Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #200 am: 06. Januar 2020, 10:40:59 »
Und wieviel Kosten entstehen jetzt auf der Erde bei der Sache? Techniknutzung, Arbeitsstunden hochbezahlter Kräfte und deren Blockierung für weitere Sachen und wer weiß was noch.
Ja freilich ging es noch nicht anders. Aber als Beispiel sollte es reichen.

Für mich hinkt das Beispiel. Für wenig mehr Geld hätte man einen schwereren Lander mit einem echten Bohrer bauen können. Der wäre wahrscheinlich immer noch einen Faktor > 1000 billiger, als eine bemannte Landung.

Für mich macht bemannte Raumfahrt nur Sinn, wenn der "Mensch im Weltraum" als Ziel akzeptiert wird. Wollen wir lernen, wie wir als Spezies im Weltraum leben können, oder nicht? Ich finde ja. Als die ersten Flugversuche unternommen wurden, hatten die auch keinen offensichtlichen Sinn. Es war der pure Wille, es können zu wollen.

Für mich persönlich ist es sonnenklar, dass wir Menschen in's All wollen. Für die reine Forschung im Sonnensystem würde ich Roboter nehmen. Somit ist auch dieser Vergleich bemannt vs. unbemannt aus meiner Sicht sinnlos. Das eigentliche Problem ist ja, dass Raumfahrt immer noch so wahnsinnig teuer ist und man Budgets immer irgendwie aufteilen muss. Wäre Raumfahrt heute so günstig wie Luftfahrt, hätten wir die Diskussion gar nicht.

Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #201 am: 06. Januar 2020, 11:38:15 »
Zitat
Ansonsten ist ein Mensch immer noch viel flexibler und letztlich auch effizienter.
Richtig ist auch, dass bemenschte Missionen ein wesentlich höheres Prestige haben.
Das kann dann durchaus dazu führen, dass eine robotische Mission zu einer bestimmten Destination nicht finanziert wird, eine wesentlich teurere bemenschte aber schon.
Dafür ist in der Regel die wissenschaftliche Ausbeute aber auch deutlich höher.

Eben - siehe Mole-Desaster.
Ein Mensch hätte (vereinfacht gesehen) in einer Stunde mit einer Eisenstange und einem Hammer gefunden :
"Hier gehts nicht, hier auch nicht aber hier" Und dann hätte er das Ding daneben angesetzt und alle Stunde mal nachgeschaut, obs klappt. Während er andere Arbeiten macht.
Und wieviel Kosten entstehen jetzt auf der Erde bei der Sache? Techniknutzung, Arbeitsstunden hochbezahlter Kräfte und deren Blockierung für weitere Sachen und wer weiß was noch.
Ja freilich ging es noch nicht anders. Aber als Beispiel sollte es reichen.
Das stimmt, jetzt "basteln" sie seit einem ganzen Jahr an diesem Problem und haben überhaupt keine Fortschritte gemacht.
Das ist einfach unglaublich.

Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #202 am: 06. Januar 2020, 20:41:31 »
@Rücksturz:
Wichtig ist die Einschränkung "Bei fixem Budget bin ich persönlich ein Gegner der bemannten Raumfahrt." (d.h. bei von der Entscheidung bemenscht/unbemenscht unabhängigem Budget).
Wenn nur durch die Mitführung von Menschen Budget aufgetrieben werden kann, und der wissenschaftliche Wert der Mission ausreichend ist-dann bitte.

"Auf der anderen Seite wurden bisher (nach einer älteren Zählung) über 2500 wissenschaftliche Experimente durchgeführt.
Die meisten davon können derzeit an keinem anderen der Menschheit zugänglichem Ort durchgeführt werden.
Die ISS ist in Relation zu den wissenschaftlich-technischen Möglichkeiten (die genutzt werden, nicht nur potentiell) auf jeden Fall eine Erfolgsgeschichte und ihr Geld wert."

An dieser Standardrechtfertigung für bemenschte Raumfahrt gibt es zwei Probleme:
1. Es werden Vorteile der Raumfahrt aufgezählt, diese aber ausdrücklich oder unterschwellig mit der unbemenschten Raumfahr verbunden, obwohl in den allermeisten Fällen dieselben Ergebnisse auch ohne Menschen, insbesondere mit automatischen Forschungssatelliten erreicht werden könnten.
2. Es werden Vorteile der bemenschten Raumfahrt aufgezählt, der notwendige Aufwand aber als irrelevant betrachtet oder verschwiegen.

Am wichtigsten ist der erste Punkt. Von einem kleinen Anteil Ausnahmen abgesehen, sind die wissenschaftlichen Ergebnisse der bemenschten Raumfahrt  ebenso unbemenscht zu erreichen.
Zweifellos hat ein Mensch vor Ort einige Vorteile gegenüber automatischen und ferngesteuerten Systemen: Er kann reparieren, mit seinen Gliedmaßen ist er flexibler als Manipulatoren, und gegebenenfalls spart man Signallaufzeiten ein. Aber diese Vorteile werden mit einem hohen Preis erkauft: Die lebensfeindliche Natur des Weltalls führt zu äußerst aufwendigen Lebenserhaltungssystemen und anders als eine Maschine kann der menschliche Organismus nur einen Teil des Tages arbeiten. Im Falle der ISS fressen andauernde Reparaturen und Instandhaltung noch mehr von der Arbeitszeit auf. Deutlich erhöhte Sicherheitsanforderungen und der Zwang zur Rückführbarkeit [1] treiben die Kosten für Systeme massiv in die Höhe. Insgesamt steigen dadurch Komplexität und Komplexität und Masse deutlich an. Die gewissen Vorteile eines Menschen vor Ort werden durch so hohen Aufwand erkauft, dass es netto ein Verlustgeschäft ist. Da der Mensch für viele Bereiche der Forschung im Weltall (Experimente und Erkundung) schlicht nicht nötig ist, liegt es nahe, ihn einfach wegzulassen.
Der unbemenschte Alternativentwurf zur ISS ist eine automatische/ferngesteuerte Forschungsplattform. Weitgehend standardisiert liefert sie Energie, Lageregelung, Thermalkontrolle, Strahlenschutz und optional auch die gewünschte Atmosphäre in einer Druckkapsel (durch geringere Sicherheitsanforderungen und reduzierten Durchsatz deutlich einfacher als bei ISS und ähnliche). Je nach Bedarf werden diese Plattformen, mit variierenden Anzahlen an Experimenten gestartet.
Die Experimente laufen automatisch ab. Geht etwas schief, oder sollen die Versuchgsbedingungen geändert werden, wird einfach die nächste Generation mit dem nächsten Satelliten gestartet. Die sowjetisch/russischen Bion-Satelliten machen für Experimente mit Organismen vor: https://de.wikipedia.org/wiki/Bion_(Satellit)
Der unbemenschte Gegenentwurf zur bemenschten Erkundung sind gewöhnliche Raumsonden.
Zu den Widersprüchen der bemenschten Raumfahrt gehört auch, dass durch die hohen Kosten/Arbeitsstunde Experimente nicht zu arbeitsaufwendig sein dürfen. Wenn der menschliche Input aber ohnehin begrenzt ist-dann doch gleich voll automatisieren.

Der eine Punkt, den die unbemenschte Raumfahrt natürlich nicht ersetzen kann, ist die Forschung am menschlichen Körper unter Schwerelosigkeit. Allerdings ist eine der Hauptmotivationen dafür, besser bemannte Raumfahrt betreiben zu könne-man dreht sich im Kreis. Zudem gibt es mittlerweilee ine große Anzahl Daten zu dem Thema. Schließlich gibt es Schnittmengen zwischen der Forschung am menschlichen Körper und an Lebewesen allgemein, d.h. Präsenz des Menschen kann in einigen Fällen ersetzt werden.

"Da sind Aspekte wie die friedliche internationale Zusammenarbeit auch über tiefe politische Gräben hinweg noch gar nicht eingerechnet."
Das Argument ist symmetrisch: Internationale Kooperation ist bei allen Arten von Raumfahrtprojekten gang und gebe.
Zur Publicitywirkung bemenschter Raumfahrt: Der Punkt ist natürlich besonders subjektiv. Aber ich habe den Eindruck, dass Missionen wie Couriosity, Rosetta oder Philae deutlich mehr Publicity bekommen, als der reguläre ISS-Betrieb, der wenig präsent ist.

Bemenschte Missionen haben schließlich noch einen weiteren Nachteil: Einen Menschen an eine bestimmte Stelle im All zu bringen, braucht einen gewissen Mindestaufwand. Derartige Missionen sind daher nie "klein" und sind bei Kostenüberschreitungen nur im Vergleich schwieriger zu verkleinern, haben also eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, zum Milliardengrab zu werden. Das Explorationsprogramm der Bushregierung ist das beste Beispiel. Ob der aktuelle Anlauf funktioniert, wird sich zeigen.

[1] Es gibt auch Überlegungen für Missionen ohne Rückkehr-an den grundlegenden Problemen ändert das aber nichts.

@McPhönix:
"Eben - siehe Mole-Desaster.
Ein Mensch hätte (vereinfacht gesehen) in einer Stunde mit einer Eisenstange und einem Hammer gefunden :"
Das ist ein perfektes Beispiel dafür, wie auf den Nutzen von Menschen vor Ort geschaut wird, während die Alternativen ausgeblendet werden: Für den Aufwand, mit dem ein Mensch an dieselbe Stelle gebracht werden könnte, um das Experiment zu reparieren oder selbst durchzuführen, könnte eine ganze Armada an korrigierten Sonden geschickt werden, die dann auch noch Daten von verschiedenen Stellen sammeln kann.

@FlyRider:
"Für mich persönlich ist es sonnenklar, dass wir Menschen in's All wollen. Für die reine Forschung im Sonnensystem würde ich Roboter nehmen. Somit ist auch dieser Vergleich bemannt vs. unbemannt aus meiner Sicht sinnlos. Das eigentliche Problem ist ja, dass Raumfahrt immer noch so wahnsinnig teuer ist und man Budgets immer irgendwie aufteilen muss. Wäre Raumfahrt heute so günstig wie Luftfahrt, hätten wir die Diskussion gar nicht."
In der Regel läuft die Argumentation für bemenschte Raumfahrt über Wissenschaft-auf den Nutzen derselben können sich meist aller einigen. Mir geht es vor allem darum, wie man am effizientesten zu der Wissenschaft gelangen kann. Für mich sind neben der technischen Faszination von Raumfahrzeugen die Forschungsergebnisse interessant: Messdaten von Himmelskörpern, Materialforschung im All, Weltraumteleskopaufnahmen, Überprüfung astronomischer und physikalischer Theorien etc. Wie man zu ihnen gelangt, ob mit Mensch vor Ort oder ohne, spielt dabei keine Rolle-es geht nur um den günstigsten Weg zu den Erkenntnissen.
Du scheinst bemenschte Raumfahrt eher (oder darüber hinaus) als Ziel an sich anzusehen: "wenn der "Mensch im Weltraum" als Ziel akzeptiert wird."
Aus welchen Gründen?


Offline FlyRider

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #203 am: 06. Januar 2020, 21:14:47 »
Du scheinst bemenschte Raumfahrt eher (oder darüber hinaus) als Ziel an sich anzusehen: "wenn der "Mensch im Weltraum" als Ziel akzeptiert wird."
Aus welchen Gründen?

Ich sehe es als eine unserer herausragenden Fähigkeiten an, immer hinter den nächsten Horizont blicken zu wollen. Vermutlich gab es schon zu der Zeit, als die ersten von Bäumen runter wollten, welche, die sich gefragt haben wozu das gut sein soll. Wir sind eine Spezies von Entdeckern, oft hat sich erst viel später herausgestellt, dass das auch einen Nutzen hat.

Nun kann man natürlich argumentieren, dass auch Maschinen Entdecker sein können, sind sie auch. Aber dann fehlt die persönliche Erfahrung. Wir fahren ja auch in den Urlaub, obwohl es im WWW Fotos und Videos zu praktisch jedem Urlaubsziel gibt. Aktuell können nur die Allerwenigsten in den Genuss der persönlichen Erfahrung im Weltraum kommen, aber irgendwann werden wir im großen Stil im Weltraum aktiv sein und heute passieren die ersten Schritte dazu. Otto Lilienthal konnte auch nur alleine ein paar Meter fliegen, heute können wir uns eine Welt ohne Flugzeuge nur schwer vorstellen.

McPhönix

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #204 am: 06. Januar 2020, 23:18:13 »
Zitat von: EwaldVonKleist
Das ist ein perfektes Beispiel dafür, wie auf den Nutzen von Menschen vor Ort geschaut wird, während die Alternativen ausgeblendet werden:
Siehst, da hast ein gutes Beispiel geliefert für "zweckdienliches" Aus-dem-Kontext-reißen.
Ich schrieb ja in meinen Beispiel, daß der Mensch bei einer Mission mehrere Aufgaben ausführen kann.
Also genau NICHT : Hinfliegen , Mole reparieren , zurück. 
Was Du aussagen willst, weil Du "...während er andere Arbeiten macht" wegläßt.

Eine "bemenschte" Mission wird sich unterscheiden von einer unbemannten. Nämlich exakt dadurch, daß eine Fülle von Arbeiten durchgeführt werden kann. Mit der Basis als Rückzugs- und Ruheort. Und auch als Reparatur- und Lagerort.
Nebenbei ergibt sich die Möglichkeit, Prioritäten neu zu setzen oder Arbeiten anders auszuführen als geplant. Das kann ein Rover schon mal garnicht. Tolle Sache entdeckt unterwegs ? Aber zwei Meter zu hoch ? Ja äh hmm nicht ausgerüstet dafür.

Der Mensch muß schlafen ist ja wohl ein ausgesprochen merkwürdiges Gegenargument. Ich darf an Staubstürme und Konjunktion erinnern, wo auch für Rover rien de va plus angesagt ist. Während der Mensch in der Basis eben genug andere Arbeit findet.

Leute es ist doch lächerlich, nur in "entweder oder" zu denken. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile. Deren Auswahl fast ausschließlich nur bei der Finanzierung liegt. Zur Zeit, wo Geld und Ressourcen weltweit für Zwecke verschleudert werden, die dem Menschen an sich nicht zum Vorteil gereichen, ist das besonders deutlich. Da haben halt die Kaufleute das Sagen.

Logisch wird man z.Z. noch viele Dinge "weiter draußen" mit Rovern machen müssen. Aber laß uns mal 100 Jahre weiter sein (falls die Erde noch existiert) da könnte es doch sein, daß man in einer Basis auf Titan um den Tisch sitzt und sagt "Naja müssen wir halt erstmal eine Sonde und ein paar Rover zu UB313 schicken. Mit 120 kg Schub bei 4% lightspeed kriegen wir die 30 tonnen halt vorläufig nicht besser hin." Und da gibts dann wieder Leute, die auf eine bemannte Expedition drängen.





Offline Steffen

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #205 am: 07. Januar 2020, 02:25:53 »
...
Der Mensch muß schlafen ist ja wohl ein ausgesprochen merkwürdiges Gegenargument. Ich darf an Staubstürme und Konjunktion erinnern, wo auch für Rover rien de va plus angesagt ist. Während der Mensch in der Basis eben genug andere Arbeit findet.
...

Curiosity z.B. ist nur ca. 6 Stunden pro Sol "wach" und "schläft" (läd die Batterien) die restliche Zeit. Grund dafür ist die Energieversorgung. Das MMRTG lieferte bei Ankunft auf dem Mars zwischen zwischen 109 und 119 Watt über den Sol verteilt (die Leistung sinkt seit dem kontinuierlich). Curiosity braucht beim "Schlafen" immer noch zwischen 45 und 70 Watt für die eigene "Gesundheit". Im Wachzustand liegt der Verbrauch bei mindestens 150 Watt, fürs Fahren werden bis zu 500 Watt benötigt. Der eigentliche Betrieb des Rovers kann daher nur über die Batterien erfolgen.
Besonders Effizient klingt das nicht, eine menschliche Crew wäre viel aktiver und flexibler. Der Vorteil des Rovers liegt eher in seiner Durchhaltefähigkeit über viele Jahre mit den vorhandenen Ressourcen. Die Arbeit des Rovers wird aber auch durch Defekte beeinträchtigt, die vor Ort nicht behebbar sind.

viele Grüße
Steffen

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Offline Therodon

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #206 am: 07. Januar 2020, 07:48:45 »
So wirklich gibt es das entweder/oder ja nicht.

unbemannte Raumfahrt wird niemals expansionsartig sein, außer man rechnet mit Roboter Kolonien. Somit bleibt es immer nur eine "Erde->Mission" Sache. Man mag mit steigender Technik weiter voran kommen, wirklich neue Schritte sind das aber nicht. Vielleicht könnte man es eher als eine rein wissenschaftliche Schiene betrachten.

Bei der bemannten Raumfahrt geht es ja nur teils um Wissenschaft. Klar kann ein Mensch noch Dinge, die keine Maschine momentan kann, aber grundlegend ist bemannte Raumfahrt immer auch den Drang nach Expansion geschuldet. Menschen im Weltraum zu haben/Menschen auf fremden Himmelskörpern zu haben/Dinge auf fremden Himmelskörpern zu erschaffen/Vielleicht dann von diesen aus wiederum Expansion zu betreiben. Einer der Urinstinkte der Menschheit ist nun einmal die Erschließung neuem Territoriums.

Von da aus wird die bemannte Raumfahrt immer favorisiert werden wenn es ein entweder/oder wäre. Der Vorteil des unbemannten ist da eher die Machbarkeit. Man kann eben vieles nicht bemannt. Entweder weil man keine Möglichkeiten hat oder weil es nicht finanzierbar ist.

Vielleicht vervollständigen sich ja beide auch irgendwie. Wäre doch irgendwie lustig wenn ein Mensch bei einer der ersten bemannten Mars Missionen einen der alten Rover ausbuddelt und repariert.

McPhönix

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #207 am: 07. Januar 2020, 11:50:34 »
Zitat
Wäre doch irgendwie lustig wenn ein Mensch bei einer der ersten bemannten Mars Missionen einen der alten Rover ausbuddelt und repariert.
Sobald die Ressourcen und die Zeit in einer Expedition das nur irgendwie zulassen, wird man das tun, denke ich. Einmal um zu zeigen "Seht her, solche Sachen sind möglich auch in anderen bzw. Notfällen"
Und ebenso, um zu einfach zeigen "Wir können uns erlauben, auch Dinge aus Spaß zu machen".
Der letzte Aspekt ist dabei nicht zu unterschätzen in seiner Ausstrahlungskraft !
Und natürlich wird es da Gegner geben, die um die Reputation und das Geld der hehren Raumfahrt fürchten....

Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #208 am: 07. Januar 2020, 14:48:35 »
@McPhönix:
"Eine "bemenschte" Mission wird sich unterscheiden von einer unbemannten. Nämlich exakt dadurch, daß eine Fülle von Arbeiten durchgeführt werden kann. Mit der Basis als Rückzugs- und Ruheort. Und auch als Reparatur- und Lagerort.
Nebenbei ergibt sich die Möglichkeit, Prioritäten neu zu setzen oder Arbeiten anders auszuführen als geplant. Das kann ein Rover schon mal garnicht. Tolle Sache entdeckt unterwegs ? Aber zwei Meter zu hoch ? Ja äh hmm nicht ausgerüstet dafür."

Der Mensch ist flexibler als eine Maschine, keine Frage. Daher schickt man auch eine ganze Anzahl an Maschinen, die die Aufgaben erledigen. Tolle Sache unterwegs entdeckt, aber zwei Meter zu hoch? Die nächste Sondengeneration kann das. Interessante Probe entdeckt, aber das Untersuchungsgerät passt nicht (was auch AstronautInnen kaum beheben könnten)? Nächte Generation hat es.
Und selbst nach einigen aufeinanderfolgenden oder parallel startenden Sondengenerationen hat man immer noch nicht das Kostenniveau der bemenschten Raumfahrt errreicht.

Ich denke, es wird oft unterschätzt, wie enorm teuer die bemenschte Raumfahrt ist, und wie häufig sie zu Lasten von Forschungssatelliten/automatischen Raumlabors/Raumsonden geht: Hier haben wir mal die NASA-Budgetanfrage für 2020:

Mehr als die Hälfte des Budgets wird für die bemenschte Raumfahrt verwendet (man kann sich auch vergangene Jahre ansehen-die Aussage bleibt die Gleiche). Wenn in 2023/2024 Exploration richtig losgehen soll, dann sieht man wie das Science-Budget sinkt.
Link: https://www.nasa.gov/sites/default/files/atoms/files/fy2020_summary_budget_brief.pdf

"Leute es ist doch lächerlich, nur in "entweder oder" zu denken."
Ich habe kein ideologisches Problem mit bemenschter Raumfahrt. Mir geht es nur darum, dass sie für den Wissenschaftszweck, mit dem sie häufig gerechtfertigt wird, ein unnötig aufwendiges Werkzeug ist.

Allgemein:
Ich denke, die Argumente werden in Zukunft eher noch verstärkt für unbemenscht sprechen. Von technischen Fortschritten profitieren unbemenschte Sonden deutlich mehr als bemenschte. Der Mensch wird schon aus der Wirtschaft in immer mehr Bereichen von der Maschine geschlagen. Dieser Trend wird sich auch in den Weltraum fortsetzen.


Bzgl. Expansion, Weltraumsiedlungen etc.:
Mir geht es im Grunde um die Frage "Sollte im Moment, von kleineren Machbarkeitsstudien und Grundlagenforschung abgesehen, Geld in bemenschte Missionen zur LEO-Forschung, Mondexploration und Marsexploration fließen, oder sollte diese Ziele unbemenscht erreicht werden". Das ist relativ praktisch/konkret, während es bei "Expansion" mehr um eine Vision menschlicher Ausbreitung geht. Das soll natürlich niemanden davon abhalten, das mit ins Spiel zu bringen-es ist aber sinnvoll, da zu unterscheiden.

Die Vision teile ich mit einigen Einschränkungen. Die aktuelle bemenschte Raumfahrt hat mit dieser Vision jedoch wenig zu tun und bringt uns dem nicht wirklich näher. Für Expansion gilt "go big (really big!) or go home", und der Zeit ist für den "go big"-Absprung noch nicht reif.

Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #209 am: 08. Juli 2020, 08:30:55 »
Bemannte Raumfahrt hat kaum einen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen.
Sie dient eher der PR bzw. zeigt dass man etwas kann was der andere nicht kann.
Nüchtern betrachtet könnte man mit einem einfachen Rover wesentlich mehr auf dem Mond erreichen als mit dem ganzen Apolloprogramm.
Und die ISS bringt so wenig, dass die USA und Russland ihre Forschungskapazitäten dort nicht ausnutzen.

Wenn mann also wieder Menschen auf dem Mond haben will, dann geht das nur über ein Wettrennen nzw Messen der Leistungsfähigkeit der konkurierenden Staaten. Rusland muss zeigen, das es neben den USA und China in Zukunft überhaupt noch eine Rolle spielt.

Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #210 am: 08. Juli 2020, 09:23:07 »
Bemannte Raumfahrt hat kaum einen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen.
Sie dient eher der PR bzw. zeigt dass man etwas kann was der andere nicht kann.
Nüchtern betrachtet könnte man mit einem einfachen Rover wesentlich mehr auf dem Mond erreichen als mit dem ganzen Apolloprogramm.
Und die ISS bringt so wenig, dass die USA und Russland ihre Forschungskapazitäten dort nicht ausnutzen.

Wenn mann also wieder Menschen auf dem Mond haben will, dann geht das nur über ein Wettrennen nzw Messen der Leistungsfähigkeit der konkurierenden Staaten. Rusland muss zeigen, das es neben den USA und China in Zukunft überhaupt noch eine Rolle spielt.

Bevor wir uns weiter vom Thema entfernen, sollte die
Diskussion lieber da fortgesetzt werden: https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3680.msg468535#msg468535

Sorry habe mich leider auch am Offtopic beteiligt, würde es begrüßen wenn ein Moderator hier aufräumen würde.
"Humanity should become a space faring civilization. If that is not the point of human space flight, what the hell are we doing?" Astrophysicist Christopher Chyba

McPhönix

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #211 am: 08. Juli 2020, 11:48:27 »
Zitat von: holleser
Nüchtern betrachtet könnte man mit einem einfachen Rover wesentlich mehr auf dem Mond erreichen als mit dem ganzen Apolloprogramm.

Wie "einfach" darf der Rover sein, um all das zu machen, was die 12 Astronauten dort machten ?  Bitte die Videos anschaun und die Handlungen, Reaktionen und Improvisationen auswerten. Und die vielen kleinen unbewußten "nebenbei" Tätigkeiten, um eine Aktion durchzuführen. Also nicht reduzieren auf die bloße (prestigeträchtige) Gesteinssammelei.

Wie "einfach" darf ein Rover sein, der, wenn er (in der Weiterentwicklung der Raumfahrt) größere länger dauernde Aktionen durchführen soll ? Wie könnte Curiosity in 5 Jahren selbst die zerfetzen Räder austauschen? Wie könnte der Lander InSight einfach mal den Maulwurf raus ziehen und es 10 Meter weiter nochmal neu versuchen ?

Wie ist das Umfeld solches Rovers ? Ich meine Ersatzteilreservoir, Ladestation, Reichweite ?
Wird er unendlich lange leben oder nach einer gewissen Lebensdauer als Schrott in der Gegend stehen ? Oder sind dann "Reparaturrover" zur Stelle, um die "Umweltverschandelung zu beseitigen ? Denn es macht wenig Sinn, einen Rover nach sagen wir mal 15 Jahren wieder hochzupäppeln. In der Zeit geht ja die technische Entwicklung weiter.

Ja, man kann die Raumfahrt so organisieren. Aber bis man soweit ist, um diese wahnsinnig komplexe und umfassende Roverei herzustellen, dauerts schon noch ein Weilchen.

Inzwischen wird man feststellen "Ja, hoppla, Menschen hinzuschicken käme uns ja mittlerweile billiger! Und wir wären auch für unvorhersehbare Dinge besser aufgestellt". 



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Online alepu

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #212 am: 08. Juli 2020, 14:33:59 »
Die ganze Diskussion geht doch an der Tatsache vorbei, daß der Mensch *bemenschte* (blödes Wort!) Raumfahrt betreibt, weil er sie betreiben muß, ganz einfach weil er eben Mensch ist.
Wir haben in Wirklichkeit gar nicht die freie Entscheidung bemenschte oder unbemenschte Raumfahrt zu betreiben. Es lag und liegt in der Natur der Menschheit hinaus zu gehen und weiter zu ziehen.
Zugegeben natürlich nicht in der Natur jedes einzelnen Menschen.  ;)
Es wird immer einen Wernher v. Braun oder Elon Musk, oder wie sie auch immer heissen mögen, geben, die alles dafür geben ihr bemenschtes Ziel im Weltraum zu erreichen.
Warum schicken wir denn keine Roboter in die Antarktis oder auf den Mt.Everest und bleiben schön brav zuhause und gucken uns dann die Videos an ?
Roboter würden Roboter schicken, Menschen schicken Menschen, sei es nun 'vernünftig' oder nicht.
Wir schicken Sonden und Rover und Roboter, weil wir noch keine Menschen schicken können, und eben nicht weil es billiger oder 'vernünftiger' ist.
Der grösste Teil der (zwangsläufig (noch) unbemenschten) Raumfahrt dient doch nur der Entwicklung einer bemenschten Raumfahrt.

McPhönix

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #213 am: 08. Juli 2020, 14:37:34 »
Zitat
Es lag und liegt in der Natur der Menschheit.
Zugegeben natürlich nicht in der Natur jedes einzelnen Menschen.

So isses !

Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #214 am: 08. Juli 2020, 15:37:46 »
Bemannte Raumfahrt hat kaum einen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen.
Sie dient eher der PR bzw. zeigt dass man etwas kann was der andere nicht kann.
Nüchtern betrachtet könnte man mit einem einfachen Rover wesentlich mehr auf dem Mond erreichen als mit dem ganzen Apolloprogramm.
Und die ISS bringt so wenig, dass die USA und Russland ihre Forschungskapazitäten dort nicht ausnutzen.

Wenn mann also wieder Menschen auf dem Mond haben will, dann geht das nur über ein Wettrennen nzw Messen der Leistungsfähigkeit der konkurierenden Staaten. Rusland muss zeigen, das es neben den USA und China in Zukunft überhaupt noch eine Rolle spielt.


Bemannte Raumfahrt und große Teile von Raumfahrt Missionen allgemein sind auch Grundlagenforschung. Bei Grundlagenforschung kann Niemand seriös wissen wann und wie viel wirtschaftlichen Nutzen sie bringen werden.

Ja die ISS wird nicht optimal genutzt dafür gibt es viele Gründe aber auf der ISS wird auch Grundlagenforschung betrieben, diese ist so mal eben nicht nur von Maschinen zu betrieben.

Der vergleiche hingt zwar aber vergleiche mal Apollo 17 selbst mit dem neuesten Rovern. Bei Apollo 17 wurden ca. 35 km zurückgelegt und es wahr zum ersten mal ein Wissenschaftler dabei, was zum größten Wissensgewinne der Apollo Missionen führte.


Es ist zwar eine Frage des Kontext aber die Natur der Frage von bemannt vs. unbemannt hat mich schon immer irritiert. Es gibt soviel unnötige und auch kontraproduktive Ausgaben in modernen Gesellschaften, dass wenn gerade zwei positive und inspirierende gegen einander gestellt werden ist es ekelhaft. Wenn doch sich beide wunderbar ergänzen und weiterhin ergänzen lassen. Die Maschine ist das Werkzeug, der verlängerte Arm des Menschen und noch lange nicht sein Ersatz.
Ich möchte bei der Gelegenheit auf meine Signatur verweisen.
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Offline FlyRider

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #215 am: 08. Juli 2020, 16:27:27 »
Es ist zwar eine Frage des Kontext aber die Natur der Frage von bemannt vs. unbemannt hat mich schon immer irritiert. Es gibt soviel unnötige und auch kontraproduktive Ausgaben in modernen Gesellschaften, dass wenn gerade zwei positive und inspirierende gegen einander gestellt werden ist es ekelhaft. Wenn doch sich beide wunderbar ergänzen und weiterhin ergänzen lassen. Die Maschine ist das Werkzeug, der verlängerte Arm des Menschen und noch lange nicht sein Ersatz.
Ich möchte bei der Gelegenheit auf meine Signatur verweisen.

Kann ich zu 100% unterschreiben.

Die ganze Trennung macht für mich auch wenig Sinn. Es gibt Bereichen, die können wir Menschen noch nicht erreichen, alles jenseits des Mars ist aktuell nicht machbar. Also Roboter.

Dort wo Menschen hinkommen können (demnächst hoffentlich wieder zum Mond, später zum Mars) werden sich Menschen und Maschinen ergänzen. Womöglich ist die Raumfahrt einer der Bereiche, wo wir sehr gut die Interaktion Mensch <-> Maschine lernen können. Ich denke nicht, dass auf einer permanenten Mondstation Menschen eishaltiges Gestein aus dem Boden holen - das werden Roboter machen. Auch den Aufbau der Infrastruktur wird man soweit wie möglich maschinell machen.

Der Mensch ist da, um zu lernen, zu forschen und nicht zuletzt: um es uns auf der Erde erzählen zu können, um uns zu inspirieren.
 

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Offline Rücksturz

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #216 am: 12. Juli 2020, 18:44:17 »
Bemannte Raumfahrt hat kaum einen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen.
Sie dient eher der PR bzw. zeigt dass man etwas kann was der andere nicht kann.
Nüchtern betrachtet könnte man mit einem einfachen Rover wesentlich mehr auf dem Mond erreichen als mit dem ganzen Apolloprogramm.
Und die ISS bringt so wenig, dass die USA und Russland ihre Forschungskapazitäten dort nicht ausnutzen.

Wenn mann also wieder Menschen auf dem Mond haben will, dann geht das nur über ein Wettrennen nzw Messen der Leistungsfähigkeit der konkurierenden Staaten. Rusland muss zeigen, das es neben den USA und China in Zukunft überhaupt noch eine Rolle spielt.

Sorry dass ich das nochmal vorhole.
Ich danke ausdrücklich meinen Vorschreibern für die klare (und begründete) Positionierung der ich mich voll und
ganz anschließe.
Auch wenn schon viel richtiges auf diese Behauptungen gepostet wurde (wenn auch noch nicht von jedem ;)) möchte ich trotzdem noch einmal darauf hinweisen, dass (ohne jemandem persönlich zu Nahe treten zu wollen) praktisch jeder Satz in dem zitierten Post eine unbewiesene Behauptung enthält und noch nicht mal der Versuch einer Begründung gegeben wird.
Wenn man nur minimal an der Oberfläche kratzt, stellt man fest, dass praktisch bei jeder Behauptung eigentlich das Gegenteil der Wahrheit entspricht.
Jeweils nur ein, zwei kleine Beispiele, es gibt viel mehr.

Zitat
Bemannte Raumfahrt hat kaum einen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Nutzen.
Auf der ISS werden Kristalle und andere Materialien gezüchtet und untersucht, die unter Schwerkraftbedingungen nicht herzustellen sind. (--> wissenschaftlicher Nutzen, später auch wirtschaftlicher).
Auf der ISS wurden und werden Knochenschwund und andere physiologische Veränderungen am Menschen untersucht, die bereits vielfach zu neuen Erkenntnissen geführt haben.
Aus diesen neuen Erkenntnissen wurden neue Behandlungsmethoden entwickelt, die auf der Erde bei vergleichbaren Krankheitsbildern eingesetzt werden. (--> erst wissenschaftlicher Nutzen, der längst auch einen wirtschaftlichen (für die Pharmafirmen und die Gesundheitswirtschaft ) und auch einen menschlichen (für die damit behandelten) als Folge erbracht haben).

Zitat
Sie dient eher der PR bzw. zeigt dass man etwas kann was der andere nicht kann.
Tue Gutes und sprich darüber!
Wieso soll man viel Geld investieren (nicht ausgeben) und dann sein Licht unter den Scheffel stellen?
Da geht es meiner Meinung nach noch gar nicht darum herauszustellen, dass man besser als andere sei, sondern welchen Sinn hat es als Staat oder Firma etwas sinnvolles zu tun und es dann zu verheimlichen?

Zitat
Nüchtern betrachtet könnte man mit einem einfachen Rover wesentlich mehr auf dem Mond erreichen als mit dem ganzen Apolloprogramm.
Bei diesem Satz verschlägt es mir (fast) die Sprache. (keine Angst wird nicht passieren  ;D )
Richtig ist, dass "pro Stück" ein Rover / eine Rover-Mission vielleicht "billiger" zu haben ist als "ein Stück" bemenschte Mission.
Aber mal ganz ernsthaft gefragt, wie hätten auch die hochentwickelte USA, in den 1960er-Jahren auch nur annährungsweise auch nur etwas halbwegs vergleichbares wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Apollo-Missionen erreichen sollen?
Gerade weil die Wissenschaft nur ein notdürftig angeheftetes Feigenblatt für den durch den Kalten Krieg befeuerten Wettlauf zum Mond war, sind die Erkenntnisse, die man quasi im Vorbeigehen gemacht hat epochal.
Ich verweise nur darauf, das wir heute eine recht klare Vorstellung davon haben, wie Erde und Mond entstanden sind.
Dafür kann man sich zwar "nichts kaufen" aber ohne bemenschte Mondlandung hätten wir dafür wahrscheinlich viel länger gebraucht.
Apollo 17 wurde schon erwähnt, ich möchte aber darauf hinweisen, dass Harrison Schmidt als ausgebildeter Geologe keine Mühe hatte die einzige Stelle zu erkennen, die vom restlichen grauen Einerlei abgewichen ist.
Nur so konnte das vulkanische Material im sonstigen Regolith gefunden werden.
Heute könnte man vielleicht eine KI mit Mustererkennung programmieren, die das auch könnte.
Allerdings ob man die schon "so klein bauen" könnte, dass sie in einen Rover der Mars 2020-Klasse passen würde, möchte ich stark bezweifeln.
Klar könnte man sagen man nimmt das Geld und steckt es in unbemenschte statt in bemenschte, aber wenn man wirklich vergleichbare Ergebnisse erzielen möchte, wird man bald feststellen, dass Maschinen (alleine) letztlich teurer kommen (oder eher einfach nicht gebaut werden).

Zitat
Und die ISS bringt so wenig, dass die USA und Russland ihre Forschungskapazitäten dort nicht ausnutzen.
Jetzt wirklich ganz kurz gefasst ( ;) ), das genaue Gegenteil ist richtig.
Die USA haben in den letzten (10 ?) Jahren zwei Raumkapseln entwickeln lassen, um u.a. die normale Besatzungsstärke von 6 auf 7 Raumfahrern erhöhen zu können, um noch deutlich mehr Wissenschaft auf der ISS machen zu können.
Richtig ist, dass eine bestimmte Arbeitszeit einfach für Aufbau, Instandhaltung und Betrieb der ISS gebraucht werden.
Die Kapazität für mehr Forschung ist da und mit der zusätzlichen Arbeitskraft soll diese auch genutzt werden.
Bei den Russen ist es ähnlich, wenn auch andersherum.
Sie hätten noch Personalkapazität frei, es fehlen aber die Laborkapazitäten, weil sie es bis heute nicht geschafft haben Nauka zu starten und anzudocken.
Damit werden dann die Forschungsmöglichkeiten auf dem russichen Teil der ISS deutlich erweitert.

Zitat
Wenn mann also wieder Menschen auf dem Mond haben will, dann geht das nur über ein Wettrennen nzw Messen der Leistungsfähigkeit der konkurierenden Staaten.
Nö, das geht, wenn entweder viele zusammenarbeiten weil sie es wollen oder weil einige sich einen (wirtschafltichen) Vorteil erhoffen.
Und ich bin überzeugt, dass wir gerade beides beobachten können (OK man muss es auch sehen wollen).

Zitat
Rusland muss zeigen, das es neben den USA und China in Zukunft überhaupt noch eine Rolle spielt.
Selbst wenn es stimmt, was ist falsch oder schlecht daran? (siehe noch mal: "Tue gutes und sprich darüber").

Sorry wenn ich euch mit meinen Auslassungen langweile, aber ich betrachte Raumfahrt und Astronomie irgendwie als mein Hobby und weigere mich, mir das schlechtreden zu lassen.
(Irgendwie traurig, dass ich das in einem Forum von und für Raumfahrtbegeisterte überhaupt schreiben muss.)

Viele Grüße
Rücksturz
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Offline proton01

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #217 am: 13. Juli 2020, 01:03:45 »
Nüchtern betrachtet könnte man mit einem einfachen Rover wesentlich mehr auf dem Mond erreichen als mit dem ganzen Apolloprogramm.

Nun ja, wenn man das behaupten will, dann müsste man zeigen daß die Ergebnisse der 6 Apollo Mondlandungen von den Ergebniossen der automatischen Luna-Sonden, das waren 2 Lunokhod-Rover Luna-17 & 21, sowie drei Proben-Rückführungen Luna 16, 20 & 24 (nebst vieler Fehlschläge), in den Schatten gestellt werden.

Nur mal zum Vergleich:

Mondgestein zur Erde: 
  • Apollo:  21,55 kg; 34,35 kg, 42,28 kg, 77.31 kg, 95,71 kg, 110,52 kg = 381,72 kg;
  • Luna 16, 20, 24:  101 g + 55 g + 170 g = 0,326 kg
Bei Apollo wurden (zumindest ab dem zweiten Flug) die Gesteinsproben nach wissenschaftlichen Kriterien eingesammelt um eine Vielzahl der unterschiedlichen Beschaffenheiten zu bekommen: die automatischen Sonden konnten überhaupt keine Auswahl treffen; es wurde genau das eingesammelt was sich zufällig unter dem Bohrkopf befand.
Die Apollo-Proben werden noch heute untersucht, Es läuft ein Programm bei der NASA die Proben mit heutigen Techniken im Detail zu untersichen, was vor 50 Jahren nicht möglich gewesen ist. Über Ergebnisse aus den russischen Proben wurde schon seit Jahrzehnten nichts mehr berichtet.

Fahrstrecke der Rover:
  • Apollo 15-17: 28,0 km, 26.9 km,  35.7 km  =  90,6 km
  • Luna 17 & 21:  10,54 km, 36,36 km = 46,9 km


Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #218 am: 13. Juli 2020, 09:20:50 »
Zum wissenschaftlichen Nutzen der ISS

Soweit mir bekannt haben die USA einen großen Teil ihrer Racks auf der ISS an die Europäer weitergegeben, weil sie einfach keinen Bedarf mehr haben. Die Russen haben ihre Crew schon mehrmals reduziert aus änlichen gründen.
Ich sehe die ISS alsSelbstzweck. Der wissenschaftliche und erst recht wirtschaftliche Nutzen ist gering und nicht bezifferbar.


Aus meiner Sicht sollte man die Forschung dort größtenteils auf Vorbereitung einer Langzeit Mond oder Marsmission umstellen.

- Forschung an Algengeneratoren um den organischen Abfall zu recyceln und den Bedarf an Sauerstoff und Nahrung zu minimieren.
- Zentrifugenmodul um bereits jetzt an den Kinderkrankheiten der neuen Technik zu Arbeiten um spätere Verzögerungen zu umgehen.
- Bahnerhalt mit Ionentriebwerken
- Montage von größeren Strukturen mit Robotern oder Manipulatoren ohne EVA z.B. große Photovoltailarrays für die Ionentriebwerke.
- Unbegrenzt erweiterbare Modulstruktur
- Ersatz für Sarla u. Swesta, die nur geringfügig veränderte TKS Raumschiffe sind die zur Apollozeit entwickelt wurden.

Die Entwicklung der privaten Fracht u. Personenkapseln hat man nicht gemacht um die Kapazität zu erhöhen.
Das Spaceshuttle hatte mehr Fracht und Crewkapazität als die Kapseln.
Die Kosten des Shuttles wären beim Weiterbetrieb mit 1 bis 2 Starts pro Jahr billiger gewesen wie die ganzen Kapseln inkl. Nebenkosten zusammengenommen.

Ein Großteil der aktuellen Forschung hätte man auch mit unbemannten Forschungssats. starten können.


 

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Online alepu

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #219 am: 13. Juli 2020, 10:05:09 »
Also entweder bist du total falsch informiert, oder du hast einfach keine Ahnung.
Rücksturz u. Co hat doch freundlicherweise versucht dich zu informieren, aber offensichtlich war es vergebliche Liebesmühe.
Da ich nicht das selbe Schicksal erleiden möchte, erspare ich mir alles weitere.

Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #220 am: 13. Juli 2020, 10:12:29 »
Na wenn du so gut informiert bist und Ahnung hast, zähl mal 3 wichtige wissenschaftliche Ergebnisse der ISS auf die nicht auf einem unbemannten Sat für einen Bruchteil der Kosten gemacht werden können.

Kristallforschung wäre z.B auf einem Sat besser aufgehoben, da es auf der ISS durch die Bewegungen der Menschen und Beschleunigungen zum Ausweichen von Trümmern Störungen in der Mikogravitation
Medizinische Forschung bitte auslassen da Kategorie Selbstzweck. Wenn es etwas gibt was der erdgebundenen Medizin weiterhilft, dann hätte man das auch auf der erde erforschen können.

Ich gehe mal davon aus, dass du auch nach kurzem googlen  keins benennen wirst.

Und auch nach stundenlangem suchen wirst du kein wirtschaftlich verwertbares Ergebnisse finden.
Das händische Herauswerfen eines QubeSat aus der ISS durch einen Astronauten zählt nicht.

Offline trallala

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #221 am: 13. Juli 2020, 12:23:57 »
Warum ist medizinische Forschung Selbstzweck? Es geht ja nicht nur im "Wie kann der Mensch möglichst lange und gesund im Weltall leben", sondern auch um die "ganz normalen" Krankheiten auf der Erde, die sich in der Schwerelosigkeit teilweise signifikant anders verhalten und so neue Forschungsansätze ermöglichen. Konkrete Erfolge zu bewerten überlasse ich jetzt aber dem Fachpersonal, ich kann nicht sagen wie wichtig (und teuer) es ist, diese Dinge auf der Erde zu untersuchen. Pharmaforschung ist jetzt nicht das billigste ...

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Offline Nitro

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #222 am: 13. Juli 2020, 12:42:34 »
Und auch nach stundenlangem suchen wirst du kein wirtschaftlich verwertbares Ergebnisse finden.
Das händische Herauswerfen eines QubeSat aus der ISS durch einen Astronauten zählt nicht.

Nach 5 Minuten googeln:

Wasseraufbereitungssystem entwickelt fuer die ISS wird mittlerweile z.B. in Chiapas in Mexico eingesetzt um sauberes und sicheres Wasser fuer die dortige Bevoellkerung zu liefern:

https://www.nasa.gov/content/benefits-for-humanity-water-for-the-world

Basierend auf den Erfahrungen und der Technologie des Canadarm2 konnte der neuroArm entwickelt werden, welcher unter anderem schon lebensrettende Gehirnoperationen durchgefuehrt hat:

https://www.nasa.gov/content/benefits-for-humanity-changing-lives/

Eine Studie mit Knochenschwund an Maeusen auf der ISS hat massgeblich dazu beigetragen das Osteoporose Medikament Prolia zu entwickeln:

https://blogs.nasa.gov/ISS_Science_Blog/2013/10/22/top-space-station-research-results-countdown-nine-understanding-mechanisms-of-osteoporosis-and-new-drug-treatments/

Untersuchung von Salmonellen Bakterien auf der ISS haben zur Entwickelung eines neuen Impfstoffes gegen Salmonellenerkrankung beigetragen:

https://www.nasa.gov/mission_pages/station/research/benefits/vaccine_development.html

Ein weiterer Spin-Off des CanadArm ist IGAR, ein Roboterarm der zur Diagnose und Behandlung von Brustkrebs eingesetzt werden wird:

https://www.nasa.gov/mission_pages/station/research/news/15_ways_iss_benefits_earth

Ein Experiment, welches eigentlich dazu gedacht war das Wachstum von Pflanzen im All zu erforschen und Astronauten dazu zu trainieren, wie man diese am effizientesten in der Schwerelosigkeit anbauen kann, hat dazu gefuehrt, dass man ein neues Verstaendnis von der Entstehung von natuerlichem Ethylene in wachsenden Pflanzen erlangt hat. Ethylene foerdert den Faeulnisprozess und die Entstehung von Schimmel. Aus diesem Experiment wurden spaeter neue Luftfilter entwickelt, welche nun die Haltbarkeit von Gemuese und Fruechten in Supermaerkten verlaengern und der Schimmelbildung in Weinkellern entgegenwirken:

https://www.nasa.gov/mission_pages/station/research/news/ADVASC

Sicher kann man auch Pflanzen- und Tierversuche auf Satelliten fliegen, aber die taegliche Probenentnahme, Erstuntersuchung, individuelle Betreuung des Expirments, das funktioniert ohne Astronauten, welche von Wissenschaftlern auf der Erde unterstuetzt warden, einfach nicht.
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

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Online -eumel-

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #223 am: 14. Juli 2020, 01:53:40 »
Viele Experimente, die in der Schwerelosigkeit durchgeführt werden müssen, erfordern aufwändige Geräte und Instrumente,
die beim Start nochmal kräftig durchgeschüttelt werden.
Wer schonmal eine Inbetriebnahme von aufwändigen technischen Geräten miterlebt hat, weiß dass das nicht immer reibungslos abläuft.
Oft sind es Kleinigkeiten, an denen dann alles hängenbleibt.
Ist ein Mensch an Bord, kann er kurz eingreifen - eine reine Automatenmission könnte dann schon gescheitert sein.

Viele Experimente müssen zwischendurch umgebaut, gereinigt, kalibriert und neu bestückt werden.
Auch dabei treten oft unvorhersehbare Probleme auf, die ein Mensch schnell beheben kann.

Siehe zum Beispiel die Arbeiten am Lichtmikroskopiemodul im Fluids Integrated Rack:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3793.msg472046#msg472046

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Online -eumel-

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Re: Bemannte vs. unbemannte Raumfahrt
« Antwort #224 am: 14. Juli 2020, 02:03:36 »
Genauso verhält es sich mit dem Combustion Integrated Rack,
welches ständig gereinigt, gewartet, neu kalibriert, bestückt und oft auch repariert werden muss.
Probleme, die an diesen aufwändigen Geräten auftauchen, können nicht alle vorhergesehen werden.

https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3793.msg464090#msg464090