Hi,
klinke mich mal hier mit ein...
Ich persönlich finde die Konstruktion der N1 auch nicht so schlecht. Kugeltanks sind schon recht leicht. Die Trennung der Funktionen (Tank, statische Hülle, etc.) macht die Konstruktion preiswert, einfach und oft auch robust.
Die Ursache des Scheiterns der N1 lag sicher nicht in der großen Anzahl von Brennkammern der 1. Stufe. R7, Woschod, und auch die heutige Sojus haben beim Start 32(!!) Brennkammern im gleichzeitigen Betrieb (Booster + 1. Stufe). Die Sojus gilt zudem als eine der zuverlässigsten Raketen überhaupt. Es kann also nicht an der puren Zahl der Brennkammern gelegen haben...
Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang das Buch "Sowjetische Mondprogramme" von Wassili Mischin, seinerzeit Stellvertreter Koroljovs und nach dessen Tod Chefkonstrukteur des OKB-1 und damit hauptverantwortlich für die Entwicklungsarbeiten an der N1.
Ich zitiere mal daraus:
Schon die ersten Starts der Trägerrakete "N1" zeigten Mängel bei der Arbeit der einzelnen Flüssigkeitstriebwerke innerhalb des [...] Raktenblocks "A", der das vorgesehene Zuverlässigkeitsniveau [...] nicht erreichte.
Im Gegensatz zu den Blöcken B, W, G und D wurde laut Mischin der Block A nie als Ganzes einem Prüfstandtest unterzogen. Man beließ es dagegen aus Kostengründen bei Prüfstandtests einzelner Triebwerke:
[...] aber Brennerprobungen des Raketenblocks "A" führte man nicht durch, weil dazu ein [Prüf]Stand fehlte, zu dessen Bau Investitionen notwendig gewesen wären. Seinerzeit [...] waren, um Mittel einzusparen, solche Investitionen nicht vorgesehen.
Weiter schreibt Mischin erstaunlich selbstkritisch:
Die Leiter des [...] OKB-1, d.h. Koroljov und anschließend auch ich, unterschätzten die technischen Schwierigkeiten und den Arbeitsumfang des Programms "N1-L3" und konnten die übergeordneten Leiter nicht davon überzeugen, daß die von ihnen vorgegebenen Fristen zur Realisierung dieses Programms unreal waren.
Demzufolge scheiterte die N1 nicht an konzeptionellen Schwächen, sondern vor allem daran, daß der Block A nur genau vier mal - nämlich bei den einzigen durchgeführten Starts - getestet wurde....
Ach - und wegen der EVA zwischen LOK und LK: wenn ich mich nicht irre, gab es damals bei den Sojus 7K noch keine Kopplungsadapter mit Tunnel. Bei Sojus 4 und 5 wurde auch ein einfacher Festhaltemechanismus verwendet. Die Besatzung stieg dann per EVA um. Ich vermute mal, dass die Kopplungsadapter mit Tunnel erst später kamen.
Und weil irgendwo weiter vorne die Frage kam: das LK hatte seine Steuerdüsen dicht unter der Kopplungsplatte. Es konnte, wenn ich das richtig sehe, nur um drei Achsen rotiert werden, nicht aber translatieren. Beim LOR musste also, im Gegensatz zu Apollo/LM, das LOK die Kopplungsmanöver durchführen. Der einfache Kopplungsmechanismus erleichterte das Manöver sicherlich weil keine genaue Ausrichtung der Fahrzeuge entlang ihrer Längsachsen erforderlich war.
Die Sowjets waren aber übrigens durchaus auf Sicherheit bedacht: die Mondlandung sollte erst beim 12. Start der N1 erfolgen. Vorher wollten sie ein LK und einen modifizierten Lunochod auf dem Mond plazieren, in deren Nähe dann die bemannte Landung erfolgen sollte. Falls etwas schief gehen würde, gäb es für den Kosmonauten dann zumindest die theoretische Möglichkeit mit dem Lunochod zum Ersatz-LK zu fahren und damit die Rückreise anzutreten.
Auch wenn bei diesem Plan offenbar eine gewisse Fürsorge gegenüber den Kosmonauten erkennbar ist, halte ich ihn dann aber doch für recht abenteuerlich....
Gruß,
Dietmar