Also mal vorneweg: "trotz einiger Fehlschläge in den letzten Jahren sehr zuverlässig" ist irgendwie eine interessante Definition von Zuverlässigkeit
Aber im Ernst: es geht ja nicht darum, dass sie Sojus buchen, weil sie nicht zuverlässig ist (warum sollten sie) sondern weil es der günstigste Träger ist, an den sie rankommen. Für OneWeb gibt es eigentlich nur zwei Kriterien, nach denen sie Träger bewerten: Startpreis pro Sat und Zeitabstand zwischen Buchung und Starttermin. Sowas wie Zuverlässigkeit, Versicherungskosten oder Serviceleistungen ist einfach nicht interessant.
Logischerweise bucht OneWeb auch nur Starts aus Russland und nicht Kourou, denn sie wollen nicht in einen äquatorialen Orbit. Es gibt also kein relevantes Nutzlastplus, der Start von Kourou ist aber deutlich teurer.
Der Fokus der Ariane 6 Entwicklung liegt auf Optimierung der A6-4 auf GTO Starts. Das definiert die Bedingungen und daraus baut man dann die A6-2 zusammen. Dadurch ist es klar, dass man die A6-2 nicht kompetetiv auf dem kommerziellen Markt einsetzen kann, aber man bietet eben den europäischen Institutionen endlich einen Mittelklasse-Träger. Denn die zahlen lieber 80 Mio. an die eigene Industrie, anstatt 60 Mio an die russische. Nicht (nur) zur Subvention der eigenen Industrie, sondern, weil es insgesamt für die Staaten günstiger ist.
Es ist also kein Patzer (in dem Sinn, dass man es versucht, aber nicht geschafft hat), dass man auch nach 2020 keinen signifikanten Anteil der OneWeb Starts (und Starts mit ähnlichem Design) bekommen wird, sondern man hat sich einfach für ein anderes, risikoärmeres Marktsegment entschieden. Man könnte also höchstens die grundlegende Auslegung als Patzer bezeichen. Aber:
GEO-Sats wird man auch in 20 Jahren noch starten und hier hat Kourou standortbedingt deutliche Vorteile gegenüber allen anderen Startplätzen. Denn die geringere Inklination bedeutet nicht nur höhere Nutzlast, sondern auch eine kürzere LEOP-Phase. Und das wird in Zukunft noch wichtiger, denn es werden immer mehr SEP-angetriebene Sats gebaut, sodass man durch die niedrigere Inklination mehrere Wochen früher im Zielorbit ist. Das wird den Betreibern sicher die eine oder andere Million wert sein.
Warum sollte man dann also seinen neuen Träger auf das Megakonstellationen-Segment optimieren, einem Segment, in dem man nicht den Standortvorteil nutzen kann (aber der Nachteil der höheren Infrastrukturkosten behält) und dessen Zukunft noch völlig in den Sternen steht?
Ich sehe da keinen Patzer, höchstens eine eher konservative Grundhaltung, zu der aber auch ein staatlich finanziertes Unternehmen gezwungen ist!