Bahnmechanik / Bahnmanöver

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GG

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #50 am: 14. Dezember 2009, 18:52:15 »
In Erdferne hat man eine geringere Geschwindigkeit, weil hier auch die Erdanziehungskraft kleiner ist. Insgesamt heben sich beide Kräfte aber an jedem Punkt der Bahn auf.

tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #51 am: 15. Dezember 2009, 14:01:58 »
@GG: Sicherlich nicht. Bei einer Ellipsenbahn gleichen sich Zentripetalkraft und Gravitationskraft nicht aus.Darin sieht man auch, dass das nichts damit zu tun hat, ob man schwerelos ist oder nicht. Wenn wir die Lagrangefunktion in Polarkoordinaten für das Gravitationsfeld aufstellen mit a=GmM=konstant:

[tex]\Large L=\frac{1}{2}m(\dot r^2+r^2\dot\varphi^2)+\frac{a}{r}[/tex]

Damit folgt mit der Euler Lagrange Gleichung eine der beiden Bewegungsgleichungen zu:
[tex]\Large m\ddot r-m r \dot\varphi^2+\frac{a}{r^2}=0[/tex]

Wie man leicht sieht, gilt der Ausgleich nur, wenn [tex]\ddot r=0[/tex] ist, und der Radius somit konstant wächst/fällt oder oder still steht, man also auf einer Kreisbahn ist oder man sich an den Wendepunkten des Radius der Ellipsenbahn befindet. Diese Wendepunkte sind aber nicht(!) Perigäum oder Apogäum, das wäre die erste Ableitung. ;)

Komplizierter wird das Ganze noch dadurch, dass sich das Keplerproblem garnicht analytisch lösen lässt für [tex]r(t)[/tex] und [tex]\varphi(t)[/tex]. Es lässt sich lediglich durch einige geschickte Umformungen eine Funktion [tex]r(\varphi)[/tex] bestimmen.

*

Online Schillrich

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  • 19601
Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #52 am: 15. Dezember 2009, 14:41:16 »
Hallo,


hmmm .... warum die Aussage: "Gravitation und Fliehkraft heben sich auf" so pauschal oder an sich nicht stimmt und in die Irre führen kann, kann man mit folgendem Fall veranschaulichen:

Ein Punkt über der Erdoberfläche wird von zwei Satelliten auf zwei Bahnen durchflogen: eine perfekte Kreisbahn und eine Hyperbel aus der Unendlichkeit kommend. Unabhängig von der Bahnform gilt an diesem gemeinsamen Punkt: Es herrscht dieselbe Gravitationskraft. Wenn jetzt gelten würde: Fliehkraft = Gravitation, müsste auch die Fliehkraft für beide Objekte gleich sein. Wenn jetzt aber auf beide Satelliten beim Durchflug des Punkts dieselbe ("aufhebende") Fliehkraft wirken würde, würden sie auf derselben (gemeinsamen) Bahn weiterfliegen. Das Objekt auf der Hyperbel kommt aber viel schneller vorbei und erfährt eine höhere Fliehkraft (von der Erde aus gesehen) bei gleicher Gravitation. Daher fliegt es danach auch wieder von der Erde weg, und bleibt nicht auf einer konstanten Kreisbahn.
« Letzte Änderung: 15. Dezember 2009, 15:36:39 von Schillrich »
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klausd

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #53 am: 15. Dezember 2009, 15:45:31 »
[tex]\Large m\ddot r-m r \dot\varphi^2+\frac{a}{r^2}=0[/tex]

Wie man leicht sieht, gilt der Ausgleich nur, wenn [tex]\ddot r=0[/tex] ist,

Kannst Du mal genau erklären was Du da gerechnet hast, wofür die Variablen stehen usw...

Ich erinnere mich an die Lagrange Gleichungen nur rein mathematisch, Mechanik ist in meinem Studiengang nicht vorgesehen  ;)

tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #54 am: 15. Dezember 2009, 17:08:22 »
Hallo Klaus,

a= m*M*G mit G Gravitationskonstante, m Masse des Raumschiffs, M z.B. Erdmasse (ich vernachlässige die Gravitationswirkung des Raumschiffs auf die Erde ;D). a ist nur eine Abkürzung um die Formel auf das Wesentliche zu reduzieren.
r ist der Abstand vom Erdmittelpunkt, [tex]\dot r[/tex] ist die erste zeitlich Ableitung, [tex]\ddot r[/tex] ist die zweite zeitliche Ableitung.
[tex]\varphi[/tex] ist in der Regel der Bahnwinkel zum Perigäum.

Ok jetzt nochmal die Herleitung. Also allgemein gilt bei Lagrangeformalismus L=T-V, wobei T die kinetische Energie ist und V die potentielle Energie. Die kinetische Energie in Polarkoordinaten ist das 1/2m(...) aus der Formel. Das Potential ist [tex]U(r)=-\frac{a}{r}[/tex]. Das minus deshalb, weil der Radius vom Erdmittelpunkt auf das Raumschiff, zeigt, die Wirkung der Gravitation aber entgegengesetzt ist.



Jetzt wendet man diese Formel an (Bild von Wiki):


Das qi sind die sogenannten generalisierten Koordinaten. Hier einfach durch r ersetzen. Dann Ableitungsregeln anwenden, umstellen und schon ist man bei der von mir genannten Formel:


Jetzt kann man die Lagrangegleichung aber auch noch mit [tex]\varphi[/tex] bilden. Und dann ergibt sich folgendes. In der Gleichung kommt nur ein [tex]\dot\varphi[/tex] vor, aber kein [tex]\varphi[/tex], damit ist die linke Seite null und es ergibt sich:
[tex]\Large 0=\frac{d}{dt}(mr^2\dot\varphi)[/tex]

Was ist denn [tex]\Large mr^2\dot\varphi[/tex]? ;) Oha das ist ja der Bahndrehimpuls! :D Die zeitliche Änderung des Bahndrehimpulses ist null=>Drehimpulserhaltung! :D

Und das alles folgt nur aus der Betrachtung der Energie, keine lästigen Kräfte mit Vektorpfeilen etc.. mehr. :D Mit dem Euler Lagrange Formalismus lassen sich Bewegungsgleichungen sehr leicht aufstellen, leider wird das Lösen der Gleichungen dadurch nicht einfacher. ;) Aber das mathematische Problem in Gleichungen zu packen ist ja auch schonmal was. :)
« Letzte Änderung: 15. Dezember 2009, 19:17:16 von tobi453 »

klausd

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #55 am: 15. Dezember 2009, 20:04:31 »
Aber das mathematische Problem in Gleichungen zu packen ist ja auch schonmal was. :)

Find ich persönlich schwieriger als Sie zu lösen. Danke für die Erklärungen an einen Physik-Newbie. Vielleicht haste ja beim erklären auch nochmal was gelernt.  :)

Gruß, Klaus

*

Online Schillrich

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  • 19601
Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #56 am: 16. Dezember 2009, 09:12:32 »
Wir haben die Bahnmechanikbeiträge aus der "Zukunftsdiskussion" hierher überführt.
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Voyager1

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #57 am: 08. Januar 2010, 17:56:53 »
Hallo!
Allgemein bekannt ist, daß Bahnänderungsmanöver mit kleinstem Energieaufwand im Apogäum durchgeführt werden.
Kann mir jemand physikalisch erklären, warum das so ist.
Und für was würde Extraenergie bei der gleichen Bahnänderung im Perigäum "vergeudet" werden???
Nen guter Link dazu wäre auch gut.

Vielen Dank

*

Online Schillrich

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  • 19601
Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #58 am: 08. Januar 2010, 18:12:19 »
Hallo Voyager,

wir müssen das etwas spezifizieren, ein wenig korrigieren ;) und dann erläutern. Was du meinst, sind schnelle, schubstarke Manöver durch chemische Antriebe. Gleichzeitig meinst du nur Änderungen der Orbithöhe, andere Manöverarten wären ja noch Inklinationsänderung und Drehung der Knotenlinie.

Änderungen der Orbithöhe macht man mit chemischen Antrieben am effizientesten in Apo- und Perizentrum, s. Hohmanntransfer. An beiden Punkten wirkt der Schub (und damit die Impulsänderung) orthogonal zum Schwerefeld der Erde, bzw. entlang einer Äquipotentiallinie im Gravitationspotential der Erde (sagen wir mal anschaulich: parallel zur Oberfläche). Der Vorteil ist dort, dass man mit dem Schub keine (sinnlose) Hubarbeit macht, was Gravitationsverlust bedeutet, sondern alles in die Erhöhung der kinetischen Energie geht, also in die Beschleunigung.
Führt man das Manöver irgendwo zwischen diesen beiden Punkten auf der Ellipse aus, geht ein Teil des Impulses in reine Hubarbeit, welche aber nicht der Bewegung an sich zu gute kommt und damit ein Verlust ist.
Aus diesem Grund  würde man, hätten wir keine Atmosphäre, waagerecht von der Oberfläche starten. Deswegen kippen Raketen auch möglichst früh (es gibt noch andere Optimierungsparameter) nach dem Abheben zu Seite.

Später werde ich diesen Thread zum allgemeinen Bahnmechanikthread verschieben.
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Voyager1

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #59 am: 08. Januar 2010, 18:16:49 »
Na klar, danke.
Irgendwas mit der Zentripedalkraft, in dem Falle die Gravitationskraft, hatte ich schon mal irgendwo gelesen. Aber das mit der "sinnlosen" Erhöhung der Epot klingt einleuchtent.
Danke

Voyager1

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #60 am: 10. Januar 2010, 17:20:48 »
Hallo Gemeinde!
Eine Frage zur Bodenspur eines Satelliten.
Ich suche eine Formel, mit der ich durch Einsetzen der 6 Keplerelemente a, e, i, Omega, omega, mittlere Anomalie M die Bodenspur eines Satelliten erhalte (beziehungsweise Punkte der Bodenspur in Abhängigkeit der Zeit).
Auf einer ausgeklappten Erdkarte sollten die Punkte der Bodenspur in Phi und Lamda in Abhängigkeit der Zeit gegeben sein, um eine Spur auf der Karte einzeichnen zu können.
Vielleicht weis jemand einen Rat.
Viele Grüße,

Voyager

Voyager1

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #61 am: 10. Januar 2010, 17:30:53 »
Noch schnell mein eigener Ansatz:

Phi und Lamda auf weltkarte:
Phi=arctan(y/x)
Lamda=arctan(z/(wurzel(x^2+y^2)))

x,y,z aus den Keplerelementen:
x=rcos(mü)Px+rsin(mü)Qx
y=rcos(mü)Py+rsin(mü)Qy
z=rcos(mü)Pz+rsin(mü)Qz

mit mü=wahre Anomalie und P=(Px,Py,Pz), Q=(Qx,Qy,Qz) als Gaußsche Vektoren, die durch Omega(Lage des aufsteigenden Knotens vom Frühlingspunkt),omega(Lage des Perigäumsvom aufsteigenden Knoten) und Inklination der Satellitenbahn erstellt werden können.

Irgendwas kommt mir dabei allerdings spanisch vor. Die Koordinaten x,y,z beziehen sich auf das Äquatorsystem, daß sich nicht mit der Erde mitdreht. Also müsste noch irgendwie die Erddrehung mit in die Gleichung einfließen...

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Online Schillrich

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  • 19601
Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #62 am: 10. Januar 2010, 18:46:25 »
Hallo,

das ist nicht trivial. Es gibt zwei wichtige Besonderheiten: 1. die Erde ist keine Kugel, sondern ein symmetrisches Rotationsellipsoid, 2. rotiert die Erdoberfläche.

Um zu wissen, wo der Satellit über der Oberfläche ist, muss man das "Lot fällen". Für eine Kugel ist das simpel, das ist einfach der Durchstoßpunkt des Ortsvektors des Satelliten. Für ein Ellipsoid ist das hingegen nicht trivial und weicht vom Ortsvektor ab. Dafür gibt es, nach meinem wissen, keine geschlossene Lösung, nur numerische Lösungen. Aber ich kann mal in meine Matlabbibliothek schauen, da ist so eine "Bestimmung der Höhe" für Rotationsellipsoide mit drin. Konkret ist es die Bestimmung der geographischen Breite, über der der Satellit steht.

Du musst auch die Rotation der Erde mitberechnen, um zu wissen bei welcher geographischen Länge der Satellite gerade steht. Die Bewegung des Satelliten selbst ist ja im (quasi) inertialen, geozentrischen, fixen Koordinatensystem beschrieben und gelöst und muss am Ende auf das geozentrische, mitrotierende System der Erde transformiert werden.
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Voyager1

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #63 am: 10. Januar 2010, 18:56:53 »
Genau.
Aber für den Anfang kann man vielleicht erst einmal von einer Kugel ausgehen. Dann hat man erst einmal ein idealisiertes Modell und mir wäre schon viel geholfen.
Im zweiten Schritt würde mich natürlich auch die anschließende Anpassung der Rechnung an das Ellipsoidenmodell interessieren.

Als letztes würde mich dann noch interessieren, wie groß die maximalen Abweichungen zwischen idealem und Ellipsoidenmodell sind, sprich, ob sich der Aufwand in jedem Falle lohnt. Beträgt die Abweichung weniger als einen Grad in Phi und Lamda, so ist das idealisierte Modell zu anschaulichen Zwecken immer noch gut genug.

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Online Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #64 am: 10. Januar 2010, 19:20:37 »
Also ich bin gerade in der Hilfe von Matlabs Aerospace Blockset. Die Berechnung der geodätischen Breite aus der geozentrischen Breite ist da doch eine nichtiterative Methode. Leider kann ich das hier nicht reinbringen, Zeichnung samt Formeln.
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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #65 am: 10. Januar 2010, 19:28:38 »
Als letztes würde mich dann noch interessieren, wie groß die maximalen Abweichungen zwischen idealem und Ellipsoidenmodell sind, sprich, ob sich der Aufwand in jedem Falle lohnt. Beträgt die Abweichung weniger als einen Grad in Phi und Lamda, so ist das idealisierte Modell zu anschaulichen Zwecken immer noch gut genug.

Das ist schon deutlich, v.a. ist es von der Höhe des Satelliten abhängig. Ich habe hier auch eine Formel, um das zu berechnen ... aber man muss eine Menge Inputs vorher berechnen. Da steckte eine Menge Geometrie drin.


Vielleicht kannst du das hier irgendwo finden:
Hedgley, D. R., Jr., "An Exact Transformation from Geocentric to Geodetic Coordinates for Nonzero Altitudes," NASA TR R-458, March, 1976
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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #66 am: 10. Januar 2010, 19:46:31 »
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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #67 am: 03. März 2010, 18:52:35 »
Verlust eines Teils bei einer EVA
**Ich habe diesen Beitrag aus einem alten Thread hier mit rein genommen, da thematisch passend und habe die Bilder "gerettet"**



Was passiert, wenn ein bei einer EVA ein Teil verloren geht? Was passiert mit einem Raumfahrer, der die Verbindung zum Raumschiff verliert?

Zu dieser Frage hatte ich schon mal im STS-117 Thread etwas geschrieben:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3632.msg37768#msg37768

Damals waren meine Erläuterungen der sog. Hillschen Gleichungen aber sehr abstrakt. Deshalb habe ich heute ein kleines Programm geschrieben und das Ganze mal visualisiert. (Dabei habe ich auch gleich einen Vorzeichenfehler im Skript meines damaligen Professors gefunden ;)).

Annahmen
Ich habe als Beispiel den ISS-Orbit mit ca. 90 Minuten Umlaufdauer angenommen und 3 Umläufe simuliert. In der ISS ist folgendes Koordinatensystem definiert [size=10](Dieses KOS unterscheidet sich von dem von mir in obigem Link definierten.)[/size]:
  • x-Achse: weist radial nach außen, also praktisch nach 'oben' von der Erde weg,
  • y-Achse: weist in Flugrichtung, also nach 'vorne',
  • z-Achse: vervollständigt das rechtshändige System und weist 'senkrecht' zur Orbitebene, also nach 'links'.
Ergebnisse
Auf den Bildern ist die ISS immer auf der Null-Linie. Die Graphen geben die Relativbewegung in x,y,z des verlorenen Teils/Astronauten von der ISS aus gesehen an.



Fall 1: Stoß mit 0,1m/s in x-Richtung nach 'oben'

  • x-Richtung
    Es findet eine konstante harmonische Schwingung nach oben und unten statt, die immer wieder am ISS-Orbit vorbei kommt.
  • y-Richtung
    Es findet eine Schwingung hinter der ISS statt. Am Umkehrpunkt erreicht das Teil gerade die ISS wieder.
  • z-Richtung
    Nach links und rechts passiert nichts.
An den Stellen, wo sich alle 3 Linien wieder auf der Null-Linie treffen, wird die ISS vom treibenden Teil wieder besucht, also nach allen 90 Minuten.



Fall 2: Stoß mit 0,1m/s in y-Richtung nach 'vorne'

  • x-Richtung
    Über der ISS findet eine konstante harmonische Schwingung statt. Deren unterer Umkehrpunkt liegt wieder auf der Höhe des ISS-Orbits.
  • y-Richtung
    Das driftende Teil entfernt sich schwingend nach hinten, fällt also hinter der ISS immer weiter zurück.
  • z-Richtung
    Nach links und rechts passiert nichts.
Da sich nie alle 3 Graphen gleichzeitig auf der Null-Linie treffen, kommt ein Teil auf diesem Pfad auch nicht mehr an der ISS vorbei, sonder entfernt sich praktisch dauerhaft ... naja, irgendwann wird es von der ISS wieder überholt und kann sie dann wieder treffen.



Fall 3: Stoß mit 0,1m/s in z-Richtung nach 'links'

  • x-Richtung
    In der Richtung passiert nichts.
  • y-Richtung
    In der Richtung passiert nichts.
  • z-Richtung
    In dieser Richtung baut sich eine links-rechts-Schwingung auf. Während eines Orbits kommt das driftende Teil also ein mal von links und ein mal von rechts wieder an der ISS vorbei.
Die Bewegung entlang der z-Achse ist also von den beiden anderen entkoppelt. Wenn man etwas verliert, sollte man es tunlichst nach vorne oder hinten stoßen, damit es sich von der ISS entfernt. Dabei sind die dargestellten Fälle aber idealisiert, da sie von exakten Stößen in die angegebenen Richtungen ausgehen.
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Online Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #68 am: 29. März 2010, 10:17:14 »
Hallo,

wir hatten das Thema kurz beim letzten EchoStar-Start: Co-Positionierung von mehreren Satelliten in einem GEO-Slot.

Die ersten Untersuchungen dazu kommen aus der zweiten Hälfte der 80er Jahre. Ursprünglich wollte man keine Koordination zwischen den Satelliten vornehmen, unter der Erwartung, dass ein Fenster von [tex]\Lambda\ \pm\ 0,1^{\circ}[/tex] bzw. [tex]X\ \pm\ \approx 70\mathrm{km}[/tex] ausreichen müssten, um bei zufälliger und unkorrelierter Verteilung der Bahnabweichungen eine Annäherungsrisiko quasi auszuschließen. Bei weiteren Untersuchungen hat man dann schnell erkannt, dass es doch nicht so einfach ist, v.a. wenn baugleiche Satelliten mit der selben Optimierungsstrategie in diesem Fenster gehalten werden. Dann sind die Bahnen nicht mehr unkorreliert, sondern beide Satelliten folgen ähnlichen Manövern und damit Abweichungen.
Bei der Untersuchung verschiedener Koordinationstechniken zwischen Satelliten hat man u.a. Längentrennung und phasenverschobene Manöverzeiten untersucht, wo jeder Satellit weiterhin einzeln betrieben würde. Am "mächtigsten" haben sich aber koordinierte Strategien gezeigt, dass man also die Satellitenbahnen und die Manöver aufeinander abstimmt. Ein Konzept ist die kombinierte Trennung in Inklination und Exzentrizität. Nominell gilt ein Zielorbit für den GEO-Slot. Jeder Satellit ist dabei aber auf einem leicht exzentrischen und inklinierten Orbit unterwegs, und zwar so ausgerichtet, dass die Perizentren und die Knotenlinien zueinander versetzt sind. Durch diese Trennung in zwei Elementen schafft man es, dass zu jeder Zeit eine räumliche Trennung besteht.
Keiner der Satelliten befindet sich dann an der nominalen GEO-Position im Zentrum des Slots, sondern die Satelliten umkreisen das Zentrum auf einer geneigten Ellipse und bleiben insgesamt im Fenster.
Je mehr Satelliten man so zusammenpackt, desto aufwändiger wird das Ganze, u.a. weil die Abstände schrumpfen. Vor allem bei Fehlern oder Ausfällen benötigt man dann eine "schnelle" Lösungsprozedur, um die benachbarten Satelliten nicht zu gefährden. Außerdem müssen alle Satelliten die periodischen Korrekturmanöver gegen Drift parallel ausführen, um die Konstellation zu halten, was u.a. eine Herausforderung für die schnelle und genaue Positionsbestimmung zur Manöverplanung und -verifikation vom Boden aus ist.

Nach meinem Wissen ist SES-Astra in dem Bereich führend. Die hatten bereits 6 Satelliten an einer Position.
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Offline tul

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #69 am: 04. Juni 2010, 01:03:57 »
Mal ne Frage.

Wenn eine Raumsonde an der Erde Schwung holt um die Geschwindigkeit zu erhöhen muss die Energie ja irgendwo herkommen. Wird die Erde dadurch abgebremst?

Danke

tul

Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #70 am: 04. Juni 2010, 01:21:21 »
Ganz genau, die Energie wird dem Planeten entnommen, an dem die Sonde sich Schwung holt.
Der Planet verliert dabei kinetische Energie. Natürlich ist das beim Verhältnis der Massen Sonde/Planet nur minimal.
42/13,37 ≈ Pi

Offline Avatar

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  • 238
Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #71 am: 04. Juni 2010, 20:52:39 »
Wahrscheinlich minimaler als wenn ne Mücke gegen das Fenster einer 747 knallt, da wird die auch nicht groß langsamer durch.

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Online Schillrich

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  • 19601
Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #72 am: 04. Juni 2010, 22:12:27 »
Ich habe tuls Frage mit dem Thread zur Bahnmechanik zusammengelegt.
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runner02

  • Gast
Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #73 am: 29. Oktober 2010, 11:05:29 »
Hey, mir hat sich wieder mal eine Frage aufgetan:

Angenommen mal, man habe eine Kapsel (m1), die in einem LEO ist, und ein schwereres Objekt (m2), das in einer Art Halo-Orbit nahe an den Mond kommt, also ca. 300x350.000km (Perigäum:Apogeum, ich glaub das schreibt man so?)

Nun will die Kapsel an das schwere Objekt docken. Klar ist, sie muss warten, bis beide nahe beisammen sind (m2 im Perigäum).

Nun besitzen sie aber eine völlig andere Energie. Müsste es sie beim Zusammentreffen und Koppeln nicht zerfetzen?
Andererseits, in gleicher Erdnähe und mit der Erde als Fokuspunkt, vergehen beim überstreichen gleicher Flächen die gleiche Zeit (Keppler).

Zumindest muss es m2 verhältnismäßig runterziehen, die Energie muss ja erhalten bleiben und ein Teil wird auf m1 übertragen.  

geht das also plötzlich - wirken dabei kurz starke kräfte, wie wenn z.b. ein Reh mit einer Differenzgeschwindigkeit von 80km/h (in der Raumfahrt sinds bekanntermaßen etwas mehr ;) ) angefahren wird, oder geht es moderat, wie wenn ich mich ins Auto setze und langsam mitbeschleunigt werde??

TillP

  • Gast
Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #74 am: 29. Oktober 2010, 11:21:16 »
Das zweite Keplersche Gesetz gilt nur für ein Objekt. Das heißt, damit kann man die Geschwindigkeit von m2 für Erdferne und Erdnähe miteinander in Beziehung setzen.
M2 wird aber in Erdnähe deutlich schneller sein als m1.

Das wäre also weniger ein Koppeln, als mehr eine Kollision mit großer Differenzgeschwindigkeit und viel Schrott am Ende ;)