Darfst du ... aber richtiger und stichhaltiger wird das Urteil dadurch auch nicht .
Ich werde nicht auf richtig oder falsch eingehen, da hat jeder seine Meinung. Aber stichhaltig kommt... allerdings wird's jetzt wieder länger... nicht meutern, Du hast es provoziert.
Wo weicht Mars500 von einer Übertragbarkeit auf eine tatsächliche Marsmission ab?
Rauminhalt der zur Verfügung stehenden Module 550m³. Das entspricht ziemlich genau dem Raumvolumen eines External Tanks. Dessen Aufgabe aber ist es für den Aufstieg in den Orbit Treibstoff bereit zu stellen. Er ist kein Raumschiff, welches gestartet oder im Orbit zusammengebaut und dann beschleunigt werden muss. Das Raumangebot ist utopisch groß und wird mit ziemlicher Sicherheit den realen Gegebenheiten eines Marsfluges nicht entsprechen.
Die "Crew" besteht aus sechs Teilnehmern, die in dieser Fülle von Platz jede nur erdenkliche Möglichkeit haben sich aus dem Weg zu gehen, wannimmer sie wollen. Damit wird ein wesentlicher Stresspunkt bereits im Vorfeld ausgeschaltet - Enge und fehlende Privatsphäre. Beides sind wesentliche Aspekte der psychologischen Spannungssituation Marsflug... in diesem Konzept kommen sie praktisch nicht vor.
Insgesamt ist der Komfort beeindruckend und trägt den Schwierigkeiten die jedes Kilogramm Ballast bedeutet in keiner Weise Rechnung. Waschraum??? Sowas schon mal auf einer Raumstation wiedergefunden? Der Körpergeruch der MIR-Bewohner wird als bemerkenswert beschrieben. Kein Wunder, wenn man viel Sport treibt, die Wäsche kaum wechselt und nasse Tücher die Körperhygiene darstellen... aber Mars500 hat einen Waschraum. Bloss keine unappetitlichen Stessfaktoren aufkommen lassen.
Wird Schwerelosigkeit in irgendeiner Weise simuliert? Müssen die Astronauten "freischwebende" Gegenstände entsprechend sichern? Sind die Module so gebaut, wie sie auch in der Schwerelosigkeit nutzbar wären? Entsprechen wenigstens die Fitnessgeräte denen, die in der Schwerelosigkeit funktionieren würden? Nein, nichts davon. Wenn wir also nicht schnellsten künstliche Schwerkraft in den Raumschiffbau integrieren, dann sind wir in dem Punkt schon mal weit weg von nah dran. Aber man soll es den Teilnehmern ja auch nicht zu unbequem machen in ihrem "Raumschiff".
Simuliert man Notsituationen? Oh ja, man hat den Strom abgestellt. Die Teilnehmer konnten daraufhin die Küche nicht benutzen und mussten kurzzeitig im Taschenlampenlicht Brot, Kekse und Käse kalt verzehren. Hat man mal die Heizung ausgeschaltet, wie bei Apollo-13, hat man mal den CO² Anteil der Raumluft erhöht und für Kopfschmerzen gesorgt, hat man mal Module gesperrt und das Platzgebot aufgrund einer Notsituation drastisch verringert, hat man die Crew technische Aufgaben improvisieren lassen? Hat man mal dafür gesorgt, dass Ausnahmesituationen sich wirklich beklemmend und stressbesetzt anfühlen? Nein. Aber jede kleinste Fehlfunktion, jede Abweichung von normal wird das sein, ein paar Millionen Kilometer vom Heimatplaneten entfernt.
Die Kandidaten tragen einen ‚Satelliten‘, einen Sensor, der feststellt, welche Satelliten gleicher Bauart in der Nähe sind. Damit kann beispielsweise festgestellt werden, welche Mars-500 "Astronauten" sich besonders häufig in der Nähe eines anderen aufhalten, welche sich gut verstehen und auch, welche sich möglicherweise meiden. Das ist interessant, denn Gruppendynamik wird erfolgsentscheidend sein bei der Mission. Aber was ist, wenn man sich im tatsächlichen Marsraumschiff gar nicht meiden kann? Wäre das nicht interessant zu wissen?
Und nebenbei: alle hierbei gewonnenen gruppendynamische Daten beziehen sich auf diese Konstellation unter Luxusbedingungen. Tauscht man eine Faktor im Gefüge aus verlieren sie jede Aussagekraft. Nimm' andere, nimm' vier, drei oder nur zwei statt sechs. Nimm' eine gemischte Crew. Nimm' eine Frauencrew. Du hast Variabeln ohne Ende. Allgemeingültige Erkenntnisse also Mangelware.
15 Millionen US-Dollar für eine Luxussimulation, die nichts mit den voraussichtlichen Gegebenheiten eines Marsfluges zu tun hat. Das ist Marsflug spielen mit Staatsmitteln, das ist eine PR-Aktion auf hohem Niveau. Mars500 soll der Öffentlichkeit zeigen: wir haben das vor, wir bereiten uns vor. Aber mit 15 Millionen US-Dollar kann man bessere Imagekampagnen starten. Mars500 ist die "Big Brother"- Version der Raumfahrt. Luxuslaborratten im Überwachungskamerafokus bei beständiger Möglichkeit einzuschreiten. Mit einem Marsflug hat das nichts zu tun.