An sich ganz interessanter Artikel auf "Telepolis":
Von der V2 zum Krieg der Sterne - leider mit eine gewissen sensationsheischendem Drall. Und gerade in Sachen Raumfahrt mit allzu vielen Halbwahrheiten.
Das hier geht m. E. noch unter "kleine Schlamperei" durch:
Nach Versagen des Navy-Projekts "Vanguard" stellte vier Monate später Lems Army die strapazierte Ehre der Nation wieder her, indem sie mit einer der V 2-Rakete nachempfundenen Jupiter C den ersten US-Satelliten Explorer 1 ins All beförderte.
Irgendwo ist eine modifizierte und mit Feststoff-Oberstufen versehene "Redstone" wie die "Juno" (nicht "Jupiter C" - gut, ähnliche Konfiguration) ja schon aus dem A4 / der V2 weiterentwickelt (nicht "nachempfunden").
Erst in den letzten Jahren wurde bekannt, dass auch die bemannte Raumfahrt in Wirklichkeit einen streng geheimen militärischen Hintergrund hatte: (...) Das Programm der bemannten Spionage- und Kampfsatelliten war das geheime Motiv für die ansonsten wenig sinnvolle bemannte Raumfahrt gewesen.
Diese Darstellung kenne ich noch aus der Friedensbewegung der 80er Jahre, in der auch ich aktiv war - nebenbei: "erst in den letzten Jahren" hieße dann wohl "vor gut 25 Jahren". Als pauschale Behauptung ist das m. E. nicht haltbar.
Aber das hier ist schlicht Legendenstrickerei:
Zwar hatte die Politik dem Militär die bemannte Raumfahrt offiziell weggenommen, doch die Air Force setzte unter strengster Geheimhaltung nach dem Need-to-know-Prinzip die Vorbereitungen für bemannte militärische Missionen fort, die später parallel im Schatten des zivilen Tarnprojekts des Gemini-Programms ("Zwillings-Programm") laufen sollten. Die geheimen Militärastronauten kamen im Gegensatz zu ihren NASA-Kollegen nie zum Einsatz, da später die zivile, und damit automatisch die militärische Raumstation gestrichen wurden. Die verhinderten Weltraumkrieger, deren geheime Verwendung erst seit wenigen Jahren bekannt ist, machten jedoch in ähnlicher Weise Karriere.
Die Existenz des Raumflugprogramms der US-Airforce war keineswegs streng geheim. Sowohl über "Blue Gemini" wie über das "MOL" erschienen Ende der 60er Jahre Presseberichte, und auch die Namen der Air-Force-Astronauten waren bekannt. Über das MOL vorangegangen "Dyna Soar"-Projekt wurde sogar in der deutschen Presse (z. B. in "Hobby") ausführlich berichtet.
(Und im 1970 erschienenen Life-Bildsachbuch "Mensch und Weltraum" ist eine Schnittzeichnung der Titan 3 C mit MOL und " Gemini B" abgebildet. Von wegen: "erst seit wenigen Jahren bekannt"
)
(Was "geheim" wirklich bedeutet, wird klar, wenn man sich z. B. die wirklichen Geheimprojekte wie das Mach-3-Spionageflugzeug
Lockheed A-12 ansieht - oder später die Entwicklung des "Tarnkappenbomber"
F 117.) Die Auffassung, Gemini sei ein "ziviles Tarnprojekt" für "Blue Gemini " (nie realisiert) / "MOL" (auch nie realisiert) gewesen, kann m. E. nur jemand haben, der nicht allzu viel über Gemini weiß. Es ist auch Quatsch, dass mit der "zivilen Raumstation" (Welche? Skylab ist bekanntlich geflogen!) automatisch auch das "MOL" gestrichen wurde. Beide Projekte wurden aus unabhängigen Töpfen finanziert und benutzten unterschiedliche Technik. Das "MOL" wurde gestrichen, weil bemannte Spinonagesatelliten sich als unnötig / zu kostspielig erwiesen hatten.