Ich hab mein Problem mit Sabotage, Verschwörung oder Theorien, die so in die Richtung gehen. Zum einen ist es viel wahrscheinlicher, dass ein oder zwei technische oder menschliche Fehler zu diesem Unglück geführt haben, als das kriminelle Energie dahinter steckt. Zum anderen gehen komplizierte Pläne meist schief, bzw. laufen nicht so ab, wie es vorher geplant worden ist (man kann halt einfach nicht an alles denken). Und so ein "Anschlag" auf eine Rakete erfordert doch etwas Aufwand (Leute bestechen oder Firmen infiltrieren, genaue Kenntnisse des zu zerstörenden Objektes, Know-How usw.). Ganz zu schweigen von einem großen Kreis von Mitwissern, die alle dicht halten müssen. Und bedenkt, es geht immer noch nur um eine Rakete mit Nutzlast für ein paar hundert Millionen, nicht um politische Macht und dergleichen.
Und nochmal zu den Theorien mit Scharfschützen und Feuerwaffen, ich hatte irgendwo vorher schon mal Überlegungen dazu angestellt. G36, bzw. Waffen mit Nato-Kaliber 5,56x45mm (oder ähnliches) eignen sich für Kampfentfernungen bis zu 300m-500m, alles darüber hinaus geht schief. Kaliber 7,62x51mm kann man mit geeigneten Waffen noch bis sagen wir mal 600m verwenden. Auch das bei Scharfschützen gerne verwendete Kaliber .300 oder .338 ist gegen den Einsatz von Personen gedacht und wird meist bis max. 1,2km bis 1,5km verwendet. Gegen Objekte, wie Radarschüsseln oder ungepanzerte Fahrzeuge wird neuerdings Gewehre wie das G82 mit Kal. 12,7x99mm verwendet. Bekämpfungsreichweite liegt auch um die 1,2km.
Sprich für eine Bekämpfung einer Rakete würde sich vor allem letzteres empfehlen.
Jetzt kommt jedoch meine ABERs:
a) Verfügbarkeit: man muss an solche Waffen heran kommen (gut es ist Amerika, aber überschwere Kaliber sind dann doch etwas ungewöhnlich)
b) Übung: Training mit der Waffe muss man für so eine Aufgabe haben (klassische Soldaten verwenden doch eher kleinere Kaliber)
c) Lärm: Selbst klassische Militärwaffen wie G36 und G3 machen einen Höllenlärm (hab mit beiden beim Bund zwei Jahre gekämpft, weiß also, von was ich spreche
). Geht man auf höhere Kaliber, dann ist der Schuss noch weiter zu hören. Schalldämpfer bringen dabei auch nicht mehr viel. Ein Schalldämpfer von Waffen kann nur das Geräusch des Mündungsknalls dämpfen. NICHT aber den Überschallknall des Geschosses (bevor hier jemand ruft, Unterschallmunition, die funzt nicht wirklich für Entfernung über einige hundert Meter). Und das peitschende Geräusch einer Kugel hätte auf einer Tonspur drauf sein müssen, dass kann man fast nicht überhören. Und der Schütze enttarnt sich quasi sofort. Im klassischen Gefecht o.k., aber ein Anschlag....
d) Position: Häuserdächer sind doch eher schlecht für einen Anschlag. Eine einzige Kamera die da hingerichtet wird und alles fliegt auf (und bei einer so überwachten Geschichte wie einen Raketentest auf einem militärischen Sperrgebiet besteht doch immer die Gefahr, dass irgendwo was gesehen wird. Für eine Sabotage würde ich, wenn ich die Rakete zerstören müsste, wenn in das innere eines leeren Gebäudes oder dichte Vegetation (aufpassen bei Tieren, die mich bei Schssabgabe verraten könnten) gehen. Auf ein Dach wäre einfach zu riskant. Man möchte ja, dass SpaceX geschädigt wird. Kriegen die nach zwei Tagen raus, da oben lag wer, ist alles für die Katz.
e) Entfernung: Auf große Entfernung brauchen Scharfschützen doch meist mehr als einen Schuss, um ein Ziel zu treffen. Gut die Rakete ist groß, die Entfernung ist das aber auch. Deswegen schießen sich Schützen bei großen Entfernung auf ein Ziel ein. Schuss wird abgegeben, geschaut wo er einschlägt, bzw. Flugbahn beobachtet, korrigiert, und es geht von vorne los. Bitte vergesst die Scharfschützendarstellugn aus dem Kino, dass mit dem ersten Schuß auf riesige Entfernungen (und das ist alles über 1km für Schützen) akkurat getroffen wird.
Jetzt kann man Einwänden, hallo ist ja alles schön und gut, aber hey die Rakete ist hoch und breit, super Zielscheibe. Ja...nein. Sie soll sofort kaputt gehen, sonst kommt man zu schnell auf Sabotage. Also muss ich als Saboteur / Schütze genau wissen, was ich tue und wo ich treffen muss, dass es gleich knallt. Treffe ich die Interstage, den Strongback, oder schieße ich knapp daneben (Entfernung, Wettereinflüsse....), passiert nichts, außer das auf dem Aufnahmen ein deutlicher Schuss zu hören ist. Wahrscheinlich passiert bei einem direkten Treffer eines LOX-Tanks nicht viel, bei RP-1 sähe es wohl auch erst mal so aus (und Leuchtspurgeschosse, um Zündenergie sind sehr gut sichtbar). Gut Loch ist im Tank, aber Rakete fliegt nicht auseinander. Also noch mal feuern...
Wir dürfen ja auch nicht außer acht lassen, dass die Explosion fast genau zwischen Strongback und Raketenhülle passiert ist. Diese Stelle mit einer Kugel im ersten Anlauf zu treffen wäre sehr sehr glücklich.
Eine Darlegung, warum größere Kaliber, Mörser, Raketengeschosse oder Railguns nicht in Frage kommen, spare ich mir mal lieber
Langer Post, kurze Zusammenfassung: Ich halte einen Sabotageakt mit Schusswaffen für das unwahrscheinlichste, was als Gründe in Frage kommen könnten (gut, Aliens, die SpaceX schaden wollen, damit die Menschheit nicht auf den Mars landet, sich im Weltraum ausbreitet, etc. ist doch ein Tick unwahrscheinlicher
). Ich halte auch einen Sabotageakt in dieser Größenordnung für nicht so wahrscheinlich, weil wie ein Vorredner schon angemerkt hat, eine Menge krimineller Energie und Helfer benötigt wird (ganz zu schweigen, dass es hochriskant ist [so verzweifelt ist ULA oder Arianespace im Moment noch nicht]). Am wahrscheinlichsten ist für mich wie gesagt noch ein technischer und oder menschlicher Fehler oder mehrere in Kombination davon.
Grüße
David