Wie gesagt, da maße ich mir kein Urteil an, wie ein ausgebildeter Astronaut reagieren würde.
Kritisch ist denke ich die Explosion der 1. Stufe. Bis dahin hätte die Kapsel außer Reichweite sein müssen, das waren so etwa 3-4 Sekunden. Das reicht sicher als Reaktionszeit, aber ob man in dieser Zeit auch die Lage richtig analysieren kann und zu einer solch weitreichenden Entscheidung entschließt, weiß ich nicht.
Hallo,
ich glaube 8 Minuten vor dem Start in einem Feuerball zu sitzen beschleunigt die Entscheidungsfindung enorm
Hallo,
auch auf die Gefahr, dass das zu OT ist, will ich hierzu mal was schreiben. Ich sehe es ganz ähnlich wie stilles Wasser. Dazu mal ein Beispiel:
Ultraleichtflugzeuge in Deutschland haben ein Rettungssystem. Dieses Rettungssystem besteht aus einem Fallschirm, an dem das ganze Flugzeug landen kann. In einem Notfall (zb. Kontrollverlust in der Luft) kann der Pilot an einem Griff ziehen und eine kleine Rakete (zumindest die Rakete ist hier ja nicht OT
) zieht den Schirm aus der Hülle. Das geht fix und Erfahrungswerte zeigen, dass eine Höhe von 80 Meter über Grund ausreichend ist, um das Flugzeug bei Auslösung des Rettungssystems heil am Schirm runterzubringen.
Wobei "heil" stimmt so nicht ganz. Wenn ich als Pilot am Schirm ziehe, bin ich mir bewusst, dass ich alles in allem vermutlich einige tausend Euro Schaden am Flugzeug haben werde (die Maschine am Schirm setzt mit ca. 7 m/s auf, da geht ein bissl was kaputt... außerdem kostet das "verbrauchte" Rettungssystem auch einiges). Es ist auch nicht ganz unüblich, sich bei der Landung am Schirm durchaus mal ein Schleudertrauma zu holen. ABER man überlebt.
So und nun der Punkt, auf den ich hinaus will: Die Realität zeigt leider (man muss nur mal die Unfallberichte der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung lesen), dass viele Piloten bei Flugunfällen gestorben sind, weil sie eben das Rettungssystem nicht ausgelöst haben, obwohl augenscheinlich genug Zeit dafür gewesen wäre.
Ich bin selbst auch Pilot eines solchen Ultraleichtflugzeuges und habe (hoffentlich) in der Ausbildung unter anderem gelernt, einzuschätzen, wann man lieber am RS ziehen sollte. Ich sitze hier gerade bequem an meinem Schreibtisch und glaube auch, dass ich in der realen Gefahrensituation die richtige Entscheidung treffen könnte. ABER das behaupten meine "Kollegen" auch alle. Trotzdem schlagen viele Piloten hart auf, ohne am RS gezogen zu haben... warum?
Es scheint, dass es doch eine recht ordentliche Hemmschwelle gibt, an diesem Griff zu ziehen. Psychologisch ist das vielleicht ein bisschen wie das spontane Eingeständnis, dass man die Lage nicht mehr im Griff hat (einen Fehler gemacht hat?) plus die Hemmung, durch einen Zug am Griff so viel Geld zu verbrennen (schaffe ich es nicht doch noch, das Flugzeug abzufangen und heil zu landen?). Bei dem Astronaut mögen andere Faktoren eine Rolle als Hemmschwelle spielen (zb die Unsicherheit, ob man die Lage wirklich richtigerweise als "verloren" einschätzt bzw. die Angst davor, eine Mission zu beenden, die noch Chancen auf Erfolg gehabt hätte), aber das Prinzip ist - könnte ich mir vorstellen - ähnlich. In beiden Fällen ist dieses Zögern nicht rational (das eigene Leben ist meiner Ansicht nach immer wichtiger als ein relativ chancenloser Versuch, etwas zu retten), aber so sind wir Menschen eben. Wir entscheiden niemals ganz und gar rational und objektiv... und je schneller wir entscheiden müssen, umso mehr fehlt die Rationalität und die Objektivität.
Dem kann man mit Training ein Stück weit entgegen wirken... aber ich glaube nicht ganz und gar. Rational und objektiv anzuerkennen, dass es wirklich keinen anderen Weg gibt, als am Griff zu ziehen oder den Knopf zu drücken, das braucht immer einen kleinen Moment des Abwägens... und dieser kleine Moment kann ganz oft ein Moment zu lang sein. Und ich glaube das gilt für den Pilot im Ultraleicht genauso wie für den Kampfflieger auf seinem Schleudersitz oder eben den Astronauten unter dem LAS.
Gruß
Excalibur