Chinas Raumfahrt

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #900 am: 31. März 2024, 09:20:44 »
Weil wir gerade von Rente reden: Hao Chun, seit 2018 Direktor der für bemannte Raumfahrt zuständigen CMSA, ist jetzt mit 60 Jahren in den Ruhestand getreten. Die Leitung der Behörde hat derzeit sein bisheriger Stellvertreter, Großoberst Lin Xiqiang, Jahrgang 1974:
https://www.cmse.gov.cn/gygc/zzgl/bgsld/

Interessant ist auch, dass auf der Website bei der Arbeitsebene alle Kommandanten entfernt wurden und nur noch der Chefwissenschaftler und die Technischen Direktoren aufgeführt werden:
https://www.cmse.gov.cn/gygc/zzgl/gcld/

Es ist denkbar, dass - ähnlich wie bei der NASA - getrennte Unterbereiche für die Chinesische Raumstation und das Bemannte Monderkundungsprogramm eingerichtet werden. In diesem Fall würde man das wohl am 24. April bekanntgeben, dem chinesischen Tag der Raumfahrt.

Das auf der Website sind übrigens teilweise extreme Jugendfotos. Der Technische Direktor Zhou Jianping/周建平 ist 67, sein Stellvertreter Zhang Bainan/张柏楠 auch schon fast 62. Beiden merkt man in Interviews ihr Alter deutlich an.

Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #901 am: 11. April 2024, 11:25:18 »
Mit der laufenden Shenzhou-17-Mission kommen Chinas 20 Raumfahrer nun auf über
->3000<- Mensch-Tage
im Weltall. 15 waren mehr als 150 Tage im All.
Vor dem ersten Flug zur CSS, 2021, mit Shenzhou-12 waren es gerade mal 165 Mensch-Tage! Aufgrund der zweimaligen Überlappungen bei Missionswechseln kommen jährlich gut 1100 Tage dazu.
Wenn es bei der bisherigen Strategie bleibt, steigt die Zahl der neuen Raumfahrer pro Jahr um 4.
Seit 28 Monaten sind immer Chinesen im All.
Seit Apollo und Star Trek Classic Astronomie, Raumfahrt und SciFi-Fan.

TWR genügt als Anrede

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Offline alepu

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #902 am: 12. April 2024, 00:33:45 »
Und da werden sie auch nicht mehr weggehen!
Und es werden auch immer mehr werden, die da gleichzeitig im All sind, denn die Station wird sicher noch wachsen!

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #903 am: 12. April 2024, 08:16:06 »
In gefühlt jeder zweiten Pressekonferenz wird das Bild vom Sonnensystem als Go-Brett bemüht. Anders als beim Schach rücken in diesem Spiel die Figuren nicht vor, sondern es werden strategisch wichtige Punkte und Gebiete besetzt. Wie Liu Yang zu sagen pflegt: die Raumstation ist erst der Anfang.

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Offline tomtom

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #904 am: 12. April 2024, 15:21:06 »
Hast Du dazu vielleicht auch ein Bild oder Link?
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #905 am: 12. April 2024, 18:08:29 »
Hier hast Du Liu Yang in der Parteizeitung Renmin Ribao zitiert (sie ist Parteimitglied und vertritt die offizielle Linie):
https://www.thepaper.cn/newsDetail_forward_18439148

Wenn Du "一盘棋" site:https://www.cnsa.gov.cn/ googelst findest Du zahlreiche Textstellen. Hier ein Zitat von 2002:
https://www.cnsa.gov.cn/n6758824/n6759009/n6759042/n6759070/c6795755/content.html

Und hier eines von 2021:
https://www.cnsa.gov.cn/n6758823/n6758838/c6812968/content.html

Das sind alles dröge Ideologie-Artikel. Mit dem Go-Brett ist gemeint, dass das Sonnensystem nach einer vorher gut durchdachten Gesamtstrategie besetzt wird. Erst die Elsternbrücke-Konstellation um den Mond, dann Erweiterung zu Mars und Venus, dann zur Heliopause. Hydrazin als Brückentechnologie, dann Ausbau der hier mit einem großen Reflektorschirm gekennzeichneten Satelliten zu Wasserstofftankstellen, Ausbau des rot markierten "Umsteigebahnhofs" im geostationären Orbit zur Raumschiffwerft:


Bild: DSEL/Andrew Jones

Details zu den Anfängen des gegenwärtigen Go-Brett-Plans findest Du im letzten Absatz hier, mit den Quellen in den Fußnoten:
https://de.wikipedia.org/wiki/Bao_Weimin#China_Aerospace_Science_and_Technology_Corporation

Hier noch etwas Neueres zur Struktur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Elsternbr%C3%BCcke-Konstellation#Struktur

Am 24. April (Tag der Raumfahrt) gibt es vielleicht noch aktuellere Informationen.

Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #906 am: 12. April 2024, 21:02:38 »
Ich finde die Deutung des Besetzens wichtiger Punkte im Sonnensystem vorsichtig ausgedrückt verwegen. Wenn man mal überhaupt irgendwo ist, dann ist dort Platz ohne Ende. Oder regeln die Artemis Accords das irgendwie anders? Kann man sich danach etwas den Deimos als Basis komplett aneignen? Wohl doch nicht!

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Offline alepu

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #907 am: 12. April 2024, 23:48:42 »
China hat nichts mit Artemis Accords zu tun.
Das mit dem "Go-Brett" ist eine Analogie. "Erreichen strategisch wichtiger Punkte/Meilensteine"
Auch NASA/Musk denken ähnlich: LEO->Lunar Gateway->Mond->Mars->äussere Planeten(monde)
Wenn du eine Basis auf Deimos hast, ist es zum Mars nicht mehr weit, auch ohne daß dir da gleich der ganze Mond gehören muß!

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #908 am: 13. April 2024, 08:28:05 »
Ich finde die Deutung des Besetzens wichtiger Punkte im Sonnensystem vorsichtig ausgedrückt verwegen. Wenn man mal überhaupt irgendwo ist, dann ist dort Platz ohne Ende. Oder regeln die Artemis Accords das irgendwie anders? Kann man sich danach etwas den Deimos als Basis komplett aneignen? Wohl doch nicht!

Das semiotische Problem hier ist, dass im Chinesischen manche Wörter eine andere Bedeutung haben, als in anderen Sprachen. Ein weißes Pferd ist kein Pferd, die Mondstation ist keine Station, und Besetzung ist keine Okkupation. Wie alepu sagt, es handelt sich um eine Analogie, um einen Begriff aus dem Spiel Go. Es bedeutet im Kontext der Erschließung der Werke der Natur, das, was seit 2023 offiziell Elsternbrücke-Konstellation heißt, dass man an einem Punkt oder Orbit ein Gerät platziert, das dort (in immer wieder neuen Inkarnationen) für den Rest der Ewigkeit bleibt. Damit will man aber niemandem etwas wegnehmen. Die CNSA hat gestern gleich in den ersten beiden Zeilen ihrer Mitteilung erneut darauf hingewiesen, dass Elsternbrücke 2 allen Nationen für ihre Monderkundungsmissionen zur Verfügung steht:
https://www.cnsa.gov.cn/n6758823/n6758838/c10503942/content.html

Am Beispiel der Raumstationen lässt sich das gut erläutern. Die Lebensdauer der ISS ist durch die Lebensdauer der in ihrer Mitte angeordneten ältesten Module bestimmt. In zehn Jahren oder wann auch immer wird das Ding im Südpazifik versenkt und alles, was davon bleibt, ist ein Eintrag in den Geschichtsbüchern. Die CSS wird dagegen nicht von der Mitte aus gebaut, sondern vom hinteren Ende aus. Vorne werden immer neue Module angesetzt, hinten immer wieder alte Module abgeworfen. Die CSS im Sinne von "ständig bemannte Raumstation in einer Höhe von 400 km" bleibt erhalten.

Das einzige, was die Lebensdauer der CSS beschränkt, ist die Mülldichte im erdnahen Raum, die es eines Tages notwendig machen wird, in den geostationären Orbit weiterzuziehen, wo aller Schrott mit der gleichen Geschwindigkeit in die gleiche Richtung fliegt und es zwar teurer, aber wesentlich sicherer ist. Ursprünglich war dieser Umzug für 2120 geplant, einhergehend mit der Umstellung von Hydrazin auf Wasserstoff. Nach den Erfahrungen mit dem beschädigten Solarzellenflügel am Kernmodul Tianhe kommt das möglicherweise eher.

Die Artemis Accords sind eine Wertegemeinschaft, mit Raumfahrt haben die nichts zu tun. Die Unterzeichner sind weder einzeln noch gemeinsam, weder technisch noch finanziell dazu in der Lage, eine interplanetare Infrastruktur aufzubauen und vor allem zu erhalten. Raumflugkörper haben eine Lebensdauer von 15 Jahren, dann müssen sie ersetzt werden. Die Elsternbrücke-Konstellation ist auf eine Lebensdauer von Jahrtausenden angelegt. Kein Scherz. Das Dujiangyan-Bewässerungssystem wird seit 251 v. Chr. durchgehend betrieben.

Die chinesischen Raumfahrtbehörden werden sich ganz sicher nicht Deimos als Basis aneignen. Die interessiert nur das Wassereis auf dem Mars selbst, das - im Gegensatz zu dem bisschen Eis auf dem Mond - tatsächlich in industriellem Maßstab abbaubar ist. Was die CMSA jedoch tun wird, ist, eine Raumstation in einem entfernten rückläufigen Orbit um Deimos zu platzieren, von wo aus die Gemüsegärten auf dem Mars betreut werden. Im Weltall gibt es keine Sandstürme, und Pflanzen wachsen unter Schwerkraft wesentlich besser als in der Schwerelosigkeit. Win-win.

Wenn andere Leute meinen, es wäre sinnvoll, auf Deimos eine Basis einzurichten, können sie das gerne tun. Wenn diese anderen Leute etwas intelligenter sind, das Dreikörper-Problem verstanden haben und ebenfalls eine Raumstation in einem entfernten rückläufigen Orbit um Deimos platzieren wollen, können sie das ebenfalls gerne tun. Die CMSA wird ihnen sogar frische Karotten verkaufen :)

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #909 am: 14. April 2024, 18:46:22 »
Um noch einmal auf die wiederverwendbaren Raketen zurückzukommen, diesmal aber im richtigen Faden:
Am 12. April hat ein Exemplar des auf 65 % drosselbaren, wiederverwendbaren YF-100N, ein zweimal zündbares Kerosintriebwerk mit 1275 kN Schubkraft, auf der Basis 067 der Akademie für Flüssigkeitsraketentriebwerkstechnik seinen 15. Testlauf absolviert:
https://m.weibo.cn/detail/5022998169650353



Das darf nicht verwechselt werden mit dem Kerosintriebwerk YF-102 mit einer Schubkraft von maximal 835 kN, das bei der nächstes Jahr erstmals startenden, kommerziellen 4-m-Rakete verwendet werden soll, die in diesem Spinnennetz landet:


Bild: CALT

In der Mitteilung des Mutterkonzerns, nicht jedoch im Originalvideo des Triebwerksbauers zum YF-100N ist von einer wiederverwendbaren Trägerrakete (可重复使用运载火箭) die Rede. Das könnte bedeuten, dass das zunächst zurückgestellte Projekt der Changzheng 8R wieder aufgenommen wurde. Oder mit "Trägerrakete" ist die senkrecht startende und horizontal landende Trägerstufe des Raumgleiters gemeint, für die das Triebwerk ebenfalls gedacht war:


Bild: CASC

Auch bei einer für Mitte der 2030er Jahre geplanten zweistufigen und boosterlosen Variante der Changzheng 10 sollte das Triebwerk zum Einsatz kommen. Bei dieser Rakete, die zusammen mit einer Kurzversion des Mengzhou-Raumschiffs als Zubringer zur Raumstation  gedacht ist, soll die erste Stufe eines Tages ebenfalls wiederverwendbar sein. Da wäre man mit dem Triebwerk allerdings schon sehr früh dran.

Offline Regnart

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #910 am: 19. April 2024, 07:47:29 »
Auf dem Kommerziellen Kosmodrom Hainan war am 17. April Baubeginn für ein großes Tanklager. Neben Raketenkerosin und Heliumgas wird dort auch flüssiger Stickstoff, flüssiger Sauerstoff, flüssiges Methan und flüssiger Wasserstoff(!) vorgehalten:
https://weibo.com/7743278955/OapZ5rM5j

Offline Regnart

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #911 am: 24. April 2024, 06:59:52 »
Zum chinesischen Tag der Raumfahrt hier ein Video mit Originalmaterial von Bau und Start von Chinas erstem Satelliten Dong Fang Hong I am 24. April 1970 (die NASA war da bereits seit einem Jahr auf dem Mond):
https://weibo.com/5027345285/Ob9wd7Ixi


Bild: Xinhua

Es würde mich übrigens nicht wundern, wenn der ebenfalls spinstabilisierte Probenbehälter der Marsmission Tianwen-3 als Bakensignal das gleiche Lied spielen würde. Der Osten ist rot über dem Roten Planeten :D

Offline FlyRider

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #912 am: 25. April 2024, 12:08:41 »
China hat nun wohl offiziell bekannt gegeben, bis 2030 eine Crew am Mond landen zu wollen:

https://spacenews.com/china-on-track-for-crewed-moon-landing-by-2030-space-official-says/

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Offline Slayer

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #913 am: 25. April 2024, 15:17:42 »
Im Artikel steht vor 2030
Bedeutet das der plan ist bis spätestens 2029 zu landen?

Offline Regnart

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #914 am: 25. April 2024, 16:30:54 »
Für den Fall, dass bei jedem Schritt alles fehlerlos funktioniert, was unwahrscheinlich ist, besteht folgender Zeitplan:

2027 Unbemannte Umkreisung mit der Landefähre
2028 Unbemannte Umkreisung mit dem Raumschiff, unbemannte Landung der Mondlandefähre
2029 Umkreisung mit drei Personen, Ankoppeln an die Landefähre, probeweises Umsteigen von zwei Personen in die Landefähre, unbemannte Landung, Rückstart der Landefähre mit Bodenproben
2030 Anflug mit drei Personen, Landung von zwei Personen, dreitägiger Aufenthalt auf dem Mond

Das mit den sechs Stunden auf dem Mond kann ich aus chinesischen Quellen nicht bestätigen

Genaueres zu den aktuellen Planungen findest Du ab hier:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=12217.msg557037#msg557037

Nach Äußerungen von Wu Weiren und Wu Yanhua von gestern wird es wohl insgesamt drei Mondstationen geben:

- die unbemannte Internationale Mondforschungsstation, zentriert um den Südpol
- eine Bemannte Lunare Experimentierstation auf der Mondvorderseite
- eine Bemannte Lunare Experimentierstation auf der Mondrückseiteseite

Für letztere beiden soll ab 2045 die Lunare Orbitalstation in einem entfernten rückläufigen Orbit als "Verkehrskontenpunkt" dienen. Das muss man wohl so verstehen, dass die Besatzungen dem Mondtag immer hinterherlaufend zwischen den beiden bemannten Stationen auf der Mondoberfläche pendeln, so ähnlich wie Nomaden zwischen Sommerweiden und Winterquartier. Das Datum bei der DRO-Station bedeutet eine Verzögerung von 10 Jahren, die wohl mit den Verzögerungen bei der Schwerlastrakete Changzheng 9 zu tun hat, die die Stationsmodule zum Mond bringen soll.

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Offline alepu

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #915 am: 25. April 2024, 18:17:18 »
Soll diese "Lunare Orbitalstation" ständig bemannt sein?
Soll der benötigte Treibstoff für diese Pendeflüge von Bodenstation-Vorderseite -> Orbitalstation -> Bodenstation-Rückseite -> Orbitalstation -> Bodenstation-Vorderseite....... auf dem Mond hergestellt werden?
Station auf der Mondrückseite mit/wegen Teleskop?
Was ist mit dieser mobilen "Station auf Rädern"?
Verzögert sich Changzheng 9 bis nach 2040?

Offline Regnart

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #916 am: 25. April 2024, 19:15:07 »
Der Treibstoff (Monomethylhydrazin und Distickstofftetroxid) wird von Pendelfähren von der Chinesischen Raumstation mitgebracht, wo im momentanen Ausbauzustand insgesamt 6 t ständig eingelagert sind. Die dortigen Tanks werden von den Tianzhou-Frachtern immer wieder aufgefüllt. Letztendlich kommt der Treibstoff also von der Erde.

Nachdem der Mond ständig bemannt ist, wird auch die Orbitalstation ständig bemannt sein, allein schon um die Lanyue-Fähren zu warten und mit für jede Landung notwendigen neuen Antriebsmodulen zu versehen. Es werden dort nach dem Prinzip der Rettungsraketen auf dem Kosmodrom Jiuquan sicher mindestens zwei Ersatzfähren vorgehalten, um die Leute bei einem Unfall auf dem Mond rasch hochbringen zu können (wobei "rasch" relativ ist - der angedachte Orbit ist schon auf der Erdseite des Lagrange-Punkts L1): eine Fähre in Wartung, eine einsatzbereit.

Für die Mondrückseite ist in der Tat ein Radioteleskop bzw. ein Antennenarray angedacht. Wesentlich wichtiger ist aber das Südpol-Aitken-Becken, das ein Asteroid schon mal gründlich umgegraben hat, sodass man die Bodenschätze dort nur aufzusammeln braucht. 2004, als das Mondprogramm gestartet wurde, war Titanoxid das Objekt der Begierde. Das wurde später dann nicht mehr erwähnt, momentan steigt der Titanpreis aber wieder. Es ist im Endeffekt wie auf einem Go-Brett: man besetzt strategisch wichtige Positionen, von denen aus man in möglichst viele Richtungen weiterbauen kann.

Von den Stationen auf Rädern gibt es zwei Versionen: eine mit Solarmodulen und relativ kleinen Rädern für die Mare (rechts oben), eine nuklear angetriebene mit größeren Rädern für die Gegenden jenseits der äquatorialen Zone (unten):


Bild: CAST

Die erstere Version ist schon relativ weit fortgeschritten und kommt, von einer Antriebsstufe wie bei der Fähre abgeworfen, wohl schon Mitte der 2030er Jahre.

Laut - hochgradig unzuverlässigen - Angaben von Long Lehao soll die Entscheidung zwischen wenigen aber starken Kerosin- und vielen aber schwachen Methantriebwerken Ende dieses Jahres fallen (beide Versionen sind vollständig wegwerfbar). Danach dauert es nach Longs Angaben mindestens zehn Jahre bis zum Erstflug der Rakete. Sündteure Raumstationmodule werden sicher nicht beim Erstflug ins All gebracht. Die Jahreszahl 2045 stammt von dem hochgradig zuverlässigen Wu Weiren. Das muss man einfach zur Kenntnis nehmen:
https://weibo.com/5027345285/ObiTC5BmD

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Offline alepu

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #917 am: 25. April 2024, 23:25:01 »
Danke Regnart für die prompte und sehr ausführliche Beantwortung meiner Fragen.
Wieder sehr viel dazugelernt.

Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #918 am: 28. April 2024, 12:17:00 »
Mit der laufenden Shenzhou-17-Mission kommen Chinas 20 Raumfahrer nun auf über
->3000<- Mensch-Tage
im Weltall. 15 waren mehr als 150 Tage im All.
Vor dem ersten Flug zur CSS, 2021, mit Shenzhou-12 waren es gerade mal 165 Mensch-Tage! Aufgrund der zweimaligen Überlappungen bei Missionswechseln kommen jährlich gut 1100 Tage dazu.
Wenn es bei der bisherigen Strategie bleibt,

---> steigt die Zahl der neuen Raumfahrer pro Jahr um 4. <---

Seit 28 Monaten sind immer Chinesen im All.

Mit der neuen Crew sind es jetzt 22 im All. Mit dem neuen Kommandanten sind 10 2x im All gewesen, und zwar mindestens 95 Tage. 3 der ersten hatten nur einen kurzen Flug.
7 hatten einen Langzeitflug von mindestens 153 Tagen, die beiden Neuen kommen dazu.

Da in der Regel nur noch 1 Veteran mitfliegt, hat China damit bereits 9 potentielle Kommandanten. Als Nächste bei 2 Jahren nach der Landung: Cai Xuzhe und dann die Erstflieger von Shenzhou-15, 16, 17...
Es wird offensichtlich unnötig, dass jemand 3x fliegt, da man die Frequenz nicht erhöht und jeder 2. wird nur 1x fliegen.
Da wird man wohl viele Veteranen bald nach ihrem 1. Flug völlig zu Trainern für neue Korps-Mitglieder machen, zumal auch der Trend zu jüngeren Crews ging.
Auf der anderen Seite kann man dann auch einen Erstflieger als Spezialisten für Arbeiten an der Station machen oder als Spezialisten für Wissenschaft für genau diese eine Mission.
Seit Apollo und Star Trek Classic Astronomie, Raumfahrt und SciFi-Fan.

TWR genügt als Anrede

Offline Regnart

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #919 am: 28. April 2024, 16:31:31 »
Bei den potentiellen Kommandanten wäre noch Wang Yaping zu nennen, die zusammen mit Ye Guangfu bei Shenzhou 13 dabei war und je nach Tagesform eventuell noch vor Cai Xuzhe (Shenzhou 14) wieder fliegt.

Bei allen Kalkulationen ist zu bedenken, dass die 4. Auswahlgruppe, die eventuell am 1. Mai vereidigt wird, speziell für Mondmissionen ausgesucht wurde:
https://www.cmse.gov.cn/xwzx/202404/t20240424_55329.html

Körperlich sind die alle fit, aber man wird sie sicher zuerst auf der Raumstation auf ihre psychische Eignung testen. Durch die Verzögerungen bei der Changzheng 9 und damit bei der Lunaren Orbitalstation gibt es jetzt bis 2045 keine Möglichkeit, auf der Mondoberfläche gestrandete Raumfahrer zurückzuholen. Das muss man mögen.

Bei den Nutzlastspezialisten gibt es zwei Aspekte. So ist zum Beispiel Zhu Yangzhu im Hochschulleben ein Experte für Fluiddynamik und hat dann auch bei der Mission Shenzhou 16 schwerpunktmäßig Experimente auf diesem Gebiet betreut. Man konnte auf den Videos deutlich sehen, dass der Mann wesentlich routinierter hinlangt als die ehemaligen Kampfpiloten, die trotz gründlicher Vorbereitung vor jedem Handgriff sicherheitshalber noch einmal die Gebrauchsanweisung lesen. Auf der anderen Seite war seine Ausbildung zum Raumfahrer sehr teuer und er wird sicher auch weiterhin fliegen. Das gleiche gilt für Gui Haichao, der auf der Pressekonferenz nach der Postmissionsquarantäne zwar gesagt hat, dass er eines Tages wieder an die Universität zurückkehren möchte, aber immer noch die Uniform des Raumfahrerkorps der Volksbefreiungsarmee trägt. So etwas wie auf der ISS, wo zum Beispiel saudi-arabische Astronauten erst sündteuer ausgebildet werden und dann 10 Tage im All verbringen, wäre heute in China nicht mehr denkbar.

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Offline alepu

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #920 am: 28. April 2024, 18:12:32 »
Saudi Arabien hat auch keine Raumstation im All.
Alle Astronauten aller Länder wurden in der Anfangsphase der Raumfahrt in diesen Ländern "sündhaft teuer ausgebildet" und waren oft noch viel kürzer im All!
Laß ihnen doch das Vergnügen! Immer noch besser als dafür Waffen zu kaufen!

Offline Regnart

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #921 am: 28. April 2024, 18:55:30 »
Ich gönne jedem das Vergnügen, ins All zu fliegen. Meinetwegen auch für drei Tage als Tourist.

Aber es muss sich auch jeder darüber im Klaren sein, dass die CMSA gnadenlos rational agiert. Man schickt nicht einen Brillenträger wie Gui Haichao ins All, nur um der Jugend zu zeigen, dass es jeder schaffen kann. Und man wird auch keinen Pakistani ins All schicken, nur um die chinesisch-pakistanische Freundschaft zu demonstrieren. Wer in das Raumfahrerkorps der Volksbefreiungsarmee eintritt, egal ob als Raumfahrzeugführer oder als Nutzlastexperte, egal ob als Chinese oder "Fremdenlegionär", wird bestmöglich ausgebildet. Dadurch hat er relativ gute Chancen, auch eine rumpelige Landung wie bei Shenzhou 16 unverletzt zu überstehen. Wem das dann doch zu stressig wird, der kann jederzeit wieder austreten, ohne dass das irgendwelche Folgen für seine weitere Karriere hat (Pan Zhanchun, der 2014 ausgeschieden ist, hat jetzt in einem Mars-Film mitgespielt). Aber das Raumfahrer-System, die hier zuständige Abteilung der CMSA, wird bei denjenigen, die das wollen, immer versuchen, einen größtmöglichen Return on Investment zu erzielen.

Wenn andere Raumfahrtnationen mit ihren Steuergeldern großzügiger umgehen, wird sie sicher kein Chinese eines Besseren belehren. Wie Du gesagt hast - jeder Dollar, den die freie Welt in der Raumfahrt versenkt, geht ihr im Westpazifik ab :D

Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #922 am: 28. April 2024, 21:31:36 »
Gibt es eine Quelle zu den Verzögerungen bei der CZ-9? Hier im Thema wurde schon lange nichts mehr geschrieben. Danke!

https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=11980.25

Offline Regnart

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Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #923 am: 29. April 2024, 08:02:13 »
Die Quelle ist das hier:
https://weibo.com/5027345285/OaSM0asjG

Das ist jedoch mit allerhöchster Vorsicht zu genießen. Long Lehao ist ein 75-jähriger Ex-Ingenieur, der von seinen alten Doktoranden mit Informationen aus der Chinesischen Akademie für Trägerraketentechnologie gefüttert wird. Dadurch bekommt man zwar einen Einblick in die Entscheidungsfindungsprozesse, man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass das alles nur Diskussionsbeiträge sind. Long hat zum Beispiel in seinem Vortrag gesagt, dass die CZ-9 "frühestens 2032 ihren Erstflug absolviert" (至少要到2032年才能首飞), auf der Powerpoint-Folie steht aber "man kann hoffen, dass sie etwa 10 Jahre nach dem Beginn des Projekts [Ende 2024] ihren Erstflug absolvieren wird (可望立项后十年左右首飞)。 Die Nutzlast von 150 t für einen erdnahen Orbit rechts auf der Powerpoint-Folie ist ein von 50 t LTO umgerechneter Wert. Die dreistufige CZ-9 kann genausowenig Nutzlasten in eine erdnahe Umlaufbahn befördern wie die dreistufige Saturn V - wenn Du da 150 t draufpackst, wird die Rakete zerknüllt wie eine Bierdose.

Es ist eine brotlose Kunst, nachvollziehen zu wollen, was im Gehirn eines um Aufmerksamkeit heischenden alten Mannes vor sich geht. Real existierend ist das YF-215 Methan-Triebwerk mit einer Schubkraft von 2000 kN auf Meereshöhe, das Teil des Acht-Jahre-Neun-Triebwerke-Plans der Akademie für Flüssigkeitsraketentriebwerkstechnik ist. In der 2. Stufe der CZ-9 wird aber sicher nicht das YF-215 eingesetzt, sondern irgendein Vakuumtriebwerk. Wahr ist wohl auch, dass die Entscheidung zwischen Kerosin und Methan Ende dieses Jahres fallen wird, oder zumindest für Ende dieses Jahres geplant ist. Wahrscheinlich ist es so, dass, wenn die bereits entwickelten Kerosin-und Wasserstoff-Triebwerke (YF-130 bzw. YF-90 und YF-79) zum Einsatz kommen, der Erstflug 2032 erfolgt, bei Methan 2035.

Re: Chinas Raumfahrt
« Antwort #924 am: 29. April 2024, 08:31:48 »
Danke nochmals! Irgendwann wird es was offizielles geben. Ich denke man wird sich auch genau SX und BO anschauen, ob man dort "den heiligen Gral " findet.Ich bin mir sicher es stehen einige Pläne...