Kelvin: Der Flug einer Rakete und das Balancieren eines Besenstiels unterscheiden sich grundsätzlich. Beim Besenstiel wirkt ein immer senkrecht gerichteter 'Schub' (Schwerpunkt) am Dreh- und Krafteinleitungspunkt (also der Hand) auf den Stiel - bei der Rakete wirkt die Schwerkraft auf den Schwerpunkt - der Schub geht aber quasi immer durch den Schwerpunkt - von Korrekturen des Schubvektors zur Beeinflussung der Fluglage abgesehen. Somit wird beim Besenstiel, sobald auch durch eine nur leichte Störung eine Abweichung der Lage auftritt, diese immer stärker werden, weil sie dazu tendiert, sich zu vergrößern, je weiter das Lot des Schwerpunkts sich vom Krafteinleitungspunkt entfernt, und somit höherer Korrekturaufwand notwendig ist. Bei der Rakete ist dies nicht der Fall; da reicht eine 'einfache' Gegenkorrektur des Schubvektors, und alles ist wieder 'im Lot', auf die Lage im Raum bezogen. Eine Rakete auf Strahl landen ist also prinzipiell einfacher als das Balancieren eines Besenstiels - so schwierig es auch immer noch sein mag.
Übrigens: Die Problematik erkannte man schon zu Apollo-Zeiten, als man das LLRV/LLTV baute - da hatte man ein Hub-Triebwerk, welches die 1/6 Erdgravitation simulieren sollte, und zwei verschiedene Betriebsmodi hatte - fixiert für den Start und einfachen Flug, aber in seiner kardanischen Aufhängung nach unten ausgerichtet, wenn es bei der Landesimulation 'nur' den Schwerkraftausgleich machen sollte. Und diese Fixierung hat man wohl erst nach den ersten fehlgeschlagenen Startversuchen nachgerüstet, soweit die Legende berichtet...
-ZiLi-