Ich finde die Deutung des Besetzens wichtiger Punkte im Sonnensystem vorsichtig ausgedrückt verwegen. Wenn man mal überhaupt irgendwo ist, dann ist dort Platz ohne Ende. Oder regeln die Artemis Accords das irgendwie anders? Kann man sich danach etwas den Deimos als Basis komplett aneignen? Wohl doch nicht!
Das semiotische Problem hier ist, dass im Chinesischen manche Wörter eine andere Bedeutung haben, als in anderen Sprachen.
Ein weißes Pferd ist kein Pferd, die
Mondstation ist keine Station, und Besetzung ist keine Okkupation. Wie alepu sagt, es handelt sich um eine Analogie, um einen Begriff aus dem Spiel
Go. Es bedeutet im Kontext der
Erschließung der Werke der Natur, das, was seit
2023 offiziell
Elsternbrücke-Konstellation heißt, dass man an einem Punkt oder Orbit ein Gerät platziert, das dort (in immer wieder neuen Inkarnationen) für den Rest der Ewigkeit bleibt. Damit will man aber niemandem etwas wegnehmen. Die CNSA hat gestern gleich in den ersten beiden Zeilen ihrer Mitteilung erneut darauf hingewiesen, dass Elsternbrücke 2 allen Nationen für ihre Monderkundungsmissionen zur Verfügung steht:
https://www.cnsa.gov.cn/n6758823/n6758838/c10503942/content.htmlAm Beispiel der Raumstationen lässt sich das gut erläutern. Die Lebensdauer der ISS ist durch die Lebensdauer der in ihrer Mitte angeordneten ältesten Module bestimmt. In zehn Jahren oder wann auch immer wird das Ding im Südpazifik versenkt und alles, was davon bleibt, ist ein Eintrag in den Geschichtsbüchern. Die CSS wird dagegen nicht von der Mitte aus gebaut, sondern vom hinteren Ende aus. Vorne werden immer neue Module angesetzt, hinten immer wieder alte Module abgeworfen. Die CSS im Sinne von "ständig bemannte Raumstation in einer Höhe von 400 km" bleibt erhalten.
Das einzige, was die Lebensdauer der CSS beschränkt, ist die Mülldichte im erdnahen Raum, die es eines Tages notwendig machen wird, in den geostationären Orbit weiterzuziehen, wo aller Schrott mit der gleichen Geschwindigkeit in die gleiche Richtung fliegt und es zwar teurer, aber wesentlich sicherer ist. Ursprünglich war dieser Umzug für 2120 geplant, einhergehend mit der Umstellung von Hydrazin auf Wasserstoff. Nach den Erfahrungen mit dem beschädigten Solarzellenflügel am Kernmodul Tianhe kommt das möglicherweise eher.
Die Artemis Accords sind eine Wertegemeinschaft, mit Raumfahrt haben die nichts zu tun. Die Unterzeichner sind weder einzeln noch gemeinsam, weder technisch noch finanziell dazu in der Lage, eine interplanetare Infrastruktur aufzubauen und vor allem zu erhalten. Raumflugkörper haben eine Lebensdauer von 15 Jahren, dann müssen sie ersetzt werden. Die Elsternbrücke-Konstellation ist auf eine Lebensdauer von
Jahrtausenden angelegt. Kein Scherz. Das
Dujiangyan-Bewässerungssystem wird seit 251 v. Chr. durchgehend betrieben.
Die chinesischen Raumfahrtbehörden werden sich ganz sicher nicht Deimos als Basis aneignen. Die interessiert nur das Wassereis auf dem Mars selbst, das - im Gegensatz zu dem bisschen Eis auf dem Mond - tatsächlich in industriellem Maßstab abbaubar ist. Was die CMSA jedoch tun wird, ist, eine Raumstation in einem entfernten rückläufigen Orbit um Deimos zu platzieren, von wo aus die Gemüsegärten auf dem Mars betreut werden. Im Weltall gibt es keine Sandstürme, und Pflanzen wachsen unter Schwerkraft wesentlich besser als in der Schwerelosigkeit. Win-win.
Wenn andere Leute meinen, es wäre sinnvoll, auf Deimos eine Basis einzurichten, können sie das gerne tun. Wenn diese anderen Leute etwas intelligenter sind, das Dreikörper-Problem verstanden haben und ebenfalls eine Raumstation in einem entfernten rückläufigen Orbit um Deimos platzieren wollen, können sie das ebenfalls gerne tun. Die CMSA wird ihnen sogar frische Karotten verkaufen