Bei dem unterirdischen Ozean bin ich recht skeptisch. Davon gibt es mir einfach zu viele im äußeren Sonnensystem: Das ist mehr ein Standardmotiv von US-Planetologen auf der Suche nach der nächsten Projektfinanzierung, als dass ich solche Fantasien noch ernst nehmen könnte. Viel faszinierender finde ich Alan Sterns Anregung, dass Pluto hin und wieder Warmzeiten durchlaufen könnte, bei denen sich molekukarer Stickstoff an der Oberfläche verflüssigt: Ist es dann denkbar, dass das Sputnik Planum zu manchen Zeiten teilweise oder sogar zur Gänze aufgeschmolzen ist? Sollte man es nicht besser Sputnik Mare nennen?
Ich habe in der New-Horizons-Gruppe auf Facebook schon den Vorschlag unterbreitet, dass die offizielle Bezeichnung des provisorisch getauften "Sputnik Planums" besser
Avernus Mare lauten sollte. Begründung:
Avernus passt einerseits ins System der Nomenklatur, da es in der römischen Sagenwelt einen Eingang zum Totenreich bezeichnet, andererseits wäre Name aber auch eine Ehrung des US-amerikanischen Autors Edmond Hamilton, der schon 1940, zehn Jahre nach Plutos Entdeckung, eine verblüffend realistische Vorstellung von diesem Planeten hatte. Seht euch diesen Vergleich an - links eine Kartenskizze, die Hamilton 1941 im Rahmen der Heftromanserie "Captain Future" veröffentlichte (hier invertiert wiedergegeben), rechts die gleiche Hemisphäre aus der Sicht der New Horizons. Beachtet die ringförmige Struktur im unteren rechten Quadranten beider Bilder!
Bild entfernt, da der Autor Edmond Hamilton noch keine 70 Jahre verstorben ist.
Bitte nur freie Bilder posten.
Danke Gertrud http://codex-regius.eu/2016/07/edmond-hamiltons-visionares-bild-des.htmlDas ist nicht alles. Wie ihr seht, versah Hamilton seinen Pluto außerdem mit drei fiktiven Monden, die er Charon, Cerberus/Kerberos und Styx benannte (ich frage mich, ob es bei der IAU eine heimliche Captain-Future-Fanfraktion gibt?). Seinen Angaben zufolge würden sie 1970 entdeckt - tatsächlich wurde Charon 1978 fotografisch nachgewiesen. Überdies erdachte er die
Marching Mountains, das sind laut der Beschreibung in seinem 1940 erschienenen Roman "Calling Captain Future" hunderte von Metern hohe Gletscher aus Wassereis, die sich auf vorbestimmten Kursen über die Oberfläche des Plutos bewegen. Und genau das, "floating mountains", wie Alan Stern sich ausdrückte, wies die New Horizons im Sputnik Planum nach!
In dem Vortrag, den ich am 16. März bei der Astronomischen Gesellschaft Urania in Wiesbaden hielt, und im zugehörigen Bildband bin ich u. a. näher auf Edmond Hamiltons Plutovisionen eingegangen. Hier ist ein Livevideomitschnitt - die Bildqualität ist leider etwas bescheiden, weil mein Kameramann die Autofunktionen nicht abgeschaltet hatte, deswegen habe ich die gezeigten Abbildungen und Videos als Schnittszenen überblendet, damit man wenigstens diese richtig sieht: