Ich tue ich damit etwas schwer, zu sagen, man "Stoppt" die Drehung damit. In der Drehung steckt Energie. Und gemäß Energieerhaltungssatz kann man Energie nicht vernichten, sondern nur umwandeln in andere Energieformen.
Daß die Drehung langsamer wird, wenn die Beine ausfahren, ist logisch, denn Masse verteilt sich nach außen. Gleichzeitig wird die Drehung aber auch wieder schneller werden, wenn die Beine wieder einfahren würden.
Die Energie "los werden" geht nur, wenn ich ein Drehmoment auf die Stufe bringe.
- Im Flug machen das die Gridfins indem sie sich gegenüberliegend Diagonal anstellen. Die waren hier aber ausgefallen.
- Im Flug machen das die Kaltgassdüsen
- Die Luftreibung an den Beinen kann das natürlich auch übernehmen, aber nur sehr, sehr langsam.
- Beim Tutchdown auf das Wasser wird das Wasser beschleunigt und somit Energie hier "übergeben". Man sieht es da dran, daß eine Triebwerksglocke das übernehmen musste, sie ist verbogen.
- Beim Tutchdown auf Land gibt es zwei weitere Möglichkeiten: Reibung. Die Landebeine könnten am Boden reiben. Wie ein Auto bei einer Vollbremsung ohne ABS.
- Oder ein Bein verkeilt sich. Es gibt einen Drehpunkt. Mit der Rotationsenergie wird die Rakete wieder angehoben. Dann würde sie jedoch vermutlich umkippen, oder ein Bein würde abreißen.
Ich habe eine ganz andere Vermutung, was hier passiert ist. Und zwar war das Ende von einem Versagen der Steuersoftware durch Überlastung der Software. Die Steuersoftware soll ja die Rotation im Flug verhindern. Aber im Flug gibt es natürlich wesentlich viel weniger Rotation. Als die Gridfins versagt haben, hat die Rotation weit über der Auslegung vom Normalzustand der Rakete gelegen. Hier gibt es jetzt sogar noch eine Hardwaregefahr. Meine Sensoren könnten überlastet sein. Denn ein Sensor, welcher für langsame Drehungen Supergenau sein muss, kann nicht gleichzeitig auch hohe Drehungen auswerten. Hier ist der Messbereich irgendwann überschritten oder das Steuersignal kann die Zahl nicht darstellen. Die Software könnte auch Schwierigkeiten mit einer vollen bzw. einer halben Umdrehung haben. Denn sie muss ja nicht nur die Drehung ausgleichen sondern auch die Position halten. Hier entstehen ab 181° Drehung entgegengesetzte Signale. Dafür muss die Software ausgelegt sein. Im Normalflug wird die Software primär NICHT gegen die Rotation arbeiten, sondern nur gegen falsche Positionen.
Jetzt kommt meine Vermutung: Man hat im Flug bei den Hohen Drehzahlen gesehen, daß die Kaltgasdüsen nicht dauerhaft gefeuert haben. Sondern nur Sporadisch. Ich vermute, daß die Software hier alle 180° die Meldung bekommen hat "Drehe 89° links rum, dann bist Du bei 0°" und einen Bruchteil später kam die Meldung "Drehe 89° rechts rum, dann bist Du 0°. Dann wurden die Kaltgasdüsen abgestellt und die anderen sollten zünden. ggf. waren die anderen Kaltgasdüsen durch eine Notsoftware blockiert die in der Art "Ich erzeuge Rotation im Uhrzeigersinn, die Rotation im Uhrzeigersinn ist bereits zu groß. NOT-AUS". Denn man nie die falschen Kaltgasdüsen gesehen.
Dazu kommt dann noch ein weiteres Problem. Eine Software am Computer verarbeitet Signale niemals LIVE. Sensoren können z.B. über Zeitmessung arbeiten. Und der Computer hat nicht unendlich viel Rechenpower. Wenn man z.B. 100.000 Messsignale pro Sekunde verarbeiten kann und ich 100 Sensoren verbaut habe, dann verarbeite ich 1000 Signale pro Sensor pro Sekunde. Wenn ich jetzt aus 50 Signalen einen Mittelwert bilde, dann habe ich 20 Signale pro Sekunde zu Verfügung. Wenn die Rakete sich aber jetzt 3 mal pro Sekunde dreht, dann habe ich nur noch 7 Signale pro Drehung. Viel zu wenig. Aber 100.000 Messpunkte pro Sekunde zu verarbeiten ist bereits sehr viel Arbeit. Das kann kein kleiner Prozessor mal eben so.
Dazu kommt sogar noch ein weiteres Problem. Eine Software am Computer hat eine Eigenfrequenz. Und eine Rakete hat auch eine Eigenfrequenz. Diese Eigenfrequenzen muss man kennen (und man kennt sie auch!) und muss sie in der Software über einen Filter rausfiltern. Macht man das nicht, schwinkt sich die Rakete auf. Aber auch dieser Filter kostet Zeit und Rechenpower.
Fazit: Eine Softwareüberlastung hat die hohe Rotation nicht mehr verarbeiten können und ab ist jetzt die Stufe wie ein Stein runtergefallen und die Kaltgasdüsen haben nur sehr sporadisch gewirkt.
Die Rettung der Rakete: Die Rotation ist entstanden, als die Hydraulik ausgefallen ist und die Gridfins extrem schräg standen. Zum Schluss standen die Gridfins wieder recht gerade und haben die Rotation nicht weiter erhöht. Jetzt konnten die Steuerdüsen die Rotation ganz langsam abbauen. Kurz vor der Landung kam der Punkt, wo die Sensoren ggf. nicht mehr in der Sättigung waren oder an dem die Software wieder schnell genug war. Jetzt konnten die Kaltgasdüsen dauerhaft feuern und die Rotation in Windeseile stoppen. Das würde auch erklären, warum man beim Tutchdown die Kaltgasdüsen dauerhaft feuern hat sehen.
Noch mehr Spekulation: Ggf. hat diese Softwareüberlastung die Rakete sogar gerettet. Hätte die Software die Rotation viel früher korrekt bemerkt, hätte sie viel mehr gegengesteuert, als die Rotation am größten war. Ggf. hätte sie die Maximale Rotation sogar stark verkleinern können. Aber nur so lange, bis das Kaltgas aufgebraucht wäre. Denn für die extreme Schrägstellung der Gridfins am Anfang ist sicher nicht ausreichend genug Kaltgas an Board. Und danach hätte kein Kaltgas mehr zur Verfügung gestanden bei der Landung.
Wichtig: Das ist alles eine Spekulation. Gesehen im Video habe ich nur das sporadische Feuern der Kaltgasdüsen bei hohen Drehzahlen und das dauerfeuern bei niedrigen Drehzahlen.