Tianwen-2 auf CZ-3B

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Online RonB

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Tianwen-2 auf CZ-3B
« am: 16. Februar 2023, 09:23:28 »
Im Jahr 2025 will China die Asteroidensonde Tianwen-2 zu dem erdnahen Asteroiden (469219) Kamoʻoalewa und dem Hauptgürtelkometen 311P/PANSTARRS starten. Neben wissenschaftlichen Aufgaben sollen dabei auch Technologien erprobt werden, die den zukünftigen Asteroidenabbau und der Asteroiderabwehr dienen.

https://www.space.com/china-tianwen2-asteroid-sampling-mission-2025-launch

https://de.wikipedia.org/wiki/Tianwen-2
Es recht zu machen Jedermann ist eine Kunst die keiner kann.

Offline failsafe

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Re: Tianwen-2 auf CZ-3B
« Antwort #1 am: 28. April 2024, 16:52:04 »
Das Probenrückhol-Ziel von Tianwen-2. der Asteroid Kamo'oalewa, wird immer interessanter:
es gibt Hinweise darauf, dass dieser Asteroid aus Material des Erdmonds entstanden ist, das beim Einschlag eines anderen Körpers auf dem Mond herausgeschlagen wurde. Die bisher bekannten Materialeigenschaften weisen eine verblüffende Ähnlichkeit mit der Umgebung des Mondkraters "Giordano Bruno" auf:

https://phys.org/news/2024-04-theory-asteroid-kamooalewa-ejecta-moon.html
https://phys.org/news/2023-10-piece-moon-near-earth-asteroid.html

Es kann also gut sein, dass Tianwen-2 im wesentlichen "Mondproben" zurückbringt ..

Offline failsafe

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Re: Tianwen-2 auf CZ-3B
« Antwort #2 am: 01. Oktober 2024, 09:22:30 »
Es gibt einige aktuelle Angaben zur Tianwen-2-Mission:
 - bei der Probennahme sollen sowohl Touch-and-Go- als auch Anchor-and-Attach-Techniken zum Zuge kommen, aus Redundanzgründen;
 - die Nutzlast wird 10 wissenschaftliche Instrumente umfassen, u.a. Spektrometer für VIS, IR und Thermal-IR, Multispektralkameras, Radar und Magnetometer;
 - Start im Mai 2025 auf LM 3B; Sampling-Phase etwa 2,5 Jahre, Ankunft bei 311P/PANSTARRS Mitte der 2030er Jahre.

https://spacenews.com/china-to-launch-near-earth-asteroid-sample-return-mission-in-2025/

Offline Regnart

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Re: Tianwen-2 auf CZ-3B
« Antwort #3 am: 01. Oktober 2024, 10:40:54 »
In der Tabelle 3 hier finden sich die technischen Daten zu den 10 Instrumenten (für einen raschen Überblick auf "HTML全文" klicken):
http://jdse.bit.edu.cn/sktcxb/article/doi/10.15982/j.issn.2096-9287.2024.20230185

Hier eine Grafik mit dem Missionsplan (das Bild ist alt, der Artikel ist vom Juni 2024):


Bild: Su Yan

Bei 00:20 in diesem Video kann man sehen, dass als dritte Probenentnahmemethode eine Felsbrockenaufsammel-Greifhand dazugekommen ist, wie sie jetzt auch bei der Mars-Probenrückführsonde Tianwen-3 zum Einsatz kommt:
https://weibo.com/5027345285/OyvIYAQcI

Ye Peijian bestätigt das bei 0:32 in diesem Video:



Am Ende des Videos sagt er, dass die Festnagelung der Sonde auf Kamo'oalewa der erste Schritt zum Asteroidenbergbau ist. Yes Eltern waren Soldaten, daher hat er eine etwas robuste Ausdrucksweise und mokiert sich über die Amerikaner und Japaner, die das mit ihrer grapsch-und-weg-Methode nicht können. Bian Zhigang, der stellvertretende CNSA-Direktor in dem oberen Video, ist wesentlich netter und sagt, dass die Proben von Kamo'oalewa, wie die Mondproben, auch ausländischen Wissenschaftlern zur Verfügung gestellt werden (man hat vor, eine größere Menge einzusammeln).

Edit:
Siehe unten
« Letzte Änderung: 01. Oktober 2024, 15:31:57 von Regnart »

Offline failsafe

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Re: Tianwen-2 auf CZ-3B
« Antwort #4 am: 01. Oktober 2024, 12:24:22 »
Die Vorstellung, dass man in einer so schwachen Gravitationsumgebung wie der Oberfläche von Kamo'oalewa etwas mit einer offenen Baggerhand "schaufeln" kann, ist recht gewagt: etwas kurz "anticken", und es schwebt in Zeitlupe davon. Was man haben will, muss man festhalten.
Auf dem Mars (bzw dem Mond) ist das anders.
Aber irgendeine der Methoden (Touch-and-Go; Attach-and-Anchor) wird schon funktionieren ..

Offline Regnart

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Re: Tianwen-2 auf CZ-3B
« Antwort #5 am: 01. Oktober 2024, 15:25:46 »
"Baggerhand" war der falsche Ausdruck - es ist eine Greifhand, die die Felsbrocken aufsammelt, falls die Oberfläche des Asteroiden mit Geröll übersät ist und die Abflex-Methode nicht funktioniert.

Hier siehst Du einen von vier Füßen, die an Beinen befestigt sind, die gleichzeitig als Arme fungieren, mit denen sich die Sonde über den Kopf greifen und die ringförmigen Probenbehälter (样品容器) in dem Transportbehälter am "Scheitel" platzieren kann:


Bild: Zhao Zhijun

Das, was wie ein Spiralbohrer aussieht, die sogenannte "Bohrstange" (钻杆), ist ein Nagel, der dem Asteroiden mittels eines Ultraschallvibrationsgenerators (超声波钻) und dem entsprechenden Vortriebsgerät (超声波钻进给机构) schräg in den Leib getrieben wird, so ähnlich wie früher Dachbalken zusammengenagelt wurden. Jeweils zwei gegenüberliegende Füße verankern die Sonde dann mit wie ein "V" gegenläufigen Nägeln. Die kleinen Noppen auf der Fußsohle, das sogenannte "Fußkissen" (足垫) sollen es ermöglichen, auch bei etwas unebenem Untergrund den Fuß dicht an den Boden zu bringen. Man hofft, dass die Verankerung so fest ist, dass sich die Sonde bei der Probenentnahme nicht selbst wegdrückt. Kamo'oalewa hat für praktische Zwecke keinerlei Schwerkraft - die Sonde hängt an dem Felsbrocken (hoffentlich) oder Geröllhaufen (dann eben grapsch-und-weg) wie ein Raumfahrer, der sich an einem Handgriff außen an der Raumstation festhält.

Die eigentliche Probenentnahme erflogt mit einer mit 3000 Umdrehungen pro Minute rotierenden Trennschleifer-Scheibe (砂轮), die Du auf der linken Darstellung hinter der rotierenden Bürste (毛刷), mit der sie gekoppelt ist, sehen kannst. Die Flex-Scheibe wird von einem Vortriebsmechanismus (砂轮进给机构) gegen den Boden gedrückt und erzeugt Staub. Die Funkengarbe aus der Schlosserwerkstatt ist hier das ersehnte Produkt, das von der Bürste durch die Probenöffnung (进样口) in den Sammelbehälter geschleudert wird.

Der Befestigungsnagel kann übrigens wieder herausgezogen werden. Die Sonde streckt dann immer ein Bein vor, nagelt sich dort wieder fest und wiederholt das eines nach dem anderen mit den übrigen Beinen. Es bleiben immer drei Beine verankert, ein Bein bewegt sich. So kann die Sonde wie ein Freikletterer über den Asteroiden krabbeln und an verschiedenen Stellen immer wieder versuchen, Proben zu nehmen, bis die Behälter voll sind. So sah das im Training aus (dort wurden Kalksteinplatten als Asteroidenimitat verwendet):


Bild: HIT

Das rechts oben sind Kaltgastriebwerke (喷气) mit einer Schubkraft von insgesamt(!) 20 N (总推力 20 N), die die Sonde gegen den Asteroiden drücken (下压). In dem Bild darunter wird der Ultraschall-Spax mit einer Kraft von 5 N in den Asteroiden getrieben und die Sonde auf diese Art fest verankert (附着固定). Das ist der Vorgang, über den sich Ye Peijian in dem Youtube-Video so wortreich auslässt.

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Offline alepu

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Re: Tianwen-2 auf CZ-3B
« Antwort #6 am: 01. Oktober 2024, 17:28:23 »
Beeindruckend!
Das ist dann quasi ein 4-beiniger Roboter zum Probeneinsammeln.

Offline Regnart

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Re: Tianwen-2 auf CZ-3B
« Antwort #7 am: 02. Oktober 2024, 11:25:41 »
So ist das gedacht. Das Problem ist, dass man einfach zu wenig über Kamo'oalewa weiß. Sicher bekannt ist nur, dass seine Rotationsperiode 0,467 Stunden beträgt (ein Tag auf dem Asteroiden dauert eine halbe Stunde). Man nimmt derzeit an, dass es sich um ein 53.600 t schweres Ellipsoid mit einer langen Achse von 100 m und einer kurzen Achse von 40 m handelt, dessen (sehr schwaches) Schwerefeld sich bis 200 m vom Massemittelpunkt erstreckt. Weil es sich um einen Quasisatelliten der Erde handelt, besteht die Möglichkeit, dass es sich um einen Felsbrocken handelt, der beim Einschlag eines größeren Asteroiden aus der Erde oder dem Mond herausgeschleudert wurde (die Wissenschaftler um Li Chunlai wollen sich da nicht festlegen). Es kann aber genauso gut sein, dass es ein Geröllhaufen wie Dimorphos ist, der irgendwann von der Erde eingefangen wurde:
http://jdse.bit.edu.cn/sktcxb/article/doi/10.15982/j.issn.2096-9287.2024.20230185

Daher versucht man, auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein. Vor der Landung wird Kamo'oalewa in drei Schritten kartografiert, bei den finalen Hyperbeln rechts aus einem Abstand von - je nach Sicherheitseinschätzung - 50 m oder 80 m vom Äquator:


Bild: Li Xiangyu

Anschließend kommt eine Art asteroidostationärer Orbit in einem Abstand von 10 m über der Oberfläche, ähnlich wie 1985 bei dem Koppelmanöver an Saljut 7, nur dass die Sonde hier im Laufe einer Stunde zwischen drei Punkten über dem ausgewählten Gebiet pendelt. Damit lässt sich die Position relativ zum Mittelpunkt des Gebiets mit einer Präzision von 3 cm halten:


Bild: BIT

Die Bordkamera hat aus 3 km Entfernung eine Auflösung von 30 cm, aus der Nähe (theoretisch bis 4 m) dann natürlich mehr. Mit diesen hochauflösenden Aufnahmen hofft man, felsige Stellen für die Landebeine zu finden. Ob das funktioniert, hängt bei aller Technik am Ende von der Oberflächenbeschaffenheit des Asteroiden ab.

Ab 2045 sollen dann von der Lunaren Orbitalstation aus Kundschaftersonden auf Bumerang-Bahnen zu ausgewählten Asteroiden starten (geht von dem entfernten rückläufigen Orbit der Station aus sehr energiearm) und sie erst einmal im Vorbeiflug dokumentieren, bevor man die eigentlichen Erkundungssonden losschickt. Die Kundschaftersonden kommen zur Station zurück und können immer wieder verwendet werden.