1. Vergötter bitte nicht SpaceX. Es handelt sich um ein junges, spannendes Unternehmen, aber halt immer noch um ein Unternehmen, das auf Gewinn aus ist. Zu denken, dass SpaceX auf einen Risikozuschlag verzichtet, halte ich für ziemlich unrealistisch, schließlich denke ich, dass SpaceX den Dragon so bald wie möglich fertig entwickelt haben möchte, um sich anderen spannenden Projekten widmen zu können. Und für eine schnelle, sorgenfreie Entwicklung braucht man einen Risikozuschlag, das wird Musk eingesehen haben.
Wie im Umfragethread schon angedeutet, werde ich den Idealismus vom The Elon nicht überbewerten. SpaceX muss mittelfristig Gewinne einfahren, um zu überleben.
Aber selbst wenn Sie einen Risikozuschlag einkalkulieren, bin ich überzeugt, dass Boeing auch in diesem Punkt mehr veranschlagen wird/muss.
2. Dass Boeings Betrag für eine Entwicklung des CST-100 wesentlich höher als der von SpaceX sein dürfte, ist klar. Aber wie steht es mit dem DreamChaser? Die Entwicklung von dem würde nochmal mehr kosten. Immerhin hatte ja SNC in dieser Runde nur etwa 250 Mio zur Verfügung, das muss in der nächsten Runde ausgeglichen werden, wenn man im Zeitplan bleiben möchte (und das sollte man, sonst wird in der Politik jemand stinkig und dreht den Geldhahn zu), das komplexeste Design und einen Wechsel des Hauptantriebs. Auch im Flug wird der DC nicht viel billiger sein als der CST-100, weil beide auf die -wie Führerschein richtig festgestellt hat- teure Atlas V setzen.
Bezüglich der Kosten der einzelnen Flüge könnte SNC trotzdem einen Vorteil gegenüber CST-100 haben. Boeing kann offensichtlich nicht die günstigste Konfiguration der Atlas verwenden, wie Führerschein schon ausgeführt hat. Sie brauchen mindestens einen Booster, evtl. wenn die neuesten Animationen den aktuellen Stand wiedergeben sogar zwei und auf jeden Fall eine Oberstufe mit zwei Triebwerken.
Bei SNC weiß ich nicht was der letzte Stand ist, aber wenn sie mit einer "nackten" Atlas V ohne Booster und mit einem Oberstufentriebwerk auskämen, wären schon ein paar Millionen pro Flug gespart.
Weiß jemand im Forum, welche Atlas-Konfiguration der DC braucht?
Dass der kleine Shuttle zu einer günstig gelegenen Landebahn zurückkehren kann und nicht aufwändig geborgen und transportiert werden muss, macht es auch einfacher. Schließlich geht auch kein Service-Modul regelmäßig verloren.
Wenn sich Wartung und Service bei beiden System die Waage halten (was heute wahrscheinlich noch keiner weiß), dann würde ich behaupten, dass unterm Strich der DC pro Flug (ohne Entwicklungskosten) günstiger kommen könnte als die CST-100.
3. Wieso soll der CST-100 nicht auch ein Backup für Dragon V2/Falcon 9 sein? Er hat komplett andere Technik, die immense Raumfahrterfahrung von Boeing und eine der zuverlässigsten Trägerraketen hinter sich. Was braucht ein Backup (als das für den Worstcase übrigens schon SLS/Orion eingeplant ist) mehr?
Natürlich könnte das CST-100 technisch gesehen ein Backup für die Dragon sein. Allerdings glaube ich, dass die NASA sich entscheiden muss, ob sie Boeing alleine fördern will oder die beiden anderen. Wenn sie meinen CST-100/Atlas V von Boeing ist insgesamt die vielversprechendse Lösung, dann müssen sie Boeing alles Geld geben, das sie kriegen können. Für die anderen beiden bleibt dann kein sinnvoller Betrag mehr übrig. Umgekehrt glaube ich schon, dass der gleiche Betrag für die Fertigstellung der SpaceX-Lösung und zumindest einen deutlichen Fortschritt bei SNC reicht.
4. Boeing alleine zu fördern ist Blödsinn, viel zu teuer. Erst in Kombination mit Dragon blüht der CST-100 auf, wie ich schon im CCDev-Thread geschrieben habe. Und mit einer Förderung von Boeing würde sehr wohl die kommerzielle Raumfahrt gefördert werden, immerhin hat Boeing vor "to transport any paying passenger to the ISS and other LEO-destinations." Ich weiß nicht wie du kommerzielle Raumfahrt definierst, aber für mich hört sich Boeings Formulierung sehr danach an.
Das verstehe ich nicht ganz, meinst Du die CST-100 braucht Dragon als Konkurenz auf dem kommerziellen Markt?
Natürlich ist Boeing ein kommerzielles Unternehmen, in meinem Post habe ich bezogen auf die anderen Beiden das "kommerziell" ja auch in Anführungszeichen gesetzt. Es ging nur um den Unterschied "alte" und "neue" Firmen auf dem Raumfahrt-Markt.
5. Mit der Aussage, dass Boeing bei keinem NASA-Geld am Arsch ist, wohingegen SNC weitermachen würde, beißt Du dir ins eigene Fleisch. Das wäre doch gerade ein Vorteil für die NASA, wenn sie Boeing fördern würde! Dann hätte sie drei Raumschiffe (Dragon und CST-100 von NASA-Geld, DreamChaser von SNC-Geld), jedes mit ihren eigenen Stärken, bei verhältnismäßig niedrigen Kosten. Wenn sie statt Boeing SNC fördern würde, würde ihr Boeings Erfahrung fehlen. Übrigens glaube ich auch, das SNC einen anderen Kunden finden wird. Der DC hat noch spektakuläre andere Fähigkeiten als Crewtransport zur ISS, und ESA und JAXA machen schon Studien, ob der DC für sie was wäre. Ich hoffe, dass beide Agenturen klug genug sind, zusammenzuarbeiten und diese Chance für einen eigenen bemannten Weltraumzugang nutzen.
Boeing ist mit sicherheit nicht am A....Ende (was ich auch nicht behauptet habe), wenn sie von der NASA kein Geld für CST-100 bekämen
. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl sie sind selbst nicht so absolut davon begeistert und wären nicht wirklich traurig, wenn es zu Ende geht.
Tobi hat ja bereits berichtet, dass man sich bei Boeing auch auf eine ablehnende Entscheidung der NASA eingestellt hat:
Wenn Boeing beim NASA-Crewtransport leer ausgeht, dann wars das mit CST-100:
http://spacenews.com/article/civil-space/40931boeing-preparing-layoff-notices-in-case-of-commercial-crew-loss
Die Entlassungswarnungen gehen am 20. Juni raus.
Das klingt für mich nicht so, als würde noch ein Handschlag gemacht werden (über das hinaus, was bereits vereinbart ist), wenn die NASA keine zusätzlichen Mittel an Boeing bewilligt.
Grüße Rücksturz