Naja, wir sind inzwischen sehr skeptisch geworden, weil wir die Entwicklung der Raumfahrt hier seit vielen Jahren verfolgen.
Allerdings auch immer unter dem Umstand, dass die Politik nicht so recht wollte.
Nach der Mondlandung war den Politikern Sparen wichtiger als Raumfahrt.
Thomas Reiter spricht aber von dem Fall, wenn die Politik mal wieder wollen sollte und ausreichend Gelder zur Verfügung stellt.
Wenn wir uns an Apollo erinnern, wissen wir aber auch, dass mit ausreichenden Mitteln alles anders läuft.
Dabei war die berühmte Rede von Präsident Kennedy, noch im laufenden Jahrzehnt einen Menschen zum Mond und wieder zurück zu bringen, viel mutiger.
Apollo hat innerhalb weniger Jahre Menschen auf den Mond gebracht, wobei die ganze Technik erst neu entwickelt werden mußte und man kaum Erfahrungen hatte.
Damals sind ihnen die Raketen noch reihenweise um die Ohren geflogen (explodiert).
Man wußte noch nicht, ob Menschen längere Zeit im Weltraum überleben können und dabei arbeitsfähig bleiben.
Es gab noch keinen Schwerlastträger, zuverlässige Kopplungstechnologie, oder eine Landefähre für den Mond.
Da waren so viele Dinge, die man ohne jede Erfahrung völlig neu entwickeln mußte und man konnte nicht vorhersehen, welche Probleme sich dabei ergeben würden.
Die haben Praktisch bei Null angefangen.
Das einzige was man hatte, war der Wille und ausreichend Geld - und damit konnte man großartiges in verdammt kurzer Zeit erreichen.
Thomas Reiter sagt ja nur, dass die Europäer in einem Zeitraum von 4 Jahren in die bemannte Raumfahrt einsteigen könnte, wenn der politische Wille vorhanden wäre.
Zur Verfügung hat er eine der erfolgreichsten Raketen (Ariane 5), die damals für bemannte Flüge (Hermes) konstruiert wurde, und ein Raumschiff (ATV), in dem schon Menschen erfolgreich gearbeitet und geschlafen haben.
Es geht ja nur noch um einige Erweiterungen für Start und Landung und autonome Lebenserhaltung.
Dafür steht einen leistungsfähige Industrie zur Verfügung, die sogar schon gedankliche Vorarbeit geleistet hat.
Präsident Kennedy hatte keine Ahnung von Raumfahrt und mußte sich auf euphorische Berater verlassen, die sich auf völliges Neuland begeben wollten.
Thomas Reiter hingegen ist nicht irgendwer.
Er ist Diplomingenieur der Luft- und Raumfahrttechnik, erfahrener Kampfflieger und Testpilot, als Astronaut hat er mehrere Langzeit-Raumflüge absolviert, auf den beiden großen Raumstationen (ISS und Mir) gearbeitet, ist mit Shuttle und Sojus geflogen und hat als einziger Ausländer sogar einen Pilotenschein für die Sojus.
Als Direktor für Bemannte Raumfahrt und Betrieb bei der Europäischen Weltraumorganisation ESA könnte er schon wissen wovon er spricht.
Ich mache mir vielmehr Sorgen über uns:
Wenn wir als Raumfahrt-Fans schon nicht mehr daran glauben, was in der Raumfahrt möglich ist, wie sollen es sich dann die Politiker vorstellen können?