Ohne den Vorredner angreifen zu wollen - ich finde es absolut nicht in Ordnung, wenn wie bei der Diskussion zum Klimawandel den Diskussionsgegnern "Leugnen" unterstellt wird. Das Wort ist dicht bei "Lügen", und hat eine absolut abträgliche Bedeutung.
Die Wahrheit ist nicht immer auf Seiten der im ideologischen Mainstream schwimmenden Mehrheit. Gerade bei dieser Diskussion haben auch die Skeptiker durchaus gute Argumente.
hg
Hermes
Grundsätzlich gebe ich Dir recht, dass Diffamierungen grundsätzlich fehl am Platz sind, egal aus welcher Richtung, da die Diskussion sonst schnell die sachliche Ebene verlässt und eine persönliche wird.
Allerding fällt mir kein passenderer Begriff neben "Leugnen" ein. Ich sehe den Begriff auch nicht in der Nähe von "Lügen", da dies den Umstand der Kritiker am passendsten widerspiegelt.
Wenn allgemeiner Konsens ist, dass die Erde eine Kugel ist und ich bestehe darauf, dass sie eine Scheibe ist, was mache ich denn mit der Aussage "Kugel"? Ich leugne sie. "Kritisieren" passt nicht, da dies eine kritische Auseinandersetzung mit den Argumenten die "pro Kugel" sprechen, einschließt. Würde ich mich als "Kugelleugner" mit den Argumenten, die für eine Kugelform sprechen ernsthaft(!) auseinandersetzten und auch die Quellen kritisch mit berücksichtigen, wären diese "pro-Kugel" erdrückend, so dass meine Argumentation "contra-Kugel" schon extrem fundiert und plausibel sein muss.
Wenn allerdings von den "Klimaskeptiker" (ich nenne sie mal so) die Argumente auf unterschiedlichen Ebenen kommen (und damit glitschig werden wie nasse Seife), dann entziehe ich mich persönlich dieser Diskussion, da dies dann auf der Ebene von "Verschwörungstheorien" diskutiert und nur noch argumentatives Cherry-Picking betrieben wird:
erst Stufe:
es gibt keinen Klimawandel - auch wenn zwischenzeitlich sehr viele Beobachtungen dafür sprechen. Wenn diese Beobachtungen NICHT einem globalen Klimawandel unterliegen, dann wären es isolierte Einzelfälle die scheinbar in ein erstaunliches Muster passen. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für solche eine zufällige Verkettung von Beobachtungen? Darüber hinaus darf schlüssig argumentiert werden, wie man erwarten kann, dass man diese extremen Mengen CO2 und andere klimawirksamen Gase in die Atmosphäre bläst und erwartet dass das keinerlei Auswirkungen hätte.
zweit Stufe
es gibt einen Klimawandel, aber der ist nicht man-made - auch hier darf durchaus plausibel die "zufällige" Koinzidenz zwischen CO2-Anstieg der Atmosphäre und dem globalen Temperaturanstieg mit dem Zunahme von Wetterextremen dargestellt werden. Nicht umsonst wird hier häufig dargestellt, dass das CO2 der Temperatur folgt und nicht umgekehrt. Eine schlüssige Erklärung habe ich für diesen Prozess aber bisher noch nicht zu lesen bekommen.
Mitunter wird versucht zu erklären, dass der Anteil des menschengemacht CO2 an der Gesamtmasse der Atmospäre verschwindend gering ist und damit keinen so dramatischen Einfluss haben könne. Spätestens hier kann man aufhören zu diskutieren und demjenigen nur empfehlen 1mg PU239 zu sich zu nehmen. Da der Anteil des PU239 an der Gesamtmasse des Körpers minimal ist, könne dies ja nach der Argumentation keine Auswirkungen haben ...
dritte Stufe
Es gibt einen menschengemachten Klimawandel, aber das wäre ja nur positiv, da (wie auch in diesem Thread zu lesen) die positiven Seiten einer Warmzeit die negativen überwiegen. - Das mag vielleicht(!) sogar stimmen, übersieht aber dass wir wir nicht von eingeschwungenen Zuständen sprechen, sondern von dem WANDEL von einem metastabilen Zustand in einen neuen. Und bis zu neuen, eingeschwungenen Zustand wird a) es lange dauern und b) praktisch JEDE globale Veränderung auf unser diffiziles Gleichgewicht unserer Gesellschaft katastrophal wirken, egal wie der Endzustand zu bewerten ist.
Bei der Heranziehung von Beispielen wird dann mitunter das mittelalterliche Klimaoptimum herangezogen, dass womöglich auf der Nordhalbkugel für einige Jahrhunderte herrschte. Abgesehen davon, dass dies nicht nur positive Auswirkungen hatte (und womöglich im Zusammenhang mit dem Verschwinden einige indianischer Hochkulturen in Nord- und Mittelamerika steht: Dürre), sind die Auswirkungen des derzeitigen Klimawandels bereits dramatischer. Dies auch mit bedingt, dass wir mittlerweile den Planeten wesentlich dichter besiedeln und deutlich stärker auf eine vernetzte und fragile Infrastruktur angewiesen sind.
Und dabei holt der Klimawandel immer noch Schwung ...
vierte Stufe
Kimawandel gab es schon immer und hatte somit bisher immer natürliche Ursachen - ein immer wieder gerne genommenes Argument. Dies übersieht allerdings, dass unabhängig davon JEDER Klimawandel, der mit diesem hohen Tempo stattfindet, katastrophal für unsere Gesellschaft ist, unabhängig davon ob er natürlichem oder künstlichen Ursprungs ist. Aber es gibt einen Unterschied: den künstlichen Klimawandel können wir zumindest theoretisch beeinflussen (schließlich verursachen wir in ja). gegen andere Ursachen katastrophaler Klimaänderungen sind wir weitgehend machtlos (Kometeneinschlag, Supervulkan, extreme Sonnenaktivitäten, etc.) und können da nur versuchen die Auswirkungen als Menschheit zu überleben.
Ansonsten waren Klimaänderungen auf einer für menschliche Verhältnisse sehr langen Zeitskala so, dass Auswirkungen gesellschaftlich irrelevant waren (zum Beispiel durch Kontinentalverschiebungen). Auch die Natur und Vegetationszonen konnten sich anpassen. Und selbst solche Änderungen welche auf Skalen von hunderttausenden oder Jahrmillionen von Jahren statt fanden, waren für einige Arten zu schnell, so dass sie sich nicht anpassen konnten.
Was derzeit stattfindet hat aus distanzierter Zukunft rückblickend gesehen, die Wirkung eines Kometeneinschlags ... praktisch schlagartig stattfindend (auch wenn sich für uns Jahrzehnte und erst recht Jahrhunderte lange anfühlen).
fünfte Stufe
egal was wir machen, wir können es eh nicht ändern - Der Superfatalismus! Vergleichbar einem Autofahrer, der mit 200 Sachen auf ein Stauende zu fährt und aktiv nicht aufs Bremspedal steigt, weil er eine Kollision wahrscheinlich eh nicht mehr verhindern kann ... (ignorierend, dass er den Aufprall mit 100 vielleicht überlebt, mit 200 aber sicher nicht)
Wir reden und fabulieren von Terraforming auf dem Mars und machen mit der Erde gerade das genaue Gegenteil: wir entterraformen die Erde.