Auch meine eigenen Angaben bedürfen gelegentlich einer Klarstellung. Die Einordnung des am 3. Februar 2024 mit einer
Jielong-3 gestarteten
DRO-L als Erdbeobachtungssatellit war falsch. Es handelt sich um einen experimentellen Navigationssatelliten, dessen nächste oder übernächste Inkarnation das
Beidou-Satellitennavigationssystem mit der
Umfassenden Kommunikations-, Navigations- und Fernerkundungskonstellation Elsternbrücke verknüpfen soll. Das funktioniert im Prinzip genauso wie die Vermessung des Königreichs Hannover durch Carl Friedrich Gauß in den 1820er Jahren: DRO-L ist ein
geodätischer Festpunkt, dessen Position durch die Beidou-Satelliten genau bestimmt ist. Natürlich ist dieser Festpunkt nicht fest, sondern er befindet sich in einem sonnensynchronen Orbit von etwas über 500 km Höhe, mit einer Bahnneigung von 97,4° und einer Umlaufzeit von knapp 95 Minuten. Dort ist er vom Mond aus gesehen für maximal 40 Minuten pro Umlauf hinter der Erde verschwunden:
https://jdse.bit.edu.cn/sktcxb/cn/article/doi/10.15982/j.issn.2096-9287.2023.20230017Um den nächsten geodätischen Punkt zu bestimmen - momentan der am 13. März verlorengegangene
DRO-A, nach 2033 die
Rettungs- und Wohnungs-Raumstation in einem entfernten rückläufigen Orbit um den Mond - besitzt DRO-L neben einem Beidou-Empfänger einen auf dem K-Band bei 25 GHz arbeitenden Transceiver (im Weltall wird da nichts durch die sommerliche Monsunwolkendecke gedämpft), eine Parabolantenne mit 60 cm Durchmesser und einen
beheizten Quarzoszillator für präzise Zeitmessung. In der endgültigen Version soll ein um eine Zehnerpotenz genauerer
Rubidium-Oszillator verwendet werden; die irdischen Beidou-Satelliten haben
Wasserstoff-Maser-Uhren.
DRO-L und DRO-A senden sich in kurzen Abständen Pings. DRO-L berechnet aus der Laufzeit die Entfernung und mithilfe eines
erweiterten Kalman-Filters (eine Extrapolationsmethode) die absolute Position von DRO-A im Erde-Mond-System. Damit ist nun DRO-A zum nächsten (mobilen) Festpunkt geworden. Der entfernte rückläufige Orbit, in dem sich DRO-A und später die Raumstation befindet, ist sehr stabil; er würde, wenn es keinen Lichtdruck von der Sonne gäbe, über einen Zeitraum von mindestens 100 Jahren keine Bahnkorrekturmanöver benötigen. Außerdem kann man von dort alle Orte auf dem Mond, auf der Erde, die Chinesische Raumstation und erdnahe Asteroiden in allen möglichen Umlaufbahnen mit geringem Energieaufwand erreichen. Der Orbiter von
Chang’e 5, mit dem diese Umlaufbahn seit Dezember 2021 getestet wird, bewegt sich bei 70.000 x 100.000 km (die lange Achse ist tangential zur Umlaufbahn des Mondes um die Erde) mit einer Umlaufzeit von 15,75 Tagen. Für die Raumstation wird aus Gründen der gleichbleibenden Arbeitsabläufe eine Umlaufzeit von 14,75 Tagen, also ein halber
synodischer Monat angestrebt, was einem Orbit von 76.900 x 96.100 km entspricht.
Der ebenfalls verlorengegangene Satellit DRO-B sollte in dem Experiment des
Zentrums für Projekte und Technologien zur Nutzung des Weltalls einen an die Raumstation andockenden Raumflugkörper spielen, also eine Pendelfähre CSS-Mondraumstation, eine von der Mondoberfläche aufsteigende Landefähre oder was auch immer. Nun schickt DRO-L einen leicht streuenden Signalstrahl zum Mond, der DRO-A und DRO-B abdeckt (durch den großen Radius des rückläufigen Orbits haben die beiden Satelliten fast immer Sichtverbindung zur Erde):
Bild:
CSUGleichzeitig schickt DRO-A die Information, die er von DRO-L erhält an DRO-B. Aus dem Laufzeitunterschied zwischen dem Signal von DRO-L zu DRO-A und von DRO-L zu ihm selbst berechnet DRO-B seine relative Position zu DRO-A, also dem Ankoppelungsziel. In Simulationen, die nun nicht verifiziert werden können, gelang das mit einer Genauigkeit von 4 bis 5 m (die Präzision des für zivile Anwender freigegebenen Beidou-Systems auf der Erde beträgt 4,4 m), die relative Geschwindigkeit von DRO-A und DRO-B zueinander konnte mit einer Präzision von 0,1 mm/s bestimmt werden. Eine echte Raumfähre würde auf den letzten 20 m des Anflugs dann natürlich mit Laser-Retroreflektor und Zielkreuz manövrieren.