Das in der Fernsehsendung bzw. dem unter dem Bild verlinkten Transkript verwendete Wort "Weltraumtourismus" (太空旅游) hat in China eine andere Bedeutung als im Rest der Welt. In der derzeitigen politischen Situation ist es völlig undenkbar, dass reiche Leute für mehrere Millionen Yuan einen Pauschalurlaub auf der Chinesischen Raumstation buchen. Suborbitalflüge im Preisbereich von Kreuzfahrten durch den Westpazifik, also etwas, das sich die städtische Mittelschicht durchaus mal gönnt, würden dagegen als politisch korrekt betrachtet werden. Der Orbiter des Raumgleiters (das, was auf dem
Kernwaffentestgelände Lop Nor landet) ist primär für die Versorgung der Chinesischen Raumstation gedacht (und wird neuerdings immer wieder im Zusammenhang mit dem Mondprogramm erwähnt), aber bereits als das Ding 2017 erstmals öffentlich vorgestellt wurde, war auch von Weltraumtourismus die Rede (im vorletzten Absatz):
http://news.cctv.com/2017/10/31/ARTIm2OAI2kasqKSEJUcycSU171031.shtmlDass nun die Trägerstufe - in einer verkleinerten Form - ebenfalls für Tourismus eingesetzt werden soll, ist neu. Das sind zwei völlig unterschiedliche Dinge. Der Orbiter fliegt richtig ins All, bei Bedarf bis in eine Höhe von 500 km. Die Trägerstufe startet auf dem Kosmodrom Jiuquan auf der Westseite der Badain-Jaran-Wüste, fliegt - zumindest wenn sie in Kombination mit dem Orbiter verwendet wird - senkrecht bis in eine Höhe von 20-100 km, wird dann wie eine Höhenforschungsrakete noch ein Stück von ihrem eigenen Schwung getragen, kehrt auf der Flugbahn einer ballistischen Rakete nach unten zurück, schraubt sich in den dichteren Luftschichten wie ein Segelflugzeug weiter erdwärts und landet schließlich 250 km vom Startplatz entfernt auf der 2,4 km langen Landebahn des umseitigen Flughafens (der Orbiter braucht eine Landebahn von 5 km).
Im Prinzip kann dort jeder mitfliegen, der sich eine Fahrt mit der Achterbahn zutraut. Die Leute bekommen Reisetabletten und bleiben in der Passagierkabine, wo sie nichts kaputtmachen können. Es gibt keinen Grund, warum dort nicht auch Interessenten befreundeter, gerne auch verfeindeter Staaten mitfliegen sollten. Die derzeitige Visumsfreiheit für zweiwöchige Aufenthalte gilt auch für Amerikaner, in der Hoffnung, dass die nach einer solchen Reise einsehen, dass ihr Land gegen die Volksrepublik China keine Chance hat
Chinesische Raumfahrer würden wohl weiterhin bei klassischen Parabelflügen trainieren, ganz einfach weil man sich dort im Laufe eines Fluges mehrmals herunterfallen lassen kann. Denkbar wäre, dass Raumfahrerkandidaten, falls man tatsächlich bis in eine Höhe von 100 km fliegt, bei einem derartigen Flug mit der unendlichen Tiefe des Weltalls konfrontiert werden, ein Effekt, den William Shatner nach seinem Flug mit der New Shepard beschrieben hat. Das ist wie mit der Raumkrankheit - manchen macht das nichts aus, andere geraten in Panik. Letztere würden dann möglichst nicht für Außenbordeinsätze eingeteilt werden.
Ob bei den amerikanischen Firmen Chinesen mitfliegen dürfen, weiß ich nicht. Solange ihnen die amerikanischen Konsulate Touristenvisa ausstellen, warum nicht?