Human Landing System(HLS) - Starship

  • 367 Antworten
  • 57542 Aufrufe
*

Offline -eumel-

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 15219
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #150 am: 22. April 2021, 00:01:46 »
Wie aufwändig wäre eine aktive Treibstoffkühlung im Tanker-Starship?

Offline Matjes

  • *****
  • 756
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #151 am: 22. April 2021, 00:46:07 »
Danke Eumel für diese Frage.

Seit langem prüft die NASA die Lagerung von tiefkalten Treibstoffen im All.
Nur Abdampfen oder Abschatten wird bei längeren Reisen nicht funktionieren.
Man wird es nicht schaffen, die Treibstoffe bei -170 °C zu lagern ohne aktive Kühlung.
Soweit ich es kenne, soll immer ein Teil des Treibstoffs durch ein aktives Kühlsystem gepumpt
werden um die aufgenommenen Wärme abzuführen. Stichwort: Wärmepumpe.
Die aufgenommene Wärme wird dann entweder in den Weltraum durch Strahlung entsorgt oder zur Heizung
der bewohnten Räume verwendet.

Das Problem ist bisher: wegen der Schwerelosigkeit ist der Aufwand zu gross und die Kosten zu hoch.
Das Trennen der Gasfraktion von der Flüssigkeitsfraktion ist eines der Probleme. Die Idee wäre dabei:
Flüssigkeit direkt in den Tank zurück und das Gas bis zum Kondensieren abkühlen.

Matjes

Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #152 am: 22. April 2021, 07:20:53 »
Danke Eumel für diese Frage.

Seit langem prüft die NASA die Lagerung von tiefkalten Treibstoffen im All.
Nur Abdampfen oder Abschatten wird bei längeren Reisen nicht funktionieren.
Man wird es nicht schaffen, die Treibstoffe bei -170 °C zu lagern ohne aktive Kühlung.
Soweit ich es kenne, soll immer ein Teil des Treibstoffs durch ein aktives Kühlsystem gepumpt
werden um die aufgenommenen Wärme abzuführen. Stichwort: Wärmepumpe.
Die aufgenommene Wärme wird dann entweder in den Weltraum durch Strahlung entsorgt oder zur Heizung
der bewohnten Räume verwendet.

Das Problem ist bisher: wegen der Schwerelosigkeit ist der Aufwand zu gross und die Kosten zu hoch.
Das Trennen der Gasfraktion von der Flüssigkeitsfraktion ist eines der Probleme. Die Idee wäre dabei:
Flüssigkeit direkt in den Tank zurück und das Gas bis zum Kondensieren abkühlen.

Matjes

Wäre hier eine leichte Rotation hifreich?? muss ja nicht "einem G" entsprechen
Alle sagten: es funktioniert nicht.
Dann kam einer und machte es.

Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #153 am: 22. April 2021, 07:23:24 »
Die NASA redet seit Jahren von Treibstoffdepots im Orbit.
Hier sehe ich den Punkt gekommen wo diese extrem Sinn machen würden.

Das LSS sollte nicht als Langzeittank dienen. Die Rakete besteht komplett aus Eisen und ist somit ein sehr guter Wärmeleiter. Der Crewbereich müsste dadurch Ständig stark beheizt werden um das auszugleichen was das Verdampfen des Treibstoffs wiederum beschleunigt.
Ich glaube zwar nicht an eine funktionierende Wiederverwertung vor 2030, aber wenn sie es doch hin bekommen ist die Rakete zur hälfte mit schwarzen Kachel belegt.
Es wird große Solarzellen geben müssen diese heizen sich ebenfalls auf (bei der ISS sind die Radiatoren fast genau so groß wie die Solarzellen). 
Ein gut isoliertes Treibstoffdepot mit aktiver Kühlung und einem Schutzschild wie beim JWST wäre hier eine vernünftige Lösung. 

Dadurch wäre auch die Mondmission von den Tankmissionen entkoppelt.  Das Depot könnte bereits lange vor dem geplanten Mondflug gefüllt werden. So würde eine Startverschiebung beim z.B. siebten Tanker nicht die Mondmission gefärden. Mit LOP-G, Orion, SLS, LSS hat man schon genug Risiken die Mission zu verzögern wenn da noch 5 bis 10 Tank-SS dazu kommen die alle zu einem festen Termin gestartet werden müssten sind die Astronauten in Rente bis es los geht.

Offline Matjes

  • *****
  • 756
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #154 am: 22. April 2021, 09:49:33 »
Guten Morgen

Rotation kann das Problem mit der Schwerelosigkeit mindern. Jawohl.

Imho ist das Trennen der Gasphase (sollte gekühlt werden) von der
Flüssigkeitssphase (zurück in den Tank) eines der wichtigen Probleme.
Auf der ISS (bei den Amis) läuft seit längerem ein Phasentrenner sehr erfolgreich
und zuverlässig. Damit wird der interne Kühlwasserkreislauf entlüftet.
Es wird eine Membran verwendet, die Gasmoleküle durchläßt aber keine
Flüssigkeitsmoleküle. Das läuft zuverlässig sogar in Schwerelosigkeit.
Nun muss das bei kryogenen Temperaturen funktionieren.

Und die Wärmepumpen nicht vergessen.

Matjes

Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #155 am: 22. April 2021, 11:08:28 »
Um mal eine Idee dafür zu bekommen: bei der Größe des Starship-Tankers (voll betankt im LEO) und den bekannten/vermuteten Verlustraten an cryogenen Stoffen: wie groß muss ich mir dann, nach heutiger Technik, so eine aktive Kühlungmaschine vorstellen ? Ist das ein tonnenschweres Bauteil, oder wäre das "relativ" smart ?
Und bräuchte ich das Gerät dann doppelt (einmal LOX und einmal LCH4) ?

Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #156 am: 22. April 2021, 11:51:35 »
Das Thema Treibstoff Depot ist schon lange Gegenstand der Forschung. Lagerung von Wasserstoff(!) und Sauerstoff im LEO ist Teil von ULAs erweiterter Vulcan Architektur. Von SpaceX wird da ausnahmsweise nichts Überraschendes kommen.

Es braucht einen effektiven Schutz gegen die Wärmestrahlung von der Sonne, und in geringem Umfang auch der Erde. Am einfachsten mehrere Schichten einer reflektierenden Folie. Weiter muss der Tank auch von der Bordelektronik, als weiterer Wärmequelle, entkoppelt werden. Laut dem verlinkten Paper (engl.) liegen die Verdampfungsverluste bei ca. 0.1% pro Tag. Die Grösse des Tanks spielt dabei meiner Meinung nach keine massgebliche Rolle.

Möchte man das noch weiter reduzieren, kann eine aktive Kühlung verwendet werden. Dazu rotiert der Tank um seine Längsachse, was die Flüssigkeit an die Aussenwand drückt. Das Gas kann so in der Mitte abgesaugt werden und wieder verflüssigt werden.

https://www.researchgate.net/figure/A-Single-Launch-Dual-Fluid-Propellant-Depot-Credit-ULA_fig5_237308759

*

Offline Nitro

  • Raumcon Moderator
  • *****
  • 6817
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #157 am: 22. April 2021, 11:57:28 »
Lagerung von Wasserstoff(!) und Sauerstoff im LEO ist Teil von ULAs Vulcan Architektur.

Die Entwicklung von ACES wurde letztes Jahre eingestellt.

Quelle: https://spacenews.com/ula-studying-long-term-upgrades-to-vulcan/
Bevor man einen Beitrag letztendlich abschickt sollte man ihn sich noch ein letztes Mal durchlesen und sich dabei überlegen ob man ihn genau in diesem Wortlaut auch Abends seinem Partner und/oder Kindern ohne Bedenken vorlesen würde.

Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #158 am: 22. April 2021, 12:21:38 »
Die Entwicklung von ACES wurde letztes Jahre eingestellt.

Quelle: https://spacenews.com/ula-studying-long-term-upgrades-to-vulcan/

Zitat
“Those studies five, eight years ago certainly served us well, and it put us on a good path forward here for the evolution of our upper stages,” he added. “We will continue to evolve our upper stage to meet the needs of the market going forward.”

"Diese Studien vor fünf, acht Jahren haben uns sicherlich gute Dienste geleistet, und sie haben uns hier auf einen guten Weg für die Entwicklung unserer Oberstufen gebracht", fügte er hinzu. "Wir werden unsere Oberstufen weiterentwickeln, um den Anforderungen des Marktes in Zukunft gerecht zu werden."

Den Schluss des Artikels kann man in Bezug auf die in ACES verwendete Technik auch anders interpretieren.

Offline Hugo

  • *****
  • 5174
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #159 am: 22. April 2021, 12:44:33 »
wie groß muss ich mir dann, nach heutiger Technik, so eine aktive Kühlungmaschine vorstellen
Ich denke, das kann man so genau nicht sagen. Es ist auch immer eine Frage, wie viel man kühlen möchte in welcher Situation.

Und bräuchte ich das Gerät dann doppelt (einmal LOX und einmal LCH4) ?
Die Antwort ist eindeutig: Jein.

Ja, man muss beide Treibstoffe kühlen. Nein, man braucht nur eine Kühlvorrichtung, denn man kann die Kühlleitung dann durch beide Treibstofftanks leiten, erst durch den kälteren, dann durch den wärmeren. Auch gibt es eine "Kältebrücke" zwischen den Treibstoffen, da beide eine gemeinsame Trennwand haben.

*

Offline Sensei

  • Moderator
  • *****
  • 6540
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #160 am: 22. April 2021, 13:45:38 »
Eine Gasverflüssigungsanlage mit 3 kW Leistung (50kg/h) ist nicht groß. Wohl weit unter eine Tonne.
Dazu kämen aber noch Leitungen etc, was schnell mehr wiegt als die eigentliche Anlage.

Aller Voraussicht nach würde space x die Flüssigkeitstrennung beim Treibstoff nicht durch Rotation sondern durch kurzen Schub bewerkstelligen

*

Offline Klakow

  • *****
  • 6758
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #161 am: 22. April 2021, 13:49:48 »
Hier mal ein paat Fakten die hilfreich sind ein besseres Gefühl dafür zu bekommen welche Anforderungen es überhaupt gibt.
Für Sauerstoff siehe hier den Dichteverlauf

Schillrich: Werbung entfernt. ... Finde bitte eine andere Quelle für die Graphen ohne das aufdringliche "Werbebanner im Bild". Das Forum ist ja keine Litfaßsäule ...

Vermutlich gilt das bei 1-Bar.
Was offensichtlich ist das es Temperaturbereiche gibt wo beide Stoffe flüssig sind.
nimmt man hier z.B. -155°C, so bleibt Methan flüssig (ca. 11K Reserve) und LOX hat fast 1000kg/m³.
Das ganz hilft schon mal weil es dann keinen Wärmestrom dazwischen gibt.

Ganz wichtig um ein Gefühl dafür zu bekommen ist das es im All nur zu einem Wärmefluss zum Vakuum in Form von Strahlung gibt, also muss man nur zum Nutzlastbereich eine Isolierung einbauen, es sei den man will verhindern das eine äussere Strahlungsquelle, hier vor allem die Sonne, die Oberfläche aufheizt.
Wichtig ist hier vor allem das die Oberfläche die Strahlung z.B. der Sonne möglichst gut reflextiert, aber das ist nur bei den Freuenzen erforderlich, die ausgesendet werden. Bei unserer Sonne ist das im wesendlichen das sichtbare Spektrum vor allem im blauen Bereich.

Hierzu sie hier das Stefan-Boltzmann-Gesetz
Wichtig ist hier vor allem das die Strahlungsleistung mit der vierten Potenz der absoluten Temperatur steigt,
also hat man bei 100K (ca. =-173°C) nur ein 1/8 der Strahlung von 200K (~-73°C).

Die Sonne selber strahlt ca. 64MW/m² ab, durch die P~1/r² Beziehung, würde ein schwarzer Körper im Erdorbit ca. 120°C warm werden. Damit kann man leicht berechnen wieviel Einstrahlung man verhindern muss, damit man KEINE Kühlung benötigt.

Man kann nun auch jeder Temperatur eine Strahlungsleistung zuordnen, ist diese in Summe größer als die über die gesammte kalte Tankoberfläche abgegebene Strahlung, so wird der Treibstoff kälter, oder eben wärmer.
Es kann soch deshalb leicht die situation ergeben das man das Starship etwas mehr der Sonne zudrehen muss, damit es nicht zu kalt wird.
« Letzte Änderung: 22. April 2021, 15:29:29 von Schillrich »

Offline trallala

  • *****
  • 1044
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #162 am: 22. April 2021, 13:55:00 »
Aller Voraussicht nach würde space x die Flüssigkeitstrennung beim Treibstoff nicht durch Rotation sondern durch kurzen Schub bewerkstelligen

Das wäre für eine Wartephase aber sehr suboptimal, da man ja ständig kurz beschleunigen muss. Bei Rotation reicht einmal andrehen und dann ist der Treibstoff immer außen und das Gas kann immer in der Mitte abgesaugt werden. Das SpaceShip in Rotation versetzen ist ja mit den Manövriertriebwerken auch ganz einfach. Daher wüsste ich eigentlich gar keinen Grund, warum man einen kurzen Schub (außer zum starten der Triebwerke) machen sollte.

honk

  • Gast
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #163 am: 22. April 2021, 15:53:26 »
Zum Thema "Langzeitlagerung von tiefgekühlten Treibstoffen im Orbit" läuft derzeit (seit Oktober 2020) ein Entwicklungsauftrag der NASA an Lockheed Martin, die das mit einem kleineren Satelliten demonstrieren sollen, der im Oktober 2023 auf einem Terran-1-Launcher von Relativity Space starten soll. Abbildung des Konzepts hier:
https://spacenews.com/lockheed-martin-removes-momentus-from-nasa-technology-demonstration-mission/
(Das Konzept mit der Hohlkegelform, deren (unbeleuchtete) Innenseite als Radiator mit ordentlichem "view factor" dient, um die eingefangene Sonneneinstrahlung wieder loszuwerden, erinnert stark an das Design der ersten deutschen Sonnenmissionen Helios-1 und -2)

Offline Hugo

  • *****
  • 5174
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #164 am: 22. April 2021, 17:17:48 »
Bei Rotation reicht einmal andrehen und dann ist der Treibstoff immer außen und das Gas kann immer in der Mitte abgesaugt werden.

Wie bringt man Flüssigkeiten in einem Tank ohne Untersektionen zur Rotation? Wenn man den Tank mit Kaltgasdüsen rotieren lässt, bleibt die Flüssigkeit stehen und rotiert nicht mit.

Den Tank in Untersektionen zu unterteilen kostet unnötig viel Gewicht.

Offline trallala

  • *****
  • 1044
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #165 am: 22. April 2021, 17:35:20 »
Wie bringt man Flüssigkeiten in einem Tank ohne Untersektionen zur Rotation? Wenn man den Tank mit Kaltgasdüsen rotieren lässt, bleibt die Flüssigkeit stehen und rotiert nicht mit.

Den Tank in Untersektionen zu unterteilen kostet unnötig viel Gewicht.

Das ist sicher ein Punkt, den man berücksichtigen muss. Aber ich vermute, es geht auch ohne vollständige Untersektionen.
Da der Tank kein Vakuum enthält, überträgt sich die Bewegung des Tanks dank Reibung auch "irgendwann" (Stunden?) auf den Tankinhalt.
Der Tank ist innen mit Rippen ausgekleidet, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, damit sollte es noch schneller gehen. Am Tankboden gibt es dann noch Schwappbleche, da könnte man den Treibstoff mit einem kleinen Beschleunigungsimpuls auch sammeln zum andrehen. Nach ein paar Stunden (geschätzt!) sollte sich aber alles im Tank drehen. Das kann aber gerne mal jemand nachrechnen, der das kann.

Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #166 am: 22. April 2021, 21:59:25 »
Eine Möglichkeit, die Flüssigkeit an die Aussenwand zu drücken ist den Tank einmal in Rotation zu versetzen. Die Flüssigkeit selbst (die Atome/Moleküle) bewegt sich nicht, erfährt aber die Fliehkraft. Ich denke da an das Kirmeskarussell, in dem die Menschen an die Wand gedrückt werden, aber nicht an der Wand herumrutschen.

Die andere Möglichkeit, die Flüssigkeit an die Aussenwand zu "drücken", wäre eine Art Rührwerk einzusetzen. Die Drehung müsste dann ständig am laufen gehalten werden, da die Wandreibung die Flüssigkeit abbremsen würde. Gleichzeitig würde sich die Rakete mitdrehen, da im Weltraum keine Verankerung möglich ist ;D  ::)
Alle sagten: es funktioniert nicht.
Dann kam einer und machte es.

tobi

  • Gast
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #167 am: 23. April 2021, 23:34:50 »
Eric Berger hat hier meiner Meinung nach einen guten Kommentar geschrieben:
https://arstechnica.com/science/2021/04/five-reasons-why-nasas-starship-award-is-a-watershed-moment-in-spaceflight/

SpaceX ist natürlich eine Gefahr für die internationale Kooperation, weil SpaceX einfach viel schneller als die weltweite Konkurrenz ist. Die internationale Kooperation gerät so nicht zu einem Beschleuniger sondern zu einem Bremklotz. Wer braucht noch Orion, wenn Starship fliegt und wer braucht dann noch das europäische Servicemodul aus Bremen.

Wenn Starship die erhofften Ziele nur ansatzweise erfüllen kann, dann braucht niemand mehr die europäische Raumfahrt. Der buy-European act der europäischen Regierungen könnte sich zu einem gefährlichen Rohrkrepierer entwickeln, wenn er das Nutzen des viel leistungsfähigeren Starships für europäische Missionen politisch unterbindet.

Online FlyRider

  • *****
  • 1447
    • Mein Makerspace
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #168 am: 24. April 2021, 08:31:57 »
Der Kommentar ist gut, keine Frage. Aber war es wirklich eine bewusste Entscheidung der NASA für die innovativste Lösung? Eric Berger  behauptet:

"With Starship, SpaceX has offered what appears to be the best technical solution to NASA's stated goal of a sustainable lunar exploration program."

Ich denke eher nicht. Aus meiner Sicht konnte die NASA schlicht nicht anders. Sie hat entgegen aller bisherigen Prinzipien das Prinzip aufgegeben, zwei Anbieter im Wettbewerb zu lassen. Das machen die doch nicht zu Spass. Eric Berger schreibt ja selbst (jetzt nur mal aus der Zusammenfassung zitiert):

"NASA has embraced a risky yet highly rewarding technology."

"For the space agency, this is an audacious and surprising play."

Wenn ich kühn (audacious) und zur Überraschung aller (auch meiner Kritiker) eine riskante Technolgie auswähle, dann sichere ich mich doch noch mit einer weniger riskanten Variante ab, oder zumindest wähle ich noch eine weitere Variante mit ähnlichem Risiko. Nun setzt die NASA alles auf eine Karte und das bei einem System mit hohem technischen Risiko.

Ich denke, die Entscheidung war weniger eine Entscheidung für die SpaxeX Technologie (als Mondlander!) als vielmehr gegen die alten Seilschaften (Kongress + "old Space"), die der NASA in den letzten Jahren viele Probleme eingehandelt haben. Die NASA musste derart groteske politische Winkelzüge schlucken (der Kongress pimpert eine kommerziell sinnlose Rakete und Kapsel mit viel Geld und sabotiert dann die einzig sinnvolle Anwendung durch massive Budget - Kürzung im HLS Programm), dass sie jetzt mit viel Frust die Reissleine gezogen haben. Und letztlich hat die NASA momentan einfach nicht mehr Geld. Punkt.

Ich denke nicht, dass die NASA mit der aktuellen Situation wirklich happy ist. Ich glaube, dass die NASA beim HLS lieber konventioneller gefahren wäre  - und langfristig natürlich auch auf das Starship gehofft hat. Das hat das Budget nicht zugelassen. Nun hängt der Erfolg von Artemis praktisch zu 100% am Erfolg von Starship, das noch in den Kinderschuhen steckt. Ich befürchte, dass die Artemis Verantwortlichen die nächsten Jahre eher schlecht schlafen.  :-\

tonthomas

  • Gast
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #169 am: 24. April 2021, 08:35:39 »
...

SpaceX ist natürlich eine Gefahr für die internationale Kooperation, weil SpaceX einfach viel schneller als die weltweite Konkurrenz ist. ... Wer braucht noch Orion, wenn Starship fliegt und wer braucht dann noch das europäische Servicemodul aus Bremen.

Wenn Starship die erhofften Ziele nur ansatzweise erfüllen kann, ... Nutzen des viel leistungsfähigeren Starships für europäische Missionen politisch unterbindet.
Viele seltsame Hoffnungen, viele Wünsche, von denen ich erwarte, dass sie so schnell von der Realität nicht erfüllt werden, Herbeireden einer backupfreien marktliberalen Wir-sind-die-tollsten-Strategie. Auch derartiges war letztlich nie heilbringend für die Allgemeinheit. Ich bin irgendwas zwischen enttäuscht und erschüttert.

Gruß   Pirx

tonthomas

  • Gast
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #170 am: 24. April 2021, 08:42:00 »
...
Wenn ich kühn (audacious) und zur Überraschung aller (auch meiner Kritiker) eine riskante Technolgie auswähle, dann sichere ich mich doch noch mit einer weniger riskanten Variante ab, oder zumindest wähle ich noch eine weitere Variante mit ähnlichem Risiko. Nun setzt die NASA alles auf eine Karte und das bei einem System mit hohem technischen Risiko....

Ich denke nicht, dass die NASA mit der aktuellen Situation wirklich happy ist. ... Ich befürchte, dass die Artemis Verantwortlichen die nächsten Jahre eher schlecht schlafen.  :-\
Diese Einschätzungen teile ich absolut.

Eben deshalb denke ich auch, wir werden  morgen und vllt. auch übermorgen keine Menschen auf dem Mond sehen. Das ist es, was mich echt enttäuscht. Kein Geld ...? Ich weiß nicht. Nicht bekommen, ok  Vllt. wg. strategischen Fehlentscheidungen. Nicht haben, nicht können? Ne. Was kostet so ein Flugzeugträger ....?

Gruß   Pirx

Offline Reihnold

  • ***
  • 103
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #171 am: 24. April 2021, 10:52:42 »
Wenn ich kühn (audacious) und zur Überraschung aller (auch meiner Kritiker) eine riskante Technolgie auswähle, dann sichere ich mich doch noch mit einer weniger riskanten Variante ab, oder zumindest wähle ich noch eine weitere Variante mit ähnlichem Risiko. Nun setzt die NASA alles auf eine Karte und das bei einem System mit hohem technischen Risiko.

Wobei die Nasa die technischen Risiken ja im Blick hatte. Wenn ich mich recht erinnere, waren es bei SpaceX hauptsächlich die Luftschleuse in 30m Höhe, die Triebwerke sowie die Nachtankprozedur, die viele Flüge erfordert. Die beiden anderen Vorschläge hatten aber ebenfalls technische Risiken - bei Dynetics waren sie z.B. so massiv, dass das Rating der Nasa auch deutlich schlechter ausgefallen ist und sie mit Abstand nur den dritten Platz bekommen haben. Blue Origin war besser als Dynetics, hatte aber ebenfalls einige Probleme (Probleme mit dem ganzen Triebwerksstrang, der derzeit unterentwickelt ist und komplett erst bei der ersten bemannten Landung getestet würde; Kommunikationssystem hat ebenfalls große Defizite).
Das ganze Dokument über die Entscheidungsfindung liest sich so, dass die beiden anderen System technisch deutlich mehr Probleme als SpaceX haben und dann, im Gegensatz zu SpaceX, auch keine Lösungsansätze für diese Probleme formuliert haben. Stattdessen wurde wohl versucht diese Probleme zu überspielen.

Ich denke, die Entscheidung war weniger eine Entscheidung für die SpaxeX Technologie (als Mondlander!) als vielmehr gegen die alten Seilschaften (Kongress + "old Space"), die der NASA in den letzten Jahren viele Probleme eingehandelt haben. Die NASA musste derart groteske politische Winkelzüge schlucken (der Kongress pimpert eine kommerziell sinnlose Rakete und Kapsel mit viel Geld und sabotiert dann die einzig sinnvolle Anwendung durch massive Budget - Kürzung im HLS Programm), dass sie jetzt mit viel Frust die Reissleine gezogen haben. Und letztlich hat die NASA momentan einfach nicht mehr Geld. Punkt.
Sie sagen dies ja auch explizit, dass sie nicht genug Geld hatten und daher keinen zweiten Auftrag vergeben konnten. Aber selbst wenn, hätte SpaceX trotzdem den ersten Platz bekommen.

Ich denke nicht, dass die NASA mit der aktuellen Situation wirklich happy ist. Ich glaube, dass die NASA beim HLS lieber konventioneller gefahren wäre  - und langfristig natürlich auch auf das Starship gehofft hat. Das hat das Budget nicht zugelassen. Nun hängt der Erfolg von Artemis praktisch zu 100% am Erfolg von Starship, das noch in den Kinderschuhen steckt. Ich befürchte, dass die Artemis Verantwortlichen die nächsten Jahre eher schlecht schlafen.  :-\
Was meinst Du in diesem Zusammenhang mit konventionell? Die anderen beiden Vorschläge brauchen ebenfalls Betankungsflüge und müssen auch noch im Orbit zusammengebaut werden (Blue Origin besteht aus einzelnen Komponenten, Dynetics benötigt AFAIK zumindest neue Treibstofftanks für weitere Landungen, da diese während der Landung abgetrennt werden). Starship ist daher sogar ziemlich konventionell und robust ausgelegt, da eben kein Zusammenbau im Orbit oder gar Mondorbit erforderlich ist. Zudem gibt es durch die Größe vom Starship mehr Redundanz (mehr Abortszenarien, doppelte Luftschleusen, beide mit eigenem Lebenserhaltungssystem, etc.). Unkonventionell sind somit in meinen Augen eigentlich nur die Größe und die Tankflüge.

Offline Hugo

  • *****
  • 5174
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #172 am: 24. April 2021, 11:01:34 »
Könnte dahinter auch eine Art "Schlag mit dem Zaunpfahl" stehen? Die letzten 10 Jahre hat die NASA mit dem Zaunpfahl gewunken, jedes mal, wenn ein schneller Anbieter besser war als ein langsamer. Aber die langsamen habe "0,nix" gemacht, um schneller zu werden. Im Gegenteil einige haben einfach Sicherheitsschritte weg gelassen, damit die NASA denkt, sie wären schneller. Wenn das winken mit dem Zaunpfahl nicht hilft, wurde jetzt damit zugeschlagen. Vielleicht kommt ja jetzt irgendwann ein umdenken bei der langsamen Konkurrenz.

Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #173 am: 24. April 2021, 11:52:26 »
Ich sehe die Strategie der NASA kein bisschen riskant, sondern der Situation geschuldet.

Die Kosten für das gesamte Mondprogramm sind totsl aus dem Ruder gelaufen und niemand hat sich bis jetzt daran wirklich gestoert. Das Geld wurde mit beiden Händen rausgeworfen. Unschwer zu erraten, dass das gleiche mit dem Mondlander passiert waere und irgendwann ist das Projekt tot, weil die Mittel gestrichen werden. Punkt. Offenbar war es auch nur SpaceX die sich hier auf einen fixed price contract eingelassen haben. Selbst BO, die nun wirklich gut gefundet sind wollten auch noch Vorleistungen seitens der NSSA. Ganz ehrlich, waere ich der Entscheidungsträger, haette ich auch abgewunken. Irgendwann musste man bei der NASA die Reißleine ziehen. Und ganz ehrlich, wer glaubt denn, das BO die Entwicklung des Blue Moon jetzt einstellt? Von daher war es auch irgendwo clever, die Vergabe der Flüge kuenftig extra auszuschreiben.

Was ist den jetzt der Status Quo?

Der NASA ist die Elon-Time bekannt. Man hat auch schon zuvor bei der Dragon ins Schwarze getroffen, bis wann die ersten Astronauten fliegen. Fakt ist auch, SpaceX hat immer geliefert. F9, FH, Crew Dragon. Irgendwann gibts halt einen Vertrauensvorschuss. Das ist hiermit passiert. Gehts schief, sehe ich BO als backup. Dynetic wird da nichts mehr machen. Und die Risiko Nutzen Analyse? Im worst case ist das Projekt tot, aber das kann auch so noch passieren. Im Gegenzug dazu hat man einen starken Partner aufgebaut, bekommt gratis etwa das Zehnfache geliefert, was man eigentlich am Anfang braucht und hat kuenftig gleich ein entsprechendes Transportmittel zur Hand, mit dem man eine Mondbasis bauen kann. BO und Dynetic liefern einen Mondlander, der für kuenftige groessere Projekte kaum Relevanz haben. Das bringt mich zum letzten Punkt. Ich kann mich der Argumentation zum Ende der internationalen Zusammenarbeit nur bedingt anschließen. Sicher, fliegt Starship in 3 Jahren zum Mond und setzt dort Astronauten ab und bringt sie zurück, dann hat man ein globales Alleinstellungsmerkmal und ist allen anderen um Jahre voraus. Die Geschichte hat aber gezeigt, immer wenn ein Unternehmen einen signifikanten Technologie- und Wettbewerbsvorteil erlangte, wurde dieser in relativ kurzer Zeit egalisiert. Es war immer Ansporn, nie Resignation. Es muss sich nur finanziell langfristig lohnen. 

Imho ist das Risiko der NASA überschaubar. Im Gegenteil, mit der getrennten Ausschreibung der Fluege und die Vergabe der Entwicklungskosten nur an SpaceX eine Kostenbremse eingelegt und gleichzeitig für Anreize gesorgt. Für mich äußerst clever und SpaceX hat mal eben 3 Milliarden Dollar mehr Entwicklungsbudget. Ein Win für slle Parteien, auch wenn Jeff Who sicher auch gerne das Geld genommen haette.

*

Offline Klakow

  • *****
  • 6758
Re: Human Landing System(HLS) - Starship
« Antwort #174 am: 24. April 2021, 12:01:18 »
...
Eben deshalb denke ich auch, wir werden  morgen und vllt. auch übermorgen keine Menschen auf dem Mond sehen. Das ist es, was mich echt enttäuscht. Kein Geld ...? Ich weiß nicht. Nicht bekommen, ok  Vllt. wg. strategischen Fehlentscheidungen. Nicht haben, nicht können? Ne. Was kostet so ein Flugzeugträger ....?

Gruß   Pirx
@Pirx: Du legst doch so viel Wert darauf das ein direkter Bezug zur Raumfahrt gewart bleibt, dann lass doch bitte den Flugzeugträger weg, den der hat was mit der militärischen Sicherheit, auch Deutschlands zu tun.
[EnaIronie] Bis Toni Stark endlich die vier bestellten Repulsorantriebe liefert hat, bleiben die Flugzeugträger deshalb im Wasser ;) [/EnaIronie]

Das es dir offensichtlich nicht in den Kram passt, dass die alten Firmen nicht zum Zug kommen, ist schon befremdlich und das obwohl die NASA, nach deren Prüfung, festgestellt hat das deren Konzepte teiles grotten schlecht sind.