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  • Atlas5-N22, CST-100 "Starliner", CC LC-41, 12:36 MEZ: 20. Dezember 2019

Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #500 am: 23. Dezember 2019, 21:05:28 »
Hauptsächlich geht es natürlich um das 737 Desaster, aber ich frage mich, ob der Starliner Rückschlag - so sehe ich das wenigstens - nicht evtl. noch das Zünglein an der Waage war. Jedenfalls hätte Muilenburg eine erfolgreiche Mission als "Vertrauensrückgewinnung" gut gebrauchen können.

Wegen der 737 haette man Muilenberg schon frueher entlassen koennen. Ich denke wirklich, dass das jetzt das Fass zum ueberlaufen gebracht hat.

ItalSky

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #501 am: 23. Dezember 2019, 21:44:18 »
Das Muilenburg jetzt geht wird nichts mit CST-100 zu tun haben. Wenn ein 'Board of Directors' eines Riesenunternehmens wie Boeing so etwas bekannt gibt, dann war es schon seit geraumer Zeit in der Mache (wahrscheinlich seit Muilenburgs Auftritt vor dem U.S. Congress ende-Oktober).

Offline Reihnold

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #502 am: 24. Dezember 2019, 13:38:45 »
In meinen Augen ist das auch absichtlich so kurz vor Weihnachten bekannt gegeben worden, damit es weniger Wellen schlägt, weil jetzt alle im Weihnachtsmodus sind (bzw. gestern auch schon waren).

Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #503 am: 24. Dezember 2019, 21:48:19 »
In meinen Augen ist das auch absichtlich so kurz vor Weihnachten bekannt gegeben worden, damit es weniger Wellen schlägt, weil jetzt alle im Weihnachtsmodus sind (bzw. gestern auch schon waren).
Sicherlich war die Einstellung der Produktion der 737 vor einigen Tagen und Muilenbergs „Vorgaben“ für die Kommunikation sein Verhängnis. Mit den Problemen beim Starliner und der wiederum von ihm beeinflussten (verunglückten) Kommunikation war jedes Bauernopfer ausgeschlossen.

„Der Fisch stinkt bekanntlich am Kopf.“
"Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen."
Immanuel Kant

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Online Duncan Idaho

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #504 am: 25. Dezember 2019, 01:28:10 »
.....

Dein Vorredner hat es verstanden. Es ist ein Fiasko in der Qualitätssicherung und Redundanz. Zu den MAX Abstürzen habe ich berufsbedingt sehr gute Kenntnisse und ich kann Dir versichern, es ist genau das Problem, was wir jetzt auch beim Starliner diskutieren. Es ist nicht zum ersten mal, dass solche Flüchtigkeitsfehler in relativ kurzer Zeit passieren. Im Fall der Max war es noch Sorglosigkeit und Arroganz. Der zweite Absturz war ganz klar zu verhindern gewesen, haette man mehr Demut und Selbstkritik gezeigt. Muilenberg tritt in US Interviews sagen wir mal vorsichtig, sehr selbstbewusst auf. Dieses Verhalten scheint die Belegschaft zu inhalieren.

Natürlich ist die Mission technisch zu 90% geglückt, aber nur, wenn man nicht unter die Oberfläche schaut. Irgendwann sollen damit Menschen fliegen. Ich befürchte einige NASA Mitarbeiter feiern ein Weihnachten mit ziemlichen Kopfschmerzen. Langsam verstehe ich, warum die NASA so pingelich bei der Zertifizierung ist. Die halten naemlich den Kopf hin, wenn man einem Privatanbieter Menschenleben anvertraut und dann gehts wegen Schlamperei schief.

Kann ich nur unterschreiben.

Zurück zum "Timer-Vorfall", warum holt man sich da keine GPS Zeit als Redundanz?
Das schaffen unsere Flieger seit Jahren.

Früher mussten wir nach einem Batteriewechsel alles wieder per Hand einstellen.
Heute ... GPS, fertig.
#I NEVER WANT TO HOLD/SCRUB AGAIN. \\//_

Schneefüchsin

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #505 am: 25. Dezember 2019, 02:44:28 »
Grüßt euch.

Erstmal Gratulation an Boeing und ULA für die Tests soweit sie geklappt haben.

Das Timerproblem macht mir um ehrlich zu sein Angst. Ja, sie haben es halbwegs hin gebogen bekommen, aber was mich beunruhigt, ist, was vielleicht hätte passieren können.
Gut das der Timer Anscheinend erst beim Abkoppeln Dinge auslöst, denn ich würde nicht sehen wollen, wie der Timer etwas weiter vorne in der Zeit ist als die Mission (wie es ja der Fall war), und dann vor oder während des Starts Bahnmanöver versucht, aber das haben sie anscheinend gelöst.

Schlimmer ist aber ein ganz andere sorge und hier muss dringend geprüft werden, wie ernst dies ist.
Das LAS ist in dem was es macht abhängig davon in welcher Flugphase es ist bzw,. Höhe und Geschwindigkeit. Wenn es diese Information aus der Missionszeit raus liest sind hier 2 Probleme, was, wenn die Rakete keine Zeit senden konnte? Oder gar wie heute eine Zeit 11h in der Zukunft sendet, dann würde die Kapsel vielleicht davon ausgehen, dass sie im Orbit ist und komplett falsche Notmaßnahmen ergreifen.
Und wie schnell können die Astronauten dann das Problem erkennen und die richtige Missionszeit eingeben?

Das Problem mit dem 737 Max von Boeing ist im Zusammenhang mit diesem Softwareproblem leider nicht nur, das sie passiert sind, sondern, das anscheinend verwandte Probleme vorlagen und es nur 2 Fälle von einer ganzen Kette sind.
Verwandte Probleme in so fern, dass scheinbar beides mal eine Softwareredundanz gefehlt hatte. Weiter gedacht, stellt sich die Frage, währen die Astronauten über solch eine Fehlermöglichkeit informiert gewesen bzw. wüsten sie es zu erkennen, währen sie heute in der Kapsel gewesen und hätten sie wirklich von den Kontrollen drinnen was machen können, oder wäre die Software zu aggressiv gewesen.
Das Problem mit "Die Astronauten hätten es an Bord richten können, auch wenn wir am Boden es gerade wegen Kommunikationsproblemen nicht konnten" ist, wie gesagt, die Fähigkeit der Astronauten es zu erkennen und die Möglichkeit eingreifen zu können. Im Kontrollzentrum sind einfach mehr Leute mit mehr Kontrollmöglichkeiten, als eine Handvoll Astronauten in der Kapsel.

Auch gab es dieses Jahr ja auch mit anderen Boeing Flugzeugen. Das Tankflugzeug KC-46 wurde mehrfach nicht vom Militär abgenommen, da Fremdkörper wie etwa Schrauben in versiegelten und nicht erreichbaren Bereichen des Flugzeugs rumlagen. Diese mangelhafte Qualitätskontrolle erinnert mich auch an die Geschichte mit dem Fallschirmbolzen.

PS.:
@Proton01:
Schreiben, dass SpaceX Dumpingpreise macht indem sie von Staatsmissionen übermäßig viel verlangen, und dann aber untersagen, dass man hier darauf antworten soll, da es OT sei, was es an sich auch ist, ist eine traurige Aktion, da du quasi sagst ich rede hier davon, untersagst aber eine Erwiderung dazu.
Nur soviel dazu. Dies wurde schonmal diskutiert, auch mit dem Gegenargument, dass die höheren Preise für Militärmissionen  unter anderem mit erhöhten Anforderungen (Papierkram) vom Militär zu tun haben.
Für alle die sich dazu interessieren, hier wurde letztes Jahr schon mal dazu diskutiert:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3424.msg423704#msg423704

Grüße aus dem Schnee

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Offline Sensei

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #506 am: 25. Dezember 2019, 11:56:30 »
Zitat
Das Problem mit "Die Astronauten hätten es an Bord richten können, auch wenn wir am Boden es gerade wegen Kommunikationsproblemen nicht konnten" ist, wie gesagt, die Fähigkeit der Astronauten es zu erkennen und die Möglichkeit eingreifen zu können. Im Kontrollzentrum sind einfach mehr Leute mit mehr Kontrollmöglichkeiten, als eine Handvoll Astronauten in der Kapsel.

Wenn es große Sachen sind, wie wild feuernde rcs Thrusters, dann habe ich 100%ige Zuversicht in die Astronauten so etwas zu erkennen und zu beheben.

^ Aber das Problem ist für mich auch nicht einfach der Fehler der falsch übermittelten Zeit.
Das Problem ist eine möglicherweise falschen Fehlerkultur:

- dieser Genauigkeitsmodus der RCS sollte nicht zu der Zeit, nicht in dem Orbit, nicht in der Lage und nicht in der Länge von mehreren Minuten (das lange Feuern überhitzte und beschädigte mehrere Sensoren an den Düsen!) stattfinden. Wieso gab es bei solch grundlegenden Dingen wie dem Timing keinen Plausibilitätscheck?
Normale Satelliten stecken viel Mühe in die Zeitsyncronisations: Von Abgleich mit GPS Daten, über syncronisation aller Chips im Sat bis zum errechnen eines Zeitdrifts von verschiedenen Onbord-Uhren durch verschiedene lokale Temperaturen im sub-ms-Bereich!

- wenn es einen so gravierenden Softwarefehler gab, wie stark vertraut man dann noch der restlichen Software? Tiefgehende Softwaretests können lange dauern. Nimmt man eine solche Verzögerung in kauf? Ich habe meine Zweifel.

- das Hick-Hack, ob jetzt das Docking mit der ISS eine NASA Vorgabe war oder nicht (im Vertrag mit Boeing steht diese Vorgabe drin. Aber in NASA-Internen Vorgaben wohl nicht [1]) ist auch unschön.

- Das  Schönreden der Fehler direkt im Nachklang macht die ganze Angelegenheit nicht besser.

[1] https://arstechnica.com/science/2019/12/starliner-makes-a-safe-landing-now-nasa-faces-some-big-decisions/?comments=1
[2] Direktlink auf die PDF des Contracts mit Boeing:
https://www.nasa.gov/sites/default/files/atoms/files/nnk14ma75c-attachment-j-03-pws.pdf

Online Hugo

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #507 am: 25. Dezember 2019, 11:58:30 »
Zurück zum "Timer-Vorfall", warum holt man sich da keine GPS Zeit als Redundanz?
  • Das geht, wenn man die Uhrzeit in UTC benötigt.
  • Wenn man Lokale Zeitzonen haben möchte, muss man zusätzlich den Zeitunterschied kennen. Das ist einfach zu Programmieren.
  • Wenn man lokale Sommerzeit haben möchte, muss man auch Umstellungsregeln für die Sommerzeit kennen. Hier gib es weltweit unterschiedliche Regeln. Das zu Programmieren ist deutlich mehr Aufwand, und man muss so etwas regelmäßig Updaten, da sich die Regeln ständig ändern.
  • Wenn man die Missionszeit wissen möchte, welche mit dem Starten der Rakete "00:00:00" ist, hilft GPS nicht mehr wirklich. Denn dann müsste man den Startzeitpunkt kennen. Natürlich könnte man auch mit G-Sensoren messen, wann der Start war. Das ist jedoch deutlich mehr Aufwand und die Fehlergefahr ist groß. Wenn man sich hier auf die Daten der Rakete verlassen möchte, ist man wieder am Anfang: Die könnten ja falsch sein.
  • Ich glaube, dass die Missionszeit mehr beinhaltet als einen Zeitstempel. Ich glaube, sie muss mindestens noch die Missionsphase beinhalten. Wenn man nur die GPS-Zeit hat, müsste man die Missionsphase dann nachträglich berechnen. Auch das möglich, führt aber auch zu Fehlern, wenn Live etwas anderes passiert ist als in den Formeln zu Berechnung vorgesehen war.
    • Wenn z.B. bei einer Falcon 9 z.B. ein Triebwerk ausfällt, dann schaltet sie ein 2. mit ab und fliegt als "Falcon 7" weiter. Sie braucht dann weniger Treibstoff hat weniger Power und braucht somit länger. So etwas müsste eine Prognose dann auch berechnen können.
  • Fazit: Das Thema Missionszeit und Missionsphase ist nicht sehr einfach.

Offline proton01

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #508 am: 25. Dezember 2019, 12:53:03 »
PS.:
@Proton01:
Schreiben, dass SpaceX Dumpingpreise macht indem sie von Staatsmissionen übermäßig viel verlangen, und dann aber untersagen, dass man hier darauf antworten soll, da es OT sei, was es an sich auch ist, ist eine traurige Aktion, da du quasi sagst ich rede hier davon, untersagst aber eine Erwiderung dazu.
Nur soviel dazu. Dies wurde schonmal diskutiert, auch mit dem Gegenargument, dass die höheren Preise für Militärmissionen  unter anderem mit erhöhten Anforderungen (Papierkram) vom Militär zu tun haben.

Ich habe niemanden etwas untersagt oder verboten. Das sollte wohl klar sein. Dafür sind Moderatoren da, ich bin keiner.
Und papierkram rechtfertigt niemals einen doppelten Preis, das ist allen Beteiligten klar.

Schöne Weihnachten.

PS : das Timerproblem trat bei der Abtrennung von starliner von der centaur auf. Ab da ist das LAS längst vorüber. Das macht das generelle Problem aber nicht weniger schlimm, da stimme ich voll zu.

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Offline Sensei

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #509 am: 25. Dezember 2019, 13:44:37 »
Und damit lassen wir es an dieser Stelle, zum Thema 'SpX Preise', auch gut sein.


Wer mehr wissen möchte und mit dem englischen gut klar kommt, dem sei der aktuelle Podcast von "The orbital mechanics" empfohlen.

Dieser Woche haben sie einen Sat-Softwaredesigner von Boeing zu Gast. Dieser hat zwar nicht mit am Starliner gearbeitet, redet aber gut 20 Minuten darüber, welche Probleme und Herausforderungen es beim Arbeiten mit Zeitsystemen in der Satellitentechnik, und bei der Softwaretechnik in Satelliten im generellen, gibt:

https://theorbitalmechanics.com/show-notes/clock-kerfuffle

Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #510 am: 25. Dezember 2019, 14:30:55 »
Zitat
Das Problem mit "Die Astronauten hätten es an Bord richten können, auch wenn wir am Boden es gerade wegen Kommunikationsproblemen nicht konnten" ist, wie gesagt, die Fähigkeit der Astronauten es zu erkennen und die Möglichkeit eingreifen zu können. Im Kontrollzentrum sind einfach mehr Leute mit mehr Kontrollmöglichkeiten, als eine Handvoll Astronauten in der Kapsel.
Wenn es große Sachen sind, wie wild feuernde rcs Thrusters, dann habe ich 100%ige Zuversicht in die Astronauten so etwas zu erkennen und zu beheben.
Ich denke ohne Anweisung von der Bodenstationen werden die Astronauten erstmal überhaupt keine Knöpfe selbstständig drücken.

Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #511 am: 25. Dezember 2019, 15:32:47 »
Na das ist doch zu bezweifeln. Piloten sind als Teil des Systems ein "asset"(eine Stärke), und nicht nur ausführende Manipulatoren. Wenn Gefahr im Verzug ist, ist der Pilot verantwortlich und handelt. Im Flugzeug wartet auch keiner auf die Luftraumkontrolle, wenn gerade ein Triebwerk brennt. Die Besatzung trainiert es Fehler zu erkennen, den Systemzustand einzuschätzen und die passende Prozedur abzurufen/durchzuführen.
« Letzte Änderung: 25. Dezember 2019, 16:46:51 von Schillrich »
\\   //    Grüße
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Online Duncan Idaho

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #512 am: 26. Dezember 2019, 00:13:18 »
@Schillrich, genau das.

Erst wird erst geflogen/navigiert dann kommuniziert.
Dafür sind sie ausgebildet.

Ich denke eine Crew hätte das im Starliner eingefangen.
Aber kommen zu viele Sachen auf einmal auf sie zu und sind nicht dafür Ausgebildet oder Informiert gehts schief.
#I NEVER WANT TO HOLD/SCRUB AGAIN. \\//_

Offline Steffen

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #513 am: 26. Dezember 2019, 02:30:08 »
Hallo

Ich möchte die Diskussion nochmal auf die Sache mit der Uhr zurückführen. Was ich nicht verstehe ist, dass man die Missionsuhr nicht kurz vor Liftoff startet, mit der ersten Aktion, die Funktion der Uhr noch vor Liftoff zu prüfen. In der Anfangszeit der Raumfahrt waren das ja rein mechanische Zeitschaltuhren, ich sage mal "waschmaschinenähnlich". Aber auch in Zeiten der Elektronik ist die Funktion doch im Prinzip noch die gleiche. Das Raumfahrzeug soll nach dem Abtrennen von der Oberstufe bedingungslos und völlig selbstständig bestimmte initiale Aktionen nach einem Zeitplan ausführen. Beim suborbitalen Start des Starliners gehören dazu mit Sicherheit das Ausrichten und ein erstes Flugmanöver, um den Orbit zu erreichen. Trotz modernem TDRS und GPS kann eine stabile unterbrechungsfreie Funkverbindung nicht nicht vorausgesetzt werden. Die Missionsuhr muss also autark sein.
Wenn ich das richtig verstanden habe, dann übernimmt der Starliner nach der Abtrennung noch Daten von der Centaur. Offenbar um auf eventuelle Flugabweichungen der Oberstufe gleich mit einer Anpassung des eigenen Programms zu reagieren. Warum man aber die Missionsuhr mit Centaur-Daten neu einstellt verstehe ich, wie gesagt, nicht. Die Kommunikation mit der Centauer kann ja auch fehlschlagen. Was ist dann mit der Uhr? Vielleicht denke ich ja zu einfach, oder die Entwickler zu kompliziert.
Weiß hier eventuell jemand, wie das bei anderen Raketen/Nutzlasten gehandhabt wird?

viele Grüße
Steffen
« Letzte Änderung: 26. Dezember 2019, 03:56:49 von Steffen »

Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #514 am: 26. Dezember 2019, 09:27:15 »
Erst wird erst geflogen/navigiert dann kommuniziert.
Dafür sind sie ausgebildet.
Ich denke eine Crew hätte das im Starliner eingefangen.
Aber kommen zu viele Sachen auf einmal auf sie zu und sind nicht dafür Ausgebildet oder Informiert gehts schief.
Du verwechselst das mit einem Flugzeug.
Bis sie im Orbit sind steuert bzw. "navigiert" sicherlich kein Astronaut die Kapsel.

Offline FlyRider

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #515 am: 26. Dezember 2019, 10:11:33 »
Die Aussage, mit Crew wäre alles gut gegangen und kein Problem gewesen halte ich für eine hoffentlich nur dumme, der Pressesituation geschuldete, vielleicht aber auch gefährliche, törichte Aussage. Für mich klingt das ja nach "alles nicht so schlimm, wäre durch eine Crew locker kontrollierbar gewesen". Mag für diesen spezifischen Fall zutreffen, kann ich nicht beurteilen, will ich Boeing mal glauben.

ABER: Sie haben einen Fehler in dem System, das das Raumschiff steuert - und solche Fehler sind IMMER gefährlich. Es ist doch naiv zu glauben, die Crew können beliebig Fehler kompensieren. In jedem Fly-By-Wire System ist eine Eingabe durch Piloten zunächst mal nur eine Information im System, die verarbeitet werden muss und auf die das System (!) reagiert, in dem Fall entscheidet irgendein Computer welche Thruster wie lange gefeuert werden müssen u.s.w.

Mit wäre lieber gewesen, Boeing hätte mal klar gesagt: "Sorry, absolut kritischer Fehler, darf nicht passieren, da müssen wir noch mal intensiv nacharbeiten." So erinnert das zu sehr an die 737 Max.

Online Hugo

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #516 am: 26. Dezember 2019, 11:24:52 »
Ich möchte die Diskussion nochmal auf die Sache mit der Uhr zurückführen. Was ich nicht verstehe ist, dass man die Missionsuhr nicht kurz vor Liftoff startet
Ich denke, das hat mit der ganz alten Technik von früher zu tun. Häufig z.B. wird die Uhr angehalten. Ich glaube, daß man zwischen jeder Missionsphase die Missionsuhr anhalten kann. Das hat man damals beim Space Shuttle vor dem Start sehr häufig gesehen.
Der primäre Status "früher" war somit vermutlich keine "Uhrzeit", sondern lediglich die "Missionsphase". Wenn eine Phase fertig  war, dann hat sie die nächste gestartet. Und für die TV-Kameras hat man die Phasen vor dem Start in eine Uhrzeit umgerechnet und die Pause dann gemacht, wenn eine Phase länger dauert. Das ganze hat einen großen Vorteil: Es wie lange etwas dauert, wenn der Zustand fertig hergestellt ist, kann die nächste Phase beginnen. Gerade im Orbit ist das wichtig. Und dann ist wieder alles In Ordnung.

Auch vorher ist das ganz wichtig. Wenn Phase 3 heißt, der Mitarbeiter öffnet den Tank und prüft ein letztes mal ob Werkzeuge im Tank vergessen wurden und Phase 4 heißt, daß der Tank mit 0,2 Bar Stickstoff gefüllt wird, damit kein Sauerstoff mehr drin ist, dann darf man die Phase 4 nicht starten, nur weil der Mitarbeiter in Phase 3 mal länger braucht.

Beispiel: Phase 57 soll den Orbit von 250x400 auf 280x400 ändern. Das Triebwerk zündet nicht. Jetzt darf auf keinen Fall die nächste Phase starten. Nach 90 Minuten wird es nochmal versucht, das Triebwerk zündet. Danach ist alles IO und es darf 58 starten. Ab jetzt ist aber Uhrzeit anders. Es ist somit einfacher, in "Phasen" zu zählen als in "Zeit" zu Zählen. Und Phase 58 soll von 280x400 auf 380x400 erhöhen, nach 11 Stunden.

Wie ich weiter oben schon geschrieben habe kommt hier noch eine weitere Besonderheit hinzu. Das letzte Beschleunigen um von der Parabel in den Orbit zu kommen, macht das Raumschiff. Es könnte aber auch die Rakete machen. Das heißt, die Rakete übergibt dem Raumschiff die Missionsphase und damit auch wie weit es bereits geflogen ist.

In Wirklichkeit hat jetzt die Rakete eine falsche Phase übergeben. Das ist etwas, was das Raumschiff nicht mal eben "Schnell" Überprüfen kann. Jetzt hat Rakete Phase 59 übergeben (Statt 57). Damit dachte das Raumschiff es ist bei 380x400 und hat sich daher versucht selber besser auszurichten.

Die Presseabteilung hat dann die Phasen wieder in Uhrzeiten zurückgerechnet (Weil sie das ja immer macht) und so sind die 11 Stunden an die Presse gemeldet worden.

Schneefüchsin

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #517 am: 26. Dezember 2019, 12:33:33 »
Ja, so mit dem Phasen in Zeiten umrechnen macht durchaus Sinn, jedenfalls großteils.
Zwischen den einzelnen Phasen sind ja oft noch Ruhezeiten enthalten, heißt, sollte eine Phase länger dauern, sollte auch die Ruhezeit gekürzt werden, denn sonnst würde eine spätere Phase ohne triftigen Grund verspätet durchgeführt.

Wenn sich aber Rakete und Kapsel über die Phasen nicht einig sind und somit bei der Übergabe von einem anderen Missionszeitpunkt/Situation ausgegangen wird ist dies weiter sehr Problematisch, siehe Fall von RUD und wie ein LAS reagieren müsste.
Ich kann mir hierbei vorstellen, dass für eine Missionsphase eine Nummer übergeben wird, Rakete und Kapsel aber andere Listen dafür haben.

An sich ist Starliner ja ein eigenständiges Raumschiff und wird nur während des Aufstiegs durch die Rakete kontrolliert, muss aber permanent fähig sein die Kontrolle zu übernehmen.
Unter diesen Voraussetzungen würde ich eigentlich annehmen, dass die Kapsel permanent sich ihrer Situation bewusst sein sollten wie "Startvorbereitung", "Start", "Suborbitaler Flug" und "Orbitaler Flug" und wenn hier entsprechende Phasen oder Zeiten nicht mit bestimmten Messergebnissen oder Zeitdauern übereinstimmen sollte dies eigentlich einen Alarm in sich auslösen, was anscheinend nicht passiert ist.

Hoffe sie finden raus wo der Fehler genau lag, beheben ihn und stellen zusätzlich sicher, dass die Starliner einen solchen Fehler in Zukunft auch erkennen können und selbst meldet "Hier stimmt etwas nicht, was soll ich tun?" denn zwischen Separation und Zirkularisieren des Orbits ist genug Zeit solche Problemmeldungen zu bearbeiten, von Astronauten in der Kapsel oder vom Boden aus ist dabei recht egal.

Grüße aus dem Schnee

Offline proton01

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #518 am: 26. Dezember 2019, 12:42:56 »
In Wirklichkeit hat jetzt die Rakete eine falsche Phase übergeben. Das ist etwas, was das Raumschiff nicht mal eben "Schnell" Überprüfen kann. Jetzt hat Rakete Phase 59 übergeben (Statt 57). Damit dachte das Raumschiff es ist bei 380x400 und hat sich daher versucht selber besser auszurichten.

In der Pressekonferenz nach dem Start hieß es Starliner hätte wohl falsch auf Daten der Atlas-Centaur zugegriffen.
Die Atlas selbst muss richtige Daten richtig verwendet haben, sonst wäre schon vor der Abtrennung was schief gegangen.

Generell sollte eine Plausibilitätsprüfung in Sekundenbruchteilen möglich sein.

Es geht auch nicht um Uhrzeit sondern um MET Mission Elapsed Time, also in der Mission verstrichene Zeit, sprich Zeit ab Start. Die missions Phase ergibt sich dann aus dem Flugprogramm. Nach dem Start gibt es dabei auch keine Pausen, die Unterbrechungen sind für die Startvorbereitung da.

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Online Duncan Idaho

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #519 am: 26. Dezember 2019, 17:07:15 »
Erst wird erst geflogen/navigiert dann kommuniziert.
Dafür sind sie ausgebildet.
Ich denke eine Crew hätte das im Starliner eingefangen.
Aber kommen zu viele Sachen auf einmal auf sie zu und sind nicht dafür Ausgebildet oder Informiert gehts schief.
Du verwechselst das mit einem Flugzeug.
Bis sie im Orbit sind steuert bzw. "navigiert" sicherlich kein Astronaut die Kapsel.

Und was war der Starliner nach der Abtrennung?
#I NEVER WANT TO HOLD/SCRUB AGAIN. \\//_

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Offline Sensei

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #520 am: 26. Dezember 2019, 17:16:42 »
Es geht auch nicht um Uhrzeit sondern um MET Mission Elapsed Time, also in der Mission verstrichene Zeit, sprich Zeit ab Start. Die missions Phase ergibt sich dann aus dem Flugprogramm. Nach dem Start gibt es dabei auch keine Pausen, die Unterbrechungen sind für die Startvorbereitung da.

Und dann arbeitet der Starliner sklavisch sein Programm/die mit der MET verbundenen Aktionen ab, ohne auf äußere Umstände, Verzögerungen etc. einzugehen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Es muss sich um ein dynamisches System handeln, das sich seiner Situation gewahr ist. Und auch wenn die Centaur überträgt "du bist schon im Endanflug an die ISS" muss doch eine Plausibilitätsprüfung statt finden..

Offline Kelvin

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #521 am: 26. Dezember 2019, 18:39:07 »
Und dann arbeitet der Starliner sklavisch sein Programm/die mit der MET verbundenen Aktionen ab, ohne auf äußere Umstände, Verzögerungen etc. einzugehen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Es muss sich um ein dynamisches System handeln, das sich seiner Situation gewahr ist. Und auch wenn die Centaur überträgt "du bist schon im Endanflug an die ISS" muss doch eine Plausibilitätsprüfung statt finden..

Genau. Das Steuerprogramm des Trägers ist wesentlich älter und fast sicher von anderen Leuten entwickelt. Und die Probleme (bzw. Phasen) der Nutzlast gehen diese Steuerungssoftware nichts an. Seine Aufgabe ist es doch die Nutzlast in einem bestimmten Orbit abzuliefern und fertig. Und als kleinen Zusatzdienst kann man der Nutzlast noch ein Geschenk in Form der letzten eigenen Positions- und Flugdaten schenken. Wenn die Notzlast denn möchte und schlau genug ist sie auszuwerten. Irgendwelche Flugphasen der Nutzlast gehen den Träger nichts an und die Leute werden die Trägersoftware für diesen Einsatz auch nicht total umgekrempelt haben. Und werden auch nicht irgendwelche (natürlich anderen) Flugphasen mit den Herstellern kommerzieller Sats abgestimmt haben. Warum kompliziert, wenn beide Teile eine eigene Steuerung und Verantwortung haben. Das würde nur für Chaos sorgen.

Nach der Trennung können die letzten Positionsdaten des Trägers für die Kapsel aber schon praktisch sein, insbesondere wenn sie sich auf eine Parabolbahn aussetzen läßt und es daher relativ flott mit der Positionsbestimmung gehen muß. (Hat hier schon vor mir jemand festgestellt, das leuchtet absolut ein.) Sonst ist aber die Steuerung der Kapsel für sich verantwortlich. Und muß auch in der Lage sein, die Plausibilität der Daten vom Träger zu beurteilen. Übertragene Daten von einem fremden System sind fast so unzuverlässig wie die, welche ein Internetuser nach Mitternacht in seinen Rechner eintippt. ;) Und "falscher" als um 11 Stunden versetzt kann ein Datenpaket schließlich kaum sein.

Gab es da nicht schon einmal so ein kleines Kommunikationsproblem zwischen Träger und Nutzlast?  ;)   

PS: Alles selbstverständlich nur meine Meinung, aber als Maschinen- und Softwarefreund sage ich die einfach.

Endeavour-Rocket

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #522 am: 26. Dezember 2019, 18:41:46 »
Nach Horror-Jahr für Boeing, wurde der Manager Dennis Muilenburg feuerte, neuer Chef ist nun Dave Calhoun...

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Offline Therodon

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #523 am: 26. Dezember 2019, 19:52:25 »
Und dann arbeitet der Starliner sklavisch sein Programm/die mit der MET verbundenen Aktionen ab, ohne auf äußere Umstände, Verzögerungen etc. einzugehen? Das kann ich mir nicht vorstellen. Es muss sich um ein dynamisches System handeln, das sich seiner Situation gewahr ist. Und auch wenn die Centaur überträgt "du bist schon im Endanflug an die ISS" muss doch eine Plausibilitätsprüfung statt finden..

Hört sich vielleicht ungewohnt an, aber rein vom Software Design würde ich auch eine generelle Abarbeitung bevorzugen.

Ist alles richtig programmiert kann dabei eigentlich nichts schief gehen und sollte die Position vom Missionsprofil abweichen hat man eh ein größeres Problem.

Jegliche Plausibilitätsprüfung bringt Unsicherheitsfaktoren in das System, egal wie man nun prüfen will.

Offline Kelvin

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Re: Starliner CST-100 Orbital Flight Test auf Atlas V N22 in CC-LC41
« Antwort #524 am: 26. Dezember 2019, 20:32:33 »
Hört sich vielleicht ungewohnt an, aber rein vom Software Design würde ich auch eine generelle Abarbeitung bevorzugen.

Was ist eine "generelle Abarbeitung"?  Nach dem Motto "nicht fragen, Gas geben, wenn der Zeitpunkt da ist"? Also mit einem Satz voreingestellter "Eieruhren", die zu bestimmten Zeiten die Triebwerke starten und wieder stoppen? Wozu dann die ganzen Einrichtungen zur Positionsbestimmung und Abstandsmessung. Wie sollte man dann ein anderes Objekt mit einer Genauigkeit de im Zentimeterbereich liegt überhaupt treffen?  Für mich ist das so unvorstellbar, wie eine Fahrt zum Supermarkt mit verbundenen Augen.