@Schneefüchsin
Mir ging es nicht um die Rentabilität während der Entwicklung, sondern um die Rentabilität im Allgemeinen über ihren gesamten Lebenszyklus.
Dazu mal mehrere verschiedene Punkte:
-Wie gesagt, in der FH stecken 10 Jahre - mal mehr mal weniger intensive - Entwicklung. Und das im Gegensatz zur F1/9 Entwicklung nicht mehr in der richtigen Startup Phase von SpaceX, also nicht mehr in der Phase, in der im großen Stil Gehalt in Form von Firmenbeteiligungen gezahlt und so Kosten gedrückt werden können. Außerdem ist das Unternehmen deutlich größer geworden, sodass auch der ganze Verwaltungsoverhead bei allen möglichen Aspekten eine größere Rolle spielt. SpaceX ist zwar in der Entwicklung sicher noch sehr viel günstiger als die alt eingesessenen Firmen, aber sicher nicht mehr so günstig wie zu F1/F9 Zeiten.
-Die damalige Aussage war nicht, dass die FH für 90Mio nicht rentabel ohne Wiederverwendung ist, sondern die Aussage war, dass man die FH ohne Wiederverwendung nicht rentabel zu einem kompetitiven Preis anbieten kann. Damals gab es noch gar keinen öffentlich bekannten Preis.
-Die Ariane 6 startet frühestens 2020, hat aber bereits mehr bezahlte Aufträge als die FH, die noch dieses Jahr startet. Ist es also wirklich so, dass Kunden erst auf den Erststart warten oder ist das Interesse einfach nicht so groß wie behauptet?
-In dem Zusammenhang kann man natürlich einfach einen neuen Markt prognostizieren: Sat-Betreiber werden plötzlich anfangen 20t TelKo Sats zu bauen weil das ja jetzt möglich ist. Naja, das ist zwar möglich, aber darauf sollte man keine Kalkulation fußen. SES hat z.B. gerade erst angekündigt, dass sie keinen Sinn darin sehen, bei einem Wettrennen um den größten/leistungsstärken Sat teilzunehmen, weil sie nicht glauben, dass das Business so funktioniert.
-Sorgt die FH wirklich für Preisreduktionen in ihrer Gewichtsklasse? Ich sage, nein das tut sie größtenteils nicht. Dazu mehrere Punkte: Eine F9 ist expendable laut Webseite in der Lage, 8.3t in den GTO zu starten. Sie wurde expendable im bereich 80Mio Dollar angeboten. Eine FH in der günstigen Konstellation bringt 8.0t in den GTO. Zu einem Preis von 90 Mio Dollar. Weniger Nutzlast für mehr Geld: Die FH verliert also schonmal in dem untersten Bereich zwischen 5.5t und 8t (was einer eventuell nächsten Stufe von TelKo Sats entspricht) gegen die F9, was auch der Hauptgrund sein dürfte, weswegen SpaceX die F9 nicht mehr expendable verkauft. Wie sieht es darüber aus? Obehalb von 8t Nutzlast sind die Kosten nicht bekannt, aber sie liegen über 90Mio, wahrscheinlich im Bereich 110Mio Dollar da man einen Core verliert. Gleichzeitig wird aber bald bis 11t die Ariane 64 für einen Preis von aktuell geplant 90Mio angeboten (wobei das bestimmt noch ein bisschen teurer wird bis es soweit ist). Man verliert also auch den dual-launch Markt (an dem man ja angeblich eh nicht interessiert ist) an Arianespace. Erst oberhalb von 11t ist die FH also wirklich die ideale Wahl, und zwar weil es dort nur die sündhaft teure Delta IV Heavy als Konkurrenz gibt. Das heißt, der einzige Markt, den man komplett übernehmen wird, ist der der USAF/NRO um etwa ein mal pro Jahr einen gigantischen Spionagesat direkt in GEO zu starten. Nicht gerade ein riesiges Startmanifest. Dazu kommen dann noch Starts für eigene Interessen. Allerdings ist die FH nicht für die Internetkonstellation geeignet, bleiben also noch Dragons zu Mond/Mars. AUßerdem dürfte die FH wenn sie ihre Funktionstüchtigkeit bewiesen hat für die NASA interessant sein, aber auch das ist maximal ein Start pro Jahr.
-Ich gehe davon aus, dass die FH die erste Rakete ist, die durch eine neue Generation abgelöst wird. Raptor ist fast fertig und man wird mit dessen Einsatz sicher nicht bis wann auch immer für ITS warten. Meiner Meinung nach wäre es am logischsten, dass zu erst eine Raptor-basierte Rakete nach Vorbild der F9 entwickelt wird. 2 Stufen, 9+1 Triebwerke. Dickerer Durchmesser, Composite-Tanks und Methan. Somit testet man die ITS Technologien im Kleinen, kann sich aber in vielen Designfragen an der F9 orientieren. Glechzeiitig mustert man dadurch nicht das zuverlässige Arbeitspferd F9 aus, sondern die deutlich komplexere FH. Das bedeutet aber, dass der Zeitraum, in dem die FH ihre Investition wieder reinspielen muss, sehr kurz wird.
All das zusammengenommen bin ich mir relativ sicher, dass sie FH für SpaceX nicht viel Geld einspielen wird. Ihr Erfolg basierte auf EMs Idee, dass man ja nur 3 Cores zusammenbinden muss. Und da hat er sich halt getäuscht, aber bis dahin war die FH schon so weit, dass ein Canceln nicht mehr in Frage kam (auch PR technisch).
Versteht mich bitte nicht falsch: Ich freu mich extrem auf ihren Erststart. Das werden fantastische Bilder wenn dieser Koloss abhebt und 10 Min später fast gleichzeitig 2 Erststufen wieder landen werden. Aber ich glaube trotzdem, dass sie finanziell ein Reinfall wird. Selbst, wenn es keine technischen Probleme/Fehlstarts gibt.
Die Frage nach der Rentabilität einer FH halte ich nach dem Artikel hier für kaum noch zweifelhaft.
Wer jetzt kommt und sagt das würde sich nur auf die F9 beziehen, ignoriert oder übersieht, komplett die Notwendigkeit einer FH in Anbetracht einer Delta Heavy.
Die Beweise sind heute erdrückend.
Leider lese ich hier immer noch von den 90M$ einer FH, auch das ignoriert die Tatsache das diese Summe nur in bestimmten Grenzen gilt.
Der verlinkte Artikel sagt genau gar nichts über die FH aus. Er zeigt auf, dass ULA eine extreme Abzocke betreibt und eine Rakete, die kommerziell für 120 Mio Dollar vermarktet wird, für 400Mio Dollar an die Air Force verkauft. Ja, dadurch hat SpaceX im enormen Markt der millitärischen Nutzlasten extrem gute Chancen. Aber der allergrößte Teil dieser Nutzlasten kann auf einer F9 gestartet werden. Nur das, wofür die Delta Heavy verwendet wurde, braucht auch eine FH. Und wie gesagt, die startet gerade mal ca. 1x pro Jahr.
Und zu den verschiedenen Preisen der FH: die habe ich nicht ignoriert (siehe oben)