STS-49
Natürlich war STS-107 keine Mission zur ISS. Manche behaupten ja, man sei in dem Fall so "lässig" mit der Schadensmöglichkeit umgegangen, weil die Columbia für den Stationsaufbau entbehrlich gewesen sei. Ich persönlich halte das für eine arge Vermutung und glaube das nicht.
Ich kenne die Bahnneigung beider Objekte nicht gut genug und will mich da gar nicht streiten und Deinen Fakten vertrauen.
Nehmen wir also als gegeben, das kein optischer Kontakt zum Shuttle von der ISS aus möglich war. Nehmen wir weiter als gegeben, dass ein EVA zur Kontrolle des Aufschlags überproportional gefährlich gewesen wäre. Gab es also keine Möglichkeit sich Gewissheit zu verschaffen? Doch es gab sie.
Die NASA hatte Angebot und Möglichkeit die fragliche Stelle mit Hilfe von Militärsatelliten untersuchen zu lassen - sie hat das abgelehnt!
Stattdessen vertraute sie einem mit den bisherigen Erfahrungsdaten gefüttertem Computerprogramm namens "Crater". Wäre es denn wirklich so Gesichtsverlustträchtig gewesen trotzdem die angebotenen Möglichkeiten auszuschöpfen und das Ergebnis der Computereinschätzung zu verifizieren???
Was hätte es denn gekostet??? Und zumindest DAS muss sich die NASA als Vorwurf gefallen lassen. Der Abschlußreport spricht nicht grundlos von einer unangemessenen Selbstüberschätzung der NASA und dem nicht zu begründenen Selbstverständnis man wisse, wie Menschen ins All zu befördern seien.
Wäre der Schaden frühzeitig entdeckt worden... was hätte getan werden können? Eine Reparatur war sicher unmöglich, so viel ist sicher. Dir folgend wäre auch der Flug zur ISS technisch unmöglich gewesen.
Einem internen NASA-Bericht zufolge wäre es aber theoretisch denkbar gewesen die Atlantis unter Verzicht auf bestimmte Sicherheitsroutinen rechtzeitig in den Orbit zu bringen. Angeblich seien gewagte Weltraummannöver notwendig gewesen, aber der Bericht räumt reale Chancen ein, dass die Crew hätte geborgen werden können. Dieser Bericht ist nie veröffentlicht worden, daher verbleibt er im spekulativen Raum. Es existieren lediglich journalistische Äußerungen von NASA-Mitarbeitern, die den Bericht kennen. Ich führe das deswegen an, weil es tatsächlich das einzig sinnvolle Handeln gewesen wäre, wenn man den Schaden frühzeitig diagnostiziert hätte. Man kann sicher über den Ausgang und Sinn streiten, aber das wäre der Weg gewesen.
Es mag tatsächlich in gewisser Weise human gewesen sein, dass die Crew von dem Problem nichts ahnte. Viele von Euch kennen sicher die letzten Aufnahmen aus dem Shuttle, schon mitten im Wiedereintritt. Das herumflachsen, das Daumen hoch zeigen, während man sich in die Handschuhe friemelt, das Lachen, die extrem gutgelaunte Stimmung - das tut richtig weh beim sehen. Und man ist vielleicht geneigt zu denken: bloß gut, dass sie es so spät realisieren mussten. Ich denke das jedes Mal. Ich habe unglaublichen Respekt für die Disziplin, Sachlichkeit und Beherrschtheit, wenn man den Funkkontakt bis zum abbrechen der Kommunikation hört... weh tut's trotzdem.
War es deswegen besser das Problem nicht zu kennen? Menschlich betrachtet vielleicht. Unbenommen davon hat die NASA Fehler gemacht, hat Möglichkeiten nicht wahrgenommen, hat Annahmen nicht verifiziert. Das bleibt mein Vorwurf diesbezüglich.
(Sorry, dass ich manchmal/meistens so lange Posts schreibe - ist eine Berufskrankheit. Und manchmal mag ich's nicht kürzer kriegen. Danke für's trotzdem lesen!)