Hallo Therodon,
als ebenfalls stadtbewohnender Amateur-Astronom mit Kind kann ich dir insgesamt Folgendes raten:
#1) Egal was du letzten Endes wirklich kaufst, kauf am besten ein gebrauchtes Gerät samt Zubehör. In den einschlägigen Astronomie-Foren mit Markpatz (z.B. hier:
https://forum.astronomie.de/forums/biete.96/) wirst du i.d.R. immer fündig.
Vorteil: meistens deutlich günstiger als neu (meine Käufe waren bisher 30-50% günstiger), d.h. du kannst mit dem gleichen Budget besseres bzw. mehr Zubehör kaufen. Beraten wirst du dabei meistens auch noch bzw. wird auch immer auf deine Fragen eingegangen.
#2) Ganz zu Beginn wird dich die Lichtverschmutzung vermutlich nicht so sehr stören, weil das was man trotzdem sieht beim 1. Mal "aufregend" genug ist. Wichtiger ist eher, dass ihr relativ freie Sicht auf den Horizont habt (inbs. gen Süden) und keine großen Bauwerke stören.
Gerade für kleine Kinder sind die ganzen Deep-Sky-Objekte meist ohnehin nichts: alles nur matschige Flecken die alle irgendwie gleich aussehen.
Ich habe im Familien- und Freundeskreis schon öfters mal "Astro-Abende" mit den Kleinen veranstaltet und kann dir sagen, dass der Mond sowie Saturn und Jupiter vollkommen ausreichend sind.
Mein Tipp: kaufe dir z.B. "moonscout: Mondmeere, Krater und Gebirge einfach finden und beobachten" und "planetscout: Planeten einfach finden und beobachten" von Lambert Spix.
Da hast du mit deinem Sohn richtig Spaß: er oder du sucht euch einen Krater etc. im Buch aus und müsst ihn dann mit dem Teleskop finden. Mit solchen Spielen hälst du die Kleinen bei der Stange und sie lernen dabei den richtigen Umgang mit dem Gerät.
Den Mond kann man im Winter ja auch öfters schon Nachmittags beobachten, da sieht dann alles nochmal anders aus.
Programme wie Stellarium oder diverse Apps könnte man natürlich auch während der Beobachtung nutzen, aber ein Buch kann man auch noch mit Rotlichtlampe lesen ohne die Dunkeladaption der Augen zu stören. Bildschirme, egal wie klein und dunkel, machen dir da meist ein Strich durch die Rechnung.
#3) Fast wichtiger als das eigentliche Teleskop ist die Montierung samt Stativ. Gerade bei Komplettangeboten der unteren Preisklasse ist die Belastbarkeitsgrenze der Montierung durch das mitgelieferte Teleskop meist schon überschritten. Der Effekt: beim Nachführen wackelt es "ewig" bevor man wirklich Details erkennen kann und mittlere bis hohe Vergrößerungen (erst damit macht z.B. der Mond richtig Spaß!) sind ob des Gewackels eigentlich nicht drin (zusätzlich kommt noch Wind ins Spiel!).
Das macht Erwachsenen keinen Spaß und den eher noch ungeduldigeren Kindern erst recht nicht.
Auch würde ich nicht zu einer günstigen azimutalen Montierung raten (die kennt man von Aussichtsfernrohren), da man hier immer mit 2 Händen nachführen muss, was auf Dauer weniger Spaß macht und vorallem auch mehr wackelt (wegen der 2 Nachführachsen).
Nutzt man z.B. eine parallaktische Montierung, hat man noch eine Hand frei und kann damit z.B. parallel zum Nachführen die Bildschärfe am Okular feinjustieren.
Im Idealfall sollte das Teleskop nur die Hälfte dessen wiegen, was die Montierung laut Hersteller tragen kann, das garantiert den meisten Beobachtungsspaß und das wenigste Gewackel.
D.h. bei deinem Budget und der sich daraus ergebenden Größenklasse der Teleskope könnte man zu einer parallaktischen EQ2 oder EQ3 greifen.
#4) Man sollte das Zubehör nicht außer Acht lassen! Vielen günstigen Komplettpaketen liegen meistens Plössl-Okulare bei, diese sind häufig auch noch aus Plastik gefertig und haben ein recht schmales Sichtfeld.
Auf jeden Fall sollte man sich ein gutes "Übersichtsokular" zulegen, d.h. nur geringe Vergrößerung (20-fach), dafür breites Gesichtsfeld. Warum? Dinge zu finden will gelernt sein, bei 120-facher Vergrößerung haben manche den Vollmond nicht gefunden
Außerdem will man sich ja auch mal den gesamten Mond in seiner vollen Pracht anschauen, nicht immer nur Teile davon.
Dazu dann noch 1 "gutes" Okular für mittlere Vergrößerung (70-fach) und es reicht fürs erste.
Was auch nicht fehlen sollte ist ein "Mond-Filter" (einfacher Polarisationsfilter): selbst der Viertelmond kann verdammt hell sein und das tut irgendwann weh.
Auch nett: ein LED-Peilsucher zum groben Ausrichten des Teleskops auf das Objekt bzw. den Himmelsbereich der Begierde. Alternativ gibt es meistens ein kleines Sucherfernrohr mit dazu (id.R. 6x30mm).
(Am Rande: die max. mögliche Vergrößerung einer Teleskop/Okular-Kombination bestimmt sich zu Brennweite_Teleskop / Brennweite_Okular).
#5) Nun zum eigentlichen Teleskop: ich würde mich rewafox Meinung anschließen und das Budget auf 250€ erhöhen. Wenn wir jetzt davon ausgehen, nur die Hälfte davon für das eigentliche Teleskop zu verwenden, bleibt im Falle eines Neukaufs nur die Wahl eines achromatischen Refraktors. Alles andere wie Newton oder Maksutow sind da als Neuware nicht drin.
Allerdings entspricht der Refraktor auch genau der kindlichen Vorstellungen eines Fernrohrs
In der Preisklasse bis 130€ (neu) findet sich z.B. sowas hier:
Omegon AC 80/400
Skywatcher AC 80/400 StarTravel
Bresser AC 90/500 Messier
Die Geräte wiegen zw. 1,3 kg und 2 kg und passen damit auch noch vernüftig auf eine parallaktische EQ-1-Montierung, wobei ich eher mindestens eine EQ-2 kaufen würde.
Als Kurzfassung des ganzen:
- mit den 200€ (realistischer: 250€) am besten auf dem Gebrauchtmarkt umsehen
- ein Refrakor mit 80-90mm Öffnung und 400-500mm Brennweite ist drin
- eine möglichst stabile Montierung, ideal EQ-2 oder EQ-3 (wobei diese das Budget wahrscheinlich sprengen würde)
- 2 gute Okulare: eines für die Übersicht und eines für mittlere Vergrößerungen, beide mit möglichst breitem Gesichtsfeld
- 1 Mondfilter ist ein Muss, dazu vielleicht noch ein LED-Peilsucher
Gebraucht findest du im Moment beispielsweise folgende Einzelstücke (Neupreise dahinter):
- Refraktor Skywatcher AC 80/400 StarTravel --> 110€ [135€]
- EQ-2 Montierung (ob von Bresser, Skywatcher oder Omegon ist egal) --> 90€ [159€]
- 20mm Übersichtsokular "Omegon Ultra Wide Angle Okular 20mm" (20x fache Vergrößerung) --> 20€ [59€]
- 6mm Okular "Omegon Ultra Wide Angle Okular 6mm" (66x fache Vergrößerung) --> 35€ [59€]
- Mondfilter --> 5-7€ [20€]
- LED-Peilsucher --> 5-11€ [15€]
= ca. 265€ (gebraucht)