Zukunft der bemannten Raumfahrt

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tobi

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #350 am: 01. September 2011, 11:14:36 »
Wir sollten nicht vergessen, dass die ESA-Mitgliedsstaaten Demokratien sind. Der Unwille der Politik eine bemannte Marsmission zu  finanzieren ist also letztendlich das Unverständnis der Bevölkerung für so ein Unterfangen. Dieses Unverständnis der Bevölkerung hat sich in den letzten 50 Jahren nicht wirklich verändert. Wird sich das in den nächsten 50 Jahren ändern?

@vostei: Parteien kann man gründen. Aber dann wäre die Frage welche Richtung soll die Raumfahrtpolitik denn nehmen? Darauf gibt es doch allein hier schon sehr unterschiedliche Ansichten. Und der Großteil der Bevölkerung hat andere Sorgen, so eine Raumfahrtpartei hätte kaum eine Chance. Selbst das Internet reicht als Parteiprogramm nicht aus (siehe Piratenpartei). Die 5%-Hürde stoppt sowieso quasi alle neuen Parteien.

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Offline KSC

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #351 am: 01. September 2011, 11:20:58 »
Geld bewirkt in der bemannten Raumfahrt viel. Dennoch kann man auch mit unbegrenztem Geld keine Wunder vollbringen.
Wir haben eine Organisation, die selbst keine Erfahrung mit bemannten Fahrzeugen hat (starten und landen ist was anderes als im Orbit drin zu arbeiten und zu schlafen).
Wir haben einen Transporter, der nicht man rated ist, wir haben eine nicht man ratede Rakete. Gut es gäbe schlechtere Voraussetzungen, man starten nicht bei Null. Aber dennoch es müsste ein Rettungssystem entwickelt und getestet werden. Die Startanlage müsste umgebaut werden (die Crew muss ja einsteigen), Flugprofile müssten neu durchgerechnet und getestet werden. Man braucht ein komplett neu entwickeltes Landesystem mit Hitzeschild und Fallschirm System, ein Lebenserhaltungssystem wäre auch nicht schlecht, auch das alles muss man bauen und testen, nicht zuletzt muss man ein Cockpit designen ebenfalls bauen, testen und die Crew ausbilden, außerdem braucht man Bodenstationen, eine Bergungs Team, ein Kommunikationssystem, Standart Flug-, Start-, Land- und Notfallprozeduren, die man entwickeln muss, man braucht Simulatoren, neue Software in der Kapsel und am Boden, …
Dann haben wir ja auch keine Kommandowirtschaft, d.h. all diese Aufträge müssen ausgeschrieben werden, es muss ein (langwieriges) Bieter und Vergabeverfahren geben, kurz die heutzutage unvermeidbare Bürokratie muss zu ihrem „Recht“ kommen.

Vor diesem Hintergrund sind selbst mit unbegrenzten Geldmitteln 4 Jahre meiner Ansicht nach nicht realistisch.

Gruß,
KSC

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Offline vostei

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #352 am: 01. September 2011, 11:36:51 »
Wo wir gerade bei der Politik sind - wovon reden wir hier eigtl.? Von der bemannten Raumfahrt im Dienst der Wissenschaft und Forschung?

Worauf ich hinaus will: unbemannt oder bemannt - dadurch, dass fast alles oder zumindest sehr viel raumfahrttechnisches mit dem, salopp gesagt, militärisch-industriellen Komplex verwoben ist und unsere große Politik mit dem Finazkomplex verbandelt ist, ist es doppelt schwer überhaupt noch Abschätzungen verlässlich machen zu können.

Und mit KSCs Sicht der Dinge dreifach.
Lieber fünf vor Zwölf, als keins nach Eins

Hendrik

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #353 am: 01. September 2011, 14:06:30 »
Ich mache mir vielmehr Sorgen über uns:
Wenn wir als Raumfahrt-Fans schon nicht mehr daran glauben, was in der Raumfahrt möglich ist, wie sollen es sich dann die Politiker vorstellen können? :-\

Meine Sorge ist eher, dass verschiedene Weltraumorganisationen das gleiche machen wie die anderen auch. Wiso sollte Europa ein bemanntes Vehikel haben? USA, Russland und China haben jeweils eins und ich glaube fest daran, dass Indien es auch schaffen wird noch bevor 2020. Und wenn wir ein bemanntes Vehikel bauen, hätten wir noch genug Geld für eine passende Raumstation als Ziel? Noch so ein Milliardengrab wie Galileo?

Ich sehe Europas Raumfahrtzukunft vor allem in Zusammenarbeit mit anderen Ländern. Die ISS ist dabei ein gutes Beispiel, wie mehrere Länder zusammen etwas erreichen können. Und ich hätte nichts dagegen wenn es direkt nach der ISS eine ISS 2 gäbe und man diese Asteoridenmissionen bei der NASA streichen würde, die einmal alle 2 Jahre stattfinden.

Europa sollte sich bei OPSEK beteiligen oder auch schauen, ob man mit den Chinesen etwas zusammen machen kann. Die Russen scheinen sich ja auch gut mit den Chinesen zu verstehen. ISS 2 mit Russland, Europa und China als Hauptverantwortliche. Das sehe ich sogar als sehr realistisch machbar an.

Ich würde auch gerne noch zu meinen Lebzeiten die bemannte Marsmission sehen, sehr gerne sogar. Allerdings soll das nicht so wie bei Apollo geschehen. Bis zu 5% der Staatsausgaben gingen in Apollo, 1:25 Chance auf Totalausfall in Kauf genommen, und begrenzter wissenschaftlicher Nutzen.

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Offline KSC

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #354 am: 01. September 2011, 14:32:38 »
Wiso sollte Europa ein bemanntes Vehikel haben? USA, Russland und China haben jeweils eins
Kleine Korrektur, die US haben keins ;)
Die Chinesen sind in 8 Jahren dreimal bemannt gestartet, das einzige bemannte Vehikel das regelmäßig startet ist die Sojus. Da wäre durchaus noch Platz für ein weiteres bemanntes System.
Dass das viel Geld kosten würde und dass für sonst nicht viel anderes Geld da wäre, damit hast du sicher recht.
Wenn du aber keinen eigenen Zugang hast, dann bist und bleibst du immer der Junior Partner, das zeigt sich auf der ISS und das hat man ganz deutlich beim Spacelab gesehen.

Vielleicht wird das mit dem privatwirtschaftlichen Zugang zum LEO ja doch noch was, dann kann man sich diesen Service auch kaufen - irgendwann.

Gruß,
KSC


Hendrik

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #355 am: 01. September 2011, 15:01:05 »
Ich gehe davon aus, dass die USA in nächster Zukunft wieder selber bemannt fliegen. Es ist nicht so, dass die USA da bei Null anfangen. Dieses hysterische Geschrei, die US-Raumfahrt sei am Ende, ist genausoviel heiße Luft, wie der der bemannte US-Mondflug 2019. Ich würde nicht sagen, die US habe kein bemanntes Vehikel, die USA haben eine temporäre Unterbrechung ihres bemannten Raumfluges.

Europa ist im Rahmen der aktuellen politischen Situation ein Juniorpartner und so sollte man sich auch verhalten. Wenn man etwas anderes will, sollte man den Hebel in der Politik ansetzen.

Ich gehe davon aus, dass die Zahl der chinesischen Astronauten ähnlich wächst wie das gesamtchinesische Wirtschaftswachstum, also 5 bis 10% pro Jahr. Tiangong 3, geplant für das Ende dieser Dekade, könnte man streichen und dafür eine eine internationale Station auf den Weg bringen.

Speedator

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #356 am: 01. September 2011, 20:57:01 »
In jedem Fall sollte man realisitische Grenzen nicht aus den Augen lassen und sich so auch nicht irgendwelchen Illusionen hergeben. Größere Projekte speziell in der bemannten Raumfahrt waren immer ein Instrument für gewisse politische Erwägungen. Das war schon bei Kennedy so. Die Rede hatt er nicht gehalten, weil er unbedingt zum Mond wollte. Dass es so schnell umgesetzt wurde, war wesentliches Ziel der Programms. Und auch Abbruch/Verzögerung heutiger Tage liegt nicht so sehr an heute wechselhaften Präsidenten, sondern daran, dass die Projekte anders als z.B. Apollo kein wichtiges nationales Instrument sind, dessen Erhalt über längere Strecke seine politische Wirkung erhält. Man erinnere sich nur aus welchen politischen Erwägungen Constellation bzw. Bushs Rede entstand. Die sind heute nicht mehr relevant.

Darum würde ich mich auch nicht der Illusion hergeben, dass man die Gesellschaft "nur" von bemannte Raumfahrt überzeugen muss und nur die böse Presse größeren Zielen entgegen steht. In Europa sehe ich momentan nicht wofür dieser bemannte Träger ein wesentliches Instrument sein kann.

China macht sein Ding. Aber wir sehen auch, dass es keine unendliche Dynamik entwickelt. Zeigen, dass man in der Welt die größte Macht ist, muss es wohl auch nur noch den ewig gestrigen. Inwieweit es als Instrument für die inländische Einheit/Ruhe gesehen wird, mag ich nicht entscheiden. Aber da sind wohl andere Basics(Bürokratische Willkür etc.) momentan zentraler.

ISS2 sehe ich auch weniger. ISS ist ja auch noch wesentlich in Erwägungen des Kalten Krieges und dann der neuen politischen Konstellation verwurzelt.

Die vier Jahre halte ich auch zumindest für ambitioniert, wenn man mal andere Projekte im Vergleich sieht(und den sicherheitstechnischen Anforderungen im Vergleich zu früher). Wenn man sieht wie lange die Produktion eines ATV dauert und das dann noch von den 4 Jahren abzieht. Eine knappe Zeit für die Entwicklung. Inwieweit da enormste Summen eine rasant schnelle Entwicklung ermöglichen kann ich nicht abschätzen.

Offline Ruhri

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #357 am: 01. September 2011, 22:49:05 »
Ich gehe davon aus, dass die USA in nächster Zukunft wieder selber bemannt fliegen. Es ist nicht so, dass die USA da bei Null anfangen. Dieses hysterische Geschrei, die US-Raumfahrt sei am Ende, ist genausoviel heiße Luft, wie der der bemannte US-Mondflug 2019. Ich würde nicht sagen, die US habe kein bemanntes Vehikel, die USA haben eine temporäre Unterbrechung ihres bemannten Raumfluges.

Moment einmal - das ist doch genau umgekehrt!? Die USA haben eben zurzeit kein eigenes bemanntes Raumfahrtsystem, aber der bemannte US-Raumflug geht trotzdem weiter.

Zitat
Europa ist im Rahmen der aktuellen politischen Situation ein Juniorpartner und so sollte man sich auch verhalten. Wenn man etwas anderes will, sollte man den Hebel in der Politik ansetzen.

Vielleicht bin ich ja etwas schwer von Begriff, aber worum handelt es sich denn bei dieser "aktuellen politischen Situation", die uns den Status eines Juniorpartners zuweist?

Dazu noch eine Frage: Wie stehen die Amerikaner eigentlich dazu? Haben sie uns Europäer gerne in dieser "Juniorpartner-Rolle" oder wäre ihnen eine aktivere Rolle unsererseits ganz recht?

Zitat
Ich gehe davon aus, dass die Zahl der chinesischen Astronauten ähnlich wächst wie das gesamtchinesische Wirtschaftswachstum, also 5 bis 10% pro Jahr. Tiangong 3, geplant für das Ende dieser Dekade, könnte man streichen und dafür eine eine internationale Station auf den Weg bringen.

Tut sie das denn schon? Besonders oft zum Fliegen kommen die Mitglieder des Taikonautenkorps ja nun nicht gerade.

Hendrik

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #358 am: 02. September 2011, 08:16:52 »
Moment einmal - das ist doch genau umgekehrt!? Die USA haben eben zurzeit kein eigenes bemanntes Raumfahrtsystem, aber der bemannte US-Raumflug geht trotzdem weiter.
Falcon 9 / Dragon fliegt grundsätzlich schon mal und bis Mitte dieses Jahrzehnts ist eine bemannte Version geplant. Geplant wird viel, aber ehrlich gesagt in diesem Fall glaube ich, dass SpaceX tatsächlich daran arbeitet eine bemannte Version zu entwickeln.

Für das MPCV wird auch schon Metall gesägt, nicht nur Papier geschrieben. Auch hier kann man Mitte des Jahrzehnts mit dem fertigen Produkt rechnen. Womit es gestartet wird ist ja noch nicht ganz klar. Das SLS ist wohl überdimensioniert für ein einfaches MPCV zur ISS.

Ein paar andere Firmen arbeiten auch an dem Thema bemannter Raumtransporter.

Ich würde es eher so beschreiben: man hat schon ein bemanntes System, man muss nur noch die Feinjustierungen machen, bis tatsächlich Astronauten einsteigen können.

Vielleicht bin ich ja etwas schwer von Begriff, aber worum handelt es sich denn bei dieser "aktuellen politischen Situation", die uns den Status eines Juniorpartners zuweist?
Die USA habe einen eigenen "Bereich" auf der ISS, die Russen haben einen eigenen Bereich auf der ISS. Die Europäer sind mit einem einzelnen bewohnbaren Modul dabei. Man hätte ja erst einen russischen Bereich, dann einen europäischen mit 3 bis 4 Modulen und danach einen amerikanischen Bereich anordnen können. Wenn man einen eigenen Bereich hätte und dann immer noch Geld übrig wäre, könnte man über einen eigenen bemannten Transporter nachdenken. Ich denke es scheitert am Geld mehr zu leisten. Und Geld ist eine politische Frage.

Dazu noch eine Frage: Wie stehen die Amerikaner eigentlich dazu? Haben sie uns Europäer gerne in dieser "Juniorpartner-Rolle" oder wäre ihnen eine aktivere Rolle unsererseits ganz recht?
Die Amerikaner wollen überall der Chef sein.

Tut sie das denn schon? Besonders oft zum Fliegen kommen die Mitglieder des Taikonautenkorps ja nun nicht gerade.
Ich sehe zumindest eine langsame Steigerung bisher. Wenn Tiangong 1 jetzt nicht in den Pazifik plumpst, dann gibt es in Kürze 2 bemannte Flüge dorthin.

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Offline tomtom

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #359 am: 02. September 2011, 11:39:30 »
Ich würde es eher so beschreiben: man hat schon ein bemanntes System, man muss nur noch die Feinjustierungen machen, bis tatsächlich Astronauten einsteigen können.

Das mag ja die Wunschvorstellung und auch die Darstellung in der Presse sein, aber durch ein Projekt mit derzeit max. 100 Mio $ kann man davon in keinster Weise sprechen.

Bis da was fliegt und feinjustiert werden kann, müßte das 10 bis 30-fache davon investiert sein.

Das führt dann auch zu entsprechenden Zeitvorstellungen über deren Verfügbarkeit.
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

Offline Ruhri

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #360 am: 02. September 2011, 18:36:52 »
Für das MPCV wird auch schon Metall gesägt, nicht nur Papier geschrieben. Auch hier kann man Mitte des Jahrzehnts mit dem fertigen Produkt rechnen. Womit es gestartet wird ist ja noch nicht ganz klar. Das SLS ist wohl überdimensioniert für ein einfaches MPCV zur ISS.

Ein paar andere Firmen arbeiten auch an dem Thema bemannter Raumtransporter.

Ich würde es eher so beschreiben: man hat schon ein bemanntes System, man muss nur noch die Feinjustierungen machen, bis tatsächlich Astronauten einsteigen können.

Du legst da schon lustige Maßstäbe an. Wie tomtom dir aber bereits erklärt hat, ist es noch ein weiter Weg bis zu einem bemannten System für die USA. Streng genommen haben die USA noch nicht einmal ein "halbbemanntes" System (wie Progress oder ATV), da die erste gestartete Dragon kaum mehr als eine leere Hülle gewesen ist.

Noch etwas lustiges: Da die Amerikaner anscheinend wollen, dass die "kommerziellen Kapseln" vermarktet und an zahlende nicht-staatliche Kunden (gemeint sind da die durchaus staatlichen Agenturen JAXA und ESA!) verkauft werden, sind wir europäischen "Juniorpartner" genauso weit weg wie die Amerikaner, über einen eigenen Zugang zum Weltraum verfügen zu können - wenn wir es denn wollen.

Zitat
Die USA habe einen eigenen "Bereich" auf der ISS, die Russen haben einen eigenen Bereich auf der ISS. Die Europäer sind mit einem einzelnen bewohnbaren Modul dabei. Man hätte ja erst einen russischen Bereich, dann einen europäischen mit 3 bis 4 Modulen und danach einen amerikanischen Bereich anordnen können. Wenn man einen eigenen Bereich hätte und dann immer noch Geld übrig wäre, könnte man über einen eigenen bemannten Transporter nachdenken. Ich denke es scheitert am Geld mehr zu leisten. Und Geld ist eine politische Frage.

Und wozu genau benötigen wir einen "eigenen Bereich" mit mehreren Modulen?

Zitat
Die Amerikaner wollen überall der Chef sein.

Eine recht pauschale Aussage, zumal wenn man die vor kurzem hier veröffentlichte Meldung betrachtet:

http://www.spaceflightnow.com/news/n1108/29shannon/

Aber gut, gehen wir einmal davon aus, dass es zum Selbstverständnis der Amerikaner gehört, immer die erste Geige spielen zu wollen.  Meinst du nicht aber auch, dass z.B. im Augenblick ein Juniorpartner Europa mit einem eigenen Raumfahrzeug heiß begehrt wäre?

Zitat
Ich sehe zumindest eine langsame Steigerung bisher. Wenn Tiangong 1 jetzt nicht in den Pazifik plumpst, dann gibt es in Kürze 2 bemannte Flüge dorthin.

Einen inhaltlichen oder auch nur rechnerischen Zusammenhang mit dem chinesischen Wirtschaftswachstum vermag ich da aber nicht zu erkennen.

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Offline tomtom

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #361 am: 02. September 2011, 20:36:18 »
Zitat
Die Amerikaner wollen überall der Chef sein.
Eine recht pauschale Aussage, zumal wenn man die vor kurzem hier veröffentlichte Meldung betrachtet:
http://www.spaceflightnow.com/news/n1108/29shannon/
Die Meldung zeigt eigentlich gerade den Führungsanspruch der Amis. Das ISECG hatte 2009 noch die Strategie vereinbart, sich mit 3 verschiedenen bemannten Mondmissionen zu befassen. 2010 wurde das ganze gestrichen bzw. verallgemeinert, so dass von flexiblen Zielen die Rede war (und der Mond nur noch unbemannt eine Rolle spielte). 2011 sollen jetzt zwei Scenarien drin sein, eine Asteroidenmission und eine Mondmission.

Zitat
Aber gut, gehen wir einmal davon aus, dass es zum Selbstverständnis der Amerikaner gehört, immer die erste Geige spielen zu wollen.  Meinst du nicht aber auch, dass z.B. im Augenblick ein Juniorpartner Europa mit einem eigenen Raumfahrzeug heiß begehrt wäre?

Dummerweise hat es Europa 2008 verpennt und will es jetzt nicht. Das Spiegel-Reiter Interview ist da recht eindeutig:
http://www.spiegel.de/international/world/0,1518,783102,00.html

Europa war und ist der Mini-Junior-Partner, da müßte schon mehr kommen, wenn sich daran was ändern sollte.
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

Hendrik

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #362 am: 03. September 2011, 00:25:44 »
Aber gut, gehen wir einmal davon aus, dass es zum Selbstverständnis der Amerikaner gehört, immer die erste Geige spielen zu wollen.  Meinst du nicht aber auch, dass z.B. im Augenblick ein Juniorpartner Europa mit einem eigenen Raumfahrzeug heiß begehrt wäre?
Hätten wir jetzt ein bemanntes Raumfahrzeug, wären wir jetzt heiß begehrt. Und sobald die Amerikaner ihr eigenes Ding haben, werden wir fallengelassen wie eine heiße Kartoffel. Nach der ISS werden die Amerikaner zu den Asteroiden fliegen, mit ihrem eigenen Gefährt und sicher nicht mit einem manned-ATV. Ehrlich gesagt sehe ich nicht, wie die Europäer in das nach-der-ISS-Konzept der USA reinpassen soll.

GG

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #363 am: 03. September 2011, 10:38:47 »
Hier sollte sich die ESA also Beziehungen mit anderen Staaten offenhalten.

In den USA müssen wir zudem davon ausgehen, dass einmal getroffene Entscheidungen unter veränderten Machtverhältnissen revidiert werden. Eine gesamtnationale Anstrengung wie Apollo sehe ich in der gegenwärtigen Situation nicht.

Mit entsprechender finanzieller Unterstützung von Industrie und Staat gebe ich ein oder zwei Systemen privater Anbieter aber durchaus eine Chance und hoffe sehr, dass wir ein solches noch in diesem Jahrzehnt bemannt fliegen sehen werden. Tipp: 2017. ;)

Größere Projekte könnten in internationaler Kooperation realisiert werden, da zwischenstaatliche Verträge ab einem gewissen Realisierungsstadium wohl schwerer zu kippen sind.

Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #364 am: 03. September 2011, 14:23:36 »
Ich halte bemannte Raumfahrt immer noch zu einem großen Teil für einen Prestigebereich. Und zu irgend etwas Gewinn bringendem taugt zur Zeit nur der Tourismus dort oben, obwohl eine tägliche Livesoap von einem Marsflug ganz sicher gigantische Werbeeinnahmen brächte. Energie aus dem All ist vorerst Fehlanzeige (gabs da nicht mal was: Solarflächen und übertragung per Laser???), Gold, Diamanten, seltene Erden, Helium usw. auf der Erde noch immer wahnsinnig billig im Vergleich vorhanden, auf Schwerelosigkeit angewiesene Produktion noch nicht in Sicht. Für Forschung ohne Prestige gäben die Regierungen drei Viertel weniger aus. Also das alte Lied vom toll dastehen. Immer noch besser als durch die tödlichsten Waffen.

Nun haben die Amis und die Europäer gerade massive finanzielle Probleme. Bei den Russen könnte es noch halbwegs gut aussehen, wenn die Rohstoffpreise weit oben bleiben. Verbleiben die Chinesen, die vielleicht noch einiges technisch nachholen müssen. Japan hat wohl auch andere Probleme, also ich sehe es gerade eher düster für die bemannte Raumfahrt, außer für Weltraumtourismus als Milliardengeschäft, wenn es sich so sicher wie Flugzeugfliegen und ein wenig billiger gestalten ließe.

Und mal ehrlich, ich hoffe Europa streicht jetzt nicht auch noch Geld für E-ELT, Lisa und den LHC, da muss nicht unbedingt ein bemanntes Programm sein, wobei ich es auch so sehe, das man bei den Russen gleichberechtigter wäre, zum Beispiel Richtung Mars.

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Offline tomtom

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #365 am: 04. September 2011, 11:46:44 »
Die NASA, besser gesagt Jay Penn von Aerospace Corporation, träumen schon wieder von wiederverwendbaren Raumfähren. :)

Analog zur Luftfahrt könnte durch Wiederverwendbarkeit, geringer Wartung und hoher Startrate (1000 Flüge) der Preis erheblich reduziert werden. Das Ding sollte sowohl Raumtransport als auch Transport zwischen zwei Punkten auf  der Erde dienen, was als Herausforderung gesehen wird.

http://www.nasa.gov/centers/kennedy/news/beyondnextgen.html
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search

Offline Ruhri

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #366 am: 04. September 2011, 13:26:21 »
Verbleiben die Chinesen, die vielleicht noch einiges technisch nachholen müssen.

Vielleicht solltest du von den Chinesen nicht allzu viel erwarten. Die erzielen zwar einen Quantensprung nach dem anderen, aber lass dir einmal von einem Physiker erklären, was ein Quantensprung überhaupt ist.  ;)

Die chinesische Raumfahrt arbeitet sich gerade zaghaft an Dingen ab, die die amerikanische und russische vor Jahrzehnte getan haben. Insofern waren die Entscheider bei ESA clever genug, so etwas zu vermeiden. Was wir tun, ist zwar nicht direkt bemannt, aber dafür auf der Höhe der Zeit.

runner02

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #367 am: 04. September 2011, 15:12:46 »
Zitat
Analog zur Luftfahrt könnte durch Wiederverwendbarkeit, geringer Wartung und hoher Startrate (1000 Flüge) der Preis erheblich reduziert werden. Das Ding sollte sowohl Raumtransport als auch Transport zwischen zwei Punkten auf  der Erde dienen, was als Herausforderung gesehen wird.

Puh, da ist gerade mal die letzte wiederverwendbare Raumfähre gelandet, weil es einfach zu teuer ist, weil sie sich heute noch nicht rechnen... Und dann schon wieder so was...

Ok, man könnte einen neuen Raumgleiter wirklich kleiner dimensionieren, damit könnte man schon mal die Kosten etwas (ordentlich?) drücken.

Aber man sollte 30 20, vlt auch 50 Jahre warten. Was es dann für Materialien (CNT, bessere Legierungen,...) geben wird, die die Gesamtmasse um ein Vielfaches verkleinern. Neue Treibstoffe (ich sag mal Nitrous Oxide Fuel Blend), etc. die dann alles nochmal leichter machen.



Zitat
Das Ding sollte sowohl Raumtransport als auch Transport zwischen zwei Punkten auf  der Erde dienen, was als Herausforderung gesehen wird
Kann man es auch als Transporter nehmen - und wird dieser auch verwendet - könnte man durch höhere Stückzahlen und Startraten auch was im Preis Richtung unten bewirken...

Offline Ruhri

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #368 am: 04. September 2011, 18:24:05 »
Ich frage mich allerdings gerade, ob wirklich Bedarf besteht für so einen Punkt-zu-Punkt-Transporter? Es wäre ja (wieder einmal!) ziemlich dämlich, ein System zu entwickeln, dass angeblich durch diese Zweitanwendung kostengünstig werden würde, wenn man diese am Ende aber überhaupt nicht einsetzen kann und wird.

Was die Wiederverwendbarkeit angeht, so ist dieser Traum bekanntlich noch lange nicht ausgeträumt, und selbst das DLR zieht da mit SHEFEX sein eigenes Ding durch, das ja bereits einen winzigen Schritt über die Phase reiner Trockenstudie hinaus gekommen ist. (Ja, ich finde dieses Projekt sehr spannend, aber vermutlich wird der REX-Free Flyer niemals fliegen, und schon gar nicht im Jahr 2020. :()
« Letzte Änderung: 04. September 2011, 23:06:59 von Ruhri »

GG

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #369 am: 04. September 2011, 22:50:21 »
Aber man sollte 30 20, vlt auch 50 Jahre warten. Was es dann für Materialien (CNT, bessere Legierungen,...) geben wird, die die Gesamtmasse um ein Vielfaches verkleinern. Neue Treibstoffe (ich sag mal Nitrous Oxide Fuel Blend), etc. die dann alles nochmal leichter machen.

Der Space Shuttle ist eine Entwicklung der 1970er Jahre. Man hat zwar einige Systeme erneuert und weiterentwickelt, am Grundkonzept bzw. den Grundmaterialien aber meines Wissens nichts verändert. Man könnte also sagen, dass ein heute zu entwickelnder Raumtransporter schon auf einem Stand 30 bis 40 Jahre nach dem Shuttle entworfen würde. Gerade in der Materialtechnik hat sich einiges getan.

Und ich drücke dem Dream Chaser die Daumen.

Fabi485

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #370 am: 04. September 2011, 23:07:40 »
Man könnte also sagen, dass ein heute zu entwickelnder Raumtransporter schon auf einem Stand 30 bis 40 Jahre nach dem Shuttle entworfen würde. Gerade in der Materialtechnik hat sich einiges getan.

Das Problem ist das das bei weitem nicht ausreicht.
Die Fortschritte die erzielt wurden sind eher evolutionärer Natur.

Das Problem des Shuttles war der ernorme Wartungsaufwand und die hohen Fixkosten des Programms, als dann die anvisierte hohe Startrate nicht erreicht werden konnte war die Kostenexplosion pro Flug absehbar.

Gerade die SSME Triebwerke sind ein gutes Beispiel, selbst wenn man sie heute komplett neu konstruieren würde wäre kaum mehr Leistung / Zuverlässigkeit möglich. Was die Leistungsdaten angeht kommen da bis heute nur sehr wenige Triebwerke heran, selbst nach 30-40 Jahren.

Und das man heute das ganze Gefährt eventuell um einige Prozente leichter bauen könnte hilft erstmal bei den Kosten wenig weiter. Man müsste Wege finden um die Wartung / Kontrollen immens zu vereinfachen ohne das Risiko allzusehr erhöhen.

Solche Konzepte werden mit Dream Chaser / Skylon / etc verfolgt, die Dinger sollen was Wartung / Startrate angeht eher mit Flugzeuge statt mit Raumfahrzeugen vergleichbar sein, ob das realisierbar ist steht aber in den Sternen.

Das Space Shuttle ist schließlich in den 70er Jahren genau mit dem gleichen Anspruch angetretten, radikale Kostensenkung durch Wiederverwendung & hohe Startrate, und wir alle wissen was daraus geworden ist.

Sent from my A500 using Tapatalk

GG

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #371 am: 05. September 2011, 12:56:12 »
Bei der Startrate bin ich eher skeptisch. Man kann aber viele Probleme des Raumfährenkonzepts umgehen, wenn man die Fähre selbst nicht als Teil des Startsystems sieht und nicht parallel zum Hauptantrieb montiert. Außerdem sind mittlerweile vielleicht auch robuste wiederverwendbare Hitzeschutzmaterialien denkbar.

Speedator

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #372 am: 05. September 2011, 22:31:36 »
Ich bin ja grundlegend immer skeptisch, wenn Wiederverwendbarkeit als Heilsbringer angesehen wird.
Aber analog zu Günther sehe ich deutlich grundlegendere Dinge, die man am Shuttle gelernt hat. SSME als Teil des Shuttles, Shuttle seitlich etc.: die Lehren daraus waren sicherlich groß. Das wiegt wahrscheinlich schwerer als der Fortschritt bei der Materialforschung. Es geht also nicht, wie Fabi schreibt, darum einfach das (klassische)Shuttle nachzubauen nur mit aktueller Technik. Darum sehe ich das nicht als sinnlos an.

Allerdings muss man auch sagen, dass es weiterhin utopisch bleibt das ganze mit einem Flugzeug zu vergleichen. Trägertechnologie(-antrieb) steckt im Grunde noch da wo die ersten Raketen angefangen haben. Optimiert wird seitdem im beschränkten Rahmen. Wie es da wesentlich günstiger werden soll, sehe ich nicht. Entsprechend hohe Startraten sind also auch nicht zu sehen. Die Kosten werden nicht so gering, dass kommerzielle Interessen tangiert werden. Und wer soll sonst so viele Flüge abnehmen?
Aus kommerzieller Sicht ist ein bemannter Flug fast weniger Wert als ein unbemannter. Also müssen die Preise deutlich unter aktuelle im unbemannten Bereich. Langfristig kaum zu erwarten.

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Offline KSC

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #373 am: 06. September 2011, 20:01:15 »
Da die Zukunft der bemannten Raumfahrt hoffentlich nicht aus Weltraumschrott besteht  ;)
Wurden Beiträge zum Thema Weltraumschrott hier hin verschoben:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=3325.msg198466#msg198466

Gruß,
KSC


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Offline tomtom

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Re: Zukunft der bemannten Raumfahrt
« Antwort #374 am: 07. September 2011, 21:16:27 »
NASAs bemannte Raumfahrt - ein Ausblick

kleiner Werbefilm, ohne MPCV-Träger:
http://www.nasa.gov/multimedia/videogallery/index.html?media_id=109076591
Im Zweifel hilft die Such-Funktion:
https://forum.raumfahrer.net/index.php?action=search