Hallo,
mein Eindruck ist auch, dass falsche Vorstellungen hier eine Rolle spielen.
Weltraumschrott - egal ob so groß wie eine Waschmaschine oder so klein wie ein Stecknadelkopf - ist ja in einem riesigen Raumvolumen unterwegs. Solche Bilder wie das eingangs von Moonlive gepostete Bild verzerren die Wirklichkeit zudem ja insofern, dass die dort dargestellten Teile absolut unverhältnismäßig groß gezeichnet sind. Wie Doc Hoshi schon schrieb: Eine Oberstufe, die auf diesem Bild fast ganz Sri Lanka abdeckt?
Ein meiner Ansicht nach viel besseres, realistischeres Bild wird durch diese Real-Time-Simulation von bekannten Satelliten, Raketenstufen und Debris (also Schrottteilen) gezeigt:
http://stuffin.space/ (wobei die Größe der Punkte nicht in Relation zur Größe der Teile steht und zudem auch nur die Teile dargestellt werden, die groß genug sind, um erfasst werden zu können!)
Die Anzahl der Teile ist enorm... und wird zunehmend mehr! Dennoch reden wir hier von einem riesigen Raumvolumen. Aus meiner Sicht ist daher nicht die durchschnittliche Anzahl an Teilen pro definiertem Raumvolumen das Problem (zb die - sichtbaren! - Ringe des Saturn sind unendlich viel "dichter gepackt"). Das Problem ist, dass diese Teile in der Regel gerade die für die Raumfahrt interessanten Bereiche bzw. Bahnen bevölkern UND dass diese Teile bei unterschiedlichen Bahnen enorme Relativgeschwindigkeiten aufweisen.
Dazu kommt dann noch, dass eben nicht jeder Weltraumschrott Waschmaschinengröße hat. Die großen Teile lassen sich mit entsprechender Sensorik vom Boden aus beobachten und berechnen und man kann ihnen ausweichen. Das ist zumindest heutzutage noch scheinbar gut handhabbar. Aber die tausende und abertausende kleinste Teile, Farbpartikel, einzelne Schräubchen, usw., die lassen sich nicht verfolgen, weil sie der Auflösung heutiger Radartechnik als auch optischen Sensoren entgehen (soweit ich weiß).
Zum Schluss noch ein Gedanke zum "sehen können":
Fotos wie jenes, dass moonlive heute um 11:32:26 gepostet hat (
https://images.raumfahrer.net/up057615.jpg ), zeigen einen riesigen Raumbereich. Ohne es belegen zu können, bin ich sicher, dass auf diesem Foto eine wirklich erkleckliche Anzahl Weltraumschrottteile "verborgen" sind (sicher eine Handvoll große Teile und eine viel größere Anzahl kleiner Teile). Aber wie sollten diese denn sichtbar sein? Wenn man sich zb Kameraaufnahmen von auf die ISS anfliegenden Versorgungstransporten ansieht (Progress, Dragon, ATV, HTV, Cygnus), dann fällt auf, dass diese Transporter, die allesamt wesentlich größer als eine Waschmaschine sind, selbst in relativ geringer Entfernung und ohne nennenswerte Relativgeschwindigkeit zur Kamera auf der ISS nur sehr kleine "Flecken" auf dem Kamerabild sind. Erst ab einigen wenigen hundert Meter Entfernung beginnen sich Details zu offenbaren.
Das deckt sich auch mit den Erfahrungen hier auf der Erde: Wer mal mit einer Kamera ohne ordentliches Zoomobjektiv in einem kleinen Flugzeug in einer Höhe von 600 bis 1000 Meter über Grund unterwegs ist, braucht sich nicht viel Hoffnung zu machen, im Sommer gelungene Aufnahmen von der Nachbarin oben ohne in ihrem Garten zu machen... und die Nachbarin und das Flugzeug bewegen sich nicht mit einer Relativgeschwindigkeit von mehreren Kilometern pro Sekunde
Zwar gibt es bei Google Earth oder sonstwo im Netz ggfs. Satellitenbilder zu sehen, auf denen die Nachbarin oder der Nachbar nackig im Garten zu sehen ist... trotz großer Entfernung und hoher Relativgeschwindigkeit. Aber hier ist der aufgenommene und fokussierte (!) Raumbereich extrem klein. Wenn da gerade zufällig ein Schrottteil (egal wie groß oder klein) durchs Bild saust, dann hat es in Relation zum aufgenommenen Raum eine derart kurze Verweildauer "im Bild" (dank der hohen Relativgeschwindigkeiten), dass es ebenfalls niemals nicht sichtbar werden kann. Nichtmal als verschwommener Streifen.
Was ich damit sagen will: Es ist egal, ob ein Schrottteil so groß wie ein Stecknadelkopf oder so groß wie eine Raketenstufe mit eingebauter Waschmaschine ist. Solange diese nicht gemütlich mit relativer Schrittgeschwindigkeit und in einer Entfernung von nur wenigen Metern vorbeispazieren, werden sie jedem Fotoapparat und jeder Videokamera entgehen.
Sie sind dennoch da... und werden zunehmend problematischer.
Gruß
Excalibur