Tanks aus Verbundwerkstoffen

  • 51 Antworten
  • 17623 Aufrufe

klausd

  • Gast
Tanks aus Verbundwerkstoffen
« am: 13. Dezember 2012, 16:24:53 »
Boeing hat einen Tank, 2.4 Meter im Durchmesser, aus Verbundwerkstoffen gefertigt. Der größte Tank seiner Art, der je produziert wurde. War die Schwierigkeit in der Produktion solcher Tanks noch einer der Gründe für das Scheitern der Venture Star, hat man nun einige Fortschritte gemacht. Gelungen ist die Produktion, weil man auf einen Druckofen verzichten konnte. Stattdessen nutze man "novel automated fiber placement technique". In Kürze möchte man den Tank ersten Tests unterziehen und Ihn mit flüssigen Wasserstoff betanken. Auf diesen Ergebnissen soll dann eine Tank mit 5.5 Metern im Durchmesser konstruiert werden, der 2014 einsatzbereit sein soll.

Extrem leichte Tanks können dazu führen, das Verhältnis von Startmasse und ausgesetzter Nutzlast einer Rakete stark zu verbessern. Zur Zeit landen ca. 2-3% der Startmasse einer Rakete im Orbit. Eine höhere Effektivität könnte auch dazu genutzt werden, um Technologien für die Wiederverwendbarkeit zu integrieren, bei gegenüber aktuellen Raketen gleichbleibender Effektivität. Die Frage bleibt natürlich, was sind die Kosten für die Produktion eines solchen Tanks.



Quelle: http://www.parabolicarc.com/2012/12/13/boeing-develops-game-changing-composite-propellant-tank/#more-44758

Gruß, Klaus

Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #1 am: 13. Dezember 2012, 18:17:25 »
@Kosten: Künstlich habe ich ja einen Bericht gelesen, daß die Autoindustrie gerade Gelder in die Entwicklung neuer Fertigungstechnologien steckt, um die Kosten für Karbonfasern bis 2025 ungefähr auf die von Aluminium zu drücken.

klausd

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #2 am: 13. Dezember 2012, 18:34:14 »
Du meinst das BMW Werk in den USA? http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/elektroautos-bmw-und-sgl-eroeffnen-karbonwerk-in-washington/4567224.html

Da geht es aber nicht um große, sperrige Teile. Sondern um kleinere, mit einem Ofen verarbeitete Teile. Genau das geht ja nicht so dolle mit den Tanks.

Gruß, Klaus

runner02

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #3 am: 13. Dezember 2012, 20:58:30 »
Danke fürs posten, das sind ja großartige Neuigkeiten!


Die Kosten eines Tankes z.B. bei der Venture Star wäre doch egal, wenn er 100-e Male wiederverwendet würde.

websquid

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #4 am: 14. Dezember 2012, 00:23:13 »
Ich finds sehr schade, dass quasi nichts über das genaue Verfahren bekannt ist (oder nur hier im Forum noch nicht?). So lässt sich wohl nur schlecht realistisch einschätzen, wie teuer das wirklich ist.
Spontan würde ich aber vermuten, dass diese Technik relativ günstig sein sollte - mit das teuerste Element der Fertigung ist nunmal der Autoklav, und wenn man komplett auf den verzichten kann, sollte das auch die Kosten spürbar senken.

Alucard

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #5 am: 14. Dezember 2012, 07:42:25 »
Also laut Boeing ist die Technik schon realtiv "alt". In einem Jahresabschlussbericht von 2001 wird schon darauf verwiesen, das sie anwendung findet. Aber eben Hauptsächlich im Militäsektor (Drohnen), was erklären würde warum man so wenig darüber findet.

Quelle:
http://search-www.boeing.com/search?q=nov+automated+fiber+placement&site=www_boeing&spell=1&client=www_boeing&proxystylesheet=www_boeing&output=xml_no_dtd&sort=date%3AD%3AL%3Ad1&entqr=0&oe=UTF-8&ie=UTF-8&ud=1

Da den Anual Report und dann auf Seite 29 (im pfd) oder 27 (Wenn ihr in ausgedruckt habt).

tobi

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #6 am: 15. Dezember 2012, 22:08:32 »
Der interessante Punkt ist doch, dass da flüssiger Wasserstoff in den Tank soll. Soviel ich weiß, ist doch bei Faserverbund der unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizient von Faser und Matrix ein Problem. Bei diesem Tank muss er nahezu gleich sein sonst würde sich der Tank bei Abkühlung auf 20 Kelvin !! selbst zerlegen aufgrund interner Spannungen im Material.

Es kennt sich nicht zufällig hier jemand damit näher aus?

Gast-N

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #7 am: 15. Dezember 2012, 22:24:50 »
Der interessante Punkt ist doch, dass da flüssiger Wasserstoff in den Tank soll. Soviel ich weiß, ist doch bei Faserverbund der unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizient von Faser und Matrix ein Problem. Bei diesem Tank muss er nahezu gleich sein sonst würde sich der Tank bei Abkühlung auf 20 Kelvin !! selbst zerlegen aufgrund interner Spannungen im Material.

Es kennt sich nicht zufällig hier jemand damit näher aus?

Mit Acetam und -40 Grad gebe es keine Probleme. Bei unveränderten Abmessungen des Tanks erhalten wir eine grössere Nutzlast als mit H2.

Offline Kryo

  • *****
  • 990
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #8 am: 16. Dezember 2012, 11:15:18 »
hier steht aber nirgends was von Acetam, sondern er wird zu Testzwecken mit LH2 befüllt...

GG

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #9 am: 16. Dezember 2012, 11:34:41 »
Dies bedeutet aber nicht, dass man in diesem Thema "Tanks aus Verbundwerkstoffen" ein derartiges Konzept nicht diskutieren darf. Die Verwendung flüssigen Wasserstoffs schafft ja auch viele Probleme, die man ohne diese tiefen Temperaturen gar nicht hätte.

In einem anderen Thema hat Gast-N geschrieben, dass in Russland an Raketenkomponenten aus Verbundwerkstoffen gearbeitet wird.

P.S. Das war hier.

runner02

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #10 am: 16. Dezember 2012, 15:36:52 »
Kann man Acetam nicht in einem Plastiktank lagern? der ist evt noch leichter, sicher jedoch billiger und -40°C hält sowas schon aus.

NH3 und CxHy werden kaum reagieren, vorallem bei Temperaturen unter 0°C. (Bei >500°C möglicherweise, aber ich glaube die dissozieren eher)

klausd

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #11 am: 16. Dezember 2012, 15:42:45 »
Mit Acetam und -40 Grad gebe es keine Probleme. Bei unveränderten Abmessungen des Tanks erhalten wir eine grössere Nutzlast als mit H2.

Das bedeutet Russland will dieses Problem durch einen neuen Treibstoff umgehen um trotzdem Kohlefaserstrukturen als Tank einsetzen zu können. Ist auch ein Weg, klar. Aber damit Verbunden sind doch neue Triebwerke. Und dann wirds doch wieder richtig teuer. Zumindest dürfte eine neue Triebwerksentwicklung auch für Russland ein erhebliches Investment bedeuten.

Hätten die USA das Problem mit dem Wärmeausdehnungskoeffizienten des Materials gelöst, könnten quasi alle aktuellen Raketen davon profitieren. Nicht nur Neuentwicklungen mit neuen Treibstoffen / Triebwerken.

Gruß, Klaus

websquid

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #12 am: 16. Dezember 2012, 15:53:37 »
Für "normale" Treibstoffe ist das Problem an sich ja schon gelöst (zur Erinnerung, die dritte Stufe der Proton-M wird aus Verbundwerkstoffen gefertigt). Es gibt somit in diesem Bereich zwei Themengebiete:

-Fertigungstechniken, solche Strukturen günstig herzustellen
-Für superkalte Treibstoffe (also klassisch Wasserstoff) geeignete Strukturen.

Stand heute geeignet ist die Technik aber schon für alles außer eben Wasserstoff!

Soviel ich weiß, ist doch bei Faserverbund der unterschiedliche Wärmeausdehnungskoeffizient von Faser und Matrix ein Problem.
Zumindest bei GFK weiß ich, dass durchaus unterschiedliche "Matrixmaterialen" existieren. Von daher könnte ich mir vorstellen, dass bei diesem Tank ein spezielles Material verwendet wurde, dass diesen Unterschied hinreichend verkleinert.

tobi

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #13 am: 16. Dezember 2012, 15:54:42 »
Kann man Acetam nicht in einem Plastiktank lagern? der ist evt noch leichter, sicher jedoch billiger und -40°C hält sowas schon aus.

Plastik hat eine schlechte Festigkeit.

Gast-N

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #14 am: 16. Dezember 2012, 16:19:17 »
Mit Acetam und -40 Grad gebe es keine Probleme. Bei unveränderten Abmessungen des Tanks erhalten wir eine grössere Nutzlast als mit H2.

Das bedeutet Russland will dieses Problem durch einen neuen Treibstoff umgehen um trotzdem Kohlefaserstrukturen als Tank einsetzen zu können. Ist auch ein Weg, klar. Aber damit Verbunden sind doch neue Triebwerke. Und dann wirds doch wieder richtig teuer. Zumindest dürfte eine neue Triebwerksentwicklung auch für Russland ein erhebliches Investment bedeuten.

Hätten die USA das Problem mit dem Wärmeausdehnungskoeffizienten des Materials gelöst, könnten quasi alle aktuellen Raketen davon profitieren. Nicht nur Neuentwicklungen mit neuen Treibstoffen / Triebwerken.

Gruß, Klaus

Für Acetam kommen keine neue Triebwerke zum Einsatz, sondern die bestehenden werden ohne grossen Aufwand umgerüstet!

Die Regel gilt zumindest für Triebwerke bis 10 Tonnen Schub und danach kommt ein 100 Tonner zum Einsatz, der etwas mehr Arbeit zum umrüsten verlangt.
Selbst das umrüsten des RD-171 ist möglich und werde als einer der übernächsten Schritte anvisiert.

klausd

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #15 am: 16. Dezember 2012, 16:22:01 »
Die einfache Umrüstung gilt aber nur für LOX / Kerosin - Triebwerke oder auch für UDMH oder sogar Wasserstoff Triebwerke?

Gruß, Klaus

websquid

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #16 am: 16. Dezember 2012, 16:24:16 »
Die einfache Umrüstung gilt aber nur für LOX / Kerosin - Triebwerke oder auch für UDMH oder sogar Wasserstoff Triebwerke?
Basis sollen Kerosintriebwerke sein (zunächst das RD-161 als RD-161AC). Und bei der großen Bandbreite an russischen Kerosintriebwerken lassen sich damit auch alle nötigen Leistungsklassen abdecken - vom kleinen Oberstufentriebwerk bis zum großen Erststufentriebwerk.

Gast-N

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #17 am: 16. Dezember 2012, 16:41:08 »

Die einfache Umrüstung gilt aber nur für LOX / Kerosin - Triebwerke oder auch für UDMH oder sogar Wasserstoff Triebwerke?

Gruß, Klaus

Das umrüsten von H2 Triebwerken macht wegen der Dichte absolut keinen Sinn.

Es wäre aber sehr interessant Triebwerke für RB mit sehr hohen Entspannungsverhältnis zu entwickeln, dadurch erhalten wir Impulse von mehr als 400s. Daten die ich habe, sprechen von 415-430s, aber das ist noch weite Zukunft.

GG

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #18 am: 16. Dezember 2012, 16:58:16 »
RB?

websquid

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #19 am: 16. Dezember 2012, 17:01:24 »
RB=Beschleunigungsblock/Oberstufe

runner02

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #20 am: 16. Dezember 2012, 20:29:45 »
Kann man Acetam nicht in einem Plastiktank lagern? der ist evt noch leichter, sicher jedoch billiger und -40°C hält sowas schon aus.

Plastik hat eine schlechte Festigkeit.

Plastik ist aber nicht gleich Plastik*... Das beste Plastik wird schon eine gute Festigkeit haben. Und die Ausgangsstoffe für solche Polymere sind meist billig.


*Hätte wohl Kunststoff schreiben sollen ;)

Gast-N

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #21 am: 16. Dezember 2012, 23:04:38 »
RB?


RB = Разгонный блок

GG

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #22 am: 17. Dezember 2012, 10:41:36 »
спасибо

tobi

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #23 am: 06. Juli 2013, 00:01:04 »
Der NASA/Boeing Tank wurde erfolgreich mit flüssigem Wasserstoff gestestet. Er ist 30% leichter als andere Alutanks und 25% günstiger:
http://www.nasa.gov/press/2013/july/nasa-tests-game-changing-composite-cryogenic-fuel-tank/

ws

Rugoz

  • Gast
Re: Tanks aus Verbundwerkstoffen
« Antwort #24 am: 06. Juli 2013, 10:20:04 »
Könnte die H2-Variante der Ariane 6 plötzlich wieder sehr interessant machen.