Die Spezifikation verlangte eine Temperaturbereich von 31°F bis 99°F (-0,6°C bis 37°C) für den vertikalen Flug, das beinhaltet auch die Zündung. Die Anforderung dies nachzuweisen war Analysen, also nicht unbedingt durch Test. Nachdem die Probleme auftraten wurde das ganze Verhalten näher untersucht, auch mit Labortests der O-Ringe usw. Dadurch wusste man von der prinzipiellen temperaturabhängigkeit des Verhaltens.
Du meinst, Thiokol hatte Daten, die den Zusammenhang zwischen Lufttemperatur und O-Ring-Erosion nachwiesen? Dann wurden diese am 27. allerdings nicht vorgelegt. Wo kann man die Ergebnisse dieser Untersuchungen nachlesen?
Das wurde ja auch der NASA präsentiert, spätestens nachdem ein Jahr vorher beim Start von STS-51C die bis dahin schlimmsten Beschädigungen entdeckt wurden. Diese wurden auf die kalten Temperaturen (die berühmten 53°F) zurückgeführt, siehe FRR für den darauffolgenden Flug
https://history.nasa.gov/rogersrep/v2h29.htm bis
https://history.nasa.gov/rogersrep/v2h32.htmBevor du sowas schreibst solltest Du erstmal die Untersuchungsberichte lesen (https://history.nasa.gov/rogersrep/51lcover.htm, https://www.gpo.gov/fdsys/pkg/GPO-CRPT-99hrpt1016/pdf/GPO-CRPT-99hrpt1016.pdf).
Ich sehe nicht, inwiefern mein Text dem Untersuchungsbericht widerspricht.
Ich meinte damit daß es nicht eine plötzliche Überraschung für die NASA sein konnte, daß die verantwortlichen Ingenieure bei den niedrigen Temperaturen Bedenken hatten. Dies wurde in den Monaten und Jahren ausführlich mit NASA MSFC diskutiert. Ein Flight Readiness Review ist auch nicht der Platz für tiefgreifende technische Diskussionen. Wen die Ingenieure des für die fragliche Konstruktion verantwortlichen (Entwiclung, Auslegung, Qualifikation, Betrieb) Herstellers sagen es ist nicht sicher, dann ist das so. Die Frage war ja, kann bei vorhergesagten 35°F gestartet weren, wenn die Erfahrungsbasis nur runter bis 53°F reicht, und damal sdavon ausgegangen wurde daß die Konstruktion bis runter auf 40°F qualifiziert ist (ohne daß dies auch getestete worden war). Dann ist ein Start bei 25°F außerhalb der Qualifikation, und das ist kein neues Startkriterium, sondern sowieso unterhalb der formalen Grenze von 40°F.
Sie konnten daher keine gesicherte Bestätigung geben daß es sicher ist eine bemannte Mission unter diesen Bedingungen zu starten. Der zuständige NASA-Manager war darüber verärgert und hat Thiokol aufgefordert, dies zu überdenken.
Ich denke, das muss man differenzierter betrachten. Anscheinend gab es zwischen Thiokol und der NASA in der Vergangenheit einen Konsens darüber, dass die O-Ring-Erosion zwar unschön, aber nicht sicherheitsrelevant ist. Während zuvor die Zweifel eher von NASA-Seite geäußert wurden, kamen sie nun plötzlich vom Hersteller selbst. Natürlich hat das Entsetzen der NASA über die plötzliche Einführung des Kriteriums "Lufttemperatur" die Thiokol-Manager beeindruckt. George Hardy, Vorgesetzter von Larry Mulloy, hat allerdings auch ausdrücklich gesagt, dass er dem Start gegen die Empfehlung des Herstellers nicht zustimmen würde. Um Bedenkzeit hat Thiokol selbst gebeten.
Das Thiokol-Management hat dann die eigenen Ingeníeure überstimmt mit der Begründung sie können nicht nachweisen daß es tatsächlich unsicher ist, da die Temperaturabhängigkeit nicht eindeutig sei (dafür waren die Flugdaten zu gestreut und zu wenig, außerdem kamen mehrere Einflußfaktoren zusammen). Es entstand dann die Situation daß die Ingenieure nachweisen sollten daß es nicht funktioniert, anstatt daß nachgewiesen werden soll daß es mit hoher Sicherheit funktioniert.
Und das ist natürlich fatal gewesen. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass die Entscheidung mit der Faktenlage vom 27. Januar nicht so eindeutig ausfallen musste, wie es sich im Nachhinein darstellt. Wir haben heute gut Reden.
Ersten hat NASA Recht, nicht den eigenen Hersteller zu überstimmen. Zweitens haben sie den aber unter Druck gesetzt, dem Start zuzustimmen. Daher hat das Thiokol-Management um Bedenkzeit gebeten und dabei dann die eigenen Ingenieure überstimmt. NASA hat dan ndie letztendliche Zustimmung wohlwollend zur Kenntnis genommen und nicht weiter diskutiert. Allerdings wollten sie diese schriftlich mit Unterschrift der Vrnatwortlichen bei Thiokol haben, im Gegensatz zur üblichen Gepflogenheit, daß ein tag vorm Start eine mündliche Zustimmung in der letzten Besprechung ausreicht (sofern in vorhergehenden 7 Besprechungen alles geklärt war)
Für mich ist es Eindeutig, wenn die Qualifikationsgrenzen nicht eingehalten werden geht es auf keine Fall. Wenn die Erfahrungsgrenzen überschritten werden muss man sehr genau das Risiko abwägen, ob diese Erweiterung durch die Qualifikation so ausreichend gedeckt ist daß das Riskio ausreichend gering ist. Beides wurde hier nicht gemacht, und ddas sollte aber jeder verantwortliche Manager berücksichtigen. Darüberhinaus habe sie diese Entscheidung und Begründung nicht weite nach oben gemeldet. Die höchsten NASA Manager, die den Start freigegeben haben wussten weder von der Temperatuproblematik, noch davon daß Thiokol ursprünglich dagegen war. (zuerst hatten sich die Thiokol-Manager ja den Ingenieuren angeschlossen)
Das hat nichts mit Bauchgefühl zu tun sondern mit gesicherten Erkenntnissen aus Analysen und Tests, die nur nicht genauso in der Flugerfahrung wiedergespiegelt war.
Diese überspitzte Formulierung bezog sich auf das, was m.E. bei den NASA-Verantwortlichen angekommen sein musste.
Schwer zu sagen, aber eigentlich war das Thema ausreichen vorher mit den NASA-Verenatwortlichen und deren Spezialisten diskutiert worden. Die Vernantwortliche kannten vielleicht nich alle Details, hätten sich aber auch auf ihre eigenen Spezialisten verlassen sollen, die die Problematik verstandne hatten. DU schreibst j auch daß zunächste NASA selbst kritischer war als Thiokol.
Übrigens:Das Dichtungsdesign war ja einigermaßen ähnlich dem der Dichtungen der Titan, dei aber vom Konkurrenten United Technologies stammten. Das Design war Thiokol und NASA bekannt, die hatten sich daran orientiert. Was aber ggü. beiden verschwiegen wurde war daß es auch bei Titan erhebliche Probleme gab, das wussten aber nur United Technologies selbst und die Air Force.
Üblich ist daß mögliche Problem identifiziert werden und dann nachgewiesen werden muss daß es entweder nicht so ist wie zunächst als schlimmster Fall angenommen, oder daß trotzdem ausreichend Sicherheitsreserven ggü. Versagen existieren.
Als Sicherheitsreserve hatte man immer den zweiten O-Ring angesehen. Auch darüber waren sich Thiokol und die NASA zuvor immer einig gewesen.
Kann man irgendwo die Lufttemperaturen bei den einzelnen Starts vor 51-L nachlesen? Ich habe gesucht, aber in der Übersicht der Shuttle-Flüge finde ich nichts:
https://www.nasa.gov/mission_pages/shuttle/shuttlemissions/index.html
Andi
Es geht nicht um die Lufttemperatur selbst, sondern um die sich daraus (und anderem) ergebende Temperatur an der Verbindung, die gillt dann auch dür die O-Ringe. Eine Tabelle ist gegeben im Untersuchungsbericht:
https://history.nasa.gov/rogersrep/v1ch6.htm, darin "Figure 2. O-Ring Anomalies Compared with Joint Temperature and Leak Check Pressure."
PS: aber ich sehe du hast Dich auch ausführlich mit dem Thema beschäftigt. Hast Du es selbst erlebt ?