Reise nach Cape Canaveral / KSC 2015 von -eumel-

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Offline gino847

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #100 am: 16. Juli 2015, 08:03:22 »
Coole Story, da staunen die Fachleute, und die Laien wundern sich ...

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #101 am: 19. Juli 2015, 05:02:43 »
Die verflixte Luke!

Ein Wunder, daß das Einsteigen immer ohne Kabel abreißen o.ä. abging. Oder vlt doch nicht ?

Über Schäden beim Einsteigen wurde nichts überliefert.
Aber es war wirklich sehr beschwerlich:

Credit: NASA
Virgil Grissom beim Einstieg in sein Mercury Raumschiff "Liberty Bell 7"

Noch beschwerlicher war jedoch der Ausstieg, der eigentlich durch die obere Luke vorgesehen war:


Deshalb wurden nach dem ersten Flug zahlreiche Verbesserungen vorgenommen.
Unter anderem erhielt die Einstiegsluke ein größeres Fenster und einen Absprengmechanismus, der wenigstens das Öffnen der Luke erleichtern sollte.

Den nächsten Flug unternahm Virgil "Gus" Grissom auf Mercury "Liberty Bell 7".
Nach mehreren Startverschiebungen (ja, die gab es schon von Anfang an!) hatte er einen Bilderbuch-Start und einen recht erfolgreichen Flug und wasserte planmäßig im Zielgebiet.

Er sah schon den Bergungshubschrauber über sich und breitete sich auf den Ausstieg vor.
Dazu setzte er den Helm ab, löste den Sauerstoff-Schlauch vom Anzug, schaltete die Lukensprengvorrichtung scharf, notierte die Stellung der Hebel und Schalter auf dem Armaturenbrett und wartete auf die Bergung durch den Hubschrauber.
Plötzlich löste die Sprengvorrichtung aus und die Luke wurde abgesprengt!
Durch die offene Luke lief Wasser in die Kapsel, sodass Grissom sie schnell verlassen musste.
Glücklicherweise gelang ihm das und er wähnte sich in Sicherheit in seinem luftgefülltem Druckanzug, der anfangs guten Auftrieb im Wasser hatte.
Dann aber lief auch der Anzug voll Wasser und er konnte damit nicht schwimmen.
Nur mit großer Mühe konnte er sich über Wasser halten und kämpfte um sein Leben.
Mit heftigen Armbewegungen signalisierte er dem Hubschrauber seine Not.
Aber die Besatzung hielt das für einen Gruß und winkte freundlich zurück. :o

Der Hubschrauber kämpfte unterdessen mit der Kapsel, die er an den Haken genommen hatte.
Aber er konnte sie nicht anheben, weil sie jetzt -voller Wasser - zu schwer geworden war.
Rote Lämpchen und ein Alarmton kündigten den drohenden Absturz an, deshalb mussten sie das Seil mit der Last ausklinken.
Das Raumschiff Mercury "Libery Bell 7" versank im Meer, welches dort über 5000 Meter tief ist. 

Erst ein zweiter Hubschrauber konnte den Raumfahrer im letzten Moment bergen, wobei er noch zweimal unter Wasser getaucht wurde.
Erschöpft und voller Panik zog er schnell eine Schwimmweste an, weil er Angst hatte, der Hubschrauber könne abstürzen und er muss wieder ins Wasser.

Das Risiko eines Raumfahrers, bei Ausübung seines Berufs zu ertrinken, scheint doch ziemlich groß zu sein.

Grissoms nächster Raumflug war mit Gemini 3 – "Molly Brown".
Grissom selbst hatte den Namen nach dem Musical "The_Unsinkable_Molly_Brown" gewählt, weil sein letztes Raumschiff doch gesunken war. ::)
Als die NASA den Namen ablehnen wollte, schlugen alle Astronauten gemeinsam den Namen "Titanic" vor.
Dann wurde die erste bemannte Gemini Kapsel auf "Molly Brown" getauft.
Nach der Landung hielt Grissom die Luke so lange wie möglich geschlossen.

Wegen der versunkenen "Liberty Bell" und der Lebensgefahr für den Raumfahrer wurde beim neuen Apollo-Raumschiff 
keine Sprengvorrichtung für die Luke mehr eingebaut.
Als beim Test AS-204 (Apollo 1) auf der Startrampe 34 ein Feuer in der Apollo Kapsel ausbrach, ließ sich die Luke wegen Überdruck nicht öffnen.

Mit Lukensprengvorrichtung wäre er in der Mercury "Liberty Bell 7" fast ertrunken.
Ohne Lukensprengvorrichtung ist er in Apollo 1 verbrannt. 

Credit: NASA
Beim Feuer in der Apollo Kapsel kamen Grissom, White und Chaffee ums Leben


Virgil Grissom war der zweite Amerikaner und der dritte Mensch überhaupt im Weltraum.
Er war der erste Mensch, der zweimal in den Weltraum flog.
Wäre er nicht wegen der verflixten Luke in Apollo 1 ums Leben gekommen, wäre er mit großer Wahrscheinlichkeit der erste Mensch auf dem Mond geworden (statt Armstrong).
« Letzte Änderung: 19. Juli 2015, 19:49:28 von -eumel- »

Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #102 am: 20. Juli 2015, 23:01:19 »
Mensch Eumel,
'wünsch' Dir auch noch einen fantastischen Urlaub. Übertreib' es nicht.
RELAX  ;D (unter uns nur Dreck bis zum Kern und über uns grenzenloses Vakuum!)
Weiter so, simply great! Go on!
Liebe Grüße und Glück Auf!
SiO²
Alles ist Eins und Eins ist Alles - Wir sind Quarks - Atome - Sternenstaub - Meteoriten - Sterne - die Erde - Leben - System - Sonnen - Galaxien - Cluster - Universum - Alles, Es und Wir erschafft sich selber. Gemeinsam. Und dürfen es dann in aller Pracht bewundern - zum Genießen bleibt keine Zeit..

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #103 am: 21. Juli 2015, 01:27:48 »
Dazu setzte er den Helm ab, löste den Sauerstoff-Schlauch vom Anzug, schaltete die Lukensprengvorrichtung scharf, notierte die Stellung der Hebel und Schalter auf dem Armaturenbrett und wartete auf die Bergung durch den Hubschrauber....

...Dann aber lief auch der Anzug voll Wasser und er konnte damit nicht schwimmen.
Nur mit großer Mühe konnte er sich über Wasser halten und kämpfte um sein Leben.


Hinterher ist man freilich immer schlauer:
Hätte er das Anschlussventil nach dem Entfernen des Sauerstoffschlauchs geschlossen,
wäre der Anzug nicht so schnell vollgelaufen.
So konnte das Wasser durch den Schlauchanschluss in Bauchhöhe eindringen und die Luft oben entweichen.

Der Druckanzug, in dem Gus Grissom nach seinem Mercury Flug beinahe ertrunken wäre,
ist in der Astronaut Hall of Fame ausgestellt:


Bei den Raumanzügen der Mercury-Mission handelte es sich um modifizierte MK-IV Druckanzüge der Navy.
Die Mercury Seven ganz in Silber:

Walter Schirra, Donald Slayton, John Glenn und Scott Carpenter (vorn von links nach rechts)
Alan Shepard, Virgil Gus Grissom und Gordon Cooper (hinten von links nach rechts)
« Letzte Änderung: 21. Juli 2015, 02:31:46 von -eumel- »

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #104 am: 22. Juli 2015, 02:18:05 »
"Roger, Bell Seven, Roger"

Hier kann man die ganze Mission Mercury-Redstone 4 "Liberty Bell 7" - Virgil Grissom
noch einmal miterleben - mit original Sprechfunk:



Besonders dramatisch war die Bergung:
Der Hubschrauber hatte die Kapsel schon aus dem Wasser gehoben, musste sie aber wegen Überlast ausklinken und zurück fallen lassen. Das Raumschiff sank auf den Meeresgrund, über 5000 m tief.
Der Astronaut war kurz vor dem Ertrinken und wurde in letzter Minute gerettet.

38 Jahre später wurde das Raumschiff vom Meeresgrund geborgen:
Credit: NASA

2014 war das Original in der Ausstellung „Outer Space - Faszination Weltraum“ in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen:
Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0
Sehr gut restauriert und erstaunlich gut erhalten - Meerwasser konserviert.
« Letzte Änderung: 22. Juli 2015, 16:00:39 von -eumel- »

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #105 am: 25. Juli 2015, 03:27:46 »
Raketen und Kapseln genügen nicht - für Programm Raumflüge braucht man Controling.
Die Startkontrollcenter heißen dort "Blockhouse" und befinden sich direkt an der Startrampe in 100-300 m Entfernung.
(Davon habe ich auch Fotos, werde aber später darüber berichten.)

Nach dem Liftoff wird an das Mission Control Center (MCC) übergeben.
Das Mercury MCC befand sich in Cape Canaveral AFS, in der Nähe von SLC-14:

Credit: NASA

Das Mercury Mission Control Center beherbergte auch die Mercury und Gemini Raumschiff-Trainingsgeräte.
Von hier aus wurden Flüge von den Startrampen 5, 6, 13, 14, 19, 26 und 34 gesteuert.
Darunter viele Tests, Simulationen, unbemannte Flüge, aber auch die Flüge mit den Affen, sämtliche Mercury-Flüge bis Gemini 3.

In drei Konsolen-Reihen saßen 15 Controler:


Credit: NASA
MCC während einer Simulation für den Flug Mercury-Atlas 8 (Sigma 7)  1962

Das Gemini Programm war dann umfangreicher und hätte mehr Controler-Konsolen erfordert.
Das Gebäude hätte aufwändig modernisiert und Asbest saniert werden müssen.
Man entschied sich, das Gebäude abzureißen und baute ein neues, großes MCC in Houston, Texas.

Aber die Inneneinrichtung (Konsolen, Anzeigen, Möbel, usw.) wurde sorgfältig abgebaut und im Debus-Haus im KSC wieder aufgebaut und kann im Original in der Ausstellung Early Space Exploration besichtigt werden:

-eumelfoto-

Mit dieser relativ einfachen Technik haben sie damals die Missionen gesteuert.
Heute steckt wohl in einem Handy mehr Leistung, als in diesem ganzen Raum.



In diesem Video gibt es viele Original-Aufnahmen und es wird besser erklärt:


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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #106 am: 27. Juli 2015, 02:16:49 »
Es ist doch bemerkenswert, dass man im KSC nicht nur Raketen und Raumfahrzeuge ausstellt,
sondern auch für die historischen Konsolen der Controler Platz gefunden hat.
Im Apollo/Saturn V Center gibt es noch die original Konsolen aus dem Apollo Start Kontrollcenter zu sehen.

Was wäre die Raumfahrt ohne Controler?

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #107 am: 30. Juli 2015, 02:43:32 »
Das zweite, bemannte amerikanische Raumschiff war Gemini:

Credit: NASA
Gemini-11  fertig zum Aufsetzen auf die Trägerrakete

Mit Gemini lernten sie fliegen im All.
Es wurden neue Technologien entwickelt und getestet, die für das Mondlande-Programm Apollo benötigt wurden.
Navigation, Bahnänderungen, Kommunikation, Rendezvouz, Docking, Außenbordeinsätze (EVA), gesteuerter Wiedereintritt.

Jetzt ging es nicht mehr nur darum, einen Menschen in den Orbit zu schießen,
sondern im Orbit exakt zu steuern, den Orbit nach Bedarf zu ändern, ein anderes Raumfahrzeug im Orbit zu treffen, sich präzise anzunähern und anzudocken.
Steuerung durch die Raumfahrer und das Bodenpersonal.
Ausstieg im Raumanzug mit Außenbordarbeiten. 

Äußerlich ähnelte die Gemini Kapsel noch der Mercury Kapsel - nur etwas größer für 2-Mann-Besatzung.
Aber technisch bot das neue Raumschiff viel mehr Möglichkeiten.
Langzeit-Einsätze (2 Wochen) für 2 Personen erforderte eine leistungsfähige Lebenserhaltung.
Stromversorgung erstmals über Wasserstoff-Brennstoffzellen.
Der erste Bordcomputer half bei Bahnberechnungen.
Weitreichende manuelle Steuerung der vielen kleinen Triebwerke für Bahnänderung, Lagekontrolle und Wiedereintritt.
Dafür gab es ein Service-Modul, welches vor der Landung in zwei Teilen abgetrennt wurde:

Credit: McDonnell / NASA

Von 1965-66 wurden 10 Raumflüge mit 2er Besatzung durchgeführt.
Alle waren spannend und abenteuerlich mit vielen Pannen.
Aber insgesamt sehr erfolgreich.

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #108 am: 01. August 2015, 01:44:24 »
In der Early Space Exploration im KSC ist das geflogene Raumschiff Gemini 9 ausgestellt:





Durch die Plexiglas-Schutzhülle lässt sich nicht gut fotografieren.
Dennoch sind einige Details im Inneren zu erkennen:





Auch damals wurde schon Klettband zum befestigen loser Gegenstände verwendet:


Detailansichten vom Docking-Adapter:




-eumelfotos-

McFire

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #109 am: 01. August 2015, 02:24:19 »
Hats Dir keine Ruhe gelassen ?  ;)
Interessante Fotos !

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Online roger50

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #110 am: 01. August 2015, 13:00:56 »
Moin,

yep, Gemini war (damals) ein tolles Raumschiff... :)

Was ich aber nie verstehen werde, wie man es darin zu zweit 14 Tage lang aushalten konnte... dagegen ist ein Smart ja geräumig.... 8)

Gruß
roger50

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Offline Blondi

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #111 am: 01. August 2015, 16:17:52 »
Moin,

yep, Gemini war (damals) ein tolles Raumschiff... :)

Was ich aber nie verstehen werde, wie man es darin zu zweit 14 Tage lang aushalten konnte... dagegen ist ein Smart ja geräumig.... 8)

Gruß
roger50

Wer jemals dir Gelegenheit hatte eine Gemini Kapsel in Natura zu sehen wird sich diese Frage auch stellen. Ich habe bei meinem Besuch im KSC 2013 im Rocket Garden in der Gemini Attrappe probiert Platz zu nehmen, ist mir so recht und schlecht gelungen, bin aber überall angestanden.
Vor allem hätte kein zweiter "Normalsterblicher" mehr neben mir Platz gehabt ohne dass sich ein Ellenbogen oder sonst ein Körperteil von mir in seinen Körper gebohrt hätte (was auch umgekehrt gilt). Und dann noch zwei Wochen ohne die Füsse auszustrecken, ich kann mir das beim besten Willen nicht vorstellen.
Waren die zwei (Frank Borman, James Lovell) etwa kleiner als der Durchschnitt? Anders kann ich mir das nicht vorstellen.

lg
Werner

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #112 am: 02. August 2015, 03:43:21 »
Große Menschen sind ungeeignet. ;)
Bereits bei der Auswahl der Raumfahrer war die Körpergröße begrenzt.
Die Raumfahrer hatten bei der Gestaltung des Innenraums der Kapsel ein Mitbestimmungsrecht, von dem besonders Gus Grissom Gebrauch machte - er war damals ständig beim Hersteller McDonnell.
Grissom probierte dabei die Kapsel ständig an und richtete alles für ihn passend ein.
Aber er war der Kleinste der Mercury Seven und die anderen bezeichneten die Kapsel dann als "Gusmobile".

Das Wohnvolumen der Gemini-Kapsel betrug 2.3 m³ - das war sogar noch weniger als bei Mercury (1,4 m³) - pro Person.
Aber es waren ja auch keine "möchte gern auch mal" Besatzungen vom Stammtisch, sondern gestandene Testpiloten, die durchaus enge Cockpits gewohnt waren.
 
Hier ein Foto vom Einstieg in Gemini-9A (Stafford und Cernan):
Credit: NASA

Abgesehen davon, dass es auf Weitwinkel-Aufnahmen immer geräumiger aussieht, haben sie doch rein gepasst. 8)

Commander Stafford während des Fluges in Gemini-9A:


Bei der Bergung von Gemini-8 sieht es fast gemütlich aus:


Aber 14 Tage ohne Beine ausstrecken? :-\
Die beliebte Reporter-Frage: "Wie geht man auf der ISS auf´s Klo?" ist ja noch recht leicht zu beantworten.
Aber in der Gemini? ???

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #113 am: 05. August 2015, 23:58:44 »
Wenn man vor einem echten, geflogenen Raumschiff steht, fragt man schon nach der Mission, die damit geflogen wurde.

-eumelfoto-
Gemini-9A, geflogen im Juni 1966 von Tom Stafford und Eugene Gernan

Ich will hier nicht nur das nackte Foto zeigen, sondern auch die Erinnerung an die Mission auffrischen.
Es war eine sehr spannende Zeit für die Raumfahrt und auch diese Mission war sehr holprig - nichts wollte klappen.
Das Ziel war der Mond im Wettlauf mit den Sowjets und die Zeit war knapp.
Für das Apollo Programm mussten aber noch einige Technologien entwickelt und erprobt werden.
Das war die Aufgabe des Gemini Programms.

Im Beitrag zum Hermann Oberth Museum von dksk ist dieses kleine, aber schöne Foto:
Foto: dksk

Dieses Modell beschreibt die Aufgaben dieser Mission:
Rendezvous und Docking mit dem Agena Target Vehicle und Außenbordeinsatz.

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #114 am: 06. August 2015, 00:21:01 »
Vier Monate vor dem Start kamen die beiden Raumfahrer (Elliot See und Charles Bassett) bei einem Unfall uns Leben.
Es war ein Arbeitsunfall: Die beiden waren mit einem T-38 Trainings-Jet unterwegs zum Hersteller McDonnell, um sich dort mit ihrem Raumschiff vertraut zu machen.
Bei schwerem Nebel stießen sie auf dem betriebseigenen Flugplatz mit der Halle zusammen, in der das Raumschiff stand und stürzten ab.
Dabei kamen beide ums Leben, das Raumschiff wurde aber nicht beschädigt.

Zum ersten mal musste die Ersatzmannschaft einspringen:


Tom Stafford und Eugene Gernan flogen Gemini-9A
« Letzte Änderung: 06. August 2015, 02:32:27 von -eumel- »

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #115 am: 06. August 2015, 01:17:12 »
Der Start war stressig für das Mission Controll Center - sie mussten zwei Flüge parallel controlen:
Zuerst startete der Agena-Zielsatellit (ATV) am 17, Mai 1966 auf einer Atlas von Startrampe 14.
Nach einem Orbit (90 min später) sollte Gemini-9 auf Titan II von Startrampe 19 hinterher starten und das Rendezvous einleiten.

Durch eine Fehlfunktion im Atlas Träger erreichte das ATV den Orbit nicht und stürzte ins Meer.
Die Mission wurde verschoben.
Nun hatten sie keine Agena-Oberstufe mehr, denn die lag ja auf dem Meeresgrund.
Aber im Unterschied zu heute wurde damals viel improvisiert.
Bei McDonnell lag noch ein Docking-Adapter, an den sie eine Gemini Antriebs- und Controlleinheit montierten.
Das Ding hieß dann "Augmented Target Docking Adapter (ATDA)" und wurde am 1. Juni 1966 auf einer Atlas erfolgreich gestartet: 


Am 3. Juni 1966 starteten Stafford und Cernan in Gemini-9 auf Titan II hinterher:


Der Start war erfolgreich, aber als sie sich dem Docking-Zielsatelliten näherten, beschrieb Stafford seine Überraschung so:
"Es sieht aus wie ein hungriger Alligator, der seine Runden dreht!":

 

Die Nutzlast-Verkleidung hatte sich nicht vom Docking-Adapter gelöst.
Sofort sprudelten die Ideen zur Improvisation hoch:
Stafford wollte leicht mit dem Raumschiff dagegen stubsen, dann könnte sich die Verkleidung abtrennen.
Buzz Aldrin im Mission Control schlug vor, den nicht getrennten Gurt mit der Schere aus dem Verbandskasten durchzuschneiden - Cernan sollte ja eh einen Außenbordeinsatz machen.
Aber alle Ideen wurden als zu gefährlich abgelehnt.
Das erste Missionsziel konnte nicht durchgeführt werden.

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Offline -eumel-

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #116 am: 06. August 2015, 02:22:53 »
Hauptziel bei Cernans Außenbordeinsatz (EVA) war der Test der Astronaut Maneuvering Unit der USAF:



Wie mit einem Mini-Raumschiff sollte der Raumfahrer damit durchs All manövrieren können.
Treibstoff für die zahlreichen Mini-Düsen war Wasserstoff-Peroxid, was sehr heiße Abgase ergab.
Deshalb erhielt die Hose von Cernans Raumanzug zusätzlich eine Schicht Chromel-R, einem Gewebe aus Stahlfasern.

Der feurige AMU-Rucksack war von außen zugänglich im Service Modul verstaut.
Cernan musste sich also außerbords um das Raumschiff herum bewegen, um die AMU zu erreichen.
Aber diese EVA war voller Schrecken, nichts wollte klappen:
Als er seinen Anzug unter Druck setzte, wurde dieser so steif, dass er sich kaum bewegen konnte.
Außerhalb des Raumschiffs wurde er stark durch den Versorgungsschlauch des Anzugs behindert.
Er konnte nicht frei schweben, weil ihn der steife Schlauch immer wieder in eine andere Richtung drückte.


Cernan kämpft mit dem Versorgungsschlauch

Beim Klettern über das Raumschiff stellte sich heraus, dass viel zu wenige Haltegriffe montiert waren.
Irgendwas hat mit der Atemluft seines Anzugs nicht gestimmt, er fühlte sich müde und schlaff und seine körperliche Leistungsfähigkeit war bald erschöpft.
Er kämpfte sich weiter, aber dabei stieg sein Puls auf 180 und er kam ins schwitzen.
Das wiederum führte dazu, dass sein Helm-Visier beschlug und er nichts mehr sehen konnte. 
Er improvisierte zwar und konnte mit der Nasenspitze das Visier anstubsen und ein kleines Sichtloch wischen, aber dabei stieg sein Puls noch weiter und die Flugärzte am Boden erwarteten, dass er jeden Moment ohnmächtig wird.
In diesem Moment befahl Stafford als Kommandant, die EVA vorzeitig abzubrechen und zurück an Bord zu kommen.
Die Astronaut Maneuvering Unit der USAF wurde nie im All getestet.

Dafür wurden drei verschiedene Rendezvous Manöver (von unten und von oben) geflogen, andere Experimente erfolgreich durchgeführt und die genauste Landung einer Kapsel absolviert (700 m vom Landepunkt).



Der feurige Wiedereintritt hat jedoch Spuren auf dem Hitzeschild hinterlassen:

Gemini-9A Landekapsel im Kennedy Space Center

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #117 am: 07. August 2015, 01:31:11 »
Beim nächsten Exponat hatte ich einige Probleme:

-eumelfotos-

Es ist als Gemini-Raumanzug von Scott ausgestellt:



Scott flog zusammen mit Armstrong auf Gemini-8.
Das war die Mission, bei der sie zum ersten mal einen Vorsprung vor den Sowjets hatten:
Sie hatten im Orbit an einem anderen Raumfahrzeug angedockt.
Bei dieser Mission sollte Scott zu einer EVA aussteigen.
Dazu ist es zwar nicht gekommen, weil die Mission vorzeitig abgebrochen wurde.

Aber wäre er wirklich mit diesem Raumanzug ausgestiegen?:







Können denn Reißverschlüsse und Schnürsenkel absolut luftdicht sein?
Dass der unter Druck so steif wird, dass man sich kaum darin bewegen kann, wie Cernan berichtete, kann man sich auch nicht vorstellen.

Aber offenbar haben sie im Gemini Programm verschiedene Raumanzüge verwendet: 

Credit: NASA
Lovell, Gemini-7

Credit: NASA
Young und Collins, Gemini-10

Die Raumanzüge wurden unterschiedlichen Bedingungen angepasst und ständig weiter entwickelt.

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Offline -eumel-

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #118 am: 09. August 2015, 04:20:48 »
Hier nochmal zum Vergleich:
Links Scotts Gemini Anzug - rechts Scotts Mond Anzug:

  Foto: Jawed Karim
(Scotts Mond-Anzug befindet sich im Smithsonian Museum in Washington DC.)

Bei den Verschmutzungen handelt es sich um echten Mondstaub! :D
Soweit ich mich erinnere, war Scott auf dem Mond gestürzt.

Am Mond-Anzug sieht man keine Reißverschlüsse und Schnürsenkel mehr.
Aber das täuscht: Der Einstieg erfolgt von hinten durch einen Reißverschluss, der von der Schulter über den Rücken bis in den Schritt verläuft.
Die obere weiße Schicht des Anzuges konnte man abnehmen.
Sie war feuerfest und diente Sonnen-, Temperatur-, Mikrometeoriten- und Strahlenschutz.
Darunter sah es so aus:

Credit: NASA

Der untere Anzugteil hält den Druck und sichert die Versorgung mit Sauerstoff und Kühlwasser, Strom, Sprechfunk und Biodaten.
Kühlung, Pumpen, Batterien und Tanks befanden sich im Tornister auf dem Rücken:

 

Der Mondlande-Raumanzug wiegt 35 kg - komplett mit Lebenserhaltung im Rucksack 90 kg.
Missionsdauer bis 7 Stunden + 30 Minuten Notreserve.
Auf dem Mond freilich entsprechend weniger, aber die Masse muss dennoch beschleunigt und gebremst werden.

Offline Collins

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #119 am: 09. August 2015, 10:05:47 »
Da frage ich mich doch gleich: wie schwer wäre bei der heutigen Technologie so ein Mond Anzug?

Collins
Zeige mir einen Helden und ich zeige dir eine Tragödie dazu
Wir sind alle sehr unwissend, aber bei jedem ist es etwas anderes, was er nicht weiß. Albert Einstein.

McFire

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #120 am: 09. August 2015, 10:30:30 »
Ich vermute mal , nicht wesentlich leichter. Was man bei den Tanks durch CFK vlt einspart, kommt an Technik für Performance dazu. Und beim reinen "Kleidungs"teil pröbelt man doch immer noch herum.

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Offline Alex

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #121 am: 09. August 2015, 12:03:13 »
In seinem Buch "carrying the fire" hat Astronaut Michael Collins (Gemini X, Apollo 11) das Leben an Bord einer Gemini Kapsel sehr gut beschrieben. Er selbst hatte bedingt durch das enge Cockpit irgendwann starke Knie schmerzen die einizg duch die Einnahme von Aspirin besser wurden. Man musste also als Astronaut schon auch einigermassen hart im Nehmen sein.
Leider ist dieses Buch nur in Englisch erhältlich  :(
PLT der STS-133 Launchviewing Jägermeistercrew

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Offline -eumel-

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #122 am: 11. August 2015, 01:23:55 »
Dann gibt es in der KSC- Early Space Exploration noch dieses Teil zu sehen:

  -eumelfotos-
Mond EVA Raumanzug von Eugene Cernan, Apollo 17






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Offline Blondi

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Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #123 am: 11. August 2015, 08:02:15 »
Ich war der Meinung, dass die Mondanzüge auf dem Mond zwecks Gewichtsersparniss zurückgeblieben sind.
Oder bin ich da falsch informiert?

lg
Werner

klausd

  • Gast
Re: Reise nach Cape Canaveral / KCS 2015 von -eumel-
« Antwort #124 am: 11. August 2015, 08:24:10 »
Wie sollen Sie denn dann lebend rein gekommen sein? Der Lunar Lander hatte keine Schleuse... Ich glaube Handschuhe oder so sind vielleicht mal da geblieben usw.

Viele Grüße,

Klaus