Hallo
Ich denke, da muß ich noch ein paar
emotionslose Erläuterungen geben.
Als erstes möchte ich erwähnen, das dies
kein Konflikt zwischen "West" und "Ost" sein soll - dazu ist mir die Raumfahrtwelt zu klein - es geht um Raumfahrtsysteme.
Viele lächeln gerne über die "veraltete" Sojus - HAHA! Model aus den 60zigern!
Das die Sojus ein Modell aus den Sechzigern ist - das ist so - und das ist
nicht ohne Bedeutung.
Ich möchte hier mal einen Vergleich mit der Automobilindustrie ziehen:
Ein Trabant hat sich durchaus als Fortbewegungsmittel bewährt. Nichtsdestoweniger war er ein Modell der "ich weiß es nicht- aber alt". Man kann noch daran arbeiten, nochmals etwas modernisieren, aber im Endeffekt ist er veraltet auch wenn er den Zweck der Beförderung nach wie vor erfüllt. Irgendwann muß ein neues Nachfolgemodell folgen, sonst bleibt man in der Entwicklung stehen (Ist es nicht genau das was wir im Raumfahrtsektor schon eine Weile haben, aber nicht wollen? - Dann muß man Veränderungen akzeptieren.)
Als Gegenbeispiel (dies ist wahllos und ohne Preferenz) könnte man den Renault Scenic anführen. Der alte Scenic, der auch ein bewährtes System war, wurde nach und nach, innen und außen, immer wieder auf einen moderneren Stand gebracht (was aber im Laufe der Zeit bei bestehenden Systemen zu "Kunstgriffen" führt). Um ein modernes System zu erstellen hat man einen Schnitt vollzogen und ein komplett neues Design, "Scenic II" erstellt. Damit hat man ein neues, am technischen Stand der Zeit befindliches System.
Ich bleibe also dabei:
Die Sojus sollte dringend durch ein moderneres System ersetzt werden.Die Zuverläßigkeit der Sojus die seit den 60ziger Jahren Menschen in den Weltraum befördert mit einer Ariane zu vergleichen die seit den 90ziger Jahren Satelliten in den Orbit schießt - ist blanker Hohn. Bei den 36 Ariane Starts gab es schon 4 Starts (2 x Selbstzerstörung, 2 x zu niedriger Orbit) die bei einer bemannten Mision echte Probleme verursacht hätten. Das ist eine Fehler-Quote von 11%.
blanker Hohn - interessante Wortwahl, aber nicht Meine.
Dazu sollten wir aber betrachten, um WELCHE Starts es sich bei den Fehlschlägen überhaupt gehandelt hat. Das darf nicht einfach so Zusammenhangslos in den Raum geworfen werden. Bei der Entwicklung technischer Systeme schließt sich der Designphase auf alle Fälle eine Prototypenphase an, in der das Verhalten des Systems trotz bestem Nachdenkens und Simulation in realen Verhältnissen erprobt wird, um weitere Designprobleme zu beseitigen. Wer glaubt, das das System, besonders wenn es sich um ein Umfangreiches handelt, nach Entwicklung, Simulation und Test einzelner Komponenten, als Ganzes Fehlerfrei ist - na der hat noch nicht viel in seinem Leben gebaut.
Bei der Ariane5 wurden die ersten zwei Starts von Vorne herein als Qualifikationsflüge deklariert. Später wurde ein dritter hinzugefügt. Diese Starts der Prototypenphase zur Verlässlichkeit im operationellen Betrieb hinzuzurechnen ist nicht in Ordnung. (Auch wenn "wir" ein technisches System ausliefern, bewertet der Kunde nur "seine" Fehlfunktionen, nicht diejenigen die wir mit den Prototypen beseitigt haben). Das mit den Prototypen gerne Nutzlasten mitgenommen werden (zu anderen Bedingungen), hängt
nur mit den Kosten dieser Tests zusammen. Die Grundstufe der Ariane5G hat seither eine Verläßlichkeit von 100%!
Die Aestus Oberstufe zeigt beim Flug am 12. Juli 2001, nachdem sie vorher acht mal erfolgreich betrieben wurde, ein Fehlverhalten welches zu einem verfrühtem Brennschluß der Stufe führte (diese Stufe würde allerdings bei einem "bemanntem" System kaum eine Rolle spielen). Dies war der einzige nicht zufriedenstellende Start der Ariane5G im operationellen Betrieb.
Am 11. Dezember 2002 startete eine vollkommen neue Version der Ariane5. Es war sowohl die Unterstufe als auch die Oberstufe der Ariane nicht mehr die "alte". Man hätte sie genauso Ariane6 nennen können, denn sie unterschied sich sicherlich genausoviel von einer Ariane5 wie eine Ariane2 von einer Ariane1. Diesen Prototypenflug kann man genauswenig in den operationellen Betrieb einrechnen wie A501 und A502. Das schon beim nächsten Start alles glückte, und auch die Oberstufe bei ihrem erstem Bewährungstest klaglos funktionierte zeigt, das eine saubere Funktion beim ersten Test möglich ist; es ist aber nicht selbstverständlich (der Dank geht hier an Bremen). Auch die Ariane5ECA hat seither eine Verläßlichkeit von 100%!
Wenn man die Sachlage also etwas differenzierter betrachtet, sollte man lieber von einem halben Misserfolg innerhalb 32 Starts reden, sogar da müßte man die unterschiedlichen Systeme noch getrennt betrachten, sonst könnte man ja die Sojus-U auch in die Verlässlichkeit der Sojus einrechnen, und da steht ja schließlich erst vor kurzem ein Mißerfolg zu Buche, und das im seit langem operationellen Betrieb!
Außerdem, wenn schon die Prototypenstarts der Ariane erwähnt werden: wie sieht es denn mit den ersten Starts der Sojus aus? Waren die alle fehlerfrei? Ich weiß es nicht, aber Sojusfreunde werden mich aufklären.
Bei der Mission Sojus T-10-1 hat sich die Rakete schon am Starttisch aufgelöst.
Ich bleibe dabei:
Die Ariane braucht sich vor einer Sojus nicht zu verstecken!Noch ein Kommentar zum Sojus Raumschiff:
Dieses ist auch nicht neuer, und es gilt dasselbe wie für die Rakete. Ich weiß, das ich da bei vielen Freunden dieses Gefährts auf Unverständniss stoße. Erstaunen tut mich in diesem Zusammenhang aber, das es beim Shuttle ein Einverständnis gibt, dieses Gefährt aufzugeben: Es ist zu alt, es ist zu unsicher - schließlich hat es schon zwei Totalverluste gegeben.
Die Sojus ist auch alt, und zwei Totalverluste (über einen längeren Zeitraum) hat es auch schon gegeben!
Und auch vor teilweisen Fehlfunktionen ist die Sojus in den letzten Jahren nicht gänzlich verschont geblieben. Die Aufgabe des Shuttles ist in Ordnung, auch wenn ich mir persönlich ein anderes System als Nachfolger gewünscht hätte (wir hätten mit dem System Shuttle keine Expansion erwarten dürfen, außer man hätte sich für eine exorbitales System "zusätzlich" zum Shuttle entschieden).
Ich bleibe dabei:
Die Sojus sollte dringend gegen ein neueres System ersetzt werden. ...Weiterentwicklung der Ariane-5 zum bemannten Träger: mind. 1 Mrd. € ....
...Damit kämen wir auf eine Gesamtsumme von 6-10 Mrd.Euronen, verteilt auf 5-7 Jahre. Also 1-1,5 Mrd. € im Jahr.
Wie immer ist es die schiere Summe, die momentan abschreckt. Aber ich würde sagen, das auf längere Frist die Summe einfach gut eingesetzt wäre. Würde man auf die Ariane setzen, hätte man das modernere zukunftsträchtigere, ausbaufähigere System.
Europa ist (noch) in der Lage zwischen zwei Wegen zu wählen. Entweder man geht eine Partnerschaft mit unseren russischen Freunden ein, oder man entscheidet sich für einen eigenen Weg. Aber wenn man eh "alles" selber machen will, weil man die Aufträge für die Industrie selber haben will, und man nichts mehr abzugeben hat (Spaceship des ATV soll eingesetzt werden, Kapsel fehlt, aber da gibt es mit ARD auch schon erste Erfahrungen) dann würde ich es eh eher als positiv empfinden wenn sich Europa zu einem eigenständigen Weg durchringen würde, und als Konsequenz aber auch einsehen muß, das die Entwicklung nicht zum Nulltarif zu haben ist. Der
schnelleren Entwicklung ist dies sicherlich förderlich, wenn nicht immer verschiedenste Interessen unter einen Hut zu bringen sind.
Unsere russischen ebenso wie unsere amerikanischen Freunde hätten dann eigene Systeme, was ich auch als positiv sehen würde, da eine gewisse Diversität der Systeme dem Gesamtziel einer verlässlichen und sicheren Raumfahrt sicher zuträglich ist.
Nur auf gemeinsame Schnittstellen, also insbesondere Kopplungssysteme müßte nur noch geachtet werden.
Grüße, James