an Roger & Ruhri:
Tut mir leid, wenn ich Euch widersprechen muss. Danke für Eure Überlegungen, aber in diesem Falle habe ich wirklich gemeint, was ich geschrieben habe: ARV-S/C mit ATV-ICC, nicht ATV-S/C mit ARV-Frachtkapsel. Lasst mich die Hintergründe erläutern:
- Die Produktion einiger E-Boxen des ATV-S/C ist aufgrund fehlender EEE-Bauteile nicht mehr ohne weiteres möglich, daher stünde nach ATV #6 (oder unter Einbeziehung von "Flohmarkt-Teilen" nach #7) ohnehin eine Überarbeitung mit anschließender Neuqualifizierung an - nur um dann immernoch ein "altes" S/C mit beschränkter Lebensdauer zu haben. Die 400N-Tüten fehlen übrigens auch...
- So toll wir alle den ATV finden - es ist eine ziemlich "dämliche" Kiste, die im Laufe der C/D-Phase darauf getrimmt wurde, höchst perfekt genau eine Sache zu können und sonst leider nix: an den russischen Teil der ISS andocken. Aber wen interessiert das noch ? Ab Ende dieses Jahres gibt es nur noch Progress und Soyuz (die Handvoll HTV mal ignoriert) zur Versorgung, ca. Stücker 8 pro Jahr (sic !), und die sind darauf angewiesen, dass der -v-Port frei ist. ATVs stören da nur; zähneknirschend akzeptieren die Russen noch ATV 3-5; darauf lauten die Verträge; für ATV 6ff. müssten wieder neue Vereinbarungen getroffen werden, die die Russen aber eben nicht (oder nur teuer bezahlt haben) wollen.
- Das ATV-S/C lässt sich NICHT (!!!) ummünzen auf ein +v-Docking, von +/-r-bar ganz zu schweigen, es trennt sich nicht von seiner Nutzlast, dazu kommt die stark begrenzte erlaubte Schwerpunktlage der Nutzlast, das extrem marginale power budget, fehlende Möglichkeiten für externe Nutzlasten und nicht zu vergessen die nicht gerade billige Integration. Also warum bitte mit Krampf und viel Geld (s.o.) eine alte, teure Kiste weiterbauen und dazu eine "teure" neue Nutzlast entwickeln, wenn man auch mit der neuen Kombination immernoch nur die gleiche alte Mission fliegen kann ? Die ESA argumentiert umgekehrt: Lieber noch ein paar billige Blechdosen (= ATV-ICC) schweißen, das freut die Italiener (TAS-I), und dafür Frankreich und Deutschland (Astrium ST) ein neues S/C entwickeln lassen, mit dem man in Zukunft NEUE Missionen fliegen kann: docken an +v, unpressurized payload, Trennung von Nutzlast & S/C (= Option Tug-Funktion !), besseres Thermal- und damit Power-Design, besseres Nutzlast-zu-Struktur-Verhältnis, Umstellung auf neue EEE-Bauteile und Triebwerke aus europäischer Produktion, Reduzierung des fest installierten Reboost-Treibstoffs und dafür optionale, variable Tanks, etc.
- Nicht zu unterschätzen: Dank einschlägiger Propaganda aus Industrie und Forschung haben unsere RF-Politiker (insb. im Brüderle-Ministerium) mittlerweile Angst vor dem Wort "Wiedereintritt" - das ist ja SOOOO gefährlich und kritisch und teuer in der Entwicklung, und außerdem haben wir das ja auch noch NIIIEEEE gemacht in Europa (ich krieg' schon wieder Spuckreiz...) und am Ende ist es auch noch teuer im Betrieb - also bitte keine neue Kompetenz in Europa aufbauen, sondern lieber die darbenden ATV-Entwicklungstruppen mit einem neuen S/C beschäftigen.
Ich weiß, das klingt in Teilen etwas verquer, ist aber die gängige Argumentationslinie in Politik, Wirtschaft und ESA - bitte ggf. nachlesen in der einschlägigen ESA-Resolution von Mitte März. Also: Beschlossen ist eine Phase B für 40,2 M€ ab Ende 2011, D & F 35%, I 15% Rest CH, B, NL, CDN, E et al.; Inhalt: Entwicklung eines "versatilen Spacecraft".
Ach ja, noch 'ne Kleinigkeit: Bei der Gelegenheit hat nun auch die ESA endlich ihren Projektleiter ausgetauscht, nachdem Astrium ja schon um des lieben Friedens willen letzten November in Vorlage gegangen war...