Ist schon toll was hier passiert:
Eine Rakete weicht vom Start an um 20˚ (!) vom Ziel ab, schraubt sich noch auf der Startrampe ein (ein Wunder, daß sie diese nicht gleich mitgenommen hat), donnert anschließend direkt über die nahen Zuschauertribünen (keine Gefahr), fliegt knapp an einer Stadt vorbei (nein wirklich keine Gefahr, es handelt sich hier schließlich um Kourou, nicht Paris oder Köln!), weiter über den Strand voll mit Menschen (keine Gefahr, die Rakete ist bestimmt zu hoch), um endlich in den Weltraum zu verschwinden (keine Gefahr, Rakete ist zu schnell, Satelliten bleiben jetzt oben). Währenddessen wird den anwesenden Zuschauern vor Ort und an den Rechnern eine göttliche Komödie gegeben.
Nachdem die gelbe Bestätigungsline nicht mehr im entferntesten mit der Solllinie übereinstimmt, wird sie ausgeblendet und durch einen grünen Kreis ersetzt, welcher von der wirklichen Position der Rakete so entfernt ist, wie der BER von seiner Fertigstellung. Im Jahre 2010.
Ob der Rakete derweil auf ihrem ungeplanten Kurs andere Dinge nahekommen ist den Verantwortlichen gleich. Freie Bahn für die europäische Raumfahrt. Erzwungene Raketenexplosionen von fehlerhaften oder miserabel programmierten Raketen sind schlecht für das Geschäft. Also weiter in und mit der Simulation eines perfekten Raketenstarts inklusive Oberstufenballetts ohne einer wirklichen Grundlage. Aber ich werde ungerecht, wahrscheinlich hat die verwirrte (?) Oberstufe wirklich ein solches Ballett aufgeführt nur halt an einem ganz anderen Ort. Anschließend bricht man die Übertragung ab, blendet ein Laufband ein, vertröstet die Zuschauer und gibt anschließend eine dürre Erklärung ab, dass die Satelliten wohl nun frei schweben, nur halt woanders. Sie sollen nun an ihre eigentlichen Position aus eigener Kraft gelangen. Der Vorhang fällt, keine weiteren Erklärungen, immerhin erfährt man nach einigen Tagen, daß der "Vorfall" untersucht wird und man umschreibt in blumigen Worten den wahrscheinlichen Fehler. Gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen.
So nach soviel, verzeiht mir den Ausdruck, gequirlter Scheiße, sollte hier eigentlich die Hölle auf Erden los sein!
Zumindest gibt es in diesem Forum bei viel geringeren Anlässen, seitenlange, erbittert geführte Diskussionen über rücksichtslose, fasch handelnde, heimlich tuende Raketenstartbetriebe.
Statt dessen ein himmlischer Frieden. Nur ein gallischer Forumsteilnehmer leistet Widerstand, die meisten aber scheinen mit dem Verhalten der Ariane*X (ich weiß wirklich im Moment nicht, wer in diesem Haufen jetzt die Verantwortung trägt) einverstanden zu sein und machen sonderbare Verrenkungen um dieses Verhalten zu erklären und sogar gutzuheißen.
Mich erstaunt das alles etwas und ich frage mich derweil, wie die von mir bisher als eher konservativ wahrgenommene Arianegruppe, nach diesem unorthodoxen, gefährlichen Ritt durch die Prärie das All, wieder das Vertrauen von Kunden und Anwohnern wieder gewinnen möchte.
Immerhin waren es diese Anwohner, welche im letzten Jahr die Ariane-Starts durch einen Streik aus dem Takt gebracht haben, unter anderem, weil sie sich nicht recht ernstgenommen fühlten.
Ein nachdenklicher spacecat