Hallo ~Umlaufbahn~,
Zwischenfrage eines Dummies zu diesem Thema:....also bitte ignorieren falls zu blöd!
Handelt es sich bei diesen Neutrinos um jene (bis dato) hypothetischen Teilchen namens Tachyonen, die sich niemals mit Unterlichtgeschwindigkeit bewegen?
Das ist alle andere als eine blöde Frage. Sie ist nämlich sehr interessant!
Direkt zu Beginn: Neutrinos und Tachyonen sind nicht das gleiche. Sie unterscheidet ein wichtiges Merkmal. Neutrinos sind real, Tachyonen nicht! Schauen wir uns beiden Teilchen mal genauer an.
Historisch betrachtet sind Neutrinos eine Notlösung - eine die sich jedoch bewährt hat. Bis 1930 etwa war der Betazerfall nicht verstanden. Bis dahin hatte man hierbei nur das emittierte Elektron beobachten können. Zusammen mit den Kern, der das Elektron aussendet, handelt es sich also um ein Zweikörperproblem. Damit ließ sich das kontinuierliche Energiespektrum des Betazerfalls aber nicht erklären, ohne eine Verletzung des Energieerhaltungssatzes hinzunehmen. Damit wäre eine der Grundfesten der Physik erschüttert gewesen.
Wolfgang Pauli hatte dann 1933 die Idee, ein bis dato unbeobachtetes Elementarteilchen zu postulieren, dass neben dem Atomkern und dem Elektron ebenfalls am Betazerfall teilnehmen sollte und genau die beim Zerfall frei werdende Energie tragen sollte. Damit könnte, so Pauli, der Energie- und der Impulserhaltungssatz aufrechterhalten werden.
Die erste Beobachtung und damit die Bestätigung von Paulis Vermutung gelang erst 23 Jahre , im Jahr 1956, durch Clyde Cowan und Frederick Reines.
Ein Tachyon ist, wie du schreibst, ein hypothetisches Teilchen, dass in meinen Augen theoretischer, mathematischer Natur ist. Bei der Auseinandersetzung mit der speziellen Relativitätstheorie und ihren Folgen konnten drei indische Physiker, Bilaniuk, Deshpande und Sudarshan, 1962 zeigen, dass es für bestimmten Gleichungen der SRT mehrere Lösungsmöglichkeiten gibt, die alle konvergieren.
Teilchen, die sich immer langsamer als c bewegen (Tardyonen), Teilchen, die sich genau mit c bewegen (Luxonen) und eben welche, die sich mit größer c bewegen (Tachyonen).
Man kann diesen Teilchen aus der mathematischen Beschreibung Eigenschaften zuordnen, die für uns jedoch nur schwer fassbar / begreifbar sind. So verliert ein Tachyon zum Beispiel bei steigender Geschwindigkeit Energie - eine für uns gegen jede Intuition auftretende Eigenschaft. Ebenso seltsam: Geht die Energie gegen 0, wird die Geschwindigkeit unendlich. Bei Tardyonen, also den uns bekannten Teilchen, aus denen wir auch bestehen, muss Energie hinzugefügt werden, um eine Geschwindigkeitssteigerung hervorzurufen.
Daher wichtig zu merken: Die Tatsache allein, dass es mathematische Lösungsmöglichkeit für die Gleichungen gibt, bedeutet nicht, dass diese auch real existieren müssen!
Hierin liegt auch eine der wesentlichen Verzahnung zwischen theoretischer und experimenteller Physik.
Macht das den Unterschied etwas klarer?
Grüße,
Olli