Europas Vision zur bemannten Raumfahrt

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knt

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #125 am: 20. Juli 2009, 11:37:23 »
Eine großartige Vision, die die Öffentlichkeit begeistert, ist also höchst wahrscheinlich etwas Einmaliges: "Wir fliegen bis 2030 zum Mars."
Das alleine reicht nicht. Wenn Merkel sich morgen hinstellt und sagt bist 20XX zum Mars wird sie ausgelacht. Wie Daniel schon sagt - man braucht auch einen überzeugenden Grund, erst mit beidem zusammen funktioniert das ganze.

Das in Frage kommende Projekt muss also einen starken Bezug zu uns auf der Erde haben.

Darum bin ich der Meinung das eine Diskusion darüber ob diese Vision in der unbemannten oder bemannten Raumfahrt zu finden ist schon on-topic. Ich bin der Meinung das eine unbemannte Vision einfacher zu finden, und genauso stark - wenn nicht gar stärker - sein kann.

Also was gibt es da drausen was es nur dort gibt und uns hier auf der Erde konkret weiter bringen würde? Kann man vielleicht durch meterologische Forschung auf Mars oder Venus etwas lernen?

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Offline Schillrich

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #126 am: 21. Juli 2009, 06:52:09 »
Vielleicht liegt ein Problem an mangelnder Begeisterung, "Visionarität" und an unserer heutigen Einstellung zur Technik.
Damals bis zu Apollo gab es einen konstanten und schnellen Fortschritt: eine Flugzeuggeneration kam nach der anderen, neue Autos, immer stärkere Elektrifizierung des Haushalts, usw.. Dadurch war man fasziniert und hat jeden Erstschritt, jede Neuerung, gewollt.

Wie nehmen die Menschen heute (technischen) Fortschritt war? Ich fürchte: fast gar nicht. "Das ist halt so ..." und man ist bequem geworden und hat sich an alles gewöhnt. Fortschritt findet im Verborgenen statt.
Ingenieur ist nach einigen Umfragen für viele Jugendliche ein unattraktiver (und unverstandener?) Beruf ... Das war zu von Brauns Zeiten anders ...
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tobi453

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #127 am: 21. Juli 2009, 07:46:06 »
Ingenieur ist nach einigen Umfragen für viele Jugendliche ein unattraktiver (und unverstandener?) Beruf ... Das war zu von Brauns Zeiten anders ...

Eine Erklärung dafür ist meiner Meinung, dass es heutzutage einfach keine Ingenieure mehr gibt, die in der Öffentlichkeit bekannt sind. Die berühmten Ingenieure sind alle tot und daher gibt es keine "Vorbilder" mehr an denen man sich orientieren könnte.

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Offline tomtom

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #128 am: 21. Juli 2009, 10:09:47 »
Eine europäische Vision könnte für mich z.B. lediglich darin bestehen, auf dieses nationale Flaggen-Mosaik zu verzichten und die Euro-Fahne zu verwenden. (Schließlich muß ich das an meinem KFZ-Schild schon lange so machen.). Das erfordert natürlich politischen Willen und irgendwelcher Dinge, wo man diese Euro-Fahne auch präsentieren kann. (wie gesagt, Galileo halte ich da eigentlich für ziemlich ungeeignet). Ein Raumschiff wäre da schon was anderes. ;)
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

GG

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #129 am: 21. Juli 2009, 11:58:24 »
Wie nehmen die Menschen heute (technischen) Fortschritt wahr? Ich fürchte: fast gar nicht.

Es ist ja auch viel wichtiger über die neueste Freundin von Scheinprominenten zu berichten. Auch sind die Maßstäbe vollkommen verloren gegangen. Und die Medien ... Daran werden wir aber kaum etwas ändern können.

Visionen haben heute kaum eine Chance, die breite Öffentlichkeit zu erreichen, obwohl sie über das Internet für jeden erreichbar wären.

So wird jeder technische Fortschritt einzeln propagiert und als Supersensation verkauft. Dagegen stumpft man ab, obwohl von manchen Innovationen unser Leben deutlich verändert wird. Ich blicke immer mal wieder um 20 oder 30 Jahre zurück. Wie war es früher? Und dann sieht man die wichtigsten Fortschritte sehr deutlich.

Achja ... seufz.  ;)

Degi

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #130 am: 21. Juli 2009, 12:23:53 »
Achja ... seufz.  ;)
Hallo GG,

ich auch "seufz"!

Ich bin oft unglücklich, daß ich schon so alt bin.

Ich bin aber auch oft glücklich, daß ich schon so alt bin:

Sonst hätte ich nicht diese unglaubliche Technikeuphorie der 1960er-Jahre voll mitgekriegt:

Eine wunderbare Zeit damals!!!

Degi ;D

knt

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #131 am: 21. Juli 2009, 17:04:52 »
Wir sind genau da wo uns die Technikeuphorie der 1960er hingebracht hat: Für jedes Bedürfniss gibt es eine technische Prothese, ja es wurden sogar neue Bedürfnisse erfunden um noch mehr Technik zu verkaufen.

Die Menschen beginnen auch zu realisieren das es ein zu viel an Technik geben kann, das Technik Nachteile haben kann und das man eine Balance zwischen Ihr und dem Natürlichem finden muss.

Ja, die Wahrnehmung von Fortschritt und Technologie hat sich sehr gewandelt. Das spielt sicher eine Rolle.

knt

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Offline Schillrich

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #133 am: 21. Juli 2009, 21:00:03 »
Könnte Europa die unbemannte Exploration mit einem Quantensprung (witzig: eigentlich ist das die kleinstmögliche Änderung/Entwicklung ;)) voran bringen?

Ziel sollte dann aber nicht Evolution der Sondengeneration 10.0 auf 10.1 für den Mars sein, sondern wirklich große Ideen für autonome Labore, mit Exkursionsrobotern, langen Betriebszeiten, Zugang zu schwierigen Regionen, Vordringen in noch unbekannte Regionen des Sonnensystems ...
Die konzipierten NASA-ESA-Missionen TSSM und EJSM zu Saturn und Jupiter weißen die Richtung. Die sollen nochmal viel mehr können/machen als bspw. CASSINE-HUYGENS konnte.
Auch mit komplexen Robotikmissionen wird man nur Stichproben bekommen, aber ein Mensch könnte letztendlich auch nicht mehr, da er durch die verfügbare/transportiertbare/betreibbare Technik (extra für ihn) ebenfalls vor Ort eingeschränkt wäre.

Aber könnte so etwas visionär begeistern? Mich auf jeden Fall ... aber darum geht es ja nicht ;).
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tobi453

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #134 am: 21. Juli 2009, 21:29:13 »
Eine Cassini ähnliche Sonde zu Uranus oder Neptun. Das wäre wirkliches Neuland mit vielen neuen wissenschaflichen Erkenntnissen aber da will ja so gut wie keiner hin.

Kreuzberga

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #135 am: 21. Juli 2009, 23:13:12 »
Könnte Europa die unbemannte Exploration mit einem Quantensprung (witzig: eigentlich ist das die kleinstmögliche Änderung/Entwicklung ;)) voran bringen?

Klar gibt es im Sonnensystem massenhaft spannende Ziele und Forschungsfragen für unbemannte Missionen. Europa ist in der Hinsicht ja auch echt nicht schlecht. Die Frage ist: Was würde denn als Quantensprung oder auch Giant Leap ;) in der unbemannten Raumfahrt qualifizieren?

Viele große Schritte die mir einfallen würden, erfordern arg viel technologische Entwicklungsarbeit, was natürlich auch teuer ist. Die Kostenfrage setzt auch der Größe und Komplexität der unbemannten Missionen zu (wie wir gerade bei ExoMars oder MSL beobachten können). Aber gut, darüber könnte man reden...
Auch böte es sich an, bei sehr teuren und komplexen Missionen das Startrisiko zu senken, indem man die Instrumente auf mehrere Sonden oder Vehikel verteilt (wie TSSM und EJSM).

Ein naheliegender Quantensprung wäre die Mars Sample Return-Mission, die anscheinend als antreibende Vision nicht wirklich geeignet ist, da sie von ESA und NASA seit Jahren immer weiter in die Zukunft geschoben wird - und das obwohl diese Mission noch eine zusätzliche Rechtfertigung durch zukünftige bemannte Marsmissionen erhält. Schließlich wird eine MSR-Mission gerne als notwendiger Schritt auf dem Weg zum bemannten Marsflug dargestellt.

Eine andere spannende Sache wäre, ein atmosphärisches Vehikel für die Venus zu bauen, das sich mehrere Monate oder gar länger in der Venusatmosphäre aufhalten könnte.

Unbemannt und ein echter Quantensprung wäre für mich auch LISA. Leider wird auch diese Mission seit Jahren immer weiter verschoben.

Wie wäre es mit einem Titanrover? Oder einem Europa-Lander, der durch das Eis graben könnte, um im unterirdischen Ozean zu tauchen? Ich würde schätzen, beides würde rund 10 Milliarden kosten und min. 10 Jahre Entwicklungszeit benötigen.

Wirklich visionär wäre natürlich die unbemannte Mission zu einem unserer Nachbarsterne - möglichst mit Planetensystem, versteht sich. Entwicklungszeit und -kosten: Unabschätzbar.

Aber die Suche nach erdähnlichen, extrasolaren Planeten bietet meiner Einschätzung nach das im Moment größte visionäre Potential, was die unbemannte Raumfahrt angeht. Die ESA könnte doch als Ziel ausgeben, bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts mindestens einen mit großer Wahrscheinlichkeit belebten Planeten in unserer interstellaren Nachbarschaft entdeckt zu haben. Oder zumindest, dies mit ebenso großer Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen zu haben. Kostenpunkt: vielleicht auch so 10 Milliarden.

Cosmo

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #136 am: 22. Juli 2009, 00:01:12 »
Die Frage ist: Was würde denn als Quantensprung oder auch Giant Leap ;) in der unbemannten Raumfahrt qualifizieren?
ExoMars, MSR, LISA, etc sind sicher alles tolle wissenschaftliche und technologische Missionen, aber für mich weder ein Quantensprung noch ein Giant Leap.

Ein Quantensprung wäre meiner Meinung nach die dauerhafte Besiedlung unserer näheren Umgebung, damit meine ich Mond, Mars und die Asteroiden, und nicht unbedingt in dieser Reihenfolge.
Ein Giant Leap wäre zumindest die Rohstoffproduktion auf fremden Körpern, wie Helium 3 auf dem Mond. Bevor wir das benötigen (da Fusionsreaktoren noch nicht einsatzfähig sind) könnten wir ja anfangen Wasser und Kohlenwasserstoffe auf erdnahen Asteroiden zu gewinnen um sie dann als Treibstoffe für unsere Missionen zu benutzen. Solche Missionen könnten sein: dauerhafte bemannte Forschungsstation auf dem Mond, bemannte Marsmission, Bau von Teleskopen in L2, Aufbau von Solarkraftwerken in GEO, Tourismus (aber ausserhalb des LEO), oder einfach nur irgendetwas wo viel Masse von A nach B gebracht werden muss.
Oder falls uns vorher einige seltene Metalle hier auf der Erde ausgehen, bauen wir diese eben auf metallhaltigen Asteroiden ab um einen stetigen Nachschub zu garantieren und auch weiterhin Superlegierungen, Elektronikkomponenten und vieles mehr herstellen zu können, trotz Recyclings.

Das beste ist jedoch, dass man wie bei jeder Vision klein anfangen muss. Und hier kommt sogar Europa mit einem momentan doch eher bescheidenen Budget ins Spiel. Man kann jetzt anfangen seine Hausaufgaben zu machen indem man ein paar Sonden/Rover/Lander etc zu Mond/Mars/Asteroiden schickt, und zwar mehrere pro Jahrzehnt. Und nicht einen überteuerten ExoMars im Zeitraum von 2003 (MarsExpress) bis mindestens 2016 (frühestesr Starttermin ExoMars), denn sonst gibt es gar nichts zu Mond/Mars/Asteroiden, leider. Oder man betreibt auch in 100 Jahren noch das was uns heute als "Raumfahrt" verkauft wird, nämlich Unmengen an Papier zu erzeugen und Studien abzubrechen bevor sie überhaupt angefangen haben.

Cosmo

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #137 am: 22. Juli 2009, 00:27:06 »
Etwas fällt mir noch ein. Ein echter Quantensprung wäre z.B. die Entwicklung einer Trägerrakete welche Nutzlasten zu einem Preis gegenüber Heute um einen Faktor 10 oder 100 reduziert in den Weltraum befördert. Also die Umsetzung dessen was schon seit Jahrzehnten angekündigt wird. Alles weitere würde dann quasi automatisch folgen.

Kreuzberga

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #138 am: 22. Juli 2009, 00:42:56 »
Die Frage ist: Was würde denn als Quantensprung oder auch Giant Leap ;) in der unbemannten Raumfahrt qualifizieren?
ExoMars, MSR, LISA, etc sind sicher alles tolle wissenschaftliche und technologische Missionen, aber für mich weder ein Quantensprung noch ein Giant Leap.

Es ging ja um die unbemannte Raumfahrt... ;)

Zitat
Bau von Teleskopen in L2
Haben wir doch schon!  8)

Speedator

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #139 am: 22. Juli 2009, 00:49:54 »
Wie man hier gut sieht, versteht jeder etwas anderes unter "Vision". Aber was man zusammenfassend wohl sagen kann, und damit greife ich Daniels Vorschlag vom Anfang auf, dass alle Problemchen, sei es im bemannten wie auch im unbemannten Bereich, im wesentlich am Erde-Orbit-Transfer kranken.

Wäre das nicht so dermaßen aufwändig, wäre man deutlich flexibler. Die meiste(natürlich nicht alle) Raumfahrtentwicklung ist ja im Endeffekt das Rumdoktorn an Syntomen der "Trägerkrankheit".

Endsprechend sehe ich hier auch das meiste Potential für Visionen.

Ich weiß nicht, ob es wirklich visionär ist mit alten Konzepten/Techniken(siehe Constellation) eine Mondbasis aufzubauen. Die wird dann vielleicht betrieben. Aber ohne trägerbezogene Innovationen bleibt das dann eine anhaltend aufwendige Dauerbaustelle, die auf Dauer enorme Ressourcen bindet(ich meine da explizit nicht nur die monetäre Sichtweise).

Btw.: Wir schweifen doch sehr ab. Wie sieht es denn nun mit europäischen Visionen aus? Evtl. sollte man da doch einen gewissen Rahmen stecken. In x hundert Jahren ist schließlich einiges machbar. Aber darum soll wohl nicht gehen oder? Ok, so ein Rahmen wird sicherlich auch wieder für jeden aus einem ganz eigenen Holz bestehen ;)

Edit: Ah, ich sehe Cosmo hat gerade auch noch was in ähnlicher Richtung(Träger) eingeschoben :)

knt

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #140 am: 22. Juli 2009, 01:22:33 »
Die Entwicklung eines fortschrittlichen, günstigen Trägers ist (so wünschenswert das auch ist) meiner Meinung nach nicht als Vision geeignet. Dazu ist ein Träger zuviel Mittel und zu wenig Zweck.

Speedator

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #141 am: 22. Juli 2009, 02:28:27 »
Gut, dann müsste man erstmal noch ausführlich "Vision" definieren.
Wobei ich die Mittel/Zwecktrennung recht eigenwillig finde.

Bis dato sprechen wir doch in jedem Post eigentlich über die Mittel.
Ist eine Mondstation selbst schon der Zweck?

Einen einfachen (klar, muss man näher defnieren) Zugang zum Orbit halte ich schon für eine Vision. Aber kann man natürlich auch rausdefinieren. Aber dann wie genau?

knt

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #142 am: 22. Juli 2009, 02:58:23 »
Gut, nehmen wir mal eine Vision auseinander. Eine gute Vision war: Noch vor dem Ende dieses Jahrzehnts wollen wir einen Menschen auf dem Mond landen zu lassen und ihn wieder sicher zur Erde zurück zu bringen. Nicht weil es einfach ist, sondern weil es schwer ist (und wir damit die Überlegenheit unseres Systems demonstrieren).

Die Bestandteile sind:
- ein kruz/mittelfristiger Zeitrahmen
- ein konkretes, im Zeitrahmen realisierbares Ziel
- einen begeisternden Grund mit direktem Bezug zu den Menschen

Gerade mit dem letzen Punkt scheinen wir unsere Schwierigkeiten zu haben.

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Offline -eumel-

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #143 am: 22. Juli 2009, 03:56:35 »
Ich glaube, angestoßen wurde dieser Thread durch einen Artikel von EADS-Chef Louis Gallois in SPON, in dem er vermutet, daß die europäische Raumfahrt nicht so recht voran kommt, weil ihr eine Vision fehle.

Das wurde sofort so abgetan: 'Ach, der hält nur schöne Reden, um den Profit für seine Firma zu sichern.'
Daran kann ich überhaupt nichts Negatives finden - das dürfte seine vordergründige Aufgabe sein.

Aber es steckt durchaus mehr dahinter!
Das bisher größte Raumfahrt-Projekt war der bemannte Mondflug - und der war so aufwendig und teuer, daß er nur durch die Vision einer Nation möglich war.
400.000 Menschen haben an dem Projekt Apollo gearbeitet und Überstunden geschruppt - die restliche Bevölkerung hat mitgefiebert und bereitwillig mit ihren Steuergeldern bezahlt.

Nicht ein für wenige reizvolles wissenschaftliches Projekt war der Antrieb, sondern eine Vision - ein politisches Ziel!

Kennedy formulierte es so:
Zitat
"Es wird nicht ein Mann zum Mond fliegen, sondern eine ganze Nation. Wir alle müssen daran arbeiten, ihn dorthin zu bringen."

Ohne diese Vision wäre Apollo nicht möglich gewesen und ohne Apollo hätte es viele Folgeprogramme der Raumfahrt bis hin zur Internationalen Raumstation nicht gegeben.
Womöglich wäre ohne politische Zielsetzung bis heute überhaupt noch kein Mensch im All gewesen.

Hat dieses extrem aufwendige und bis dahin teuerste Projekt geschadet?
Ist die Nation daran finanziell zusammengebrochen - wo es doch ohne unmittelbaren Nutzen war?
Nein, dieses extrem teure Raumfahrtunternehmen hat die USA wirtschaftlich, technologisch und politisch gestärkt!

Und jetzt kommt Europa:
Unsere vordergründige Zielsetzung ist Sparen, Sparen, Sparen.
Selbst wenn uns nach unendlichen bürokratischen und finanziellen Gezetere mal ein Teilerfolg gelingt - wie z.B. das ATV - wird sofort weiter gespart und damit verhindert, daß unser neues Raumschiff auch wieder landen, oder gar Astronauten transportieren kann!
Das erschlägt die Motivation und wirft uns zurück.

Andere Nationen, wie die USA, Russland, China oder Indien  investieren zunehmend mehr in die Raumfahrt.
Machen die was falsch, oder wir?
Sparen wir uns reich oder arm?

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Offline Schillrich

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #144 am: 23. Juli 2009, 16:16:43 »
eine weitere Idee
Könnte man aus der Erforschung von NEOs oder Asteroiden unter der Perspektive der "Nutzbarmachung" für Raumfahrtanwendungen (Ressourcen, Versorgung Mond/Mars?) eine Vision ableiten? Das ganze hat noch keiner versucht und bietet auch große Chancen für (rein) robotische Anwendungen, sogar im großen Maßstab, wenn man mehrere Körper parallel anfliegt.

Aspekte einer Mondstation
Was an einer Mondstation motivierender und prägender wäre als die ISS: Jeder Mensch, der den nachts Mond sieht, würde auch denken und erinnern: Da sind gerade 4, 5, 6 Menschen, alleine und auf Neuland. Man macht vielleicht nicht viel Sinnvolles da oben, aber ich glaube dieser bemannte Außenposten wäre präsenter in der Öffentlichkeit als die vorbeihuschende und für den Normalo nicht bemerkbare ISS.
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klausd

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #145 am: 23. Juli 2009, 16:42:01 »
Mit bemannten Mond / Marsmissionen bekommen wir bei aktuellem technischen Stand nur eine Erkenntnis:

Wer lebt länger?

Die Sardinenbüchse oder der Mensch der darin lebt?



Solange wir keine Möglichkeiten haben autonom auf dem Mond / Mars zu leben wird das gemeine Volk immer fragen, was es bringt geologisch seltene Materialien zum Mond zu ballern für Null Gegenwert...

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Offline Schillrich

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #146 am: 23. Juli 2009, 16:46:03 »
Daher ja auch die Idee: Den Mond von außen versorgen?
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Offline Schillrich

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #147 am: 23. Juli 2009, 17:03:50 »
Btw: Die Frage nach (Un)Sinn einer bemannten Station wird man immer stellen ... und nie positiv beantworten können. Das haben wir schon mehrmals festgestellt.

Wollen wir also noch bemannte Raumfahrt? Wenn ja, dann müssen wir trotzdem versuchen so effizient wie möglich zu sein, egal wie hoch der "Gegenwert" ist.
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klausd

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #148 am: 23. Juli 2009, 17:04:58 »
Die Zusammensetzung der Mondoberfläche ist ja nun nich soo uninteressant. Rein chemisch betrachtet bekommen wir also unter Einsatz von Wasser von der Erde (was wir im Überfluss haben) folgende Elemente.

Sauerstoff______43 %
Titan___________2 %
Silicium_________21 %
Nickel __________0,6 %
Aluminium_______10 %
Eisen___________9%
Chrom__________0,2 %

Also die Frage, lohnt sich das??? Könnte sich das lohnen?

Die Rakete könnte also aus Bestandteilen des Mondes bestehen. Wir bräuchten nur Wasser zuschießen...

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Offline Schillrich

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Re: Europas Vision zur bemannten Raumfahrt
« Antwort #149 am: 29. Juli 2009, 07:29:21 »
Tja, wir tun uns schwer.

Was haben wir hier also? Unbemannte Raumfahrt gilt kaum als Zugpferd für eine Vision. Für Eingeweihte und Kenner ist die unbemannte Raumfahrt faszinierend und leistungsfähig, weit jenseits der Grenzen was der Mensch da draußen kann. Aber damit lässt sich keine breite, offensive und motivierende Vision definieren, die über Dekaden als immer präsentes und einleuchtendes Leitbild überall bekannt ist.
Bleibt die bemannte Raumfahrt. Abseits von Rechtfertigungs-,  Effizienz- und Effektivitätsgedanken kann die motivieren, wenn man es (psychologisch) richtig macht. Da hätten wir die Ideen von spektakulären Erstleistungen (Mars, NEOs, Asteroiden). Aber die Erfahrung zeigt: außer Spesen nichts gewesen. Spätestens nach dem Erreichen des Ziels ist die Wahrscheinlichkeit eines Abbruchs sehr hoch. Damit ist dann wieder mal keinem gedient, da man orientierungslos zurück bleibt. Dann hätten wir noch die Idee einer bemannte, immer präsenten und um am Abendhimmel für jeden sichtbare Mondbasis als erster Außenposten im Sonnensystem, als Brückenkopf. Aus meiner Sich kann das motivieren, jenseits von Erstleistungsgeplänkel und Effizienzkritik.

Nur, was kann Europa? Was möchte Europa? Was kann unsere Völker begeistern? Bemannte Raumfahrt? Da muss man traurig lachen. Wir könnten das bestimmt, aber es fehlt überall der Wille. Keiner nimmt das auch nur in den Mund ... zu schnell wird man als sinnloser Verschwender in die Ecke gedrängt und von allen (politischen) Freunden verlassen.
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