Hallo Kelvin,
ich antworte schon mal hier. Unsere anderen Beiträge aus dem Falcon-9R-Thread werden hier bald landen ...
Ich habe dieses Bild hier gemacht, um Kräfte, Momente, Fluglage und Bewegung darzustellen, wie sie bei einer Schwebetranslation durch ein schwenkbares Triebwerk ablaufen. Das "Problem" der Darstellung ist: Die Kräfte/Momente regen Beschleunigungen an, die sich in Geschwindigkeiten (Translation und Rotation) übersetzen (nicht explizit dargestellt), die sich wiederum in Wege/Lagen übersetzen (dargestellt). Das kann zu Problemen in den Begriffen und Bildern führen. Stimmig wird das ganze erst durch Differentialgleichungen formuliert/dargestellt, wo all diese Größen und ihre zeitlichen Änderungen zusammenspielen.
Das Bild zeigt einmal die Rakete und wie dort die Kräft angreifen. Daneben ist jeweils das äquivalente Modell der Kräfte am Schwerpunkt dargestellt, samt Ersatzmoment, dass dann im Schwerpunkt wirk.
0.Schub und
Gewicht wirken antiparallel gleichstark. Die Rakete schwebt.
1.Die Rakete schwebt immer noch. Der
Schub wird aber kurz nach rechts ausgelenkt. In der Summe addieren sich die Kräfte jetzt in eine
nach links unten schiebende Komponente und in ein
rechtsdrehendes Moment. Das heißt jetzt, es bauen sich zwei Bewegungen auf: die Stufe (ihr Schwerpunkt) beschleunigt nach links unten und die sie rollt nach rechts.
Das Rollen würde jetzt immer weiter gehen, auch bei neutraler Schubstellung, aber nicht weil der Schwerpunkt "weiter kippt", sondern weil das Moment eine
Rechtsrotation um den Schwerpunkt angeregt hat. Die hört von alleine nicht auf.
2.Die
Rechtsrotation muss gestoppt werden. Der
Schub wird nach links gelenkt. Die Kräfte addieren sich jetzt zu einer nach
rechts unten schiebenden
Komponente und zu einem
linksdrehenden Moment. Die Rechtsbewegung des Schwerpunkts aus 1. wird gestoppt und umgekehrt. Endlich geht es nach rechts. Die
Rechtsrotation wird auch gestoppt. Die Stufe nimmt eine konstante schräge Lage ein.
3.Der
Schub wirkt wieder neutral entlang der Längsachse. Die Kräfte addieren sich zu einer kleinen
Komponente, die weiter nach
rechts unten schiebt. Die Stufe hat eine schräge Lage.
Es geht jetzt immer schneller (beschleunigt) nach rechts unten. Die Rakete driftet nach rechts. Es gibt aber keine Rotation mehr.
Die Driftbewegung soll gestoppt werden und die Rakete soll sich aufrichten.
4.Der
Schub wird nach
links ausgelenkt. Um den Schwerpunkt wirkt jetzt ein
linksdrehendes Moment, das eine
Linksrotationanregt. Die Kräfte addieren sich zu einer erneuten, stärkeren
Komponente und Beschleunigung nach
rechts unten.
5.Die Rakete hat sich aufgerichtet, will aber weiter
nach links rotieren. Der
Schub wird
nach rechts ausgelenkt. Die Kräfte addieren sich jetzt zu einer nach
links unten wirkenden
Komponente . Diese bremst endlich die Drift nach rechts. Das
rechtsdrehende Moment stoppt auch die
Linksrotation aus 4.
6.Alle Rotationen sind gestoppt. Die Drift nach rechts ist auch gestoppt.
Schub und
Gewicht sind wieder antiparallel. Aber (da ich hier die Schubstärke nie variiert habe): die Rakete sinkt immer weiter. Wir haben nie die Abwärtsbeschleunigung kompensiert.
Soooooo .... ich hoffe im Text bei allem rechts und links nicht mal was vertauscht zu haben. Im Bild sollte es aber eindeutig sein.
Was man hier schön sieht: Steuern von Translation und Rotation nur mit dem Schubvektor, ist reichlich komplex. Man regt allerhand Bewegungen an, die man dann wieder durch passendes Timing, passende Winkel und passende Schubstärke kompensieren muss. Das kann auch mal außer Kontrolle geraten, da man manche Bewegungen nicht steuern kann, ohne gleichzeitig andere Bewegungen anzuregen, die man dann auch wieder kompensieren muss ...usw. Am einfachsten (aus Sicht der Regelung/Steuerung) wären getrennte Systeme: Ein festes Triebwerk, das stur "nach unten" schiebt, und ein RCS, dass die Rotation steuert. So war das bei den Mondfähren und deren Testvehikeln.