Hi Eumel,
ich versuche mal wiederzugeben, was ich verstanden habe. Dabei ist es natürlich das eine, die Unterlagen zu lesen (die obendrein ja auch in L2 keinesfalls komplett sind!) und etwas anderes, sie richtig zu interpretieren. Ich versuche es aber zumindest mal nach bestem Willen...
Vieles davon ist übrigens mittlerweile auch öffentlich zu finden. L2 ist meistens nur schneller (OK, und natürlich weiter im Detail...). Meine Schilderung dürfte aber mittlerweile zu 100% auch aus öffentlichen Quellen belegbar sein.
Dabei war das Problem sehr wohl zu reproduzieren!
Es ist schon bei mehreren Tanks aufgetreten und beim Tanking Test am 18. Dezember konnte man es mit dem TDR (Time Domain Reflectometry) Testaufbau sogar genau lokalisieren und hat das mit Unmengen von Daten belegt!
Am Feedthrough Connector werden Stromkreise unterbrochen!
Das ist nicht nur eine Vermutung oder ein Hinweis, sondern ein Beweis dafür, daß der Feedthrough Connector unter seinen extremen Einsatzbedingungen keinen sicheren Betrieb gewährleisten kann.
Lass mich mal ein Gleichnis wagen: stell Dir vor, Du hast Weihnachtsbeleuchtung an einer Verlängerungsschnur angeschlossen. Nun stellst Du fest, dass sie nicht mehr leuchtet, wenn es Regnet. Und ausserdem fliegt die Sicherung raus. Du stellst bald fest, dass es wohl an der Verlängerungsschnur liegt. Woran genau, weisst Du nicht. Du vermutest aber, dass das Problem behoben ist, wenn Du sie austauschst. Nun machst Du das. Dabei vertraust Du offensichtlich darauf, dass das Design der Verlängerungsschnur in Ordnung war und nur bei dieser bestimmten Schnur ein Fehler aufgetreten ist. Wenn das stimmt, ist dein Problem damit behoben.
Es könnte aber auch sein, dass ein "Design-Problem" vorlag: Du hast z.B. eine nur für den Innenbereich zugelassene Schnur verwendet. Dann löst der Austausch das Problem nicht und Du arbeitest wieder mit einem "wackeligen System". Die Sicherung fliegt dann evtl. wieder raus.
Wenn Du nicht weisst, ob es an der Schnur selbst oder Ihrem Design liegt, kannst Du das Übel natürlich an der Wurzel packen und die Verlängerungsschnur komplett überflüssig machen. Dazu müsstest Du dann allerdings Deinen Garten aufgraben und die Hausmauer durchbrechen. Das wäre also sicherlich nicht meine erste Option bei der Fehlerbehebung...
Nach meinem Verständnis ist das im Moment genau die Situation mit dem ECO-Sensor.
Der Feedthrough-Connector ist, wie Du richtig sagst, als Fehlerquelle erkannt. Das entspricht meiner Verlängerungsschnur im Beispiel oben. Man weiss aber eben leider nicht, warum er nicht arbeitet. Mittlerweile geht man ja sogar wieder von einem Fertigungsfehler aus. Auch wird gemunkelt (aber nur gemunkelt), das Material des Connectors sei geändert wurden.
Der Connector besteht aus drei Teilen: einem im Tank, der Durchführung, und einem externen Teil. Nur an das externe Teil kommt man ohne Probleme heran. Das wurde mittlerweile ausgebaut und zum MSFC geschickt. Ob das nötig ist, kann ich nicht erklären und will ich nicht kommentieren. Ich vermute aber, dass man nicht das gesamte Team zum KSC holen möchte und vermute weiter, dass die auch noch einige spezielle Lab-Einrichtungen im MSFC haben, die es so im KSC nicht gibt. Aber, wie gesagt, das ist Spekulation. Man hofft jetzt wohl, dass das MSFC die eigentliche Ursache findet (in meinem Beispiel: Wasserisolierung defekt oder "oops, wir haben ein Innenkabel verwendet"). Falls ja, ist alles gut und man kann die notwendigen Aktionen treffen. Dabei sollen keine weiteren Kontakttests mehr durchgeführt werden, sondern das Teil wird wohl wirklich im Detail untersucht, also auf Materialfehler, Fertigungsfehler, sonstige Anomalieen (was immer das sein mag). Dabei werden wohl verschiedenste Verfahren der Materialuntersuchug angewendet, die ich im Detail nicht bewerten kann und teilweise nicht einmal kenne
. Es sind aber jedenfalls ganz andere Tests als das, was man bisher im Testbed gemacht hat.
Falls man die Ursache in diesem Connector-Teil nicht findet, läuft es darauf hinaus dass man es einfach noch einmal versucht (im Hinblick auf andere Prioritäten wie den gesamten Flugplan) oder aber doch die eigentliche Ursache sucht. Für letzteres braucht man auch den ET-internen Teil des Feedthrough Connectors, dann muss Atalantis zurück ins VAB, Destack, Tank Access, Connector ausbauen etc... Je nach Sachlage wird man dann trotzdem das Risiko eingehen mit einem anderen Tank, der aber tendentiell das gleiche Problem hat zu starten - oder auf das Analyseergebnis warten. Ich *vermute* man wartet dann erst mal, weil das kaum länger als ein paar Tage dauern dürfte und es darauf dann auch nicht mehr ankommt.
Je nachdem wie das ausgeht... das aber zu gegebener Zeit
"Einfach" den Feedthrough Connector austauschen ist im Moment noch keine Option, wohl einfach weil es ein Redesign des ET erfordert und somit ein gigantisch längeres Zeitfenster (ich weiß gar nicht, ob das in 2010 noch reinpassen würde).
Was man aber machen will, wie ja auch von Dir gesagt, ist das Verlöten der Kontakte. Das geht an sich schnell und ist zumindest bei Atlas in ähnlicher Situation schon erfolgreich vorgenommen wurden. Allerdings wartet man damit wohl auch noch, bis das Ergebnis der Analyse des externen Teils des Connectors klar ist. Denn Verlöten könnte man wiederum nur am externen Part, das meine ich zumindest (aber ganz sicher bin ich mir nicht, evtl. ist es mit zusätzlichem Aufwand auch intern möglich). Aber selbst wenn die Kontakte intern und extern verlötet werden: eine hundertprozentige Sicherheit, damit das Problem behoben zu haben ist es nicht, so lange die Grundursache nicht gefunden ist. Allerdings ist man sich schon sehr sicher, dass das Verlöten die Probleme löst. Der Rest wäre schon sehr exotisch, z.B. Materialbrüche *im* Stecker bzw. der Tankdurchführung (exotisch, aber eben nicht gänzlich auszuschließen).
Kurz meine Meinung, ohne belegbare Tatsachen: Die Verlöte-Option ist in der Risikoabwägung wahrscheinlich für einen Start ausreichend. Man möchte aber offensichtlich die Situation auch nutzen, um zu *verstehen* was hier eingentlich wirklich passiert. Dieses Wissen wird dann sicherlich auch in künftige Prozesse und Designs eingehen. Dabei sollte man auch berücksichtigen, dass die NASA ja nicht "nur" Shuttle-Flüge durchführen soll, sondern auch forschen. So wie ich das verstehe gibt es hier auch einen Zielkonflikt zwischen den operativen Notwendigkeiten (Flugplan, ISS-Aufbau) und dem Wunsch, zusätzliches Wissen zu erlangen. Auch das fließt wohl in die Planungen mit ein.
Einen schönen Post zu dem gazen Thema gibt es auch im öffentlichen Bereich von NASASpaceflight.com:
http://www.nasaspaceflight.com/content/?cid=5320Auch wenn man den englischen Text nicht ganz verstehen sollte, sind doch einige interessante Bilder darin.
Rainer