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Virgin Galactic & Virgin Orbit

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Duc-Lo

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1050 am: 31. Oktober 2014, 21:42:45 »
Mein Beileid für die zwei Piloten. Der erste Flug im Jahre 2015 ist wohl abgesagt. Da scheint wohl während des Fluges das Triebwerk explodiert zu sein. Bin einfach traurig und enttäuscht, dass der erste Flug nicht mehr stattfindet. Meine Frage ist, was passiert jetzt mit den Programm? Wird es abgebrochen?  :'( :'(   Ist das das Ende von Virgin Galagtic und der Traum von ersten kommerziellen Raumflug?

xwing2002

  • Gast
Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1051 am: 31. Oktober 2014, 22:32:10 »
Nichts, was gerade bei der ersten Pressekonferenz gesagt worden ist, deutet auf ein Ende. Es wird, denke ich, auf das Gegenteil hinauslaufen... auf ein "jetzt erst recht".

"Ever tried. Ever failed. No matter. Try Again. Fail again. Fail better." (Samuel Beckett)

Was machen Verluste sonst für einen Sinn?

*

Offline Klakow

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1052 am: 31. Oktober 2014, 22:46:41 »
Vielleicht sollten sie SpaceX fragen ob sie Merlin Triebwerke verkaufen?
ok, vielleicht wird dann die Reise "etwas" länger.

Offline Gerry

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1053 am: 31. Oktober 2014, 23:07:01 »
Echt traurig :(

Mein Beileid an alle Angehörigen.

Massenmedien in TV und Radio berichten von einem totalem Scheitern der privaten Raumfahrt in den USA. was soll man zu solchen "Medien" noch sagen.....

Leider hat sich jetzt wohl endgültig gezeigt dass große Hybridtreibwerke kaum manrated und gleichzeitig leistungsstark zu realisieren sind. Ein frühzeitiger Umsteig auf ein Flüssigtriebwerk als das absehbar wurde hätte das programm wohl verzögert hätte aber letzendlich wohl doch mehr Sinn gemacht... Aber ok, nachher redet es sich immer leicht.

RIP SS2-Pilot :( (es währe würdevoller den Namen des verunglückten zu wissen...)
Raumcon-Realist

tobi

  • Gast
Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1054 am: 31. Oktober 2014, 23:18:33 »
Das Problem denke ich, ist vor allem ein finanzielles. Der Neubau von SS2 und die Aufarbeitung des Unglücks, das wird alles eine Menge Geld kosten. Ich bin gespannt, ob Branson bereit ist nochmal ein paar hundert Millionen mehr zu investieren. Enen Antriebswechsel auf flüssig halte ich inzwischen für fast unvermeidlich.

SNC hat sofort eine Pressemitteilung herausgebracht, dass sie mit dem heutigen Hybridmotor nichts zu tun hatten. Da will man offenbar negativer Presse vorbeugen.

Außerdem finde ich, hatte das Raumschiff eindeutig einen Konstruktionsfehler. Warum konnte eine Explosion des Motors das Raumschiff zerstören? Der N2O Tank wars nämlich nicht, der ist ganz wieder runtergekommen. Ich erinnere an den SpaceX-Start CRS-1 oder den Antaresstart. Bei SpaceX ist die Rakete nach der Explosion des Merlin 1C einfach weiter geflogen, bei der Antares war die Explosion des Motors ebenfalls nicht sofort fatal, es gab nur einen Verlust des Antriebes. Diesen Fehlermode hätte man erkennen müssen und entsprechende konstruktive Maßnahmen ergreifen müssen.


WvB77

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1055 am: 31. Oktober 2014, 23:19:16 »
Zweifelsohne ist das eine traurige Woche für die US-Raumfahrt.

Was mir ins Auge gefallen ist: Erst diesen Mai hat Virgin Galactic den Wechsel auf eine neue Treibstoffkombination bekannt gegeben. Sollte sie hier schon in Verwendung gewesen sein, so wäre gleich der erste Einsatz in einer Katastrophe geendet. Das macht natürlich auf den Außenstehenden den Eindruck, dass sie das System nicht voll verstehen, nicht zuletzt da die Ursachen des 2007er Unglücks nie eindeutig gefunden wurden.

Nach dem Absturz der Concorde im Jahr 2003 sind die Buchungen soweit zurückgegangen, dass das ganze Projekt eingestellt wurde. Selbst wenn sie jetzt noch ein paar hundert sichere Testflüge durchführen, die subjektive Angst wird bleiben.

Es wird schwer sein den Kunden zu vermitteln, dass das jetzt auf einmal sicher ist. Branson hätte das Geld, all das durchzustehen. Ein komplett neues Triebwerk entwickeln zu lassen. Am Ende wird es darauf hinauslaufen, ob er es auch ohne absehbaren wirtschaftlichen Gewinn durchziehen will. Immerhin wäre ein Scheitern von SpaceShipTwo auch sein persönliches Scheitern.

tobi

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1056 am: 31. Oktober 2014, 23:31:43 »
Ok vielleicht ist doch der N2O Tank explodiert?
Zitat
Just talked to Ken Brown. Pictures show Engine fired fine, then there's a white plume. He thinks the nitrous oxide tank blew. #SpaceShipTwo
https://twitter.com/spacecom/status/528312468066426881

Allerdings habe ich Bilder gesehen, die ihn weitesgehend intakt gezeigt haben.

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Offline Nitro

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1057 am: 31. Oktober 2014, 23:32:52 »
Außerdem finde ich, hatte das Raumschiff eindeutig einen Konstruktionsfehler. Warum konnte eine Explosion des Motors das Raumschiff zerstören? Der N2O Tank wars nämlich nicht, der ist ganz wieder runtergekommen. Ich erinnere an den SpaceX-Start CRS-1 oder den Antaresstart. Bei SpaceX ist die Rakete nach der Explosion des Merlin 1C einfach weiter geflogen, bei der Antares war die Explosion des Motors ebenfalls nicht sofort fatal, es gab nur einen Verlust des Antriebes. Diesen Fehlermode hätte man erkennen müssen und entsprechende konstruktive Maßnahmen ergreifen müssen.

Wir wissen doch noch gar nicht was genau passiert ist und das sind doch wirklich Äpfel und Birnen. SS2 und Falcon 9 sind doch ganz grundlegend verschiedene Konstrukte. Ein Flüssigkeitstriebwerk ist ein in sich viel geschlosseneres Machienchen. Bei der Falcon ist ausserdem nicht das Triebwerk explodiert sondern nur die Außenverkleidung abgeplatzt. Und bei der Antares wissen wir auch noch nichts genaues. Vielleicht ist einfach nur die Turbopumpe zerborsten, dann geht das Triebwerk mehr oder weniger einfach aus. Bei nem Hybridantrieb ist das nicht so einfach. Da gibt es kaum bewegliche Teile, die eine Explosion eindemmen können. Wenn da einmal was aus dem Ruder läuft, geht das wie bei einem Luftballon der zu viel Druck hat. Treibstoff und Antrieb sind bei SS2 ja bei weiten nicht so sehr getrennt wie bei Raketen.

Außerdem erwartet doch niemand, dass ein Raumfahrzeug eine Triebwerksexplosion heil übersteht.  :o
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

xwing2002

  • Gast
Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1058 am: 31. Oktober 2014, 23:40:57 »
Das Problem denke ich, ist vor allem ein finanzielles. Der Neubau von SS2 und die Aufarbeitung des Unglücks, das wird alles eine Menge Geld kosten.
Die Lehren aus diesem Unglück und die notwendigen Problemlösungen werden sicher teuer... aber ist die VSS Voyager nicht bereits in der Entwicklung?

tobi

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1059 am: 31. Oktober 2014, 23:42:06 »
Erste Inflightbilder:

Offline Gerry

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1060 am: 31. Oktober 2014, 23:45:10 »
Der Vergleich zwischen den Flüssigtriebwerken an konventionellen zylindrischen Raketen und einem Hybridmotor in einem Tragrumpf ist hier wircklich nicht angebracht. Wenn ein Flüssigtriebwerk an klassicher rakete explodiert, dann berstet entweder die Brennkammer oder die Turbopumpe/Gasgenerator und das an exponierter Stelle am Ende/ausserhalb der Rakete wo dann die Struktur der Rakete erstmal noch weitestgehend heil bleibt.

Ein Hybridmotor hat aber eine viel grössere Brennkammer in der schon gut die Hälfte des Treibstoffes steckt und diese ganze Brennkammer ist in den Rumpf des Raumgleiters integriert und wenn diese Brennkammer explodiert dann versagt auch unausweichlich die Struktur des Raumschiffes..... (So ein versagen einer hybridbrennkammer kann man sich vorstellen wie ein Wasserboiler der durch überdruck explodiert, falls wer mal Mythbusters guckt...)

Und bei einem Hybridmotor kann das eben leicht passieren, braucht sich nur ein grösserer Profpen des Festtreibstoffes zu lösen und die Düse blockieren, schon knallts. Und das sich da grössere propfen lösen passiert bei dem Grain der Hypridtriebwerke wohl deutlich häufiger als bei einem richtigen Feststoffmotor. Diese gummiartigen oder plastikartigen Füllungen im Hybridmotor verlieren bei der Hitze gerne mal ihre Form.
Raumcon-Realist

tobi

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1061 am: 01. November 2014, 00:23:55 »
@Gerry: Ja genau. Aber trotzdem muss eine zweite Absicherung eingebaut werden, falls es doch im Antrieb knallt - auch beim Hybrid. Es muss Sollbruchstellen geben, wo die Verkleidung abfliegt, sodass Druck schnell in eine unkritische Richtung abgebaut werden kann. Eine zweite Möglichkeit ist eine Sollbruchstelle in der Brennkammer, sodass sie zuerst nach hinten explodiert und nicht wie eine Wurst in alle Richtungen.

Angeblich ist ja der eine Pilot noch in seinem Sitz gestorben und konnte das Raumschiff nicht mehr verlassen. Es muss also den Rumpf förmlich zerissen haben.

Sicherheitsmaßnahmen kosten natürlich in der Regel Performance, aber bei einem suborbitalen Flug sollte genug Performance vorhanden sein. Und was ein orbitales System wie die Falcon 9 an Sicherheitsfeatures bietet, sollte ein suborbitales System auf jeden Fall auch bieten.

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Offline MR

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1062 am: 01. November 2014, 01:57:23 »
Ich vermute mal, das hängt bereits mit der Wahl des Antriebs zusammen. Bisher liegen mit Hybrid-Motoren kaum größere Erfahrungen vor und nach den Problemen in den Tests hätte man sich den Einsatz eines solchen Motors sehr stark überlegen sollen. Wenn so ein Antrieb schon in den Tests so viele Probleme macht, dann hätte man ihn keinesfalls einsetzen und lieber einen normalen Flüssigkeitsantrieb verwenden sollen.

Mal sehen, wie es weitergeht, ich vermute aber leider fast, das war es für Space Ship Two. Ansonsten müsste man noch mal richtig Geld in die Hand nehmen um das ganze System komplett umzubauen und auch ein neues Triebwerk zu entwickeln.

Offline Gerry

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1063 am: 01. November 2014, 02:21:47 »
Es stimmt natürlich, auch beim potentiell eher gefährlicheren Hybridtriebwerk könnte man Sicherheiten in Form von Sollbruchstellen und "Firewalls" einbauen und allgemein dafür sorgen dass ein zerlegen des Motors nicht automatisch auch ein zerlegen des Raumschiffes verursacht. Kann mir auch net vorstellen dass dass nicht zumindest ansatzweise gemacht wurde, immerhin brauchts das OK der FAA für die Testflüge und erst recht für die späteren Touristenflüge.

Aber jetzt ist es sowieso nur Spekulation was wircklich Ursache war. Fakt ist, SS2 ist im "powered" Flug explodiert, was die Explosion verursacht haben kann lässt sich aber schon recht genau einschätzen...

Ein einfaches druckgefördertes Flüssigtriebwerk wäre jedenfalls mir als Konstrukteur des SS2 von Anfang an als die logische Antriebslösung eingefallen.
Raumcon-Realist

McFire

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1064 am: 01. November 2014, 03:10:22 »
Das ist alles sehr traurig. Freilich, ein Desaster für die amerikanische Raumfahrt ist es noch lange nicht, schon weil die kein einheitlicher Block ist. Aber für die zwei armen Kerle durchaus.
Was ich überhaupt nicht verstehe -
- Es gab schon fast jahrzehntelang warnende Stimmen, die die Grenzen eines Hybridmotors beschrieben und daß man ihn nicht einfach hochscalieren kann, egal mit welchem Brennstoff.
Und was ich nicht akzeptieren kann -
- die Fernsteuertechnik bei Flugkörpern hat heute einen sehr hohen Stand, fast jede Regentonne kann man hoch und heil wieder runter bringen. Aber nein, da müssen in ein bekanntermaßen (!) weit von Zuverlässigkeit entferntes Ding 2 Leute rein.

So und nun ? Ein Toter und einer, wo man noch nicht weiß was wird. Und nix erreicht....




hesaenger

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1065 am: 01. November 2014, 07:04:56 »
Wie weit lassen sich Hybridtriebwerke mit Sollbruchstellen versehen? Das heißt doch praktisch, dass andere Strukturabschnitte verstärkt werden müssten, was wieder auf die Nutzlastkapazität ginge. Welche Vorteile wollte man dem Hybridtriebwerk überhaupt abgewinnen?

Führerschein

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1066 am: 01. November 2014, 08:14:44 »
Wie weit lassen sich Hybridtriebwerke mit Sollbruchstellen versehen? Das heißt doch praktisch, dass andere Strukturabschnitte verstärkt werden müssten, was wieder auf die Nutzlastkapazität ginge. Welche Vorteile wollte man dem Hybridtriebwerk überhaupt abgewinnen?

So bauen, daß sie eine Triebwerkesexplosion überstehen, dürfte schwierig werden.

Das Hybridtriebwerk wurde gewählt, weil man mit Spaceship One schon mit Hybrid geflogen ist. Das war viel kleiner und konnte schnell und relativ günstig entwickelt werden. Gut genug, um den Ansari X-Price zu gewinnen. Das hochskalieren auf ein Passagierschiff ist dann schief gegangen und man hat versäumt, frühzeitig die Strategie zu wechseln.

Auf die Zukunft bin ich neugierig. Branson selbst hat bisher wenig investiert. Das war hauptsächlich ein arabischer Investor, der nach Berichten anfing, die Geduld zu verlieren. Es soll eine Klausel im Vertrag geben, daß Branson selbst noch dieses Jahr fliegen muß, oder sie steigen aus (und können sogar einen Teil ihrer Investitionen zurückfordern?).

Wenn es weitergehen soll, muß Branson jetzt sein eigenes Vermögen einsetzen.


Offline Axel_F

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1067 am: 01. November 2014, 09:22:33 »
Echt traurig, dass dieser Unfall passiert ist. Mein Beileid an die Familien des gestorbenen und verletzten Piloten.

Wie schon Führerschein schrieb, muss sich Virgin Galactic in den nächsten Tagen Fragen gefallen lassen, warum sie mit einem noch nicht voll verstandenen Motor mit instabilen Brennverlauf geflogen sind.

Insbesondere, wenn man die letzten Beiträge in diesem Thread vor dem Testflug liest, kam der Unfall ja fast mit Ansage. Sieht echt danach aus, dass da ein paar Investoren zu stark auf zeitnahe Umsetzung gesetzt haben. Schon die Warnung und Kritik auf parabolicarc hätten beachtet werden müssen. Echt schade für das Projekt :(

Ich hoffe es finden sich Investoren die auf eine "gesunde" Weiterentwicklung setzten und das Projekt zu einem erfolgreichen Abschluss bringen. Ansonsten kann man nur XCOR Aerospace mit de "Lynx" viel Erfolg wünschen.
"Denn ein Schiff erschaffen heißt nicht die Segel hissen, die Nägel schmieden, die Sterne lesen, sondern die Freude am Meer wachrufen." (Antoine de Saint-Exupéry)

jakda

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1068 am: 01. November 2014, 10:50:04 »
...
Und was ich nicht akzeptieren kann -
- die Fernsteuertechnik bei Flugkörpern hat heute einen sehr hohen Stand, fast jede Regentonne kann man hoch und heil wieder runter bringen. Aber nein, da müssen in ein bekanntermaßen (!) weit von Zuverlässigkeit entferntes Ding 2 Leute rein.

Bei aller gefühlter Traurigkeit ist das für mich die Kernfrage - Wieso testet man bemannt?
Bei den heutigen technischen Möglichkeiten  - warum nicht ferngesteuert unbemannt?
Ist die (private) amerikanische Raumfahrt zu risikofreudig?
Wird diese Risikobereitschaft durch den "Markt" erzwungen?
(...aber wahrscheinlich komme ich nur aus einem anderen Kulturkreis und verstehe das nicht)

hesaenger

  • Gast
Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1069 am: 01. November 2014, 11:37:38 »
Piloten sind vielleicht billiger. ::)

klausd

  • Gast
Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1070 am: 01. November 2014, 11:45:14 »

Also ich vergleiche das SpaceShip-2 eher mit einem außergewöhnlichen Flugzeug. Auch da werden Erstflüge bemannt durchgeführt.

Zudem: Die ganze Geschäftsidee basiert darauf, dass das, was dort getrieben wird, risikoarm ist. Welch Fehleinschätzung...

Viele Grüße,

Klaus

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Offline Nitro

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1071 am: 01. November 2014, 11:56:55 »
Aber der DreamChaser ist doch z.B. auch unbemannt geflogen beim ersten Testflug. So pauschal kann man das also nicht sagen, dass bemannte Testflüge normal in Amerika sind.

Allerdings war DreamChaser vielleicht auch von Anfang an von der Avionik her auch mit darauf ausgelegt auch unbemannt fliegen zu können.
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

tobi

  • Gast
Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1072 am: 01. November 2014, 12:13:02 »
Wie weit lassen sich Hybridtriebwerke mit Sollbruchstellen versehen? Das heißt doch praktisch, dass andere Strukturabschnitte verstärkt werden müssten, was wieder auf die Nutzlastkapazität ginge. Welche Vorteile wollte man dem Hybridtriebwerk überhaupt abgewinnen?

Ja genau, andere Stellen müsste verstärkt werden.

Ich habe ein wenig mit Hybridtriebwerken gearbeitet, die Vorteile sind vor allem
1. relativ ungefährlicher Transport und Handhabung am Boden (N2O und Brennstoff getrennt) im Gegensatz zu Feststoff. Natürlich nur, wenn man die Sicherheitshinweise für Lachgas beachtet (also nicht wie Scaled Composites)
2. der Aufbau ist theoretisch relativ simpel, ein Tank, eine Brennkammer, Ventil auf, Zündung und los gehts.
3. Lachgas bedrückt sich selbst auf 50 bar bei Raumtemperatur und bei einer Dichte von 750-800 kg/m^3. Leider kühlt das Lachgas beim Ausströmen ab und der Druck sinkt ganz erheblich. Damit geht ein erheblicher Schubverlust ein. Wenn man Helium einbaut, wird es nicht mehr so simpel (wie bei Scaled Composites)
4. Der Schub ist theoretisch steuerbar über die Oxidatorzufuhr. Leider ändert sich das Mischungsverhältnis und es kommt zu nicht-optimaler Verbrennung

Die Nachteile sind viel erheblicher:
1. Wiederverwendbarkeit: Kühlung ablativ und damit nur eingeschränkt wiederverwendbar, für den Tausch des Brennstoffes muss der Motor auseinandergenommen werden. "gas and go" was bei flüssig theoretisch möglich ist, geht nicht.
2. Ein hoher Verbrennungswirkungsgrad scheint nur durch spezielle Einbauten in der BK wie Wirbelscheibe etc.. machbar, deutlich längere und schwerere Brennkammer ist die Folge
3. das Lachgas ist auch der fette Nachteil: bei 50 bar im Tank muss der Tank schon ziemlich schwer sein, dazu kommt die miese Dichte von nur 750-800 kg/m^3 bei Raumtemperatur. LOX oder Feststoff hat eine viel höhere Dichte. Kühlung des Lachgases, Heliumbedrückung sind mögliche Lösungen, dann isses aber nicht mehr simpel.
4. Lachgas ist auch gefährlich. Der kritische Punkt ist bei 36,4°C. Danach geht das Lachgas in einem Tank von Flüssig auf Überkritisch, der Druck steigt erheblich und eine fette Explosion kann die Folge sein. Siehe drei Tote bei Scaled Composites in 2007. Lachgas ist auch ein Monopropellant. Es kann bumm machen ganz ohne Treibstoff, nur die nötige Zündenergie muss zugeführt werden (wie auch Hydrazin oder Wasserstoffperoxid)
5. Die Performance des Hybrid ist mit LOX deutlich besser. Dann kommen jedoch viele der Nachteile von Flüssigantrieben zum tragen und die Simplizität geht flöten, kann man auch gleich druckgefördert flüssig machen.
6. Hohe Brennkammerdrücke nicht praktikabel aufgrund des damit schweren Gewichtes der Brennkammer
7. Brenndauer aufgrund ablativer Kühlung limitiert

Um es zusammenzufassen:
1. Lange schwere Brennkammer wie bei Feststoff nur ohne die hohe Dichte des Festtreibstoffes
2. Schwerer Oxidator-Tank und eventuell schwerer Bedrückungstank
3. ISP-Performance ungefähr Feststoffniveau (N2O) bis niedriges LOX/RP-1 Level (LOX).
4. Wiederverwendbarkeit nur stark eingeschränkt möglich

Fazit: Inbesondere das schlechte Massenverhältnis ist ein Performancekiller. Die Zukunft sehe ich eindeutig weiter flüssig... die Turbopumpe ist komplex ja, aber weniger ein Problem als vielmehr ein geniales Feature.

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Offline MX87

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Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1073 am: 01. November 2014, 12:30:00 »
Mal so nebenbei gefragt: In verschiedenen Artikeln ist die Rede davon, dass sich "ein Pilot per Schleudersitz retten konnte" ... das ist doch Humbug oder? Meines Wissens hatte SS2 keine Schleudersitze, weder eingebaut, noch die erforderlichen "Luken" im Rumpf über den Sitzen, noch war sowas geplant. Auch auf den Bildern die ich nochmals gesucht habe sind die Sitze Carbon-Sitzschalen.

Wollte nur mal noch fragen. Ich bin auch bestürzt davon und mein Mitgefühl an beide Familien der Beteiligten. Aber es zeigt wieder: Raumfahrt ist schwierig und zeigt dass es einen Grund gibt, wieso in englischsprachigen Ländern "Rocket Science" ein Synonym für extrem komplizierte (und gefährliche) Herausforderungen ist...

In dem Zusammenhang hat der Spiegel in einem Kommentar eine erstaunlich nüchterne und stimmige Sichtweise:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/spaceshiptwo-kommentar-zur-katastrophe-a-1000480.html

"Die Lüge vom einfachen Weg ins All" - Wie wahr...

PS: Dass die Identität der beiden Piloten nicht bekannt gemacht wird, lässt Virgin Galactic auch nicht gerade im besten Licht erscheinen. Ich möchte nicht wissen, wie viele Testpilot-Kollegen sich noch fragen, ob ein Kollege / Freund einer der Piloten war...
"Whoopie! Man, that may have been a small one for Neil, but that's a long one for me."

Caladaris

  • Gast
Re: Virgin Galactic & Virgin Orbit
« Antwort #1074 am: 01. November 2014, 12:36:30 »
Ich denke schon, dass es das war. Ganz unabhängig von den finanziellen (arabischer Investor) und technischen Problemen (Umstieg auf ein anderes Triebwerk), glaube ich, dass die Kunden jetzt massenhaft ihre Flüge stornieren werden. VG ist ein Business - und ein Business besteht aus mehr als nur der technischen Umsetzung. Die News ging ja um die ganze Welt und gerade das eine Todesopfer (mein Beileid...) ist aus PR-Sicht nicht mehr gutzumachen. Das ist ja kein unbemannter Launch, wo man sagen kann, die Versicherung zahlts schon. Es geht hier ja um eine freiwillige "Unterhaltungsaktivität" für Privatmenschen, nicht um professionell ausgebildete Astronauten, die innerlich schon auf das schlimmste eingestellt sind. Kein Privatmann wird sich da mehr reinsetzen wollen nach dieser Geschichte. Und ohne Kunden keine Flüge.

Auch für die Mitbewerber, XCor, evtl. auch Dreamchaser, ist das ganze ein absolutes Desaster. Das fröhlich-bunte Pionierimage der kommerziellen Raumflüge ist jetzt erstmal auf Jahre weg. Die Kunden haben begriffen, welche Gefahr wirklich in einem solchen Raumflug steckt. Das ganze ist marketingtechnisch wie eine (exponentiell spektakulärere) Achterbahn zu sehen. Hohe Preise sind eine Sache - aber die Leute wollen sich dabei sicher fühlen. Angst ist bei den meisten Menschen nämlich stärker ausgeprägt als die Neugierde.
Aus PR-Sicht denke ich leider, dass in den nächsten Wochen oder Monaten das Ende für VG kommen wird - natürlich erst nachdem man die ganze Situation in Ruhe analysiert hat, wie man das immer macht. Wirklich eine schlimme Woche... und das Todesopfer erscheint so sinnlos. Hoffentlich kommt wenigstens der andere Pilot ohne bleibende Schäden davon.