Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie

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Führerschein

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #700 am: 17. September 2013, 17:57:18 »
Bei NSF haben sie ausgerechnet, daß so eine Stufe - senkrecht natürlich - eine terminale Fallgeschwindigkeit auf Seehöhe von unter 400, eher 300km/h annimmt. Man darf nicht vergessen, sie ist leicht, da fast leer. Querstellen will man sie nicht, dann bricht sie auseinander.

Das sind Geschwindigkeiten, die ein Formel 1-Auto mit Carbon-Scheibenbremsen in kürzester Zeit so weit reduziert, daß sie eine Haarnadelkurve fahren können. OK das ist leicht übertrieben, die bremsen nur vielleicht 200km/h weg und die Funktion ist quadratisch, aber trotzdem, das ist für ein Merlin-Triebwerk fast nichts. Und auch die G-Kräfte bleiben in Grenzen, die im Bereich der Startbeschleunigung liegen, also nichts, was die Zelle mehr belastet als das, was sie beim Start auch aushalten muß. Und da mit der Last der zweiten Stufe und der Nutzlast obendrauf.

Was man hinkriegen muß, ist Geschwindigkeit Null bei Höhe Null. Schweben geht nicht, dafür ist das Triebwerk zu stark für das Gewicht.

Aus dem gleichen Grund ist der Treibstoffbedarf einer Dragon-Kapsel für Triebwerkslandung ebenfalls gering, auch ohne Fallschirm.

Man muß allerdings auf das Triebwerk vertrauen. Bei der Dragon-Kapsel kein Problem, es gibt 8 und man braucht vielleicht nur zwei.

Wenn so eine Erststufe ungebremst runterkommt, muß man wohl ein neues Beton-Pad gießen. Aber da sie leer ist bleibt der Schaden in der Umgebung begrenzt.

Nachtrag: Ich weiß, das mit der geringen terminalen Geschwindigkeit ist nicht unbedingt intuitiv, ich wollte es im ersten Moment auch nicht glauben. Aber selbst ein Meteorit hat beim Einschlag nicht mehr annähernd Schallgeschwindigkeit (~1000km/h) und der ist massiv. Eine Raketenstufe ist im Vergleich federleicht und wird entsprechend abgebremst.

runner02

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #701 am: 17. September 2013, 18:11:26 »
Zitat
Ja genau. Ich finde eine Erststufe, die extrem viel Treibstoffreserven hat, nur um sich selbst einschließlich eines stabilen (!) Landemechanismus wieder runterzubringen, schlichtweg finanziell nicht zu stemmen.

Treibstoff macht doch nur einen geringen Teil ders Preises aus. Fast schon vernachlässigbar.

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Online MX87

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #702 am: 17. September 2013, 18:30:52 »
Das mit der geringen Testzeit ist ein Gerücht. Die Aussage basiert darauf, daß SpaceX für einen bestimmten Test, den Qualifikationstest, eine bestimmte Testzeit angegeben hat. Die Triebwerke als Typ haben aber eine viel längere Testzeit hinter sich. Gwynne Shotwell hat mal bei einer Gelegenheit gesagt, daß sie ein einzelnes Triebwerk, allerdings noch ein Merlin 1C insgesamt 5000 Sekunden getestet haben, mit geringfügiger Aufarbeitung. Das sind eine Stunde 38 Minuten. Das Merlin 1D ist aber auf viel längere Lebensdauer ausgelegt worden.

Mag sein, daß Merlin insgesamt trotzdem weniger getestet wurde als das Vulcain, aber es ist eben von vorneherein auf Robustheit und Einfachheit ausgelegt. Wenn es funktioniert, muß man nicht unbegrenzt weiter testen.
Viel mehr getestet wird aber bei der Qualifikation der Stufe. Seit den Saturn wurden außer von SpaceX keine ganzen Erststufen mehr getestet. Und sogar die Produktionsstufen werden bis jetzt alle einem Acceptance Test unterzogen. Auch das ist einmalig.
Da bei jedem dieser Tests 10 Triebwerke laufen, Erst- und Zweitstufe, summiert sich die Testzeit des Triebwerkstyps schnell auf sehr hohe Werte.

Deinen Post sollte man den Kritikern die immer wieder auf dem Argument "Die Blöden bei SpaceX testen nicht / kaum." rumreiten schriftlich und eingerahmt zum an die Wand hängen zustellen  ;) Danke!  :)

Ist der Hauptgrund wieso ich auf so manche Beiträge der "Opposition" nicht mehr antworte: Der Fakt wird einfach ignoriert. Wie soll man da gepflegt diskutieren können?

Genug lamentiert  ;)

Also womit will man atmosphärisch bremsen?

Mit den Verkleidungen der Landebeine. Diese wirken beim langsamen Ausfahren wie eine Luftbremse und Stabilisator zugleich.

Prototyp-Bein bei Spacex:
http://www.spacex.com/news/2013/03/26/landing-leg
http://rocketry.wordpress.com/2013/05/03/could-these-be-the-future-falcon-9-legs/

In dem nicht mehr wirklich frischen Animations-Video wird das Abbremsen per Landebein / Luftbremse auch gezeigt:
ws
"Whoopie! Man, that may have been a small one for Neil, but that's a long one for me."

LOXRP1

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #703 am: 17. September 2013, 18:46:15 »
Also womit will man atmosphärisch bremsen?

Mit den Verkleidungen der Landebeine. Diese wirken beim langsamen Ausfahren wie eine Luftbremse und Stabilisator zugleich.

Prototyp-Bein bei Spacex:
http://www.spacex.com/news/2013/03/26/landing-leg
http://rocketry.wordpress.com/2013/05/03/could-these-be-the-future-falcon-9-legs/

In dem nicht mehr wirklich frischen Animations-Video wird das Abbremsen per Landebein / Luftbremse auch gezeigt:
ws

Man muss auch beachten, dass die Verkleidung bzw. die Landebeine größer ausfallen als in der Animation.



McFire

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #704 am: 17. September 2013, 22:10:06 »
Hmmm - sollte das doch klappen? Fast habt ihr mich überzeugt.
Und - toll wär so ein Anblick schon - eine Stufe, die nicht nur Demo ist und sauber runterkommt.
Da könnte man so langsam mal von Raumfahrt reden...
Nee, hat nix mit SF-Fan zu tun. Sondern mit  - ja ok - Schönheit der Technik.
Doof wa??? :D

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Offline muzker

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #705 am: 17. September 2013, 22:15:38 »
Ich frage mich noch immer, ob man wieder auf der selben Stelle landen will, wo man auch gestartet ist. Das wäre ja totale Energievergeudung. Wäre doch viel Sinnvoller bei einem Start von Mexico dann z.B. an der Ostküste zu landen oder? ;-) Weiß da jemand was genaueres ? ;-)
Der Weltraum - unendliche Weiten
Grüße vom Muzker

Führerschein

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #706 am: 17. September 2013, 22:50:47 »
Ich frage mich noch immer, ob man wieder auf der selben Stelle landen will, wo man auch gestartet ist. Das wäre ja totale Energievergeudung. Wäre doch viel Sinnvoller bei einem Start von Mexico dann z.B. an der Ostküste zu landen oder? ;-) Weiß da jemand was genaueres ? ;-)

Elon Musk hat sich da ganz unzweideutig ausgedrückt. Ziel ist Rückkehr zum Startplatz und schnellstmöglicher Wiederstart. So ist es für Falcon 9 R geplant, nur so schnell wird der nächste Flug wohl nicht stattfinden. Cassiope allerdings noch nicht. Die soll entlang ihrer Parabelbahn fliegen und durch eine Bremsung den Wiedereintritt so gut überstehen, daß die Landebremsung noch gemacht werden kann. Energetisch ist das ein Nachteil. Andererseits bräuchte man für eine Landung "downrange" (so wird das genannt) auch die richtigen Wetterbedingungen am Landeplatz, nicht nur am Startplatz. Für die Falcon Heavy-Booster soll es auch so sein. Bei denen ist es besonders einfach, weil sie früh ihre Aufgabe erfüllt haben und noch langsam sind.

Um den Rückflug einfacher zu machen, wählt man auch eine andere Start-Flugbahn. Steiler als optimal für Wegwerfraketen, so daß der Rückflug weniger Energie verbraucht. Dafür muß die zweite Stufe dann keine große Steigleistung mehr erbringen, aber mehr horizontale Geschwindigkeit produzieren.

Ein großes Problem ist es aber für die Core-Stufe der Heavy. Die ist schnell und hoch und weit weg. Rückflug ist da ineffizient. Elon hat mal gesagt, daß dafür eine Landung downrange denkbar wäre. Z.B. Start in Texas, Brownsville, und Landung in den Florida Keys, nicht auf dem Festland. Da ist aber noch gar nichts fix.

P.S. Vor einer Weile hat die US-Airforce mal ein Programm vorgestellt, bei dem die Erststufe mit Tragflächen zurückfliegen sollte. Die sprachen tatsächlich von mehereren Flügen ihrer wiederverwendbaren Stufe -  PRO TAG. Das Programm wurde aber schnell wieder eingestellt.

Führerschein

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #707 am: 17. September 2013, 23:19:00 »
Hmmm - sollte das doch klappen? Fast habt ihr mich überzeugt.
Und - toll wär so ein Anblick schon - eine Stufe, die nicht nur Demo ist und sauber runterkommt.
Da könnte man so langsam mal von Raumfahrt reden...
Nee, hat nix mit SF-Fan zu tun. Sondern mit  - ja ok - Schönheit der Technik.
Doof wa??? :D

Auch als großer Fan von SpaceX übersehe ich nicht die Probleme dabei. Grasshopper hat noch keine realistische Landung gemacht, nur die Kontrollsoftware und Kontrolle durch schwenkendes Triebwerk getestet. Die echte Landung wird so aussehen, daß die Stufe aus vielleicht 30km Höhe frei fällt. Und vielleicht 6-8 Sekunden vor der Landung wird dann das Triebwerk gezündet. Spielraum für Fehler bleibt da nicht. Das soll Grasshopper 2 testen und der Cassiope-Flug, wenn bis dahin alles klappt.

Auch der Wiedereintritt ist ein kritischer Punkt. Offenbar weiß man noch nicht so genau, wie viel man bremsen muß, damit die Stufe nicht überhitzt. Nicht zu wenig, sonst wird sie beschädigt, aber auch nicht mehr als nötig, weil es ja Treibstoff kostet.

Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #708 am: 18. September 2013, 12:45:51 »
...
Und vielleicht 6-8 Sekunden vor der Landung wird dann das Triebwerk gezündet. Spielraum für Fehler bleibt da nicht.
...
Vielleicht Schafen sie es bei diesem versuch in der Erdkruste einen Krater zu formen 8). Bei Grashopper1 haben sie alle Möglichkeiten ausgeschöpft ein Loch in der Erde zu hinterlassen.
Hat nicht geklappt. ;D

Ich hoffe aber das es funktioniert und wir schöne Bilder von der landenden Stufe sehen werden :).

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Offline Chewie

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #709 am: 21. September 2013, 16:57:49 »
Und wenns keine LOX/LH2 Stufe ist, bringts dreifache Umweltverschmutzung. Dreifach, weil 1x hoch und 1x runter, aber letzteres viel länger in diversen Luftschichten.

Bei der Umweltverschmutzung darf man bei der Wiederverwendung der ersten Stufe aber auch nicht vergessen, dass man die Stufe nicht mehr neu Produzieren muss. In der gesamt Umweltbilanz wird wohl, auch wenn etwas Teibstoff auf dem Weg nach unten Verbrannt wird, ein plus für die Umwelt heraus kommen. Außerdem Landet die Stufe nicht als Abfall im Meer.
« Letzte Änderung: 21. September 2013, 23:39:24 von Chewie »
"Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen." Niels Bohr

tonthomas

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #710 am: 22. September 2013, 08:47:34 »
Bei der Umweltverschmutzung darf man bei der Wiederverwendung der ersten Stufe aber auch nicht vergessen, dass man die Stufe nicht mehr neu Produzieren muss. In der gesamt Umweltbilanz wird wohl, auch wenn etwas Treibstoff auf dem Weg nach unten Verbrannt wird, ein plus für die Umwelt heraus kommen. ....
Danke für diesen Gedanken. Ist das Gegenteil eines als Abwrackprämie getarnten Konjunkturprogramms, das aus viel Nutzbarem, das mal produziert wurde, ganz schnell ganz viel Müll gemacht hat ...

Gruß   Pirx

runner02

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #711 am: 22. September 2013, 08:57:00 »
Bei der Umweltverschmutzung darf man bei der Wiederverwendung der ersten Stufe aber auch nicht vergessen, dass man die Stufe nicht mehr neu Produzieren muss. In der gesamt Umweltbilanz wird wohl, auch wenn etwas Treibstoff auf dem Weg nach unten Verbrannt wird, ein plus für die Umwelt heraus kommen. ....
Danke für diesen Gedanken. Ist das Gegenteil eines als Abwrackprämie getarnten Konjunkturprogramms, das aus viel Nutzbarem, das mal produziert wurde, ganz schnell ganz viel Müll gemacht hat ...


Gerade auch deswegen, weil Metalle nur sehr energieaufwändig erzeugt werden... Metalloxide haben sehr starke Bindungen, dafür muss viel Kohle in den Hochofen....

Interessant wäre das Verhältnis von Umweltverschmutzung (durch Transport & Verbrennung von Kerosin) / (Transport & Aufreinigung der Metalle aus Erz)

Führerschein

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #712 am: 28. September 2013, 08:39:13 »
Im Rahmen des Cassiope-Starts und des Wiedereintritts-Versuches wurde die ganze Rückkehr-Strategie bei NSF nochmal diskutiert.

Bisher bin ich immer davon ausgegangen, daß drei Triebwerkszündungen nötig sein würden.

1. Rückflug
2. Bremsung
3. Landung

Offenbar ist es aber so, daß aufgrund der Rückflugzündung die Stufe schon wesentlich langsamer runterkommt als auf der parabolischen Flugbahn ohne Zündung. Es scheint möglich, sogar wahrscheinlich, daß deshalb eine Bremszündung nicht nötig sein wird. Beim Cassiope-Flug ist es natürlich was anderes. Da gibt es noch keinen Rückflug, nur eine Bremszündung.

Das wäre natürlich eine wesentliche Vereinfachung der ganzen Prozedur.

Offline SirFalcon

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #713 am: 29. September 2013, 21:44:06 »
Um die "Wiederverwendungs-Infos" vom CASSIOPE -Flug hier noch mal zusammen zu fassen:

Zitat
Musk: Lower stage 3-engine relight went well, reentered. Single-engine relight went well, but exceeded roll control of ACS

despite that, we have all the pieces in place to accomplish recovery of stages in the future, "full and rapid reusability" of stage.

Zündung der 3 Triebwerke der ersten Stufe ging gut, Zündung des einzelnen Triebwerks ging gut aber "exceeded roll control of ACS" (keine Ahnung wie ich das stimmig übersetzen soll). Dennoch hat man für die Wiederverwendung alle Puzzlestücke beisammen ;)

EDIT: Es wurden "Teile" der ersten Stufe geborgen. (Beim Aufschlag zerborsten? Zündung funktionierte ja...)

Die Rotation überstieg das Steuerungsvermögen der Lageregelung. Der Treibstoff wurde an den Rand der Tankwand "zentrifugiert" und das Triebwerk wurde nicht ausreichend versorgt. Letzten Endes ist die Stufe angestürzt, aber da man weiß woran es lag, ist es ein Erfolg. Das nächste Mal klappt es, das Rollen bekommt man in den Griff.

Und noch etwas:
Bei den nächsten 2 Flügen der Falcon 9 1.1 wird keine Bergung versucht, um den Kunden die größtmögliche Leistung zu bieten.
Erst beim 4. Flug wird es wieder einen (gesteuerten) Wiedereintritt der 1. Stufe geben.

Führerschein

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #714 am: 30. September 2013, 08:29:00 »
Zitat
exceeded roll control of ACS

Roll ist das drehen der Stufe um die Längsachse.

ACS ist das "Attitude Control System", also die Kaltgasdüsen, mit denen die Lage der Stufe so kontrolliert werden sollte, daß eine Wiederzündung erfolgreich durchgeführt werden kann.

Die Drehung konnte nicht kontrolliert werden. Merkwürdigerweise taucht das Problem immer wieder auf. Schon bei Falcon 1, dann bei Falcon 9 1.0 und jetzt wieder bei 1. und 2. Stufe der 1.1.

Aber sie waren jedesmal in der Lage, das Problem zum nächsten Start zu lösen. Also Grund zum Optimismus, daß sie es auch diesmal wieder können. Sie sagten ja, sie haben die Telemetriedaten und wissen, was sie ändern müssen.

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Offline Schillrich

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #715 am: 30. September 2013, 08:38:14 »
Ich denke sie meinen nicht das Rollen um die Längsachse. Wahrscheinlicher (aus Sicht der Aerodynamik) ist ein Flachtrudeln, bzw. eine komplexere Rotation um zwei oder drei Körperachsen. Falls das zutrifft, ist das aber auch nicht "so einfach" zu lösen, zumindest wenn es sich erstmal aufgebaut hat. Das ist dann ein grundsätzliches Problem. Man müsste es frühzeitig und die ganze Zeit lang unterdrücken, was mehr Leistung des ACS erfordert.
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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #716 am: 30. September 2013, 09:51:23 »
Ich denke sie meinen nicht das Rollen um die Längsachse. Wahrscheinlicher (aus Sicht der Aerodynamik) ist ein Flachtrudeln, bzw. eine komplexere Rotation um zwei oder drei Körperachsen. Falls das zutrifft, ist das aber auch nicht "so einfach" zu lösen, zumindest wenn es sich erstmal aufgebaut hat. Das ist dann ein grundsätzliches Problem. Man müsste es frühzeitig und die ganze Zeit lang unterdrücken, was mehr Leistung des ACS erfordert.

Ich denke, roll ist genau definiert als Drehung um die Längsachse. Sonst wäre es taumeln und dann hätte die Stufe vor der letzten Bremszündung zerlegt.

*

Offline Schillrich

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #717 am: 30. September 2013, 09:57:48 »
Na schauen wir mal was die Videos/Daten zeigen werden. Ich sehe gerade nicht, wie sich eine (ausschließliche) Rotation um die Längsachse aufbauen soll. Das ist ein sehr unwahrscheinlicher Zustand.
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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #718 am: 30. September 2013, 10:05:15 »
Na schauen wir mal was die Videos/Daten zeigen werden. Ich sehe gerade nicht, wie sich eine (ausschließliche) Rotation um die Längsachse aufbauen soll. Das ist ein sehr unwahrscheinlicher Zustand.

Ja, die Videos sind angekündigt, wir können uns darauf freuen.

Ungesteuert ist Roll alleine sicher sehr unwahrscheinlich. Aber sie haben ja das ACS. Das war in der Lage, die Rakete stabil zu halten, aber in Richtung Roll reichte die Kapazität nicht aus, so stelle ich es mir vor.

Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #719 am: 30. September 2013, 11:33:57 »
Na schauen wir mal was die Videos/Daten zeigen werden. Ich sehe gerade nicht, wie sich eine (ausschließliche) Rotation um die Längsachse aufbauen soll. Das ist ein sehr unwahrscheinlicher Zustand.

Ich vermute eine Spinstabilisierung, die außer Kontrolle geraten ist.
„Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben. Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“ K. E. Ziolkowski

-

Stolzer Träger einer Raumconverwarnung wegen Schreibens unbequemer Wahrheiten.

Fabi485

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #720 am: 01. Oktober 2013, 13:24:59 »
Irgendwie enttäuschend, sicher die erste Stufe weich auf Land zu landen hat seinen Charme, inzwischen ist aber absehbar das die Sache rein finanziell kaum aufgehen wird.

Die Nutzlast soll um 30% abnehmen und die Kostenersparnis bestenfalls 25% betragen, vorausgesetzt es funktioniert alles so wie geplant.
Das lässt die Kosten pro kg sogar leicht ansteigen. Von einer echten Kostenersparnis um Größenordnungen wie sie von SpaceX immer propagiert wurde ist das weit entfernt.

Dazu kommt das bei Missionen in den GTO (wie beim nächsten Start mit SES-8) keine Landung der ersten Stufe möglich ist weil man die Performance wirklich braucht.
Und die meisten kommerziellen Satelliten gehen leider in den geostationären Orbit.

Von den anderen unrealistischen Wunschvorstellungen (weiche Landung der Oberstufe / etc.) hat man sich inzwischen wohl auch verabschiedet, und ich wurde niedergemacht als ich behauptet habe das diese Dinge nicht machbar sind.

Hoffentlich kriegen sie das Problem mit dem Rollen um die Längsachse schnell in den Griff. Vor allem bei der Oberstufe ist das gar nicht gut und kann zum Fehlschlag der Mission führen.

tonthomas

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #721 am: 01. Oktober 2013, 14:06:21 »
Ich vermute eine Spinstabilisierung, die außer Kontrolle geraten ist.
Das mag von speziellen Eigenheiten der Tankkonstruktion abhängen - vorstellen kann ich´s mir jetzt - also eine Spinstabilisierung - gerade für so eine große Stufe mit flüssigen Tankinhalten nicht.

Gruß   Pirx

Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #722 am: 01. Oktober 2013, 14:42:21 »
Das mag von speziellen Eigenheiten der Tankkonstruktion abhängen - vorstellen kann ich´s mir jetzt - also eine Spinstabilisierung - gerade für so eine große Stufe mit flüssigen Tankinhalten nicht.

Ja, das war nur eine Idee, von der bin ich wieder abgekommen. Wahrscheinlicher ist, daß die an der Rakete vorbeiströmende Luft beim Abstieg die Rotation ausgelöst hat. Die Stufe ist einfach nicht perfekt symmetrisch geformt. Das Stabilisierungssystem ist für den freien Fall wohl etwas zu schwach ausgelegt.
„Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber der Mensch kann nicht ewig in der Wiege bleiben. Das Sonnensystem wird unser Kindergarten.“ K. E. Ziolkowski

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Online MX87

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Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #723 am: 01. Oktober 2013, 15:20:13 »

Die Nutzlast soll um 30% abnehmen und die Kostenersparnis bestenfalls 25% betragen, vorausgesetzt es funktioniert alles so wie geplant.
Das lässt die Kosten pro kg sogar leicht ansteigen. Von einer echten Kostenersparnis um Größenordnungen wie sie von SpaceX immer propagiert wurde ist das weit entfernt.

25% ist m. W. ein Pi mal Daumen Wert meines Wissens, der darüber hinaus für die erste Zeit "gültig" ist. Mit steigender Erfahrung und Verbesserung dürfte der Preis sicherlich sinken. Allein nach der ersten intakten Landung wird man wieder ein Haufen Verbesserungspotential vorfinden, eben weil man die Stufe nach dem Flug untersuchen kann. Nach einigen Flügen merkt man auch, wo es nötig ist in aller Tiefe zu untersuchen und in welchem Grad das Flüggerät auseinander zu nehmen ist. Mittelfristig dürften die 25% nur ein Minimalwert sein, d.h. tatsächlich werden die Preise durch Erfahrung und Verbesserung fallen. Vor allem kann die Gewinnspanne bei der wiederverwendbaren Falcon sehr Hoch sein, wenn der Preis gleich bleibt. Selbst mit der "Wegwerf-Falcon" sind sie absolut konkurrenzfähig. Wirtschaftlich gesehen wäre es schlau in der ersten Zeit der Wiederverwendung diesen Kostenvorteil abzuschöpfen. Den Preis grob gleich lassen (kann mir nicht vorstellen, dass sie dann mehr verlangen), aber selber erheblich weniger Kosten haben.

Selbst die wiederverwendbare Falcon 9R wird nur eine begrenzte Lebenszeit haben. Wir wissen, dass SpaceX für das Nachfolgemodell einen Methan-Antrieb projektiert. Bekanntlich ist ein solcher Antrieb wesentlich "pflegeleichter" für das Thema Wiederverwendung. Dazu kommen mit Sicherheit noch weitere Verbesserungen.

Kurzfristig ist die Falcon 9 v.1.1 zum regelmäßigen Fliegen zu bringen die absolute Priorität. Die Rakete ist das Arbeitspferd, was Geld in die Kasse bringt. Von dem erwirtschafteten Gewinn und der Erfahrung werden mittelfristig Verbesserungen / Änderungen an der Rakete vorgenommen (Falcon 9 v.1.2 oder ähnliches). Langfristig muss aber mit einem konsequent als wiederverwendbares Vehikel konzipierter Nachfolger gerechnet werden. Spätestens da wird man sich den propagierten Werten annähern. Wie eine solche mögliche Falcon 9 v.2.0 aussieht dürfte interessant werden...

Wieso ich denke, dass dies so passieren wird / könnte?
SpaceX hat sich bisher nie mit dem vorhandenen zufrieden gegeben, wenn sich substantielles Verbesserungspotential auftat. Man ist dabei die Rakete wiederverwendbar zu machen und ich erwarte, dass auch hier das Produkt laufend verbessert wird. Der Erfahrungsvorsprung wird keine Lorbeeren darstellen auf die sich die Jungs ausruhen werden und Konkurrenten Zeit zum aufholen bieten. Er wird als Fundament für weitere Verbesserungen dienen.

Im übrigen: Die 25% könnten auch nur ein Bluff sein. Ich vermute ja ohnehin, dass die Kosten erheblich sinken. Entweder man fliegt - wie gesagt - die wiederverwendbare F9 mit höherer Gewinnspanne (gleiche Preise) oder man lässt zu einem späteren Zeitpunkt den wahren niedrigeren Preis aus dem Hut. DAS könnte ein Paukenschlag werden... man hat allen Grund die Mitbewerber (Arianespace, ULA) in relativer Sicherheit mit ihren jeweiligen Plänen zu wiegen.

Zitat
Dazu kommt das bei Missionen in den GTO (wie beim nächsten Start mit SES-8) keine Landung der ersten Stufe möglich ist weil man die Performance wirklich braucht.
Und die meisten kommerziellen Satelliten gehen leider in den geostationären Orbit.

Das ist wahr und wird sich mittelfristig wohl eher weniger ändern. Langfristig ist das für SpaceX sicherlich nicht hinnehmbar.

Zitat
Von den anderen unrealistischen Wunschvorstellungen (weiche Landung der Oberstufe / etc.) hat man sich inzwischen wohl auch verabschiedet, und ich wurde niedergemacht als ich behauptet habe das diese Dinge nicht machbar sind.

Die Erststufe hat Priorität, auch weil sie von der ganzen Rakete mit Abstand am meisten kostet. Wenn man die rückkehrende Erststufe gemeistert hat, wird man sich mit der Oberstufe beschäftigen (glaube das sagte Musk irgendwo auch ziemlich genau so). Die dürfte verhältnismäßig "ein Klacks" sein. Kritischer Punkt ist dort vor allem der Wiedereintritt.
"Whoopie! Man, that may have been a small one for Neil, but that's a long one for me."

Offline Kelvin

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  • 1707
Re: Wiederverwendbarkeit und Landefähigkeit der Falcon-Familie
« Antwort #724 am: 01. Oktober 2013, 15:50:41 »
.. inzwischen ist aber absehbar das die Sache rein finanziell kaum aufgehen wird....

In welchem Zeithorizont denn? Für mich ist nichts absehbar. Außer, daß es natürlich nicht einfach sein wird. Ich kann nur wiederholen, was hier schon öfter zu lesen war: Das ist eine für Deutschland heute leider typische Einstellung, welche technische Entwicklungen entscheidend hemmt. Wie kann man nur, ganz am Anfang einer technischen Entwicklung stehend, von "ist absehbar" sprechen. 

Ein Techniker denkt bei technischen Problemen daran, wie man sie lösen kann, sollte zuminest. Und Nichttechniker sollten ihn dabei unterstützen und nicht mit "das schaffst Du ja sowieso nicht" blockieren. Mit dieser Einstellung gäbe es heute eine ganze Menge bewährter Technologien nicht. 

Das ist die Kurzversion, in der Langversion hat es MX87 bereits sehr schön begründet. ;-)