Hallo,
@ Samy115 : Nun, zunächst wird man, sollten die normalen Befreiungsversuche nicht funktionieren, zu ungewöhnlicheren Maßnahmen greifen. Da stehen momentan wohl einige wirklich etwas gewagte Ideen auf der Liste. Einmal wird z.B. überlegt, den Instrumentenarm ( Instrument Deployment Device, kurz "IDD" ) zu benutzen, um kleine Steine oder Sand vor das linke Vorderrad zu befördern, um so einen besseren Grip zu erreichen. Das ist aber für den IDD, welcher mit vier daran montierten wissenschaftlichen Instrumenten das Hauptinstrument des Rovers ist, nicht ganz ungefährlich. Einzelne Instrumente oder sogar der gesamte Arm könnten dabei beschädigt und unbrauchbar werden. Deshalb wird das unter der Kategorie "Letzte Möglichkeiten" verbucht.
Sollten aber alle Bemühungen fehlschlagen...Was dann? Welchen praktischen Nutzen hätte Spirit dann noch???
Spirit hat leider keine meteorologische Station an Bord, kann also keine Wetterdaten über Temperatur, Luftdruck oder Windgeschwindigkeiten liefern. Mit Aufnahmen der Panorama- und Navigationskameras können allerdings Bilder des Himmels über dem Gusev-Krater gewonnen werden. Darauf kann man den Bedeckungsgrad der Atmosphäre mit Staub und Wolken beurteilen, in einen längeren zeitlichen Kontext setzten und das Gesamtbild der Marsmeteorologie vervollständigen. Dies lässt sich aber auch durch die Daten der Marsorbiter erreichen. Weniger gut sind die Orbiter dagegen für die Beobachtung der sogenannten Dust Devils, kleiner Wirbelwinde auf dem Mars, geeignet. Hansjuergen hat hierzu gestern im Mars Thread berichtet : https://forum.raumfahrer.net/index.php?topic=694.msg106123#msg106123
Viel wichtiger ist allerdings die Tatsache, dass Spirit in einem
wissenschaftlich sehr interessanten Gebiet feststeckt. Die Wissenschaftler sind von der Bodenzusammensetzung im West Valley geradezu begeistert und können momentan gar nicht genug Daten bekommen. Solange diese Wissbegierde nicht gestillt ist und genügend Energie für weitere Beobachtungen zur Verfügung steht, wird Spirit auch weiterhin sämtliche Instrumente einsetzten, um noch mehr Daten zu sammeln.
Aber irgendwann wird der Tag kommen, an dem die Frage gestellt wird : "Rechnet sich das denn noch?" Der Betrieb beider Rover kostet die NASA pro Jahr 20 Millionen US-Dollar. Außerdem wird durch den Datentransfer vom Mars zur Erde das
Deep Space Network der NASA zusätzlich belastet. Und dieses ist durch die Vielzahl der Raummissionen so schon sehr stark ausgelastet. Sollte Spirit also nicht mehr freikommen, so wird zweifelsfrei irgendwann irgendwer die Einstellung der Mission fordern. Dies wäre
allerdings nicht das erste Mal, dass diese Forderung erfolgen würde. Damals, also 2008, ging ein ziemlicher Aufschrei durch die Öffentlichkeit, was die NASA dazu veranlasste, sehr schnell wieder einen Rückzieher zu machen. Diesmal wären die Voraussetzungen jedoch anders. Mit einem nur noch als Lander agierenden Spirit könnte man ab einem bestimmten Zeitpunkt die entstehenden Kosten nicht mehr rechtfertigen.
Hoffen wir also, dass Spirits Befreiung erfolgreich verlaufen wird. Den aktuellen Stand der Versuche vermittelt Ashley Stoupe, eine der Roverdriver, im letzten "Free Spirit"-Video-Update : http://www.jpl.nasa.gov/video/index.cfm?id=855
Ein Bild dazu und eine kurze Beschreibung der weiteren Vorgehensweise gibt es hier : http://marsrovers.nasa.gov/spotlight/20090713a.html
@ Trigger : Den Roverdrivern stehen am JPL zwei Testfahrzeuge zur Verfügung. Einmal das SSTB-1 ( SSTB steht für "Surface System Testbed Rover" ). Dabei handelt es sich um eine nahzu exakte Kopie der beiden Originalrover auf dem Mars. Der SSTB-1 verfügt somit in etwa auch über das Originalgewicht der beiden Rover, ist also etwa 180 Kilogramm schwer.
Beim zweite Testrover handelt es sich um den SSTB-Lite. Er verfügt über die gleichen Abmessungen wie seine Kollegen auf dem Mars. Auch die wichtigsten Komponenten wie die Räder, die Antriebsaktuatoren und die Steuerung bestehen aus Originalbauteilen und sind auch genau so angeordnet wie bei den Original-Rovern. Allerdings wurden beim SSTB-Lite zwecks Gewichtseinsparung unwichtig erscheinende Bauteile wie zum Beispiel die Instrumentenausstattung oder die Solarpaneele weggelassen. So verfügt dieser Testrover über ein Gewicht, welches in etwa dem von Spirit und Opportunity auf dem Mars entspricht.
Für die aktuellen Tests verwendet man jetzt allerdings den schwereren SSTB-1. Während der Tests zur Befreiung von Opportunity aus der Purgatory-Düne im April/ Mai 2005 hat sich erstaunlicherweise gezeigt, dass dieser Testrover sich ähnlicher wie die Marsrover verhielt als dies bei dem SSTB-Lite der Fall war. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass die geringere Schwerkraft auf dem Mars auch das Verhalten des Sandes beeinflusst. Der Mars-Boden kann anscheinend unter Erdgravitations-Bedingungen schlechter simuliert werden, wenn sich ein zu leichter Testrover durch ihn hindurchbewegen soll.
Aber jetzt ein kurzer Abstecher auf die andere Seite des Mars zum Meridiani Planum. Opportunity ist gestern erneut gefahren. Diesmal ging es über eine Distanz von knapp 72 Metern in westliche Richtung.
Hier die aktuelle Karte von Eduardo Tesheimer vom UMSF :
http://www.unmannedspaceflight.com/index.php?act=attach&type=post&id=18511 ( 1,4 MB )
Diese Fahrt wurde im Rückwärtsgang absolviert. Hier das letzte Foto der vorderen HazCam :
https://images.raumfahrer.net/up008209.JPG Aufnahmezeitpunkt war der 15. Juli 2009 um 16:38 MESZ ( Sol 1946, 11:46 lokale Marszeit ).
Und eine Minute später der Blick in Fahrtrichtung durch die hintere HazCam :
https://images.raumfahrer.net/up008210.JPG Und gleich eine gute Nachricht hinterher. Laut der Cornell-University waren für heute ( Sol 1947 ) erneut "Ultimate-Fotos" der vorderen und hinteren HazCams eingeplant. Opportunity sollte also bereits heute wieder gefahren sein. Diese Fahrt, so vermute ich, sollte jetzt nicht mehr in direkt westliche Richtung geführt haben, da dort in etwa 50 Metern Entfernung mehrere sehr "miese" Dünen liegen. Entweder ging es wohl nach Nordwest oder nach Südwest. Auf der Nordwest-Route würde Opportunity mehr frei zutage liegendes Grundgestein zur Verfügung stehen.
Die Bilder dieser letzten Fahrt sollten demnächst bei
Exploratorium online gehen. Für die "Neuleser" : Dort könnt Ihr auch alle bisherigen Bilder der beiden Rover einsehen.
Schöne Grüße aus Hamburg - Mirko