Bahnmechanik / Bahnmanöver

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HAL2.0

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Bahnmechanik / Bahnmanöver
« am: 26. Mai 2009, 19:19:24 »
Danke,das war schnell ! :)
Liege ich dann auch richtig mit der Annahme,das es absurde Treibstoffmengen kosten würde,etwas aus dem ISS-Orbit in eine solche Bahnneigung (23,5 Grad) zu verfrachten ? Ich meine,das eh schon hier im Forum gelesen zu haben...

Edit (altes Kriegsleiden...*g*):
Am Ende kann mir das vieleicht noch jemand vorrechnen...? :)
Annahme: Ich möchte Station XY von 51,6 Grad Bahnneigung auf 23,5 Grad bringen. Wieviel Treibstoff brauche ich dafür grob geschätzt,wenn Station XY 150 t Masse hat ? Die Bahnhöhe soll dabei gleichbleiben.
« Letzte Änderung: 28. Mai 2009, 07:24:06 von MSSpace »

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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #1 am: 26. Mai 2009, 19:31:50 »
Jenseits von gut und böse ... vielleicht rechne ich das spaßenshalber mal aus ...
\\   //    Grüße
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HAL2.0

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #2 am: 26. Mai 2009, 19:33:29 »
*g* Mein Timing heute....*lach*
Ja bitte,wäre wirklich nett,wenn du Zeit und Lust hast.

tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #3 am: 26. Mai 2009, 19:37:43 »
Bei einer Orbitgeschwindigkeit von 7,8km/s komme ich auf ein DeltaV von 3,79km/s bei einer Inklinationsänderung von 51,6° auf 23,5°.

Bei einem Triebwerk mit einer Ausströmgeschwindigkeit von 4,5 km/s (SSME) braucht man dann ca. 200 Tonnen Treibstoff, wenn die Station 150 Tonnen wiegt.

Ich hoffe ich habe mich nicht verrechnet. ;)

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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #4 am: 26. Mai 2009, 19:43:08 »
Kann ich bestätigen ;).

Aber ganz absurd wird es bei einem Abbau auf 0°:

[tex]\Delta v = 2v sin(\frac{\Delta i}{2})=6,7 km/s[/tex]

Bei einer Orbitgeschwindigkeit von 7,7km/s bedeutet das, dass man die ISS praktisch noch mal starten könnte für den [tex]\Delta v[/tex]-Bedarf.
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HAL2.0

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #5 am: 26. Mai 2009, 19:47:44 »
Ach du Sch...sch...schöner Mondschein. Kurz:hier
http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/8064060.stm
ist also ganz sicher der Wurm drin,wenn man solche Marsraumschiffmontagegeschichten propagiert. Seltsam...

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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #6 am: 26. Mai 2009, 19:48:04 »
Ach ja, hinzu käme noch ein wenig "Ebenendrehung" (macht man auch nicht gerne), um beide Orbitebenen zur Deckung zu bringen, aber das kann man durch gutes Timing des Inklinationsmanövers minimieren/vermeiden.
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HAL2.0

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #7 am: 26. Mai 2009, 21:36:26 »
Bei einer Orbitgeschwindigkeit von 7,8km/s komme ich auf ein DeltaV von 3,79km/s bei einer Inklinationsänderung von 51,6° auf 23,5°.

Bei einem Triebwerk mit einer Ausströmgeschwindigkeit von 4,5 km/s (SSME) braucht man dann ca. 200 Tonnen Treibstoff, wenn die Station 150 Tonnen wiegt.

Ich hoffe ich habe mich nicht verrechnet. ;)

Der kleine Mathematiker in mir hat noch ne Frage: Wenn ich nun 200 t Treibstoff benötige,um 150 t Objekt zu bewegen,wird damit die Startmasse des Objekts nicht auf (150+200) 350 t erhöht und somit eine gewisse....Intervallschachtelung nötig,um das final zu berechnen ?

tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #8 am: 26. Mai 2009, 21:46:13 »

Der kleine Mathematiker in mir hat noch ne Frage: Wenn ich nun 200 t Treibstoff benötige,um 150 t Objekt zu bewegen,wird damit die Startmasse des Objekts nicht auf (150+200) 350 t erhöht und somit eine gewisse....Intervallschachtelung nötig,um das final zu berechnen ?

Ja die Startmasse beträgt 350 Tonnen. Aber das habe ich schon berücksichtigt. ;)

Nach Raketengleichung:

[tex]\Large 4,5km/s\ \log\(\frac{200+150}{150}\)\ =\ 3,8km/s[/tex]

PS: Leider hat unser LateX Compiler noch kein Antialiasing, deshalb sieht das etwas hässlich aus. ;)

HAL2.0

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #9 am: 26. Mai 2009, 21:59:28 »

Der kleine Mathematiker in mir hat noch ne Frage: Wenn ich nun 200 t Treibstoff benötige,um 150 t Objekt zu bewegen,wird damit die Startmasse des Objekts nicht auf (150+200) 350 t erhöht und somit eine gewisse....Intervallschachtelung nötig,um das final zu berechnen ?

Ja die Startmasse beträgt 350 Tonnen. Aber das habe ich schon berücksichtigt. ;)

Nach Raketengleichung:

[tex]\Large 4,5km/s\ \log\(\frac{200+150}{150}\)\ =\ 3,8km/s[/tex]

PS: Leider hat unser LateX Compiler noch kein Antialiasing, deshalb sieht das etwas hässlich aus. ;)


Spitze ! Na,dann keine weiteren Fragen. Äh....ich bin echt begeistert.

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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #10 am: 27. Mai 2009, 06:50:15 »
Guten Morgen,

@Tobias,

kann man hier die Raketengleichung anwenden? Wir beschleunigen ja nicht, d.h. am Ende ist der Geschwindigkeitsbetrag gleich, nur der Vektor wurde gekippt.

Das Studium ist schon lange her ...
\\   //    Grüße
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tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #11 am: 27. Mai 2009, 07:11:59 »
Hallo Daniel, wenn die Beschleunigungsphase kurz ist, denke ich schon, dass das so stimmt.

Rein intuitiv würde ich sagen, dass der Geschwindigkeitsbedarf beim Inklinationswechsel noch höher ist, weil man nur senkrecht zur Flugrichtung beschleunigen sollte. Wenn man den Geschwindigkeitsvektor auf "direktem Wege" ändern will, fällt man kurzzeitig unter die Orbitgeschwindigkeit, was sich bei einer längeren Beschleunigung (z.B. Ionentriebwerk) negativ auswirken kann ;).

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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #12 am: 27. Mai 2009, 07:34:27 »
Warum sollte man unter die Orbitgeschwindigkeit fallen? Beim Inklinationsmanöver schiebt man mit einem Winkel zwischen Schubvektor und Bahngeschwindigkeitsvektor von 90°, d.h. man ändert die Bahngeschwindigkeit nicht, damit den Betrag  des Drehimpulses nicht und die Bahnenergie nicht. Also absinken oder steigen wird man auf keinen Fall, wenn man immer die 90° einhält.
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jakda

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #13 am: 27. Mai 2009, 07:59:33 »
Um die Diskussion vielleicht etwas zum Abschluss zu bringen...
Wieviel Tonnen Treibstoff braucht man um ein 50 Tonnen-Schiff zum Mond zu bringen...
aus 5° und 50° Bahnebene...

Grüße
jakda...

tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #14 am: 27. Mai 2009, 17:03:52 »
Warum sollte man unter die Orbitgeschwindigkeit fallen? Beim Inklinationsmanöver schiebt man mit einem Winkel zwischen Schubvektor und Bahngeschwindigkeitsvektor von 90°, d.h. man ändert die Bahngeschwindigkeit nicht, damit den Betrag  des Drehimpulses nicht und die Bahnenergie nicht. Also absinken oder steigen wird man auf keinen Fall, wenn man immer die 90° einhält.

Ja klar, aber deine Formel rechnet nur den Geschwindigkeitsbedarf bei einer Änderung auf "direktem" Wege aus.

Extrembeispiel zum Verdeutlichen: Man möchte die Inklination um 180° ändern, also in die andere Richtung fliegen. Dafür wäre jetzt nach deiner Formel die doppelte Orbitgeschwindigkeit nötig, was ja auch logisch ist. Das reicht aber nur bei direktem Umkehren, also Beschleunigung gegen die Flugrichtung. Wenn man nun während der Inklinationsänderung den Betrag der Geschwindigkeit erhalten will, muss man "kreisförmig" beschleunigen und der Antriebsbedarf ist deutlich höher.

Hier mal ein Bild bei einem kleineren Winkel:


Das rote ist die direkte, errechnete Geschwindigkeitsänderung. Wie man sieht, fällt die Geschwindigkeit kurz unter die Orbitgeschwindigkeit. Der gelbe Pfad ist wie man's dann wirklich macht. Ich denke, der DeltaV Bedarf ist dort höher.

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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #15 am: 27. Mai 2009, 18:24:20 »
Hallo Tobias,

ich kann dir nicht folgen. Wo soll da der Geschwindigkeitsbetrag "abfallen"? Wenn der Schub keine Tangentialkomponente hat, kann das nicht passieren.
Ziehst du die Analogie in deiner Zeichnung, dass ein Geschwindigkeitsvektor vom Ursprung zur Mitte des roten Vektors kürzer ist als die schwarzen Vektoren?
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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #16 am: 27. Mai 2009, 18:29:24 »
Ich mache mal einen Bahnmanöverthread auf ;) ,... die hiesigen Mods mögen passende Einträge dann dorthin verschieben.
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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #17 am: 27. Mai 2009, 18:30:04 »
Allgemeiner Thread zur Diskussion von Bahnmanövern.
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tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #18 am: 27. Mai 2009, 18:41:40 »
Hallo Tobias,

ich kann dir nicht folgen. Wo soll da der Geschwindigkeitsbetrag "abfallen"? Wenn der Schub keine Tangentialkomponente hat, kann das nicht passieren.

Ja da hast du recht. Mir ging es nur darum, dass du mit der Formel 2v Sin(delta i/2) den Betrag des roten Pfeiles (die Pfeile sind die Geschwindigkeitsvektoren) ausrechnest, wo du aber auch teilweise tangential beschleunigst. Wenn du aber nicht tangential, sondern nur senkrecht zur Bewegungsrichtung, dann bewegt sich die Spitze des Geschwindigkeitsvektors während der Inklinationsänderung ja auf einer Kreisbahn. Und dort ist meiner Meinung nach der DeltaV-Bedarf höher.

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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #19 am: 27. Mai 2009, 18:42:58 »
Sag bitte etwas zu meiner Vermutung deiner "Analogie" ;).
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tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #20 am: 27. Mai 2009, 18:43:37 »

Ziehst du die Analogie in deiner Zeichnung, dass ein Geschwindigkeitsvektor vom Ursprung zur Mitte des roten Vektors kürzer ist als die schwarzen Vektoren?
Ja.

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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #21 am: 27. Mai 2009, 18:46:39 »
Verwechsel nicht Geschwindigkeitsvektoren mit Streckenvektoren. Du kannst nicht einfach die "Verbindung" vom Ursprung zur Mitte des roten Vektors ziehen. Der rote Vektor gilt nur für den großen Winkel, also für Anfangszustand und Endzustand, nicht dazwischen. Für einen kleineren Winkel sieht der anders aus. Du musst immer diese Dreieck aufspannen.
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tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #22 am: 27. Mai 2009, 18:55:50 »
Der rote Vektor gilt nur für den großen Winkel, also für Anfangszustand und Endzustand, nicht dazwischen. Für einen kleineren Winkel sieht der anders aus. Du musst immer diese Dreieck aufspannen.

Was meinst du mit Dreieck aufspannen?

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Offline Schillrich

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #23 am: 27. Mai 2009, 19:01:07 »
Vektordreieck.

Die dargestellte Konstellation aus den beiden schwarzen und dem roten Deltavektor gilt nur für die beiden Zustände: Anfang und Ende. Der rote Vektor beschreibt die Vektodifferenz dazwischen. Diese Vektoren (in Länge und Richtung) gelten aber nicht für die Zwischenzustände, also für den "Weg" von einem schwarzen zum anderen schwarzen Vektor.

Wenn wir Wege betrachten würden (wenn die Vektoren also Strecken darstellen würden), dann würde der rote Vektor den Weg von schwarz A zu schwarz B beschreiben und damit auch die Zwischenwegepunkte. Aber wir haben hier Geschwindigkeitsvektoren.
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tobi453

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Re: Bahnmechanik / Bahnmanöver
« Antwort #24 am: 27. Mai 2009, 19:03:39 »
Vektordreieck.

Wenn wir Wege betrachten würden (wenn die Vektoren also Strecken darstellen würden), dann würde der rote Vektor den Weg von schwarz A zu schwarz B beschreiben und damit auch die Zwischenwegepunkte. Aber wir haben hier Geschwindigkeitsvektoren.

Und wie soll der Weg dann aussehen?