieser Lage gehandelt hättet!
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tonthomas am 22. Oktober 2018, 08:57:41
... Als sich Jahre später die menschenfeindliche Ideologie der Nazis offen zeigte, war es längst zu spät, um diese Zusammenarbeit zu beenden, es sei denn, von Braun hatte Sehnsucht nach der Ostfront. ....
Guten Morgen!

Nein! Das hat sich alles nachlesen lassen!  Zu einem sehr frühen Zeitpunkt.

Heute würde ich sagen: Parteiprogramme lesen!

Und gerade intelligenten Menschen zu unterstellen, sie hätten nichts ahnen, oder sehen können  .... Andere Wissenschaftler haben Deutschland verlassen. Und was ist das für eine Abwägung, sein eigenes Leben als wertvoller zu betrachten als das von Lagerinsassen?

Pirx
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 22. Oktober 2018, 09:56:26
Ehrungen für Wernher von Braun:

    Am 8. Juli 1943 Ernennung zum Professor (eigenhändige Unterschrift Hitlers auf der Urkunde).
    Am 29. Oktober 1944 erhielt er das Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern.
    1959 wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
    1967 Wahl zum Mitglied der National Academy of Engineering.
    1969 erhielt er die Wilhelm-Exner-Medaille.
    1970 wurde er mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.
    1970 wurde der Mount Von Braun in der Antarktis nach ihm benannt.
    1975 wurde er mit der Goldenen Medaille der Humboldt-Gesellschaft ausgezeichnet.
    2010 fand das dritte Wernher-von-Braun-Memorial-Symposium der US-amerikanischen Astronautenvereinigung an der University of Alabama in Huntsville statt.[36]
    Reliefporträt in der Haupthalle des Flughafens Berlin-Tegel.[37]

1974 hielt er insgesamt 25 Ehrendoktortitel, darunter von den folgenden Hochschulen:[38]

    University of Alabama
    University of Tennessee at Chattanooga
    University of Pittsburgh
    Saint Louis University
    Technische Universität Berlin (1963)
    Canisius College
    Clark University

Quelle: Wikipedia

Angesichts dieser vielen Ehrungen soll es nicht würdig sein, das der Name "Wernher von Braun" ein guter Schulnahme ist? Doch sein Genie und seine Verdienste gelten im eigenen Geburtsland offenbar nicht mehr. Traurig!  :(
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: AN am 22. Oktober 2018, 10:11:31
Ehrungen für Wernher von Braun:

    Am 8. Juli 1943 Ernennung zum Professor (eigenhändige Unterschrift Hitlers auf der Urkunde)....
    2010 fand das dritte Wernher-von-Braun-Memorial-Symposium der US-amerikanischen Astronautenvereinigung an der University of Alabama in Huntsville statt.[36]
    Reliefporträt in der Haupthalle des Flughafens Berlin-Tegel.[37]...
Ja und? Die Aufstellung zeigt imho nur, dass vielleicht zu viel weggesehen wird und eine nachhaltige, in die Tiefe gehende Bearbeitung des Themas leider viel, viel Zeit, vielleicht gefährlich viel Zeit, braucht. Und mit der von dir gezeigten Liste "in einem Stück" zu argumentieren, käme mir nie in den Sinn ... Wer sich oder gegenseitig oder wem in dieser Welt schon alles Orden und Auszeichnungen verliehen hat ... Mit der Liste zu argumentieren springt doch viel, viel zu kurz ...

Axel
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Volker am 22. Oktober 2018, 12:54:43
Hallo,

Ehrungen für Wernher von Braun:

[...]
Angesichts dieser vielen Ehrungen soll es nicht würdig sein, das der Name "Wernher von Braun" ein guter Schulnahme ist? Doch sein Genie und seine Verdienste gelten im eigenen Geburtsland offenbar nicht mehr. Traurig!  :(

Wenn Du hier die Wikipediaseite zitierst, dann vielleicht auch noch einmal in der gleichen Seite etwas weiter oben nachlesen:

Zitat
Es liegt ein Brief von Brauns vom 15. August 1944 an Albin Sawatzki vor, der für die Planung und Steuerung der V2-Fabrikation verantwortlich war. Dieser belegt, dass von Braun im KZ Buchenwald war und dort selbst Häftlinge aussuchte. Viele Berichte und Dokumente sprechen für seine Involviertheit in die Vorgänge in Mittelbau-Dora. Im Erlebnisbericht von Adam Cabala ist zu lesen: „[…] auch die deutschen Wissenschaftler mit Prof. Wernher von Braun an der Spitze sahen alles täglich mit an. Wenn sie die Gänge entlang gingen, sahen sie die Schufterei der Häftlinge, ihre mühselige Arbeit und ihre Qual. Prof. Wernher von Braun hat während seiner häufigen Anwesenheit in Dora nicht ein einziges Mal gegen diese Grausamkeit und Bestialität protestiert. Selbst der Anblick von Toten haben ihn nicht gerührt: Auf einer kleinen Fläche neben der Ambulanzbude lagen tagtäglich haufenweise die Häftlinge, die das Arbeitsjoch und der Terror der rachsüchtigen Aufseher zu Tode gequält hatten. […] Aber Prof. Wernher von Braun ging daran vorbei, so nahe, dass er die Leichen fast berührte“.

Und in diesem Thread geht es nicht darum, ob man Wernher von Braun für seine Taten hätte verurteilen sollen oder nicht -- sondern ob diese Persoenlichkeit als Vorbild dienen kann. Da empfehle ich doch noch einmal den YouTube Video anzuschauen, den Pirx am 18.10. verlinkt hat, siehe oben.

Gruß
Volker
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: F-D-R am 22. Oktober 2018, 13:26:08
Wie immer ist das Thema so Komplex, und es ist schon interessant, welche Meinungen hier dargelegt werden. Ich darf mal kurz meine Sichtweise verkürzt darlegen:

Ja, WvB ist einer der genialsten Ingenieure, Organisatoren und Projektleiter des 20. Jahrhunderts.
Ja, WvB hat die Raumfahrt voran gebracht, wie kein zweiter.
Ja, WvB hat für die Amerikaner die Militärraketen entwickelt, die sie zur „Verteidigung der freien Welt“ brauchten.
Ja, WvB hat die Amerikaner zur Raumfahrtmacht geführt nach Sputnik und Gagarin.
Ja, ohne WvB hätten die Amerikaner es noch schwerer gehabt, den Mond, wie durch JFK gefordert, termingerecht zu erreichen.
Ja, WvB hat weitrechende Visionen Ende der 50er veröffentlicht und damit die Raumfahrt in der Zivilbevölkerung befördert.
Ja, WvB wurde zu Lebzeiten mit Ehrungen überhäuft.
Ja, WvB hat in Peenemünde die erste Großrakete entwickelt, die zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit an der Grenze zum Weltraum kratzte.
Ja, WvB hat die Grundlagen der modernen Raketentechnik entscheidend mit gelegt.
Dafür wird er heute noch geehrt und das zu Recht!

Aber noch mal zur ursprünglichen Fragestellung: Dient er als Vorbild für unsere Kinder als Schulname? Darf dieses Vorbild Makel haben und wenn ja, welche?
WvB ist für seinen Lebenstraum im übertragenen Sinne über Leichen gegangen. Er hat alles gewusst, was da abging. Er hat das System benutzt. Mittel zum Zweck waren NSDAP- und SS-Mitgliedschaft.
Er hätte auch seinen Lebenstraum gegen einen Weggang eintauschen können. Die Geschichte der Rakete wäre dann etwas anders verlaufen. Seinen Lebenstraum verwirklichen auf Kosten von anderen Menschenleben? Ein unbedingtes durchziehen auch im Pakt mit dem Bösen? Das (später) nicht wissen wollen, was außerhalb seines Schreibtisches passiert? (Die Drecksarbeit hat ja der böse Kammler gemacht, bzw. die anderen.  Abgedrückt haben andere.) Aber wer in so einer Position gearbeitet hat, der trägt Verantwortung auch im moralischen Sinne. Hat er sich dieser Verantwortung jemals gestellt? Und warum hat man in den 60er Jahren sollche Fragen nicht gestellt sondern erst jetzt? Man hat Ihn gebraucht!
Er ist ein klassisches Beispiel eines Opportunisten. Ist dass das Beispiel für unsere Kinder? Sollen die in so einem Geiste, wo man keine Rücksicht und Moral kennt, lernen?

====================

Anmerkung:
1.)Für mich trägt er eine direkte Mitschuld an dem, was im Kohnstein und im Mittelbau passiert ist. Aber das ist, wie gesagt, nicht die Frage, die hier gestellt wurde.
2.) Seine kurzzeitige Haft bei der Gestapo hat nichts mit Widerstand gegen das System zu tun. Vielmehr ist das die Folge interner Machtkämpfe im Versuch des Zugriffes auf die Rakete durch Himmler.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: F-D-R am 22. Oktober 2018, 13:29:52
Und in diesem Thread geht es nicht darum, ob man Wernher von Braun für seine Taten hätte verurteilen sollen oder nicht -- sondern ob diese Persoenlichkeit als Vorbild dienen kann. Da empfehle ich doch noch einmal den YouTube Video anzuschauen, den Pirx am 18.10. verlinkt hat, siehe oben.

Gruß
Volker

... Entschuldigung Volker, Du warst etwas schneller als ich mit dem Text. Genau so ist es.
Übrigens, in Dora liegt im Museum ein entsprechendes Schreiben in der Vitrine, betreffend der KZ-Häftlinge aus Buchenwald.
Ich hatte schon weiter oben empfohlen, mal dort einen Besuch zu machen... .
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Axel_F am 22. Oktober 2018, 13:57:01
Ein Hugo Junker, Koroljow oder Zielkowski (ja die letzten keine dt. Persönlichkeiten) würde als Schulnamen natürlich besser passen. Aber ich finde Wernher von Braun nicht sooo schlecht, solange es auch weiterhin Martin Luther (Bauernkrieg, Antisemit) und Richard Wagner (Antisemit) geehrt werden. Und ja - eine Oberth-Schule gib´s auch noch.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tomtom am 22. Oktober 2018, 16:42:00
Offengestanden weiß ich nicht, warum wir diese Diskussion aktuell führen, vll. gibts keine anderen Themen mehr. Der Vorgang ist von 2014 und es gibt heute wohl keine Schule mehr, die Wernher von Braun heißt und das ist auch nicht zu erwarten. Natürlich kann man über die Person, seine Verdienste und die Schuldfrage diskutieren, aber in der Sache Schulname ist das Thema abgehakt
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: jakda am 22. Oktober 2018, 17:18:48
Es ist eine moralische Frage.
Aber :
WvB hat die Raumfahrt vorangebracht, die Mondlandung ermöglicht.
Was machen da schon die paar tausend Tode.
- ist für mich moralisch und humanitär keine Option.
Nur wie so oft - der Zweck heiligt die Mittel.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: wernher66 am 22. Oktober 2018, 21:47:06
Es ist gut, daß wir über Wernher von Braun DISKUTIEREN. Man muss diese Persönlichkeit in allen Facetten beleuchten.
Als Raumfahrtfan sollte man sich auf jeden Fall mit ihm auseinandersetzen. Schließlich ist er von fundamentaler Bedeutung für die Raumfahrt, wie wir sie kennen.
Mir ist allerdings auch klar, daß wir kaum einen Konsens über ihn finden werden. Zu unterschiedlich wird er bewertet, vom Genius und Übervater der Raumfahrt bis hin zum Mittäter und bedeutenden Bestandteil des nationalsozialistischen Regimes.
Bei einer derartigen Spanne von Meinungen über eine Persönlichkeit ist es sehr schwierig, sie zu Benennung von Schulen, Strassen etc. zu benutzen. Zu groß ist das dadurch ausgelöste Konfliktpotential.
Auf der anderen Seite halte ich es für falsch, Wernher von Braun und seine Rolle in der Raumfahrt zu verschweigen.
Deutschland tut sich sehr schwer, sein Raumfahrterbe aus dem Dritten Reich aufzuarbeiten und darzustellen. Peenemünde ist da ein trauriges Beispiel.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tonthomas am 24. Oktober 2018, 08:49:32
...
Auf der anderen Seite halte ich es für falsch, Wernher von Braun und seine Rolle in der Raumfahrt zu verschweigen.
Deutschland tut sich sehr schwer, sein Raumfahrterbe aus dem Dritten Reich aufzuarbeiten und darzustellen. Peenemünde ist da ein trauriges Beispiel.
Sicher war WvB ein guter Ingenieur und wahrscheinlich ein noch viel besserer Manager. Da gibt es sicher auch keinen Anlass das zu verschweigen. Aber er taugt halt als Persönlichkeit insgesamt kaum als Vorbild. Nur weil jemand in einigen Disziplinen richtig gut war ist da doch nicht automatisch eine Heldenverehrung, gar blinde Vergötterung angebracht.

wernher66, was ist Deiner Meinung nach in Peenemünde aktuell das Bedauernswerte?

Gruß   Pirx
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tonthomas am 24. Oktober 2018, 08:50:29
"Wernher von Braun - Das düstere Geheimnis des Raketenmanns"

könnte man sich auch mal ansehen.

Auf YouTube:



Gruß   Pirx
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: F-D-R am 26. Oktober 2018, 06:30:05

.... wernher66, was ist Deiner Meinung nach in Peenemünde aktuell das Bedauernswerte?

Gruß   Pirx

Schade ..... Die Antwort hätte mich auch interessiert.   ???
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: jakda am 26. Oktober 2018, 12:04:47
Hm - war schon mehrmals in Peenemünde, auch mit Nicht-Raumfahrtmenschen.
Bin immer wieder begeistert, wie man dort die Problematik populär-wissenschaftlich darstellt.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tobi am 26. Oktober 2018, 12:16:00
Vielleicht meint er aktuelle Wahlergebnisse in Peenemünde, das ist in der Tat bedauernswert. Passt poltisch aber perfekt zu dem Zeitraum der V2.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: wernher66 am 14. Januar 2019, 15:17:29
Eine neuer Aufsatz über Wernher von Braun - man arbeitet an der Demontage des Denkmals.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/raketenkonstrukteur-wernher-von-braun-15976616.html (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/raketenkonstrukteur-wernher-von-braun-15976616.html)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tobi am 14. Januar 2019, 16:03:50
Eine neuer Aufsatz über Wernher von Braun - man arbeitet an der Demontage des Denkmals.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/raketenkonstrukteur-wernher-von-braun-15976616.html (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/raketenkonstrukteur-wernher-von-braun-15976616.html)

Ich habe von Braun immer kritisch gesehen. Wie es besser ging, zeigt z.B. Hugo Junkers.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: McPhönix am 14. Januar 2019, 17:17:44
Da rechts von Siggis Kapsel im Dresdner Militärmuseum steht die V2. Ob man die auch "entsorgt", um zarte Gemüter nicht zu inkommodieren? Und Siggis Kapsel gleich mit ? Denn Frau Merkel hatte ihm nicht zum Jubiläum gratuliert, da ist er vlt eine Unperson?

Was ich sagen will, ist - je schwächer im Inneren ein Staat ist, desto mehr Angst hat er vor Symbolen oder historischen Personen. Vernichten ist einfacher als umfassende neutrale (!) Bildung. Denn damit würde der Bürger schlicht jeden auslachen, der mit Symbolen protzen oder zwielichtige Personen wieder aufs Podest heben will.
Aber ein gebildeter Bürger würde leider auch über Anderes lachen...
Und lachen ist gefährlich...
.
http://www.letterchip.de/letterchip_handy/gallery_diverse/sojus29/index_sojus29.html#z002 (http://www.letterchip.de/letterchip_handy/gallery_diverse/sojus29/index_sojus29.html#z002)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Rücksturz am 14. Januar 2019, 20:59:00
Sorry McPhönix,

ich verstehe jetzt absolut nicht, was dein Post mit Wernher von Braun oder dem von wernher66 zitierten Artikel zu tun hat?
Hast Du den Artikel gelesen?
Wenn ja, lass uns doch darüber diskutieren!

Meine Meinung (zum Artikel, nicht zu irgendwelchen Verschwörungstheorien):
Ich persönlich würde nicht so weit gehen, von Hochstapelei zu sprechen, auch finde ich den Vergleich mit Herrn von Guttenberg wenig passend.
Von Braun mag sicherlich ein guter Manager gewesen sein, der die richtigen Leute gefunden hat (sowohl als Mitarbeiter als auch als Fürsprecher) aber als Techniker und Wissenschaftler war er wohl eher mittelmäßig.
Interessant finde ich, dass seine Karriere anscheinend schon vor dem 3. Reich durch die Fürsprache seines Vaters (damals Deutschnationale Volkspartei DNVP und Landwirtschaftsminister unter Papen und Schleicher) begann.
Neben seiner Kollaboration, Mitgliedschaft in NSDAP und SS und seiner Beteiligung an dem "Einsatz" von Sklavenarbeitern in Mittelbau Dora, scheint seine Karriere vor allem auf Charisma, guten Beziehungen und Opportunismus zu beruhen.

Im Sinne des Threadtitels: Sicherlich eine faszinierende Persönlichkeit, mit großem Anteil an der amerikanischen Raketenentwicklung (Management und PR, nicht technische Entwicklung) aber keinesfalls ein Vorbild oder als Namenspatron geeignet.

Viele Grüße
Rücksturz
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: McPhönix am 14. Januar 2019, 22:00:05
ich verstehe jetzt absolut nicht, was dein Post mit Wernher von Braun oder dem von wernher66 zitierten Artikel zu tun hat?
Man demontiert sein Denkmal. Da darf man schon mal fragen, ob die V2 ebenso demontiert wird. Genaugenommen ist die ja noch bekannter im Volk und wird ihm zugeschrieben.
 
Offensichtlich hier erforderlicher Zusatz : Nein ich bin kein v.Braun Fan. Sollte bei sorgfältigem Lesen in meinem Text erkennbar sein. Und um die V2 wärs mir nur als historisches Objekt schade, nicht als tolles Beispiel für deutsches Erfindertum.

Aber auch die Sojus ist ein historisches Objekt und Denkmal. Doch ihr Passagier erfreut sich leider nicht des Wohlwollens der Fürstin. Da darf man wohl auch mal fragen, wie lange sein Fahrzeug noch da ist.
Hat alles nix mit v.Brown zu tun ?
Und es gibt keinen Zusammenhang zwischen realem Umgehen mit Symbolen, Denkmale und Personen und - Bildung ?
Geht es nicht um die Tilgung seines Namens von einer Bildungsstätte? 

(PS : Muß ich eidesstattlich erklären, daß ich den Artikel gelesen habe oder genügt ein ja ? ;) )
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Prodatron am 14. Januar 2019, 22:07:00
Wundert mich gerade etwas, daß man jetzt darüber rätselt, ob von Braun eher ein Manager oder ein Techniker gewesen ist. Ich dachte eigentlich, es wäre längst geklärt, daß er ersteres war. Ein Manager zeichnet sich gerade dadurch aus, daß er sich nicht in Details verstrickt, sondern den Überblick über das Ganze bewahrt, seine Leute im Griff hat und trotzdem soviel Wissen hat, daß er sich nicht zu Fehlentwicklungen verleiten läßt. Natürlich haben die Mathematik usw. andere erledigt (siehe Einstein ;) ). Trotzdem bin ich sicher, daß ohne die Person von Braun es die Amerikaner nicht geschafft hätten, 1969 zwei Menschen auf dem Mond zu landen. Daß die 400.000 anderen Leute dazu ebenfalls beigetragen haben, ist klar.
Zum Thema Opportunismus: 1944 wäre von Braun fast hingerichtet worden.
@McPhönix: Passendes Beispiel, die Basis der heutigen Sojus-Rakete (R7) war übrigens die erste einsatzfähige Rakete der Welt, die zur potentiellen Vernichtung von Millionen von Menschen geplant war (Atomrakete, hat dafür dann allerdings nicht getaugt).
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Schillrich am 14. Januar 2019, 22:09:52
McPhönix, du machst willkürlich ideologische Ableitungen und Einfügungen in das Thema, mit polemisierenden Ausdrücken. Das hat doch alles nichts mit dem Thema zu tun und zielt offenbar auch nicht auf eine thematische Diskussion, sondern auf eine willkürliche Nutzung des Threads als Vehikel für deine politisierte Botschaft.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: McPhönix am 14. Januar 2019, 22:22:35
Politisierte Botschaft? Botschaft ??  :o

Das ist ja seltsam  :-\

Aber ok, ich wollte das eh nicht soweit ausbauen. Von mir aus lösch es, das geht in Ordnung  :)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: F-D-R am 14. Januar 2019, 23:00:25
Liebe Freunde!
1.) Das ganze Geschriebene der letzten Stunden hat nichts mit dem Thema Braun und Schulname zu tun. Wernher66 hat hier einfach einen Knochen in die Arena in Form von dem FAZ-Artikel geworfen und alle kauen drauf los.
2.) Das es mit Brauns Disertation nicht alles so klar ist, wie allgemein angenommen, hatte schon Olaf P unter starkem Stirnrunzeln der Zuhöhrer bei einem Raumfahrthistorischen Koloquium in Feucht "enthüllt". (War 2012?) Mich selber hat das nicht vom Hocker gerissen. Seine Aussagen waren alle schlüssig.

Auch jetzt finde ich die Diskussion etwas komisch, man wolle Braun vom Sockel stürzen. Von welchem bitte schön? Dem aus den 60er Jahren? Das ist Unfug. Hier hat jemand seine Bachelor-Arbeit in der FAZ veröffentlicht.  Darüber mag man sich ein Bild machen, warum gerade hier und nicht in einer wissenschaftlichen Zeitung. Habt ihr gelesen, wer der Autor ist? Also Blutdruck etwas senken.


Vieleicht sollte man ein eigenes Thema aufmachen: "Historische Persönlichkeiten der Geschichte der Raumfahrt im Wandel der zeitlich-geschichtlichen Betrachtung."
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 15. Januar 2019, 09:58:01
Eine neuer Aufsatz über Wernher von Braun - man arbeitet an der Demontage des Denkmals.

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/raketenkonstrukteur-wernher-von-braun-15976616.html (https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/raketenkonstrukteur-wernher-von-braun-15976616.html)

Ziel des FAZ-Beitrags von Christopher Lauer scheint es tatsächlich zu sein, eine Demontage der Person Wernher von Braun´s zu betreiben. Auftraggeber: Unbekannt!
Zu Christopher Lauer sollte man noch folgendes wissen. Das ehemalige Mitglied der Piratenpartei bekam 2012 die Auszeichnung "Troll des Jahres der Mannheimer Konferenz Trollcon".
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Volker am 15. Januar 2019, 12:39:55
Ziel des FAZ-Beitrags von Christopher Lauer scheint es tatsächlich zu sein, eine Demontage der Person Wernher von Braun´s zu betreiben. Auftraggeber: Unbekannt!
Wenn das auf seiner Abschlussarbeit für den Bachelortitel basiert, dann ist er sein eigener Auftraggeber.
Zitat
Zu Christopher Lauer sollte man noch folgendes wissen. Das ehemalige Mitglied der Piratenpartei bekam 2012 die Auszeichnung "Troll des Jahres der Mannheimer Konferenz Trollcon".
Dann solltest Du aber auch erwaehnen, dass die Auszeichnung "Troll des Jahres" der Trollcon eine positive Auszeichnung ist. Siehe hier: https://www.heise.de/newsticker/meldung/Trollcon-Christopher-Lauer-ist-Troll-des-Jahres-1733470.html (https://www.heise.de/newsticker/meldung/Trollcon-Christopher-Lauer-ist-Troll-des-Jahres-1733470.html)

Gruss
Volker
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: AN am 15. Januar 2019, 12:58:40
@Volker: Danke! Ich finde es durchaus unangemessen, einfach mal so das Vorhandensein von irgendwelchen Auftraggebern in den Raum zu stellen. Das ist imho nicht seriös und unter anderem eine Masche von Verschwörungstheoretikern.  Es führt nur zu Verunsicherung und Aufregung. Und auch da ließe ich dann trefflich fragen: Ist genau das gewollt? In wessen Auftrag? Wem nutzt es? Nein, in dieser Pauschalität führt das zu nichts gutem.

Axel
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Enki am 15. Januar 2019, 14:49:20
Wernher von Braun war schon als Kind mein großes Vorbild und das trotz der Hetzblätter ND, NBI, Wochenpost, …
Ja, Wernher von Braun ist auch heute noch mein Leitstern. Hinzu kamen später Koroljow, Elon Musk, Gagarin und Lovell usw. …

Und mal im Ernst: Sind die heutigen „Medien“ besser als ND und Co.? Auf alle Fälle wird Wernher von Braun länger in den Gedanken der Menschen bleiben als diese BRD.

Wernher von Braun - ein guter Schulname? Natürlich, auf alle Fälle für intelligente Menschen!
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: AN am 15. Januar 2019, 15:38:16
..

Und mal im Ernst: Sind die heutigen „Medien“ besser als ND und Co.? Auf alle Fälle wird Wernher von Braun länger in den Gedanken der Menschen bleiben als diese BRD.

Wernher von Braun - ein guter Schulname? Natürlich, auf alle Fälle für intelligente Menschen!
Und mal im Ernst: Ist das nicht unmöglich, was Du hier alles in einen Topf wirfst?

 :-[ :-X

Axel
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Wilga35 am 15. Januar 2019, 16:23:40
@Volker: Danke! Ich finde es durchaus unangemessen, einfach mal so das Vorhandensein von irgendwelchen Auftraggebern in den Raum zu stellen. Das ist imho nicht seriös und unter anderem eine Masche von Verschwörungstheoretikern.

Keine Verschwörungstheorie sondern gesunder Menschenverstand. Und so leichtgläubig um dass, was in dem Machwerk steht, zu glauben, bin ich schon lange nicht mehr.
Mit dermaßen schlechten Referenzen, wie sie uns der Herr Lauer unterjubeln will, wäre Wernher von Braun niemals Technischer Direktor der Heeresversuchsanstalt Peenemünde geworden, da hätte auch Papis Fürsprache nicht geholfen. Zumal WvB gerade mal 24 Jahre alt und noch weitgehend unbekannt war. Nur in der Raketenszene selbst hatte er sich wohl doch schon einen guten Namen erarbeitet. Und die Behauptung Lauers, die ihm Unterstellten hätten seine Inkompetenz über die ganzen Jahre toleriert, nur um weiter in Peenemünde arbeiten zu können, einem Ort, wo man vom Krieg kaum etwas mitbekam, kann ja wohl auch frühestens ab 1939 gelten. Die Heeresversuchsanstalt wurde aber bereits 1936 gegründet, da war vom Krieg noch nichts zu spüren.
Schon komisch, dass Herr Lauer ausgerechnet im 50. Jahr der Mondlandung seine "Enthüllungen" offenlegt. War wohl angesichts des Jubiläums längst überfällig, mit derart Abstrusem daherzukommen.

Wilga35
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Nitro am 15. Januar 2019, 16:24:35
Bitte an Alle: Politische Abschweifungen sollten wir hier vermeiden und Polemik ist in diesem Forum nicht erwuenscht. Ansonsten schliessen wir diesen Thread.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: McPhönix am 15. Januar 2019, 16:38:45
Eigentlich kann doch eh nix Neues mehr rauskommen. Die Semmel ist gegessen, die Schule in Neuhof hat einen neuen Namen.
Hier hat auch jeder was gesagt. Ähnlich wie bei einer Talkshow heben sich Plus und Minus auf. Bahnbrechende neue Erkenntnisse in den Archiven wirds wohl nicht geben.
Ehe wir uns weiter zerfetzen (ich fass mich auch an die eigene Nase) - also ich bin für zumachen...
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: F-D-R am 15. Januar 2019, 21:42:39

Vieleicht sollte man ein eigenes Thema aufmachen: "Historische Persönlichkeiten der Geschichte der Raumfahrt im Wandel der zeitlich-geschichtlichen Betrachtung."

Ich bin es auch leid, das immer wieder alles von neuem hier aufgekocht wird. Zum Thema ist alles gesagt. Ich erinnere an die Runden im Oktober letzten Jahres.
Die Diskussion ist am Thema "Schulname" völlig vorbei. Darum geht es überhaupt nicht hier.
Ich hatte einen Vorschlag gemacht, der hier offensichtlich keine Resunanz findet.
OK. Wäre vielleicht da etwas Kenntnis der geschichtlich politischen  Zusammenhänge notwendig. In der Bewertung klaffen offensichtlich Welten.
Das ist sehr traurig, aber offensichtlich hier Tatsache. Mit Raumfahrt hat das nichts zu tun. Diese bildet nur den schwachen Rahmen der Protagonisten.

Also... wie weiter? Hier würde ich sagen "Zu."
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Rücksturz am 16. Januar 2019, 19:05:48
Ich denke Wernher von Braun als Person der Raumfahrt-Zeitgeschichte kann, darf und muss immer wieder neu diskutiert werden!
Dass die Meinungen und Bewertungen weit auseinander gehen, liegt in der Natur der Sache und ist auch nicht schlimm.
Solange die Diskussionsteilnehmer die Regeln der Nettiquette und unsere Forenregeln einhalten, sehe ich keinen Grund den Thread zu schließen oder Beiträge zu löschen.

Es ist auch nicht richtig, dass nichts neues mehr zu Tage kommt. Gerade in dem Zeitungsartikel der vor ein paar Posts verlinkt wurde werden Dokumente zitiert, die anscheinend bisher nicht ausgewertet wurden.
Mir waren diese zumindest nicht bekannt.
Wer schon alles weiß muss diesen Thread ja nicht lesen.
Auch bezüglich Kosmonauten und Astronauten gibt es einen Thread bei dem nicht ausschließlich deren Raumfahrtaktivitäten beschrieben werden, sondern auch andere Aspekte ihres Lebens und das u.U. auch nach dem Tod der Person.
Wernher von Braun war kein Astronaut, aber dass er zumindest im Westen eine ganze Generation von Raumfahrt-Fans geprägt hat, ist wohl nicht abzustreiten.
Insoweit wäre ein Thread nur zu seiner Person und zu seinem Wirken, mit allen Glanz- und Schattenseiten, nicht verkehrt.

Richtig ist, dass das Thema "Schulname?" längst überholt ist.
Aber wir sind ja auch ein Raumfahrt-Forum und kein Schulforum.
Daher schlage ich vor, entweder den Threadtitel zu ändern (Vorschlag: "Wernher von Braun") oder einen neuen Thread anzulegen und diesen zu schließen.

Viele Grüße
Rücksturz
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tomtom am 16. Januar 2019, 21:22:35
Wir haben etliche personenbezogene Thread darunter auch einen "Wernher von Braun" Thread. Muß man eigentlich nur nutzen.
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=11515.0 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=11515.0)

Einen allgemeinen Persönlichkeiten-Thread gibts auch, vielleicht nur nicht so historisch angelegt.
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3080.0 (https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3080.0)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Rücksturz am 16. Januar 2019, 21:57:27
Wer eine Suchmaschine bedienen kann ist klar im Vorteil, ich hatte nach "Personen" gesucht aber nicht nach "Persönlichkeiten".  ;D

Aber dann wäre ich auch dafür den "Schulnamen"-Thread wirklich zu schließen und ggf. die letzten Beiträge Richtung "Wernher von Braun" zu verschieben.

Viele Grüße
Rücksturz
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tomtom am 16. Januar 2019, 22:22:13
ok, ich hab die allgemeinen Beiträge über von Braun aus dem "Schulnamen-Thread" hier rüber geholt.

Macht den Thread jetzt auch nicht besser, aber was solls.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: proton01 am 17. Januar 2019, 00:12:13
Es ist auch nicht richtig, dass nichts neues mehr zu Tage kommt. Gerade in dem Zeitungsartikel der vor ein paar Posts verlinkt wurde werden Dokumente zitiert, die anscheinend bisher nicht ausgewertet wurden.
Mir waren diese zumindest nicht bekannt.

Ich habe das auch bisher so nicht gewusst oder gelesen. Ob alles stimmt ist eine Frage die ich nichtg beantworten kann. Aber wenn man nach dem Autorennamen und von Braun googelt kann man die komplette Bachelorarbeit herungerladen, ca. 50 Seiten, und selbst alles mit allen Quellenangaben nachlesen.
https://www.christopherlauer.de/wp-content/uploads/2019/01/Christopher-Lauer-Umst%C3%A4nde-und-Voraussetzungen-f%C3%BCr-Wernher-von-Brauns-Eintritt-in-das-Heereswaffenamt-Pr%C3%BCfwesen-FINAL-Kopie-f%C3%BCr-Ver%C3%B6ffentlichung-im-Internet.pdf (https://www.christopherlauer.de/wp-content/uploads/2019/01/Christopher-Lauer-Umst%C3%A4nde-und-Voraussetzungen-f%C3%BCr-Wernher-von-Brauns-Eintritt-in-das-Heereswaffenamt-Pr%C3%BCfwesen-FINAL-Kopie-f%C3%BCr-Ver%C3%B6ffentlichung-im-Internet.pdf)
Darauf aufbauend würde eine Diskussion mehr Sinn machen, da man dann den kompletten Text kennt.

Ich will hier nichts unterstützen oder verneinen. Ich denke allerdings man sollte es erstmal vollständig lesen bevor man darüber urteilt. Und der FAZ-Artikel ist verkürzt.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: F-D-R am 18. Januar 2019, 12:53:59
Vielen Dank für den Link. Den hatte ich schon gesucht.
Nach dem Artikel in der FAZ von Herrn Lauer habe ich mal etwas nachgegraben, da ich einen Teil der zitierten Werke selber im Schrank habe.
Meine kritische Meinung zu von Braun sollte hier schon bekannt sein.
Aber was Herr Lauer rund um dieses Thema so getwittert hat, entsetzt mich ehrlich.
Als Historiker, bzw. als  Wissenschaftsjournalist ist er so nicht ernst zu nehmen, wenn ich nur von dem FAZ-Beitrag ausgehe.
Hier geht es nicht um von Braun, sondern um seine Profilierung.
Er ist ein Aufmerksamkeitsjunkie.

Ich lese mir das alles erst mal in Ruhe durch.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Akasha am 18. Januar 2019, 15:58:45
Lauer hat sich auch stundenlang für einen Podcast zu seiner Bachelorarbeit interviewen lassen: https://wrint.de/2019/01/15/wr903-wernher-von-braun/ (https://wrint.de/2019/01/15/wr903-wernher-von-braun/) Das ist eventuell bei der Beurteilung hilfreich, da man ihn auch informell dazu sprechen hört.

Ich hab seine Arbeit bisher nur in Auszügen gelesen, mich hat dabei aber sehr stutzig gemacht wie er die Studiumsnoten von Braun zur Beurteilug seiner Person heranziehen will. Selbst wenn so eine Betrachtung sinnvoll sein sollte (mMn nicht) scheint Lauer naiv zu glauben dass der „Vater der Raumfahrt“ in einem Maschinenbau-Studium zu der Zeit ein Student mit 1.0-Schnitt sein sollte. In Ingenieurswissenschaften wird allerdings das Notenspektrum auch heute noch ausgeschöpft und selbst sehr gute Studenten freuen sich in einigen Fächern über bloßes Bestehen.

Auf Twitter hat er auf Nachfrage bereits zugegeben dass er Durchschnittsnoten für Brauns Studienzeit gar nicht recherchiert hat bzw. recherchieren konnte, was diese „Notenanalyse“ doch invalidiert. Natürlich ist das nur ein kleiner Teil der Arbeit, aber ein wissenschaftlicher reviewer würde (zurecht) sagen dass das auch auf den Rest ein schlechtes Licht wirft.

Es wirkt auf mich recht mutig mit einer Bachelorarbeit an die Presse zu gehen und Interviews zu geben. Gewöhnlich müssen Abschlussarbeiten auf diesem Level zum guten Bestehen doch nur formale Anforderungen erfüllen. Wenn bei der Arbeit etwas entsteht was für die Wissenschaftscommunity nützlich sein könnte kommt der Betreuer auf den Studenten zu und bietet die Ausarbeitung zu einer Publikation an, die dann von Externen gründlich unter die Lupe genommen wird bevor sie in die anerkannte, öffentliche wissenschaftliche Literatur darf. Zumindest in MINT-Fächern ist das so. Aber ich glaube kaum dass es den Geschichtswissenschaften hier an vergleichbarer Vorsicht mangelt.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: tobi am 18. Januar 2019, 16:28:44
In Ingenieurswissenschaften wird allerdings das Notenspektrum auch heute noch ausgeschöpft und selbst sehr gute Studenten freuen sich in einigen Fächern über bloßes Bestehen.

Nein das ist nicht so. Sehr gute Studenten schaffen in Ingenieurstudiengängen deutlich mehr als nur eine 4,0. In allen Fächern.
Titel: Re: Wernher von Braun.
Beitrag von: Akasha am 18. Januar 2019, 16:47:47
Durchschnittsnoten und Durchfallquoten sind bei den Ingenieurswissenschaften auf jeden Fall schlechter gelagert als bei anderen Fächern. Wir mögen hier von unterschiedlichen persönlichen Erfahrungen ausgehen, aber das lässt sich durchaus überprüfen.

Einigen wir uns besser darauf dass man Studiumsnoten nicht pauschal vergleichen kann da sich Studieninhalte und Bewertungsmaßstäbe auf Universitätslevel fächerübergreifend, im gleichen Fach und über 100 Jahre hinweg zu sehr unterscheiden. Lauer hätte daher zu den Maschinenbau-Durchschnittsnoten an Brauns Uni zu seiner Studienzeit vergleichen müssen.

Edit: Auf Basis von Lauers Bachelorarbeit wird nun bereits (erfolgreich) am Wikipedia-Artikel über Braun herumgedoktert: https://de.wikipedia.org/wiki/Wernher_von_Braun (https://de.wikipedia.org/wiki/Wernher_von_Braun) (auf der Seite Referenzen zu Lauers FAZ-Artikel suchen, ist gerade Nummer [4] bei mir).
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: Prodatron am 18. Januar 2019, 23:31:41
Gerade in der heutigen Zeit wirkt es schon fast ulkig, Bedeutung, Genialität eines Menschen bzw. dessen Einfluß auf den Fortschritt nach seinem Studiumsabschluß zu bewerten.
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: McPhönix am 19. Januar 2019, 01:51:37
Kann ich aus der Praxis bei uns bestätigen...
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: topos am 15. Mai 2022, 19:23:38
Gestern im "Guardian" in einem Kommentar zu dem Buch "V2" von Robert Harris gab es einen amüsanten Verweis auf v. Brauns Zukunftsroman "Marsprojekt" von 1949, in dem u.a. die technischen Voraussetzungen und die Durchführung einer bemannten Marsexpedition im Jahre 1980 (.. die Zukunft ist auch nicht mehr, was sie mal war!) beschrieben werden, bei der man auf dem Mars auf höherentwickelte "Ureinwohner" trifft, die von einer Gruppe von zehn Individuen unter der Führung eines superschlauen Mannes regiert werden, der auf den schönen Namen "the Elon" hört...  Nachtigall ick hör Dir trapsen !

(https://)www.theguardian.com/commentisfree/2022/may/14/wernher-von-braun-former-ss-officer-nazi-us-space-programme-nasa-apollo
   Siehe auch:
(https://)en.wikipedia.org/wiki/Project_Mars:_A_Technical_Tale  (zur engl.Übersetzung)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: jdark am 15. Mai 2022, 19:32:27
...der auf den schönen Namen "the Elon" hört...

Wernher war ein Visionär. Aber Vorsicht, es ist unstatthaft in einem nicht-SpaceX (Elon) Thread diesen wieder mit zu vermischen  ;)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: topos am 15. Mai 2022, 20:07:51
Werner war ein Visionär...

Werner ? Der von Brösel ? Echt ??
Hier ist die Rede von Wernher v.B., wie der Thread-Titel auch besagt   ;)
Titel: Re: Wernher von Braun
Beitrag von: jdark am 15. Mai 2022, 20:22:45
Sorry, auch die Autokorrektur sollte man korrigieren  ;)