Wie weit lassen sich Hybridtriebwerke mit Sollbruchstellen versehen? Das heißt doch praktisch, dass andere Strukturabschnitte verstärkt werden müssten, was wieder auf die Nutzlastkapazität ginge. Welche Vorteile wollte man dem Hybridtriebwerk überhaupt abgewinnen?
Ja genau, andere Stellen müsste verstärkt werden.
Ich habe ein wenig mit Hybridtriebwerken gearbeitet, die
Vorteile sind vor allem
1. relativ ungefährlicher Transport und Handhabung am Boden (N2O und Brennstoff getrennt) im Gegensatz zu Feststoff. Natürlich nur, wenn man die Sicherheitshinweise für Lachgas beachtet (also nicht wie Scaled Composites)
2. der Aufbau ist theoretisch relativ simpel, ein Tank, eine Brennkammer, Ventil auf, Zündung und los gehts.
3. Lachgas bedrückt sich selbst auf 50 bar bei Raumtemperatur und bei einer Dichte von 750-800 kg/m^3. Leider kühlt das Lachgas beim Ausströmen ab und der Druck sinkt ganz erheblich. Damit geht ein erheblicher Schubverlust ein. Wenn man Helium einbaut, wird es nicht mehr so simpel (wie bei Scaled Composites)
4. Der Schub ist theoretisch steuerbar über die Oxidatorzufuhr. Leider ändert sich das Mischungsverhältnis und es kommt zu nicht-optimaler Verbrennung
Die
Nachteile sind viel erheblicher:
1. Wiederverwendbarkeit: Kühlung ablativ und damit nur eingeschränkt wiederverwendbar, für den Tausch des Brennstoffes muss der Motor auseinandergenommen werden. "gas and go" was bei flüssig theoretisch möglich ist, geht nicht.
2. Ein hoher Verbrennungswirkungsgrad scheint nur durch spezielle Einbauten in der BK wie Wirbelscheibe etc.. machbar, deutlich längere und schwerere Brennkammer ist die Folge
3. das Lachgas ist auch der fette Nachteil: bei 50 bar im Tank muss der Tank schon ziemlich schwer sein, dazu kommt die miese Dichte von nur 750-800 kg/m^3 bei Raumtemperatur. LOX oder Feststoff hat eine viel höhere Dichte. Kühlung des Lachgases, Heliumbedrückung sind mögliche Lösungen, dann isses aber nicht mehr simpel.
4. Lachgas ist auch gefährlich. Der kritische Punkt ist bei 36,4°C. Danach geht das Lachgas in einem Tank von Flüssig auf Überkritisch, der Druck steigt erheblich und eine fette Explosion kann die Folge sein. Siehe drei Tote bei Scaled Composites in 2007. Lachgas ist auch ein Monopropellant. Es kann bumm machen ganz ohne Treibstoff, nur die nötige Zündenergie muss zugeführt werden (wie auch Hydrazin oder Wasserstoffperoxid)
5. Die Performance des Hybrid ist mit LOX deutlich besser. Dann kommen jedoch viele der Nachteile von Flüssigantrieben zum tragen und die Simplizität geht flöten, kann man auch gleich druckgefördert flüssig machen.
6. Hohe Brennkammerdrücke nicht praktikabel aufgrund des damit schweren Gewichtes der Brennkammer
7. Brenndauer aufgrund ablativer Kühlung limitiert
Um es zusammenzufassen:
1. Lange schwere Brennkammer wie bei Feststoff nur ohne die hohe Dichte des Festtreibstoffes
2. Schwerer Oxidator-Tank und eventuell schwerer Bedrückungstank
3. ISP-Performance ungefähr Feststoffniveau (N2O) bis niedriges LOX/RP-1 Level (LOX).
4. Wiederverwendbarkeit nur stark eingeschränkt möglich
Fazit: Inbesondere das schlechte Massenverhältnis ist ein Performancekiller. Die Zukunft sehe ich eindeutig weiter flüssig... die Turbopumpe ist komplex ja, aber weniger ein Problem als vielmehr ein geniales Feature.