Hallo,
das Problem ist halt auch in erster Linie, dass man zwar viel vermuten kann, aber nichts wirklich definitiv weiß. Es ist halt niemand da, der mal kurz nachsehen könnte.
Bei Spirit wird eine abgerissene Kontaktstelle als wahrscheinlichste Ursache für den Verlust des Vorderrades angesehen. Der Grund hierfür könnte ganz normale Materialermüdung aufgrund der extremen Umweltbedingungen gewesen sein ( was allerdings mittlerweile etwas unwahrscheinlich ist, das die restlichen Räder Jahre später immer noch normal arbeiten ) oder halt auch das, was Du geschrieben hast, Sven. Ein Fremdkörper könnte den Kontakt beschädigt oder abgerissen haben. Aber selbst die Ingenieure und die Konstrukteure der Räder können letztendlich nur raten und die Ursache mit der am größten erscheinenden Wahrscheinlichkeit benennen, da einfach die Daten fehlen, um das Problem näher zu analysieren.
Genauso jetzt auch bei Opportunity. Vermutlich ist es ein Fremdkörper, welcher eine erhöhte Reibung im Getriebe erzeugt, und nicht nur ein Kabelbruch oder Wackelkontakt, da der erhöhte Stromverbrauch während der gesamten Fahrt anhält. Also der Zeit, wo das Rad auch effektiv arbeitet und nicht etwa, z.B. während einer "Fotopause", nur stillsteht. Das mit dem "Schütteln" wird nicht funktionieren. Wenn es ein Stein ( oder wohl noch wahrscheinlicher Sand ) ist, dann befindet dieser sich jetzt nicht im Rad selbst, sondern ist irgendwie in das dazugehörige Getriebe gelangt. Und dieses Getriebe ist von einem geschlossenen Gehäuse umgeben.
https://images.raumfahrer.net/up008299.jpg Auf diesem Bild des Max Planck Institutes für Chemie erkennt man das problematische rechte Vorderrad des Rovers sehr schön. Das dazugehörige auffällig gewordene Radgetriebe dürfte im Übergang zwischen dem Rad und dem weißen Gestänge integriert sein ( vermute ich jedenfalls ). Die Räder haben in der Vergangenheit oft genug bis zu dieser Höhe im Sand festgesteckt und wenn eine Dichtung porös geworden sein sollte, dann wäre das Eindringen von Sand durchaus denkbar.
Die weitere Vorgehensweise : Momentan macht Opportunity Pause. Wie in Antwort # 750 geschrieben, erhofft man sich durch eine mehrtägige Pause wohl eine erneute Verbesserung der Situation. Ansonsten soll die Fahrt anscheinend erst einmal mit allen sechs Rädern fortgesetzt werden. Das im Süden unmittelbar vorausliegende Gelände wird angeblich als "etwas kritisch" angesehen. Da kommen wohl wieder etwas höhere Dünen als auf den letzten paar hundert Metern auf Opportunity zu. Und da einige davon anscheinend auch überquert werden müssen, will man die volle Mobilität erhalten. Die Option "Fahren mit nur fünf Rädern" wird allerdings für einen späteren Zeitpunkt ins Auge gefasst.
Aber momentan mache ich mir um Opportunity eigentlich weniger Sorgen. Dass es im Notfall auch mit fünf Rädern weitergehen kann, hat Spirit uns über viele Jahre demonstriert. Erst wenn einer der Rover zwei Radantriebe verlieren würde, wäre dessen Mission definitiv beendet. Tests am JPL haben ergeben, dass der betroffene Rover in einem solchen Fall dann umgehend zu einem Lander degradiert werden würde, da das Überqueren von Geländehindernissen nicht mehr möglich wäre.
Aber gerade Spirit ist jetzt das eigentliche Problemkind. Da läuft uns einfach die Zeit davon. Seit Anfang des Jahres haben wir effektiv erst etwa ein Drittel der Strecke bis zu "von Braun" geschafft. Und bis allerspätestens Ende Oktober muss der Rover genau dort an einem nach Norden ausgerichteten Hang sein nächstes Winterquartier bezogen haben, weil anschließend nicht mehr genügend Sonnenlicht und damit Energie für den Fahrbetrieb zur Verfügung steht. Und der schwierigere Teil der Strecke dorthin liegt erst noch vor uns. Bis jetzt war die Fahrtroute durch das West Valley geradezu ein "Kinderspiel"....
Diese gerade erst frei gelegte erneute SiO²-Konzentration wäre z.B. ein extrem interessantes Untersuchungsobjekt für die Spektrometer. Man will das SiO² jedoch links liegen lassen und stattdessen so schnell wie nur irgend möglich weiterfahren. Man weiß bloß momentan noch nicht, wie man das bewerkstelligen soll.
Die hintere HazCam am 29. April ( Sol 1891 ) mit Blick in die Fahrtrichtung :
https://images.raumfahrer.net/up026160.JPG Beide Hinterräder stecken fest. Das sieht allerdings noch nicht allzu dramatisch aus. Da haben wir schon Schlimmeres gesehen.
Das Problem liegt bei dem jetzt hinten liegenden linken Vorderrad ( das rechte Rad ist ja sowieso blockiert und kann sich nicht drehen ).
Die vordere HazCam am selben Tag :
https://images.raumfahrer.net/up026161.JPG Ein "wunderschöner" Graben und jede Menge pulverförmiger Sand und Siliziumdioxid.
Wie es um die beiden mittleren Räder bestellt ist, weiß man nicht. Sven11 hat ja bereits geschrieben, dass diese durch keine der Kameras von Spirit einsehbar sind.
Vorwärts fahren geht momentan anscheinend nicht mehr, da sich die Hinterräder noch weiter eingraben würden. Zurücksetzten ist ebenfalls problematisch, da schon sehr viel Sand wieder in die Fahrspur nachgerutscht ist. Und der Versuch, den Graben mit dem Hinterrad in seitliche Richtung zum Home Plate hin zu verlassen ( also nach rechts hin ), musste am Wochenende ebenfalls abgebrochen werden. Ein Zurücksetzen erscheint mir jetzt eigentlich noch am aussichtsreichsten.
Für die Besitzer einer 3-D-Brille ist hier noch einmal ein Anaglyphen-Bild, erstellt von "Stu" vom UMSF :
http://www.unmannedspaceflight.com/index.php?act=attach&type=post&id=17960 Man erkennt auf dieser Aufnahme sehr schön die "Tiefe" dieses Grabens.
Schöne Grüße aus Hamburg - Mirko