Kosmodrom Wostotschny

  • 1916 Antworten
  • 770438 Aufrufe
*

Online Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1100 am: 16. Mai 2016, 17:18:36 »
Heißt das, dass das Lärm-Unterdrückungs-System effektiv den Startschub der Rakete erhöht? Das war mir bisher nicht bewußt, ich dachte, es geht nur darum, Rakete, Nutzlast und Startanlage vor dem Lärm zu schützen.

viele Grüße
Steffen

Hallo Steffen,

so ist das wohl nicht zu verstehen. Das Wasser dämpft die kinetische Bewegung der ausströmenden Gase. Die Gase (nachdem sie an der Rakete gearbeitet haben), geben ihre Energie in Teilen an das Wasser ab ... so das dahinter alles "gedämpft" (langsamer) raus kommt.
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

*

Offline HausD

  • *****
  • 13753
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1101 am: 16. Mai 2016, 17:28:56 »
Hallo Steffen, hallo McPhönix
Heißt das, dass das Lärm-Unterdrückungs-System effektiv den Startschub der Rakete erhöht? ...
Erhöht, nein - verringert die durch ins Freifeld abgegebene Leistung und das verbessert die "Energieausbeute" der Triebwerke beim Start, wo ja das meiste "angehoben" werden muss.

Man bringt auch bei STS eine "reflektierende" Grenzschicht Luft | Wasser um die Triebwerke ein und verhindert damit (wellenwiderstandsmäßig) Verluste der Triebwerksleistung.

Gruß, HausD

*

Online Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1102 am: 16. Mai 2016, 18:59:32 »
Die Aussage verwundert mich jetzt etwas. Aber vielleicht verstehe ich da etwas falsch. Durch konstruktive Maßnahmen an der Startanlage soll die Effizienz der Rakete steigen?
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

*

Offline HausD

  • *****
  • 13753
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1103 am: 16. Mai 2016, 20:06:26 »
Die Aussage verwundert mich jetzt etwas. Aber vielleicht verstehe ich da etwas falsch. Durch konstruktive Maßnahmen an der Startanlage soll die Effizienz der Rakete steigen?
Nein, ... eben nur weniger Verlust auftreten, als wenn man kein SSS verwendet.

Gruß, HausD

McPhönix

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1104 am: 16. Mai 2016, 20:15:20 »
Also eine echte Interaktion zwischen den Medien. Da täte mich mal eine Doku dazu interessieren. Ich vermute allerdings, daß das als "sicher nicht so interessant fürs Publikum" nirgend offen liegt.

*

Online James

  • Portal Redakteur
  • *****
  • 3368
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1105 am: 16. Mai 2016, 20:29:37 »
... und das verbessert die "Energieausbeute" der Triebwerke beim Start ...
Die nutzbringende Wechselwirkung des Ausgestoßenen Triebwerksgases mit der Rakete hat doch schon stattgefunden.
Der immer noch beträchtliche Energiegehalt im Abgas sind für die Rakete so und so Verluste (oder ist das nicht im gesamten Umfang korrekt?).
Die will man doch schnellmöglichst auf ein "unschädliches" Niveau dämpfen und vom Startplatz entfernen.
Nein, ... eben nur weniger Verlust auftreten, als wenn man kein SSS verwendet.
Das SSS erhöht aber die Verluste des Abgasstrahls, weil Energie in die Wassermoleküle abgegeben wird.
Welche "Interaktion" soll hier noch auftreten?

*

Online Schillrich

  • Raumcon Berater
  • *****
  • 19601
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1106 am: 16. Mai 2016, 20:49:19 »
Ja, so muss es eigentlich sein. Für die Rakete hat die ganze Arbeit schon in den Düsen stattgefunden. Was außerhalb der Düsen noch "gearbeitet" wird, ist nicht mehr nutzbar  für die steigende Rakete, sondern gibt Energie in die Umgebung ab (wenn es eine "Rückwirkung" gäbe, wäre die auch bereits nach 10 Metern Klettern schon wieder wirkungslos.)
\\   //    Grüße
 \\ ///    Daniel

"We are following you ... but not on twitter." (Futurama)

*

Offline HausD

  • *****
  • 13753
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1107 am: 16. Mai 2016, 21:16:44 »
Die nutzbringende Wechselwirkung des Ausgestoßenen Triebwerksgases mit der Rakete hat doch schon stattgefunden.
Es geht um den Start und die erste Strecke über dem Starttisch, der Strecke, die ballistisch gesehen noch zur inneren Ballistik gehört.
Der Feuerschweif der Sojus ist beim Start immerhin doppelt so lang wie die Rakete selbst.
Zum Starttisch, dem Gaskanal und der Drainage gibt es vom Entwurfsbüro Barmin dokumentierte Untersuchungen, die im Buch "Technologische Objekte der Erdgebundenen Struktur - Buch 1" (in Russisch) niedergelegt sind. 

Ich will nochmal versuchen klarzustellen, dass es nicht darum geht, dass die Rakete plötzlich mehr Leistung hätte, sondern darum, den Startplatz und seine Ausstattung so zu optimieren, dass beim Start und unmittelbar danach möglichst wenig Verluste entstehen. 

Gruß, HausD

Offline bluemchen

  • *****
  • 529
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1108 am: 16. Mai 2016, 21:28:54 »
Guten Abend,

ich weiß nicht, ob ich aus dem Mustopf komme:

---> Ein "Sojus-Selfie" vom Erststart

Unglaublich von Roskosmos und eine echte Pfingstüberraschung - digital machts möglich. Onbord war ja angekündigt, nur im Livestream davon nix zu sehen ...
GlÜCKWUNSCH nachträglich
R.

Offline Hugo

  • *****
  • 5174
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1109 am: 16. Mai 2016, 21:35:52 »
Der Rakete bringt es keinen Vorteil, wenn der Abgasstrahl auf Wasser trifft. Die Arbeit verrichtet ja nicht der Abgasstrahl oder der Feuerschweif welchen man sieht. Die arbeit wird in den Schubdüsen verrichtet. Hier baut sich der Druck ab und die Rakete wird nach oben gedrückt. Sobald das Abgas die Schubdüsen verlassen, entfaltet sich deren Druck schlagartig und es gibt keinen Nutzen mehr für die Rakete.

Aber es könnte Beschädigungen am Starttisch geben. Auch könnten sich Schallwellen am Starttisch reflektieren und zurück in die Rakete gehen und dort Schaden anrichten.

Das Onboard-Video ist nett. Muss sich eigentlich jede Rakete die dort startet um 180° drehen? Oder nur die, welche die gleiche Umlaufbahn erreichen wollen?

McPhönix

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1110 am: 16. Mai 2016, 22:36:10 »
Zitat
Zum Starttisch, dem Gaskanal und der Drainage gibt es vom Entwurfsbüro Barmin dokumentierte Untersuchungen, die im Buch "Technologische Objekte der Erdgebundenen Struktur - Buch 1" (in Russisch) niedergelegt sind. 
Ja sowas wär interessant. Aber das in Russisch zu verstehen, versuch ich garnicht erst.
Begnüge mich vorerst damit, daß die Sojus so kernig ist, daß sie alles aushält. Trocken :)

Ldf

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1111 am: 17. Mai 2016, 10:23:46 »
Der Bau der Sojus - Startrampe in Kourou, die hauptsächlich von westlichem Management (also teureren Leuten) gemanagt wurde soll lt. dem sehr gut informiertem Anatoly Zak (Russianspaceweb) etwa 1,5 Mrd EUR für den Startplatz und die Brennstofffabrik – (Sauerstoff-Herstellung) gekostet haben. Ein Drittel weniger, als das, was bisher in Wostochny steht, aber zu westlichen Stundensätzen, die ein Mehrfaches über den russischen liegen.

Es gab keinerlei Wettbewerb - das einzige Gebot zum Bau kam von Tsenki.

Wenn man dann weiß, daß sich Vizepremier Ragozin persönlich kümmert, kann man vermuten, daß die offensichtliche Mißwirtschaft staatlich sanktioniert war. Der Herr hat also lediglich die Effizienz dieser Maschinerie überwacht.

Die Begründungen für den Bau sind ebenfalls absurd:

1
Lt Statement von Roskosmos eine angebliche Entlastung (sic), nicht etwa Ersatz von Baikonur, das keineswegs ausgelastet ist.

2
10.000 km Transportweg für die Trägerraketen vom Hersteller quer durch Sibirien.

3
Die Unmöglichkeit die Bahn der ISS direkt zu erreichen, Das Kosmodrom
liegt nördlich von 51,6°, was einen dog leg erforderlich macht und die Nutzlast zusätzlich reduziert.

4
Die Unmöglichkeit bemannte Sojus-Starts auszuführen, da Sojus nicht an einem voraus mehr oder weniger lokalisiertem Gebiet im Ozean wassern kann. Ein Startabbruch wäre also ein Himmelfahrtskommando für die Crew. Bevor Hilfe kommt, ist die Kapsel versunken. Die Sicht der NASA bestätigt diese Bedenken.

5
Das Fehlen  eines Schwerlastflughafens vor Ort.

Das ganze Projekt kann man also mit dem Bau einer Brücke entlang eines Flusses vergleichen. Ein wichtiges Merkmal von staatlich organisierter Korruption. Das zweite Merkmal ist die never ending story. Ein abgeschlossenes Projekt ist für Korruption nämlich uninteressant.

Wilga35

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1112 am: 17. Mai 2016, 16:08:14 »

Die Begründungen für den Bau sind ebenfalls absurd:


Eigentlich sprechen aber doch alle fünf Punkte gegen den Bau, und nicht dafür. Oder habe ich hier was falsch verstanden?


4
Die Unmöglichkeit bemannte Sojus-Starts auszuführen, da Sojus nicht an einem voraus mehr oder weniger lokalisiertem Gebiet im Ozean wassern kann. Ein Startabbruch wäre also ein Himmelfahrtskommando für die Crew. Bevor Hilfe kommt, ist die Kapsel versunken. Die Sicht der NASA bestätigt diese Bedenken.


Warum eigentlich soll eine Kapsel, die im Vakuum hermetisch dicht ist, im Wasser plötzlich undicht sein und untergehen? Immerhin gehört ja auch das Wasserungstraining zur Kosmonautenausbildung, und da sind die Trainingskapseln absolut schwimmfähig. Das dürfte bei einer richtigen Sojus-Kapsel nicht anders sein.
Reelle Sojus-Landungen im Wasser nach Raummissionen hat es ja bereits ein paar gegeben: Sojus-23 im Tengissee sowie Sond-5 und Sond-8 (Sojus-Kapseln des Mondprogramms 7K-L1) im Indischen Ozean. Die beiden Sond-Kapseln mussten mehrere Stunden lang schwimmfähig bleiben, was auch der Fall war, erst dann waren sowjetische Schiffe vor Ort.

jakda

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1113 am: 17. Mai 2016, 18:54:48 »
@Wilga35
Schau dir die Posts von Ldf an, z.B. auch in "neue Verträge".
Jede Antwort wäre vergebene Mühe...

Offline bluemchen

  • *****
  • 529
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1114 am: 17. Mai 2016, 22:35:55 »
@Wilga35
Jede Antwort wäre vergebene Mühe...
Warum?
Ich möchte dazu mal meinen bescheidenen Senf hinzu geben: Wilga stellt schon berechtigte Fragen zum Post von Ldf
Ich sehe folgendes:
- In die geopolitischen Entscheidungen ist Westeuropa nicht eingebunden, warum auch. Ob das nun manchem gefällt oder nicht.
- Die ISS wird voraussichtlich weniger als 10 Jahre noch in Betrieb sein, dafür also ist W. nicht gebaut. Wenngleich die Option besteht, nach 2021 mit "Federazija" Bemannt von dort zu starten.
- Der Endausbau von W. dürfte nach Ende der ISS zu erwarten sein.
- Auch in Wostotschny steht weniger die "Entlastung" von B. im Focus als der unabhängige Zugang zum All .
Diese Punkte in der Negativbilanz von Ldf fallen schon mal weg. Die Proton verbleibt sowieso in B. solange es sie noch gibt, und das wird solange sein, bis die schwere Angara verfügbar ist. Damit bleibt B. weiterhin unverzichtbar. War doch klar gesagt.
- Zur Infrastruktur -schwerer Landeplatz-  ist doch auch noch lange nicht alles gesagt.

Zur derzeitigen Kapsel - Frage Wilga- : Die ist nun mal für die Land-Landung konzipiert, was nicht heißt, das sie nicht Wassern könnte. Aber das Lebenserhaltungssystem wird nun mal mit der Gerätesektion abgetrennt und danach muß nach einem definierten Zeitraum die Enthermetisierung erfolgen. Das dürfte das Problem sein. Danach gibt es die Federazija, die ist anders konzipiert.
Soweit
R.

jakda

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1115 am: 18. Mai 2016, 08:13:39 »
In Wostotschny haben die Vorbereitungsarbeiten für den Startplatz ANGARA begonnen.
ROGOSIN hat vor ein paar Tagen festgelegt, den eigentlichen Baubeginn erst nach Vorlage der kompletten
Unterlagen zu genehmigen.
Der "Erststart" einer ANGARA ist für 2021, der erste bemannte ANGARA-Start für 2023 geplant.
Der ANGARA-Startplatz gehört, wie auch der SOJUS-Startplatz, zum SK-1 (Start-Komplex 1 - Rus.: CK-1).
Am SK-1 soll weiter Nord-Westlich noch ein weiterer Startplatz gebaut werden - für einen mittleren Träger, wahrscheinlich PHOENIX.
Auf Drängen von KOMAROW, Chef ROSKOSMOS, ist die Finanzierung, und damit Entwicklung, auf 2017 vorgezogen worden.
Die Tests sollen 2025 abgeschlossen sein.

In W. sind noch 2 weitere SK geplant. SK-2 etwa 25 km nord-westlich, Dazwischen SK-3.
Zu jedem SK ist immer ein Vorbereitungskomplex für die Träger und Sats vorgesehen.

Etwa 20 km westlich von SK-1 liegt der Flughafen.
« Letzte Änderung: 18. Mai 2016, 11:58:50 von jakda »

Wilga35

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1116 am: 18. Mai 2016, 09:34:03 »

Zur derzeitigen Kapsel - Frage Wilga- : Die ist nun mal für die Land-Landung konzipiert, was nicht heißt, das sie nicht Wassern könnte. Aber das Lebenserhaltungssystem wird nun mal mit der Gerätesektion abgetrennt und danach muß nach einem definierten Zeitraum die Enthermetisierung erfolgen. Das dürfte das Problem sein. Danach gibt es die Federazija, die ist anders konzipiert.
Soweit
R.

Mir ging es eigentlich bei meinem Post nur darum klarzustellen, dass eine Sojus-Kapsel durchaus schwimmfähig ist. Das wohl von Wostotschny nie ein Sojus-Raumschiff starten wird und somit eine Sojus-Landung im Ozean so gut wie ausgeschlossen ist, steht auf einem anderen Blatt.
Die durchaus interessante Frage zu den Reserven des Kapsel-Lebenserhaltungssystems im Allgemeinen und der damit im Zusammenhang stehenden Wasserung von Sojus-23 im Tengissee im Besonderen sollte aber nicht hier, sondern besser im vorhandenen Sojus-Tread diskutiert werden.

Viele nette Grüße,  Wilga35

Offline bluemchen

  • *****
  • 529
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1117 am: 18. Mai 2016, 14:06:47 »
Ja, das ist schon klar, Wilga35, darin sind wir uns gewiß einig.

Erforderlicher Nachsatz: Auf die verqueren Thesen von Ldf lohnt es wirkllch nicht, sich darauf einzulassen. Hatte ich nicht bedacht und begründe es nachträglich noch mit seinem Bau(kosten)vergleich Kourou mit Wost. ---> in Geographie vermutlich nicht ganz aufgepasst  :)
R.

Hape1238

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1118 am: 18. Mai 2016, 14:44:14 »
Zitat
Auf die verqueren Thesen von Ldf lohnt es wirkllch nicht, sich darauf einzulassen. Hatte ich nicht bedacht und begründe es nachträglich noch mit seinem Bau(kosten)vergleich Kourou mit Wost. ---> in Geographie vermutlich nicht ganz aufgepasst
Na, na. So "verquer" ist der Beitrag nicht. Und natürlich kann man die Baukosten vergleichen.
Ich frage mich immer noch, warum man ein Kosmodrom in die Taiga klatscht, wenn man Baikonur bis 2050 vertraglich gesichert hat.
Aber ist O.k. es ist nicht unser Geld...

Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1119 am: 18. Mai 2016, 16:17:26 »

Ich frage mich immer noch, warum man ein Kosmodrom in die Taiga klatscht, wenn man Baikonur bis 2050 vertraglich gesichert hat.
Aber ist O.k. es ist nicht unser Geld...

Gesicherter Zugang zum All auf eigenem Gebiet. Dazu kommt noch, dass für die neuen Träger ohnehin neue Startanlagen gebaut werden müssen.
„Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben. Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“ K. E. Ziolkowski

-

Stolzer Träger einer Raumconverwarnung wegen Schreibens unbequemer Wahrheiten.

Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1120 am: 18. Mai 2016, 19:57:05 »
Hallo,

Zitat Major Tom: "Dazu kommt noch, dass für die neuen Träger ohnehin neue Startanlagen gebaut werden müssen."

Dein Argument ist nur teilweise stimmig, für Wostotschny wurde vor allem die schon fertig entwickelte und endlich nach Jahren auch akzeptierte Serienausführung der Sojus-2 nochmals überarbeitet, um den klimatischen Besonderheiten des Startgebietes zu entsprechen. Also eine sichere, neue Ausführung wurde neuerlich komplex überarbeitet. Das die dafür dort errichtete Startanlage bedeutende Verbesserungen gegenüber Baikonur und Plesetzk hat, ist aber unstrittig. Allerdings sehe ich noch nicht eine ordentliche Startrate, die eine solche immense Geldausgabe rechtfertigen. Kourou lässt grüßen, dort 14 Starts bis heute in 4,5 Jahren. Ob sich das wirklich rechnet?
Die R-7 wird Ende des Jahres 60 Jahre (1956 waren die ersten in der Endphase der Fertigung und begannen schon Bodentests).








10 oder 15 ? Jahre noch, dann ist die Rakete sicher Geschichte.
"Die Gedanken sind frei" -Hoffmann von Fallersleben, 1842-

Offline bluemchen

  • *****
  • 529
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1121 am: 18. Mai 2016, 22:30:11 »
Einen guten Abend alle

Es ist erfreulich, wie sich jeder "seine" Gedanken zum Thema macht. Dennoch meine ich - ohne in eine russische Gefühlswelt eindringen zu können - zu versuchen, außerhalb des westeuropäischen Denkens die Dinge halbwegs zu ordnen.
Für die Russen ist es - wie Major Tom das richtig in den Mittelpunkt rückt -  von immenser Wichtigkeit, gar Schlüsselfrage, den Zugang zum All vom eigenen Territorium zu haben.
Klar gibt es die Verträge mit Astana, aber auch hier ist man vom gewissen "Goodwill" nicht unabhängig und auch hier kann es ungewiss sein, wie sich eine geopolitisch andere Lage einstellen könnte. Das Baikonur wird doch nie in Frage gestellt, es bleibt derzeit unverzichtbar wie ob. schon erwähnt für die nächsten -zig Jahre .
Auf der anderen Seite, was sind denn 10 Jahre in einem Baugeschehen wie dort. HausD hat doch ausführlich dokumentiert. Hier muß man strategisch weit voraus denken. (An den BER will ich dabei gar nicht denken :'( )
Will sagen, Kleinkariert geht gar nicht.

Noch was zur R-7:
60 Jahre wird nicht jeder -Koroljow sei Dank- und außerdem die Nachdenkfrage: Gäbe es die ISS heute noch ohne die R-7 Nachfolger?
Die Antwort hatte mich selbst erstaunt, da so einfach wie verblüffend... ;)
Viele Grüße
R.

*

Offline -eumel-

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 15218
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1122 am: 19. Mai 2016, 00:33:12 »
- ohne in eine russische Gefühlswelt eindringen zu können -

Das ist schwierig - zumal die Russen gerne Dinge tun, die andere nicht verstehen. ;)
Vom eigenen Territorium zu starten, scheint wohl das einzige echte Argument für einen neuen Startplatz zu sein.
Sie hätten ja auch auf die Idee kommen können, Baikonur gehöre zu Russland und es einfach okkupieren können, wie die Krim.
Immerhin haben sie Baikonur aufgebaut und finanziert.
Sonst sind sie ja auch nicht gerade zimperlich, wenn sie etwas haben wollen - ob andere das nun verstehen, oder nicht.

Vielleicht wollten sie einfach mal wieder was Großes bauen und haben vor lauter Euphorie und Tatendrang nicht alle Einzelheiten bedacht?
Wenn angeordnet ist, wird ausgeführt und nicht nachgedacht.
Ohne Zweifel eine große Leistung, ein solches Projekt mit der dazugehörigen Infrastruktur so weit entfernt in die Wildnis zu bauen.

Die Russen leisten einen großartigen Beitrag auf der ISS - besonders beim zuverlässigen Mannschaftsaustausch und der Ausbildung der Raumfahrer.
Wenn es zur Zeit auf anderen Gebieten nicht so gut läuft, bei der Raumfahrt ist die internationale Zusammenarbeit vorbildlich.
Das kann man gar nicht genug würdigen und man sollte alles tun, damit das so bleibt.

Wenn aber Wostotschny die Orbits der internationalen Zusammenarbeit (wie die der ISS) nicht, oder nur schwierig bedienen kann, könnte man besorgt sein, dass sie sich dadurch weiter ausgrenzen.
Wir sollten optimistisch bleiben und abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.
Zumindest zeigt uns der große Aufwand, den sie in Wostotschny betrieben haben, dass ihnen Raumfahrt wichtig ist.

McPhönix

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1123 am: 19. Mai 2016, 00:39:30 »
Ist es völlig ausgeschlossen, daß man auch plant/hofft, die ganze Region und weit drum herum  dort zu beleben, Leute dorthin zu bekommen, zu einem Industriestandort zu entwickeln (auch um mal Raketen vor Ort zu bauen) und nicht zuletzt eine gewisse Machtballung dort zu haben ?
Ich denk mal, auch die Russen können langfristig planen.

Wilga35

  • Gast
Re: Kosmodrom Wostotschny
« Antwort #1124 am: 19. Mai 2016, 08:50:17 »
Wenn aber Wostotschny die Orbits der internationalen Zusammenarbeit (wie die der ISS) nicht, oder nur schwierig bedienen kann, könnte man besorgt sein, dass sie sich dadurch weiter ausgrenzen.
Ist dem aber tatsächlich so? Nach der folgenden Quelle sind von Wostotschny aus Inklinationen zwischen 50 und 110 Grad erreichbar.

http://www.astronautix.com/sites/voschniy.htm

Nach der gleichen Quelle hat der Sojus-Startplatz die geografischen Koordinaten 51,8053 Grad Nord und 128,2333 Grad Ost, also nur 0,2 Grad nördlicher als die Inklination der ISS. Den ISS-Orbit zu erreichen dürfte demnach kein Problem sein.
Allerdings sind ja von Wostotschny aus ohnehin keine bemannten Sojus-Flüge geplant, und daran dürfte sich auch nichts ändern. Für unbemannte Progress-Flüge könnte aber Wostotschny eventuell doch eine Option sein, falls es bei der Nutzung von Baikonur mal zu Schwierigkeiten kommen sollte. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist allerdings nicht sehr groß, sodass ich kaum glaube, dass es dazu kommen könnte.