Li Chunlai, Technischer Direktor des Bodensegments des Mondprogramms, und seine Kollegen haben gestern eine erste Analyse der Baggerproben veröffentlicht. Von hier kann man sich das .pdf kostenlos herunterladen:
https://academic.oup.com/nsr/advance-article/doi/10.1093/nsr/nwae328/7758366
Ganz am Anfang dieses Videos kann man auf dem unteren Regalbrett den auf zehn Behälter von jeweils etwa 150 g verteilten Staub aus den Baggerproben von Chang’e 6 sehen (zusammen mit den Felskrümeln in den kleineren Röhrchen 1610 g), auf dem oberen Regalbrett zum Farbenvergleich diejenigen von Chang’e 5 (ein Teil der Proben von 2020 befindet sich in diversen Labors für Untersuchungen, ein weiterer Teil ist in
Hunan in einem
Bunker eingelagert):
Der stämmige Bursche bei 00:22 ist Li Chunlai. Er erklärt, dass die helle Farbe des CE-6-Regoliths von dem relativ hohen Anteil an
Feldspat (32,6 %) und Glas (29,4 %) kommt, letzteres wesentlich mehr als bei CE-5. Die Baggerproben wurden in den vergangenen gut zwei Monaten nach Felskrümeln von mehr als 1 mm und Staub getrennt, da beides mit unterschiedlichen Methoden untersucht werden muss.
Die Aufbereitung des Bohrkerns wird noch ein bis zwei Monate dauern. Das Problem besteht darin, dass der feine Staub an dem Aramidschlauch haftet. Die Forscher im Hauptquartier der
Nationalen Astronomischen Observatorien haben Probleme, ihn von dem Gewebe wegzubekommen, weswegen eine direkte Gewichtsbestimmung schwierig ist (die 1935,3 g Gesamtgewicht wurden über einen Vergleich des zurückgekommenen, gefüllten Probenbehälters mit seinem Leergewicht errechnet). Die rund 325 g Bohrmaterial werden jetzt nach jeweils 1,5 cm langen Kernabschnitten getrennt auf mehr als 100 Probenröhrchen verteilt.
Ab 02:40 erklärt
Liu Jianjun, der bereits an der Analyse der CE-5-Proben mitgearbeitet hat, dass das Material von Chang’e 6 ganz klar zwei Peaks bei der Größenverteilung zeigt, während das Material von Chang’e 5 nur einen Peak hat. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass das neue Material aus verschiedenen Quellen kommt, ebenso wie die Tatsache, dass der Anteil der Felskrümel höher ist als bei Chang’e 5. Momentan geht man davon aus, dass diese Felskrümel bei der Entstehung eines nahe der Landestelle gelegenen Kraters von etwa 50 m Durchmesser auf die Probenentnahmestelle geschleudert wurden, während der Staub "ortsansässiges", über einen langen Zeitraum verwittertes Material ist.
Für die im Vergleich zu Chang’e 5 geringere Dichte des Materials hat man noch keine schlüssige Erklärung. Li Chunlai meint bei 03:38, dass das entweder von einem hohen Gehalt an leichteren Mineralien kommt, oder davon, dass das Material lockerer ist (wobei die sechsmal so hohe Schwerkraft auf der Erde immer eine zusätzliche Kompression verursacht). Falls das Material wirklich lockerer ist als bei Chang’e 5, könnte das auf einen anderen Verwitterungsprozess auf der Mondrückseite hindeuten. Das muss noch näher erforscht werden.