Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation

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Offline thunder5

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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #500 am: 10. Dezember 2024, 19:12:21 »
Der Mensch ist entwicklungsgeschichtlich bedingt einfach nicht für die Schwerelosigkeit gemacht und wird sich in ihr wohl auch nicht problemlos fortpflanzen können.
Es ist sogar fraglich, ob es auf dem Mars oder Mond funktioniert. Und wenn nicht, wäre der Traum von EM schon vorab geplatzt, wenn man keinen entsprechenden Weg findet, den man natürlich so schnell wie möglich entwickeln müsste.

Wenn es nur um die Fortpflanzung geht, sehe ich da keine so großen Probleme. Höchstens in der Embryogenese könnte es welche geben, die man vermutlich aber schon durch geringe Schwerkraft kompensieren kann.
Aber Du hast natürlich recht, es muss endlich einmal gemacht werden. Allein um die zahlreichen medizinischen Probleme bei Langzeitaufenthalten zu reduzieren. Für den Anfang kann man Raumstationen rotieren lassen (oder ein Starship, wenn es mal fliegt). Selbst eine Minigravitation von 0,05 G würde das Leben auf so einer Station erheblich erleichtern (Körperpflege, Essen, Arbeiten usw.). Eine Bewegung durch die Station "schwebend" mit minimalem Kraftaufwand wäre noch möglich, aber Gegenstände bleiben am Platz oder "verschüttete" Flüssigkeiten sammeln sich am Boden.
Der Horizont vieler Menschen ist ein Kreis mit Radius null - und das nennen sie ihren Standpunkt. (David Hilbert - nicht, wie oft behauptet, Albert Einstein)

Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #501 am: 10. Dezember 2024, 21:35:11 »
Ich denke nicht das es auf Mond oder Mars Probleme gäbe, sehe es eher wie mein Vorposter.
Ethik ist tatsächlich nicht irgendwo festgeschrieben und beispielsweise zeigt nachfolgender Link was das bedeuten kann.
https://de.wikipedia.org/wiki/Kairoer_Erkl%C3%A4rung_der_Menschenrechte_im_Islam#:~:text=Die%20Kairoer%20Erkl%C3%A4rung%20wurde%20am,derzeit%20bei%2055%20von%2057.

Offline Gecko

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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #502 am: 11. Dezember 2024, 08:21:59 »
Die Volksrepublik China hat wesentlich höhere ethische Standards als die freie Welt.
Das ist für mich schon in sich ein Widerspruch, denn ein unfreies Volk wird wohl kaum ethisch regiert. Aber das ist eine andere Diskussion.
Nicht vergessen: Menschliches Klonen wurde auch versucht, und erst als es aufflog, hat man sich distanziert. Stichwort ist da weniger "Ethik" als "Gesichtswahren", wie schon erwähnt. Was in der Raumstation oder sonstwo wirklich passiert, weiß wohl keiner außerhalb CN.

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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #503 am: 11. Dezember 2024, 09:34:09 »
Nicht "man", sondern He Jiankui, und der wurde zu 3 Jahren Haft verurteilt:
https://de.wikipedia.org/wiki/He_Jiankui

Was auf der Raumstation wirklich passiert, kannst Du jeden Sonntag in den wöchentlichen Videoberichten der CMSA sehen:
https://weibo.com/u/2196038737

Du kannst das auch in der Presse nachlesen. So hat zum Beispiel das Frachtraumschiff Tianzhou 8 am 15. November neben den Fruchtfliegen auch Säugetierembryonen und menschliche pluripotente Stammzellen zur Station gebracht:
http://www.ce.cn/xwzx/gnsz/gdxw/202411/16/t20241116_39205021.shtml

Ethik ist, wie schon einsteinturm gesagt hat, vom kulturellen Kontext abhängig. Konfuzianismus verhält sich zu Humanismus wie das Alien zu Sigourney Weaver - man muss es nicht verstehen, aber man muss akzeptieren, dass das seit dem Neolithikum funktioniert. (Konfuzius hat den Konfuzianismus nicht erfunden, sondern nur die existierenden Moralvorstellungen in knackige Sprüche gefasst. Die Analekten sind das bronzezeitliche Äquivalent zur Mao-Bibel).


Zurück zum Thema:
Die CMSA wird den Standortvorteil der Schwerelosigkeit ganz sicher nicht aufgeben, weder bei der CSS, noch bei der Lunaren Orbitalstation oder der Raumschiffwerft im geostationären Orbit. Dort dauert eine Schicht 6 Monate, das kann man verkraften, vor allem wenn man vorschriftsgemäß einen Pinguin-Anzug trägt und über seine Akupunkturpunkte elektrisch Muskelzuckungen hervorruft.

Raumflüge zu Mars, Kallisto etc. sind eine andere Sache. Dort versucht man mit nuklear-thermisch angetriebenen Raumschiffen so lange wie möglich unter Beschleunigung zu fliegen. Das Chinesische Raumfahrer-Ausbildungszentrum ist nach sorgfältiger Abwägung aller Faktoren zu dem Schluss gekommen ist, dass dabei 1/6 g einen vernünftigen Kompromiss zwischen technischem Aufwand und Gesunderhaltung der Raumfahrer darstellt:
https://www.yhxb.org.cn/thesisDetails#10.3873/j.issn.1000-1328.2023.09.016&lang=zh (das Link dauert manchmal etwas länger, bis es lädt. Geduld!)

Rotierende Raumflugkörper sind erstens spinstabilisiert und nicht zu lenken, zweitens müsste bei jedem Außenbordeinsatz die Rotation gebremst (und danach wieder in Gang gebracht) werden, damit die Raumfahrer oder ihr Werkzeug nicht bei einer kurzen Unachtsamkeit hinaus in die Tiefen des Weltalls geschleudert werden. Jede derartige Aktion kostet erstens Treibstoff, zweitens belastet sie die Station mechanisch und verkürzt ihre Lebensdauer.

Offline Gecko

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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #504 am: 11. Dezember 2024, 11:19:44 »
Rotierende Raumflugkörper sind erstens spinstabilisiert und nicht zu lenken, zweitens müsste bei jedem Außenbordeinsatz die Rotation gebremst (und danach wieder in Gang gebracht) werden, damit die Raumfahrer oder ihr Werkzeug nicht bei einer kurzen Unachtsamkeit hinaus in die Tiefen des Weltalls geschleudert werden.

"Nicht zu lenken" stimmt nicht ganz, solange die Richtungsänderung orthogonal zur Drehachse ist. Ist aber komplexer als nur eine Steuerdüse zu zünden.

Das mit dem Abhandenkommen von "Zubehör" gilt für einen ständig beschleunigten/gebremsten Flug genauso (allerdings wäre das Wiedereinfangen leichter, man müsste "nur" die Geschwindigkeit, nicht die Richtung ändern).

Bei langen Flügen wäre die Variante mit Gravitation durch Beschleunigung aus mehreren Gründen vorzuziehen, aber da es hier ja um eine Raumstation geht, bleiben doch nur Mikrogravitation oder "Zentrifugalgravitation" als Option.

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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #505 am: 01. Januar 2025, 09:12:27 »
Ein Kernreaktor lässt sich nicht ganz so einfach abschalten, aber falls während eines Fluges zum Mars, Jupiter etc. tatsächlich ein Außenbordeinsatz nötig werden sollte, weil ein Mikrometeorit eine Antenne zerschossen hat oder was auch immer, dann würde man das tun und im "Gleitflug" weiterschweben. Die Raumfahrer fallen dann mit der gleichen Geschwindigkeit in Richtung Mars wie das Raumschiff (wie Passagiere in einer Aufzugkabine, wo das Seil gerissen ist), und man hat die selbe Situation wie bei der CSS im Erdorbit.

Einer der Gründe, warum Schwerelosigkeit in einer Raumstation von Vorteil ist, wird von Bordingenieurin Wang Haoze in diesem Video ab 00:56 mit dem Kleinen Raumfahrer demonstriert, einer Kameradrohne, die sich wie ein Quadkopter durch die Station bewegt:
https://weibo.com/2656274875/P7wTNCLBN

Derzeit ist das nur ein Spielzeug, das durch Ansprache kommandiert werden muss ("Kleiner Raumfahrer, Kleiner Raumfahrer, mach ..."). In einer nächsten Version soll das Ding aber selbstständig durch die Station patrouillieren, die Position von weggelegtem Werkzeug etc. dokumentieren und alles, was nicht der Norm entspricht (lockere Schrauben, Verschmutzungen) sofort melden.

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Offline alepu

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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #506 am: 12. Januar 2025, 12:35:03 »
Führung durch die Station.
Hab jetzt hier etwas zurückgescrollt, bin mir aber trotzdem nicht ganz sicher, ob dieses Video schon irgendwo reingesetzt wurde.
Da aber recht informativ und auch noch mit englischen Untertiteln....


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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #507 am: 13. Januar 2025, 07:35:33 »
Die englische Version ist neu :)

Wer sich dafür interessiert, was in den Laborschränken geschieht, die in dem Video vorgestellt werden, kann sich von hier den Arbeitsbericht 2024 herunterladen (das sind 135 MB, kann also etwas dauern):
https://www.cmse.gov.cn/xwzx/202412/t20241230_56187.html

Dort sind bei jedem Experiment die Anwendungszwecke angegeben (zum Beispiel bei den Glasfaserkabeln, mit denen sich Fei Junlong und Zhang Lu bei der Mission Shenzhou 15 so geplagt haben, die Videoüberwachung von Atommüll-Endlagern mit ihrer hohen Strahlenbelastung). Außerdem sind repräsentative Veröffentlichungen in der Fachpresse angegeben, wo man weitere Details nachlesen kann. Hier zum Beispiel für die Zebrafische:
https://www.the-innovation.org/article/id/6728238c52700000d7002804

Die Tiere haben sich in der Schwerelosigkeit dann doch noch ganz gut zurechtgefunden und gelaicht. Nach 43 Tagen wurden sie schmerzlos getötet und zusammen mit dem Laich eingefroren (wenn die Jungfische geschlüpft wären, wäre das Ökosystem zusammengebrochen). Damit hat die Mannschaft von Shenzhou 18 den seit 1998 von der Ruhr-Universität Bochum gehaltenen Weltraum-Fischhaltungs-Rekord von 16 Tagen eingestellt:
https://idw-online.de/de/news?print=1&id=4291

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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #508 am: Heute um 10:30:19 »
Neben den von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften betriebenen Laborschränken der Raumstation befindet sich unter dem Fußboden des Wissenschaftsmoduls Mengtian der Baugruppenträger für Raumfahrt-Grundlagenforschung der Chinesischen Akademie für Weltraumtechnologie, wo die Firma Technologieerprobung für eigene Projekte durchführt. So wird zum Beispiel an einer ständig rotierenden Säule der Abrieb von Schleifringen für die Stromübertragung von drehbaren Solarmodulen unter den Bedingungen der Schwerelosigkeit untersucht:


Bild: CAST

Das Qian-Xuesen-Labor für Weltraumtechnologie (das Innovationszentrum der Firma für langfristige, fachbereichsübergreifende Planungen) arbeitet seit 2015 an Methoden, über künstliche Photosynthese Kohlendioxid + Wasser in Sauerstoff + Kohlenwasserstoffe umzuwandeln:


Bild: Qian-Xuesen-Labor für Weltraumtechnologie

Während die bislang auf der Raumstation praktizierte Aufbereitung von Kohlendioxid bei hoher Temperatur und hohem Druck stattfindet, arbeitet das Experiment des Qian-Xuesen-Labors in einem Einschub des Baugruppenträgers bei Zimmertemperatur (298 K) und unter normalem Luftdruck (101 kPa). Mit einem Halbleiter als Katalysator ist es nun weltweit erstmals gelungen, in 12 Versuchsreihen zuverlässig und reproduzierbar in der Schwerelosigkeit aus Kohlendioxid Sauerstoff und Ethylen herzustellen, das zum Beispiel als Raketentreibstoff verwendet werden kann.

Mit einem veränderten Versuchsaufbau soll nun auch Ameisensäure hergestellt werden, die als Rohstoff für synthetische Kohlenhydrate dienen soll. Auf Himmelskörpern wie dem Mars, wo man das Wasser aus dem Eis im Untergrund und das Kohlendioxid aus der Atmosphäre entnehmen kann, könnten die Kohlehydrate als Nahrungsergänzungsmittel dienen:
https://www.cmse.gov.cn/xwzx/202501/t20250118_56224.html

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Offline alepu

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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #509 am: Heute um 11:58:58 »
Toll, wenn das auch in grösserem Maßstab funktioniert!

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Re: Tiangong (CSS) - Chinas modulare Raumstation
« Antwort #510 am: Heute um 15:33:57 »
Das ist eine etwas komplexe Angelegenheit. Das Qian-Xuesen-Labor wurde am 14. August 2020 von einer zauseligen Denkfabrik zu einer von drei Hauptabteilungen von CAST hochgestuft (die anderen beiden sind Großprojekte und Kommunikations- und Navigationssatelliten). Dieses Gerät ist zwar nur eine kleine Versuchsanlage, aber ein industrieller Maßstab ist absolut geplant:


Bild: CMSA

Man muss dabei allerdings im Blick behalten, was die Anlage genau macht. Das obige Gerät arbeitet in der Schwerelosigkeit und ist dafür gedacht, unter direkter Ausnutzung des kostenlosen Sonnenlichts, ohne den Umweg über Solarmodule und Strom, das ausgeatmete Kohlendioxid der Raumstationsbesatzung zu Sauerstoff wiederaufzuarbeiten. Wang Yaping hat das auf eine diesbezügliche Schülerfrage während der Mission Shenzhou 13 bereits angekündigt. Die Kohlenwasserstoffe sind hier zunächst einmal ein Abfallprodukt.

In der oben zitierten Firmenmitteilung heißt es aber explizit, dass diese Methode auf Mond, Mars und Asteroiden (Ceres ist momentan wieder aktuell) zur Herstellung von Sauerstoff und Treibstoff verwendet werden soll, neben Ethylen auch Methan. Unter den diversen Schwerkräften (1/ 6 g, 1/3 g etc.) ergeben sich aber verschiedene Strömungsmechaniken. Das Herumpumpen von Flüssigkeiten und Gasen in der Schwerelosigkeit ist ausgesprochen schwierig. Bei einem Einsatz auf einem Himmelskörper muss man das anders angehen. Es wird aber wohl eher leichter als bei der Testanlage auf der CSS.