Woher hast du diese feste Überzeugung? Überraschungen zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, daß man si im Voraus nicht sehen kann, sonst wären es ja keine. Ich habe einige Felder aufgezeigt, in denen sie möglich sind. Fische werden sie wohl keine fangen können, und auf Amerika werden sie auch nicht treffen, das ist korrekt.
So etwas nennt man "Realismus". Darf ich dich einmal kurz zitieren, was für dich "Überraschungen" wären?
Zum Beispiel eine ungeahnte Bewegung in den Köpfen der Leute die auf der Erde geblieben sind? Die im Ergebnis dazu führt, daß sich nicht nur die Kolonie schnell vergrößert, sondern auch genügend Geld zur Verfügung steht.
Oder überraschende technologische Entwicklungen, die den Aufenthalt vereinfachen. Oder wichtige Entdeckungen auf dem Mars selbst, von denen wir jetzt noch nichts ahnen.
[...]
Entschuldige, aber das ist reines Geschwurbel! Was für eine ungeahnte Bewegung soll das denn sein, die Menschen bewegen soll, Geld dafür auszugeben, anderen Menschen das Überleben zu ermöglichen, die sich freiwillig für ein dauerhaftes Leben auf einem absolut lebensfeindlichen Himmelskörper entscheiden? Abgesehen davon, dass die weitaus meisten Menschen auf diesem Planeten dermaßen arm sind, dass sie unter extrem primitiven Bedingungen leben müssen und somit wirklich ganz andere Dinge im Sinn haben als Weltraumkolonien, wirst du auch in den reicheren Staaten nur wenige Leute finden. Ich könnte damit leben, dass mein Staat Geld dafür ausgibt, Wissenschaft vor Ort auf dem Mars zu betreiben. Wenn aber Leute dort dauerhaft leben wollen, dann sollen die das nötige Geld gefälligst selber mitbringen.
Was deine "technologische Entwicklungen" angeht, so sollte diese Kolonisten vielleicht besser darauf warten, dass es diese wirklich gibt, bevor sie die Koffer packen, und mögliche günstige Umstände müssen auch vorher erforscht sein.
Mit anderen Worten: Es ist einfach nicht die richtige Zeit für eine Marskolonie, und vielleicht wird es das auch niemals sein.
Das kann doch kein Argument gegen die Idee sein. Viel (privates) Geld ist für dich ein Makel, wenig Geld offenbar auch. Krisen sind doch ein Bestandteil aller schwierigen Unternehmumgen. Ich spüre hier wieder diese überhebliche Negativität, von der ich schon geschrieben habe - "die schaffen es nicht einmal.."
Wieso soll denn viel privates Geld ein Problem sein? Wenn Multimilliardäre sich einen exklusiven Ferienort oder gar einen neuen Wohnort auf dem Mars leisten wollen und dafür zu zahlen bereit sind - fein. Dieses private Geld scheint aber bei Mars One in keinster Weise vorhanden zu sein, und ich sehe auch keinerlei Veranlassung, mein eigenes Geld dafür auszugeben, auch nicht für die Übertragung des dortigen Lebens in Form von Big Brother oder Dschungelcamp. (Beides sind übrigens fürchterliche Formate, die ich mir nie angesehen habe.) Diese fehlende Finanzierung ist aber keine Krise, sondern schlichtweg das Aus, bevor man überhaupt angefangen hat. Und ich halte es auch für keine gute Idee, Steuermittel dafür auszugeben. Mensch, wir alle haben es noch nicht einmal geschafft, eine Expedition zum Mars zu finanzieren. Und Mars One will gleich eine
Kolonie gründen? Man weiß nicht, wie man die Technik bezahlen soll, dorthin zu fliegen und dort zu überleben, und es gibt keinerlei heute bekannte Grundlage zum Überleben einer marsianischen Kolonie. Was soll denn das bringen außer dem tragischen Sterben einer Handvoll Menschen weit weg von der heimatlichen Erde?
Ich kann in der Bereitschaft das eigene Leben nach einer möglicherweise recht kurzen Zeit auf einem fremden Planeten zu beenden keine Spur von Arroganz entdecken. Unsere Vorstellung davon, was Arroganz ist, unterscheidet sich offenbar grundlegend. Ich zweifele daran, ob es besonders sinnvoll ist, mit zwei völlig verschiedenen "Sprachen" zu diskutieren.
Glaubst du daran, dass die Siedler-Aspiranten mit dieser Möglichkeit wirklich rechnen? Falls das für jemanden zutreffen sollte, müsste man ihn eigentlich vor sich selber schützen. Und das nenne ich Arroganz, davon auszugehen, dass das Überleben auf dem Mars eine Kleinigkeit ist und Mars One praktisch ohne Geld erfolgreich sein könnte. Es ist aber genauso Arroganz, falls einer davon ausgehen sollte, dass ihn die Menschheit auf der Erde schon nicht sterben lassen wird, sei es durch ununterbrochene Versorgungsketten oder Rückholmissionen.
Arroganz setzt nach meinem Verständnis voraus, daß man sich übergeordnet fühlt, überheblich ist. Wie soll dieses Gefühl gegenüber der "Marsischen Umwelt" aufkommen, wenn man damit rechnen muß, ständig "mit ihr" um das eigene Überleben zu kämpfen? Du setzt wohl voraus, daß die Teilnehmer das als eine Art Urlaubsreise begreifen. Nach Deinem Verständnis waren die Steinzeitmenschen wohl auch arrogant, als sie versuchten mit primitiven Mitteln zu überleben.
Genau diese Art Arroganz meine ich, und daran scheinen mir die Organisatioren von Mars One und ihre potenziellen Siedler zu leiden. Ja, da scheinen mir wirklich viele zu glauben, dass es so eine Art Urlaubsreise werden wird. Da muss ich Harald Lesch vollumfänglich zustimmen.
Den mit den Steinzeitmenschen nimmst du aber lieber wieder zurück, denn dieser Vergleich ist absolut unsäglich! Unsere Vorfahren haben versucht, mit dem zu überleben, was ihnen zur Verfügung stand, und dass wir heute hier sind beweist, dass es genügend von ihnen immer wieder geschafft haben. Sie hatten aber, und das hast du mal eben ganz nonchalant unterschlagen, keine Wahl. Die Menschen, die sich bei Mars One als Kolonisten gemeldet haben, haben diese Wahl aber. Sie können in ihren zivilisierten und reichen Staaten weiterleben, oder aber etwas völlig anderes machen, sei es in einen Dritt-Welt-Slum zu ziehen oder in die Wildnis wie z.B. die Antarktis. Sich dann für eine Besiedelung des Marses zu entscheiden, zeugt von einem gerüttelt Maß an Arroganz.