Historisch interessant wäre, was geschehen wäre, wenn sich neben der Saturn 5 in der UdSSR ein ganz anderes Konzept durchgesetzt hätte, namentlich die von Gluschko favorisierten Technologien. Eine Mondrakete (wahrscheinlich) komplett mit seinen bevorzugten Treibstoffen wäre wahrscheinlich kleiner ausgefallen als die N-1, und damit auch bei der benötigten Schubkraft weniger fordernd als die Saturn 5 und N-1, bei höherer Leistungsfähigkeit als die RP-1/LOX-N-1. Auch die Triebwerke wären wahrscheinlich einfacher gewesen, zumindest ist die Verbrennung "kälter" als beim NK-15 und F-1.
Ich glaube nicht, das die Rakete kleiner und leichter gewesen wäre. Gluschko hat zur damaligen Zeit LOX als Oxidator komplett abgelehnt, damit also nicht nur die Kombination RP1 / LOX, sondern auch LH2 / LOX. Die Einsicht kam erst später, als er die Vulkan und die Energiea entwickelte. Als er Triebwerke für die N1 liefern sollte, propagierte er ausnahmslos hypergole Treibstoffe und weigerte sich, Triebwerke für RP1 / LOX zu entwicken. daher musste man sich mit der Nr 2 der russischen Triebwerkshersteller, Kusnetzow begnügen, der allerdings deutlich weniger Erfahrung mit großen Triebwerken hatte.
Ein Konkurenztäger von Gluschko zur N1 hätte daher in allen Stufen UDMH / NTO verwendet. So ein Träger wäre (was Größe, Startmasse und Startschub betrifft) mit der N1 im wesentlichen Identisch gewesen, immerhin ist die Kombination UDMH / NTO ungefähr genau so energiereich wie RP1 / LOX. Aber: Schon die Triebwerke der N1 waren technisch im Grenzbereich. Weil man auf LH2 / LOX verzichtet hat, musste man versuchen, das absolute Maximum aus RP1 / LOX rauszuholen. Das sieht man, wenn man den Spezifischen Impuls des NK-15 mit dem F vergleicht. Das NK-15 liegt deutlich drüber, dadurch ist das Triebwerk aber auch wesentlich höher belastet.
Die Triebwerke der Saturn 5 als Beispiel und direktes Gegenstück aber waren auf Sicherheit konzipiert und man ging mit Absicht nicht bis an die Grenzen. So war beim F1 (und auch beim J2) der Brennkammerdruck recht niedrig und auch der spezifische Impuls lag für beide Treibstoffkombinationen der Saturn 5 nur im Mittelfeld. Das war Absicht. Da die Saturn 5 ein bemannter Träger werden sollte, entwickelte man sie mit großen Sicherheitszuschlägen. Auch bei den Triebwerken ging Sicherheit vor Leistung, daher verzichtete man zugunsten der Betreibssicherheit mit Absicht darauf, ais den Triebwerken das absolute Maximum rauszuholen. Dank der Verwendung der hochenergetischen Kombination LH2 / LOX in den Oberstufen der Saturn konnte man sich das leisten, ohne das die Nutzlast zu stark absank.
Bei der N1 hatte man diese Optionen nicht. Die Triebwerke mussten aus dem Treibstoff viel mehr rausholen als bei der Saturn 5 und dennoch lag man bei der Nutzlast deutlich hinter der Saturn 5 zurück. Ein Träger von Gluschko, der UDMH / NTO in allen Stufen einsetzt, hätte wegen der Dichte der Treibstoffe nicht viel kleiner werden können und auch ca die gleiche Schubkraft gebraucht. Da UDMH / NTO einen um ca 100 m/s geringeren spezifischen Impuls als RP1 / LOX hat, hätte man im Vergleich zur N1 sogar noch etwas mehr Treibstoff gebraucht. Einziger Vorteil wäre die niedrigere Verbrennungstemperatur von UDMH / NTO gewesen, dennoch hätte man auch bei einem solchen Träger Hochleistungstriebwerke gebraucht, die mehr aus dem Treibstoff rausholen als die Triebwerke der Saturn 5, um eine wenigstens einigermaßen angemessene Nutzlast befördern zu können. Gluschko hatte zwar mit sochen Triebwerken mehr Erfahrung als sein Konkurent, die technischen Probleme waren allerdings auch bei UDMH / NTO nicht geringer als bei der N1. Eine ähnliche Nutzlast wie die Saturn 5 hätte man bei ähnlicher Startmasse nur mit LH2 / LOX in den Oberstufen erreichen können. Der größte Nachteil des russischen Mondflugprogrammes war der Verzicht auf diese Treibstoffe und das Festhalten am bewehrten, aber nur mittelenergetischen Treibstoffen. Allerdings hätte die Entwicklung entsprechender Triebwerke und der nötigen Infrastruktur wohl das verfügbare Budget gesprengt. Bei konventionellen Treibstoffen musste man aber mit weniger Nutzlast und technologisch anspruchsvollen Triebwerken rechnen, alternativ wäre die Startmasse zwangsweise deutlich angestiegen.